Pneumologie 2010; 64 - A16
DOI: 10.1055/s-0030-1267757

Querschnittsstudie zur Gewichtsverteilung bei pneumologischen Patienten

M Treml 1, W Galetke 1, N Funke 1, C Krohn 1, B Reils 1, N Anduleit 1, K Richter 1, I Kietzmann 1, R Osagie-Paech 1, W Randerath 1
  • 1Institut für Pneumologie der Universität Witten/Herdecke, Klinik Bethanien

Hintergrund: In Zusammenhang mit chronischen und schweren Erkrankungen tritt Mangelernährung relativ häufig auf und ist mit einem verschlechterten Krankheitsverlauf sowie längeren Klinikaufenthalten assoziiert. Ebenso stellt Adipositas bekanntermaßen ein Gesundheitsrisiko dar. Konkrete Angaben zur Prävalenz von Mangelernährung bzw. Adipositas liegen für pneumologische Patienten bislang nicht vor.

Methodik: In der vorliegenden Querschnittsstudie wurden in einer pneumologischen Fachklinik in einem Zeitraum von drei Monaten Daten von 703 Erwachsenen (447♂/256♀) erfasst. Dabei wurden die stationär aufgenommenen Patienten (außer Intensivstation) berücksichtigt und innerhalb der ersten 3 Tage nach Einweisung aufgesucht. Darunter befanden sich 38,4% Schlaflabor-Patienten (205♂/65♀). Der Ernährungszustand wurde anhand des BMI und dem „Nutritional Risk Screening 2002“ (NRS) beurteilt. Zudem wurden Greifkraft der nicht-dominanten Hand, Grunderkrankung, Lebensqualität (SF-36) und Dauer des Aufenthaltes erfasst.

Ergebnisse: Die Grunderkrankungen wurden in mehrere Gruppen eingeteilt, für welche folgende Häufigkeiten festgestellt wurden: Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) 38,0% (267); Asthma u. Bronchitis 16,9% (119); Tumorerkrankung 16,1% (113); COPD 10,4% (73); Kardiale Erkrankung 3,4% (24); Interstitielle Lungenerkrankung 3,3% (23); Pneumonie 3,1% (22); TBC 2,7% (19); Pulmonale Hypertonie (PH) 0,9% (6); Sonstige 2,7% (37). Adipositas (BMI ≥ 30) trat bei 44,3% (305/688) der Patienten auf. Besonders hoch war der Adipositas-Anteil bei SBAS (61,4%), kardialen Erkrankungen (45,8%) und Asthma/Bronchitis (45,4%). Bei 9,4% (65/688) der Patienten lag eine pathologische Adipositas mit einem BMI ≥ 40 vor, davon fielen über die Hälfte 56,9% (37) auf die SBAS-Gruppe.

Eine Mangelernährung laut WHO-Definition (BMI <18,5) wurde bei lediglich 2,5% (17/688) der Patienten festgestellt. Hingegen betrug die Häufigkeit der mittels NRS als mangelernährt eingestuften Patienten (NRS-Positive) 14,3% (97/680). Die größten Anteile von NRS-Positiven innerhalb der einzelnen Gruppen von Grunderkrankungen waren bei TBC (39%), Tumorerkrankungen (35%) und COPD (30%) zu verzeichnen, am geringsten war dieser Wert bei SBAS (1%) und PH (0%).

Hinsichtlich der Greifkraft unterschied sich die SBAS-Gruppe mit 35,0±12,9 kg im paarweisen Vergleich jeweils signifikant (p <0,05) von allen anderen Gruppen außer PH und TBC. Zwischen den anderen Gruppen gab es keine signifikanten Unterschiede, die mittlere Greifkraft lag hier insgesamt bei 23,3±11,2 kg. Schlaflabor-Patienten ausgeklammert, waren Mangelernährte zudem im Mittel 2 ½ Tage länger in der Klinik (10,5±9,6 Tage vs. 8,0±6,9 Tage, p <0,01).

Die subjektive Lebensqualität laut SF-36 war insgesamt im Vergleich zur Deutschen Normstichprobe geringer, besonders in physischer Hinsicht (Körperliche Summenskala minus 32%, Psychische Summenskala minus 12%) unterschied sich jedoch zwischen Mangelernährten, Adipösen und Normalgewichtigen nicht signifikant.

Schlussfolgerung: Auch in einem pneumologischem Patientengut tritt ein bedeutender Anteil an potenziellen Mangelernährten auf, der größtenteils nicht zuverlässig allein anhand ihres BMI entdeckt werden kann. Der routinemäßige Einsatz eines geeigneten Screening-Instruments ermöglicht unter geringem Aufwand eine Identifizierung entsprechender Risikopatienten, insbesondere bei bestimmten Grunderkrankungen. Außerdem leidet rund jeder zehnte Patient unter pathologischer Adipositas. Als Gegenmaßnahme müssen Programme zum Muskelaufbau, aber auch zur Gewichtsreduktion angeboten werden. Dies geschieht in unserer Klinik mittlerweile unter Einbeziehung mehrerer Abteilungen wie Ernährungsberatung, Physiotherapie und psychologischer Unterstützung, sowie anteilig durch den sozialen Dienst begleitend auch über den Klinikaufenthalt hinaus.