Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - A72
DOI: 10.1055/s-0029-1216089

Prädiktive Regulation von Emotion und Sensorium

K Schnell 1
  • 1Bonn

Einleitung: Die Attenuation sensorischer Eindrücke, die als Folge eigener Handlungen entstehen, wird inzwischen allgemein durch prädiktive Regulationsmechanismen erklärt. Hierbei wird offenbar jeweils die Efferenzkopie eines motorischen Programms zur Vorhersage der sensorischen Folgen der motorischen Aktion genutzt. Dementsprechend ist eine Korrelation von schizophrenen Ich-Störungen mit behavioralen und funktionellen Störungen bei der visuomotorischen Unterscheidung eigener und fremder Bewegung nachweisbar. Die ausführlich vorgestellte funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT)-Studie prüft das Vorhandensein eines modalitätsübergreifenden prädiktiven Monitoring-Netzwerkes und modalitätsspezifische Unterschiede zwischen auditorisch-sprechmotorischem und visuell-motorischem Monitoring. Zudem wird die prädiktive Regulation eigener affektiver Reaktionen auf den mimischen Ausdruck von Interaktionspartnern erläutert.

Methode: Der fMRT-Versuch zur auditorischen Überwachung eigener Sprechakte umfasste eine Kontrollbedingung, in der die Probanden (n=21) beim Nachsprechen von Worten die eigene Stimme unverzögert über einen Kopfhörer wahrnahmen. In der Experimentalbedingung sollte darüber hinaus das Auftreten zufälliger Verzögerungen zwischen Sprechakten und der Wiedergabe im Kopfhörer erkannt werden. Im Experiment zur visuomotorischen Überwachung führten die Probanden in der Kontrollbedingung Aktionen bei verzögerungsfreiem visuellem Feedback aus, in der Experimentalbedingung war eine gleichzeitige Überwachung auf zufällig auftretende Verzögerungen der visuellen Bewegungspräsentation erforderlich.

Ergebnisse: Die Detektion sensomotorischer Inkongruenzen führte in beiden Experimenten zu einer bilateralen Aktivierung inferiorer parietaler, anteriorer cingulärer/paracingulärer und inferiorer lateraler/orbitofrontaler Kortexareale sowie beider Kleinhirnhemisphären. Modalitätsspezifisch zeigte sich bei audiomotorischer Inkongruenz eine Aktivierung mit Maximum im Wernicke Areal, bei visuomotorischer Inkongruenz im temporoparietalen Übergang.

Diskussion: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass bei der Detektion von sensomotorischen Inkongruenzen modalitätsübergreifend ein frontoparietal-cerebelläres Netzwerk aktiviert wird. Daneben wird durch den Nachweis einer modalitätsspezifischen inkongruenzbedingten Aktivierung von Arealen der Sprachverarbeitung und der visuellen Bewegungsanalyse das Konzept einer prädiktiven sensorischen Attenuation weiter bestätigt.