Abstract
Zusammenfassung.Fragestellung: Im Rahmen der aktuellen Diskussionen um Medikamentenmissbrauch an Kindern in der Nachkriegszeit wurden zwei Kliniken der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) hinsichtlich Psychopharmakotherapie und therapeutischer Verfahren untersucht. In den Fokus genommen wurde insbesondere der zunehmende Gebrauch von Psychopharmaka und die Frage nach der Vergabe von Versuchspräparaten. Methodik: Methodisch wurden 966 stationäre Akten aller Patienten der Jahrgänge 1952 und 1957 aus der KJP Weissenau und der KJP Gütersloh analysiert. Ergebnisse: Das Aufkommen und Verwenden von Neuroleptika verhielt sich in den zu vergleichenden Institutionen ähnlich, wohingegen die Anteile der damals schon gebräuchlichen Psychopharmaka insgesamt sich je nach Klinikkonzept anders entwickelten. Behandlungsmethoden wie medikamentös induzierte Schocktherapie mit Insulin und Fieberinduktion wurden auch 1957 noch angewandt. Vereinzelt ließen sich erste Ansätze von therapeutischen Verfahren erkennen. Versuchspräparate wurden eingesetzt, jedoch nicht im Sinne systematischer Medikamentenstudien verabreicht. Schlussfolgerung: Die unterschiedlichen Aufträge und Charakteristika der Institutionen brachten verschiedene Behandlungsmethoden und medikamentöse Behandlungsstrategien mit sich, ohne dass gefährliche Medikamentenstudien nachweisbar waren.
Schlüsselwörter: Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychopharmaka, Neuroleptika, Versuchspräparate, Therapiemethoden
Abstract.Objective: As a result of recent discussions concerning the misuse of medication in children in postwar Germany, the paper analyzes the treatment methods, especially psychopharmacotherapy, as well as therapeutic approaches employed in two German child and adolescent psychiatric hospitals (Weissenau and Guetersloh). We investigated the progression of prescription and the administration of psychotropic and experimental drugs between 1952 and 1957. Methods: In total, 966 health records were extensively studied for the time period in question. Results: The use of psychotropic drugs was similar in both hospitals, yet even at that time the use of already established psychotropic drugs differed depending on the concept. Medication-induced fever and shock therapy via insulin were still in use in 1957. Occasionally, initial concepts of a therapeutic treatment approach were observed. Both institutions administered experimental drugs, albeit not in systematic clinical trials. Conclusion: The varying methods of treatment and medication strategies reflect the different setup and concept of the respective hospitals. Indications of dangerous medication trials were not detected.
Keywords: child and adolescence psychiatry, psychotropic drugs, neuroleptics, experimental drugs, treatment methods
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