Gesundheitswesen 2010; 72 - P61
DOI: 10.1055/s-0030-1266568

Schmerzmittel bei Kindern mit Schmerzen – Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS)

H Knopf 1, Y Du 1, W Zhuang 1, U Ellert 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: In Deutschland fehlen bevölkerungsrepräsentative Daten, die Aussagen zur Analgetikaanwendung bei Kindern und Jugendlichen mit Schmerzen zulassen. Diese Informationslücke konnte mit den Ergebnissen von KiGGS geschlossen werden. Material und Methoden: In KiGGS wurden repräsentative Daten zu Schmerzen bei 14.836 Kindern und Jugendlichen im Alter von 3–17 Jahren in Deutschland (Selbstangaben bei 11- bis 17-Jährigen, Elternangaben bei 3- bis 10-Jährigen) erhoben. Schmerzmittel (ATC-Kode N02, M01, M02) wurden im Computer-gestützten ärztlichen Interview erfasst. Der Anteil von Kindern mit Schmerzmittelanwendung wurde nach der Complex-Sample-Methode mittels Kreuztabellen stratifiziert nach Lokalisation, Intensität und Frequenz der Schmerzen. Die Assoziation zwischen Schmerzmittelgebrauch bei Kindern mit Schmerzen und soziodemografischen sowie gesundheitsrelevanten Faktoren wurde durch logistische Regression ermittelt. Ergebnisse: 17,5% (95% KI 15,5%-19,6%) aller Kinder und Jugendlichen mit Schmerzen in der letzten Woche nahmen Schmerzmittel ein. Mädchen wendeten mit 19,6% (17,1%-22,5%) häufiger analgetisch wirkende Präparate an als Jungen (14,4% (12,0%-17,2%). Mit zunehmendem Alter stieg bei beiden Geschlechtern der Anteil derjenigen, die bei Schmerzen einen Analgetikagebrauch angaben. Besonders ausgeprägt war diese Entwicklung bei den Mädchen. Hier stieg der Gebrauch von Schmerzmitteln von 4,8% (2,4%-9,6%) im Alter von 3 bis 6 Jahren auf mehr als das Sechsfache bei den 14- bis 17Jährigen an (28,0%; 95% KI 23,7%-32,8%). Schmerzmittel wurden mit 25,4% (95% KI 21,8%-29,3%) bei Kopfschmerzen am häufigsten eingesetzt. Auf Rang 2 folgten mit 16,6% (95% KI 11,8%-22,7%) Rückenschmerzen. Die Assoziation zwischen Analgetikagebrauch und höherem Alter (14 bis 17 Jahre: OR 4,49; 95% KI 2,64–7,66) sowie Geschlecht (Mädchen: 1,33; 95% KI 1,02–1,76) erwies sich auch in der multivariaten Auswertung als statistisch signifikant. Mit zunehmender Schmerzintensität erhöhte sich die Anwendungswahrscheinlichkeit für Analgetika pro 10 Einheiten um 14% (95% KI 1,14; 1,07–1,20). Diskussion: Die Ergebnisse weisen neben der Schmerzintensität Alter und Geschlecht als wesentliche Einflussgrößen in der medikamentösen Schmerztherapie aus. Um einer potentiellen Fehlversorgung im Kindes- und Jugendalter zu begegnen, sollte in vertiefenden Analysen versucht werden, Ursachen für diese Unterschiede aufzudecken.