Einleitung

Die Kompetenzen einer Lehrperson definieren sich über die Anforderungen, die eine Erfolg versprechende Unterrichtsgestaltung mit sich bringt (Gebauer, 2013). Umgekehrt sollten sich jene Aspekte der professionellen Kompetenz, die funktionales Verhalten und erfolgreiche Performanz von Lehrpersonen begünstigen, im Unterricht manifestieren (Blömeke, Gustafsson, & Shavelson, 2015). Diese Interdependenz unterstreicht den Fach- bzw. Domänenbezug, der als ein Charakteristikum des Kompetenzbegriffs verstanden wird. Eine erfolgreiche Unterrichtsgestaltung in einem bestimmten Fach (z. B. Sport) erfordert auf Lehrpersonenseite gewisse Kompetenzaspekte, die klar fachspezifisch sind (z. B. Praetorius & Gräsel, 2021; Richartz & Kohake, 2021). Gemäß aktuellen theoretischen Konzeptionen lassen sich sowohl das Fachwissen als auch das fachdidaktische Wissen als derartige fachbezogene Teile des Professionswissens verstehen. Ein weiterer Teil des Professionswissens bildet das pädagogisch-psychologische Wissen, das als weitgehend fachunspezifisch gilt. Diese drei Wissensdimensionen gehören zum Professionswissen einer Lehrperson, welches für einen erfolgsversprechenden Unterricht wichtig ist (z. B. Baumert & Kunter, 2011; König, 2016). Neben dem Professionswissen tragen weitere Kompetenzaspekte zur Bewältigung spezifischer Anforderungen des Lehrberufs bei. So haben sich affektive, motivationale und handlungsbezogene Merkmale von Lehrpersonen als entscheidend für die Steuerung ihres Verhaltens und Handelns erwiesen. Deren Ausprägungen scheinen zudem abhängig vom Fach oder dem Lerninhalt zu sein (Reusser, Pauli, & Elmer, 2011). Für die Entwicklung dieser professionellen Kompetenzen sind Lerngelegenheiten, wie etwa in der Ausbildung oder der Weiterbildung von Lehrpersonen, in qualitativer sowie auch quantitativer Hinsicht relevant (z. B. Kramer, König, Kaiser, Ligtvoet, & Blömeke, 2017).

Empirische Befunde zeigen, dass professionelle Kompetenzen von Lehrpersonen positive Effekte auf den Unterricht sowie auf Lernerfolge bei Schüler:innen haben, wobei der Forschungsfokus insbesondere auf dem Fach Mathematik liegt (z. B. Affolter, Hollenstein, & Brühwiler, 2016; Baumert & Kunter, 2011; Hill, Rowan, & Ball, 2005; Lipowsky, 2006). In jüngerer Zeit rücken zunehmend weitere Unterrichtsfächer (z. B. Krauss et al., 2017) in den Blick. Noch weitgehend ungeklärt ist, inwiefern diese Befunde auch für das Fach Sport Gültigkeit haben. Der vorliegende Beitrag greift diese Frage auf und hat zum Ziel, professionelle Kompetenzen von Sportlehrpersonen beispielhaft für einen ausgewählten Inhaltsbereich des Unterrichtsfachs Sport zu konzeptualisieren, Testinstrumente zu entwickeln und Zusammenhänge zwischen fachbezogenem Professionswissen, motivationalen Orientierungen und Überzeugungen empirisch zu prüfen.

Theoretische Verortung

Fachbezogenes Professionswissen

Auf der Grundlage der theoretischen Arbeiten von Shulman (1987) zur heuristischen Unterteilung von Lehrer:innenwissen können die für eine erfolgreiche Berufsausübung notwendigen Wissensbestände analytisch in sieben Kategorien, drei fachbezogene und vier fächerübergreifende, differenziert werden. In der aktuellen empirischen Bildungsforschung hat sich allerdings eine pragmatische Einteilung in fachliches, fachdidaktisches und pädagogisches Wissen durchgesetzt. König (2016) bezeichnet das fachliche und das fachdidaktische Wissen als eindeutig auf das zu unterrichtende Fach bezogen, wohingegen das pädagogische Wissen als losgelöst vom jeweiligen Fach und hauptsächlich auf das Unterrichten bezogen anzusehen ist. Dem Fachwissen von Lehrpersonen wird eine wichtige Rolle zugeschrieben, da es u. a. als Grundlage für das fachdidaktische Wissen verstanden wird, welches die Fähigkeit umfasst, fachliche Gegenstände zu strukturieren, darzustellen, zu erklären und zu vernetzen (Bromme, 1997). Die positive Beziehung zwischen fachlichem und fachdidaktischem Wissen konnte bereits mehrfach empirisch nachgewiesen werden (z. B. Brühwiler, Ramseier, & Steinmann, 2015; Korneck, Krüger, & Szogs, 2017; Krauss et al., 2011).

Für das Fach Sport bzw. die Sportdidaktik hat Heemsoth (2016) bestehende empirische Arbeiten zur Expertiseforschung sowie Ansätze zur Beschreibung des fachspezifischen Wissens von Sportlehrpersonen zusammengefasst und herausgearbeitet, inwieweit sich in diesen Ansätzen Konkretisierungen im Sinne der in anderen Fächern etablierten Shulman-Heuristik wiederfinden. Dabei wird deutlich, dass dies nur bedingt der Fall ist. Auch Meier (2018) konstatiert, dass für das Unterrichtsfach Sport bislang weder geklärt ist, wie fachbezogenes Professionswissen inhaltlich zu konzeptualisieren ist, noch wie es empirisch erfasst werden kann. Für das Fach Sport geht es um die Frage, über welches fachbezogene Professionswissen Sportlehrpersonen verfügen sollten, um guten und Erfolg versprechenden Sportunterricht anbieten zu können. Eine Schwierigkeit dabei ist die große Vielfalt an Fachkonzeptionen, mit der sich die fachbezogene Forschung konfrontiert sieht (Gogoll & Gerlach, 2020). Begall und Meier (2016) plädieren in ihren Überlegungen zur Konzeptualisierung des fachbezogenen Professionswissens von angehenden Sportlehrpersonen für die Unterteilung in Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und curriculares Wissen. Mittels Subdimensionen werden die drei Wissensbereiche weiter ausdifferenziert sowie hinsichtlich verschiedener Qualitäten kognitiver Anforderungen unterschieden. Bislang fand jedoch noch keine empirische Prüfung dieser Konzeptualisierung statt. Empirisch geprüft wurde das „Paderborner Instrument zur Erfassung professioneller Kompetenzen von Sportlehrkräften“ (Kehne, Seifert, & Schaper, 2013; Shaper, Seifert, Ulbricht, & Leder, 2008), das als Teilprojekt im Rahmen der Studie Standards – Profile – Entwicklung – Evaluation (SPEE) durchgeführt wurde (Hilligus, 2004). Es konnte allerdings weder die Unterteilung fachbezogenen Professionswissens in inhaltliche BereicheFootnote 1 noch in die Bereiche kognitiver Anforderungen (Wissens- und Könnensbasis; Reflexions- und Anwendungsfähigkeit; Urteilsfähigkeit) empirisch bestätigt werden (Kehne et al., 2013). Vogler, Messmer, und Allemann (2017) widmen sich dem fachdidaktischen Wissen und Können von Sportlehrpersonen (vgl. auch Messmer & Brea, 2015), das mittels 10 Fallvignetten (Unterrichtsfälle mit Problemcharakter), die sich basierend auf dem sportdidaktischen Modell von Scherler (2004) den drei Dimensionen (1) Inhalte präsentieren, (2) Bedingungen organisieren und (3) mit Schüler:innen interagieren zuordnen lassen, erfasst wurde. Über die Reliabilität des Testinstruments bzw. der einzelnen Faktoren ist allerdings nichts bekannt. Bei Wibowo und Heemsoth (2019) wird das fachdidaktische Wissen mittels den drei Wissensfacetten (1) Lernende unterstützen, (2) Schwierigkeiten erklären und (3) Vorgehensweisen formulieren, 8 BewegungsfeldernFootnote 2 sowie einem handlungsnahen kognitiven Anforderungsprofil konzeptualisiert. Der Test setzt sich aus 40 Items mit geschlossenem und z. T. offenem Antwortformat zusammen. Mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen lässt sich das 3‑Faktor-Modell empirisch bestätigen. Die internen Konsistenzen der Wissensfacetten fallen moderat aus (Heemsoth & Wibowo, 2020). Wittwer (2021) widmet sich im Rahmen der Studie EPiC-PE 3:1 dem Fachwissen, dessen Konzeptualisierung auf dem Fachmodell von Messmer (2018) basiert. Die Konzeptualisierung gründet auf den zwei ausgewählten Kompetenzbereichen (1) technisch-taktische Dimension und (2) technisch-gestalterische Dimension, den zwei Wissensfacetten (1) Faktenwissen und (2) Begründungswissen sowie dem Ausmaß des Kontextbezugs (entkontextualisiertes Wissen; situationsspezifisches Wissen und Können). Die empirische Überprüfung des Instruments steht noch aus. In der EPiC-PE-Studie wird neben dem Fachwissen auch das fachdidaktische Wissen und Können modelliert sowie die faktorielle Struktur des Professionswissens empirisch geprüft (Messmer et al., 2022). Auch hier liegen die Ergebnisse noch nicht vor.

Die Forschungslage macht deutlich, dass die Entwicklung von Instrumenten zur Erfassung fachspezifischer professioneller Kompetenzen von Sportlehrpersonen erst am Anfang steht, insbesondere bezüglich der empirischen Überprüfung von theoretischen Konzeptionen.

Überzeugungen und motivationale Orientierungen

Neben dem Professionswissen können Überzeugungen („beliefs“) und motivationale Orientierungen als weitere wichtige Teile der professionellen Kompetenz von Lehrpersonen verstanden werden (z. B. Baumert & Kunter, 2011). Überzeugungen werden meist als relativ stabil und im Sinne einer handlungsleitenden Orientierungs- und Strukturierungshilfe gesehen (Pajares, 1992). Fachbezogene Einstellungen wurden in Studien wie z. B. der DSB-Sprint-Studie (Brettschneider et al., 2005) mittels Items zu Themen wie handlungsleitenden Orientierungen für die Gestaltung des Unterrichts, Ziele für den Sportunterricht, Leistungserwartungen und Innovationsbereitschaft erhoben. In der Bayern-Studie (Altenberger et al., 2005) wurden subjektive Einstellungen der Lehrpersonen mithilfe von Items zu Themen wie Lehrplanvorgaben, Unterrichtsplanung oder Mitsprache erfasst. In fachfremden Studien wurden wiederholt positive Zusammenhänge zwischen konstruktivistisch orientierten Lehr-Lern-Konzepten der Lehrperson – im Vergleich zu transmissionsorientierten Lehr-Lern-Konzepten – und dem Lernerfolg (Leistungsentwicklung und Lernmotivation) der Schüler:innen empirisch nachgewiesen (z. B. Pauli & Reusser, 2010). Für den Sportunterricht mangelt es bisher an Instrumenten, die Lehrerüberzeugungen als Lehr-Lern-Konzepte erfassen.

Neben den berufsbezogenen Überzeugungen steuern v. a. motivationale Orientierungen der Lehrperson deren Wahrnehmung und Deutung von Situationen, die Auswahl von Zielen sowie das Handeln im Unterricht (Reusser et al., 2011). Dabei wird von einem mehrdimensionalen Verständnis von Motivation ausgegangen (Mayer, Faber, & Xu, 2007). Es geht um die Frage, welche Formen der Motivation (z. B. intrinsische vs. extrinsische Motivation) vorliegen. Zudem interessiert, ob Personen, je nach Ausprägung der verschiedenen Motivationsformen, mehr oder weniger Energie in die Durchführung einer Handlung investieren und inwieweit Auswirkungen auf den Unterricht und das Lernen der Schüler:innen nachweisbar sind (Kunter, 2014). In bisherigen Studien (DSB-Sprint-Studie; Bayern-Studie) wurden motivationale Orientierungen von Sportlehrpersonen in der Thematik der beruflichen Belastung oder mittels Angaben zur Person und zu den beruflichen Qualifikationen erhoben. Beziehungen zu unterrichtlichen Aspekten oder zum Lernen der Schüler:innen wurden in den erwähnten Studien nicht untersucht. Taylor, Ntoumanis, und Standage (2008) konnten zeigen, dass Druck- oder Autonomieerleben vermittelt über die selbstbestimmte Lehrermotivation auch das Verhalten der Lehrperson im Unterricht beeinflussen. Die Studie von Büchel (2019) weist darauf hin, dass sich motivationale Orientierungen im Unterrichtshandeln von Sportlehrpersonen und somit in der Qualität des Sportunterrichts manifestieren. Zudem stehen sie in positiver Beziehung zum professionellen Lernverhalten von Lehrpersonen z. B. in der Weiterbildungsbereitschaft oder im Kooperationsverhalten.

Fragestellungen

Während in anderen Fachbereichen empirische Befunde zu professionellen Kompetenzen von Lehrpersonen und deren Bedeutung für den Unterricht und das Lernen der Schüler:innen vorliegen (z. B. Lenske et al., 2016), sind diese für den Fachbereich Sport rar. Um Zusammenhänge prüfen zu können, werden Instrumente benötigt, welche die zueinander in Beziehung stehenden Konstrukte empirisch adäquat abbilden. Die aktuelle Forschungslage zeigt, dass es bislang an validen Wissenstests bzw. Instrumenten zur Erfassung professioneller Kompetenzen von Sportlehrpersonen mangelt. Ziel dieser Studie ist es somit, Instrumente zu entwickeln, die eine valide und reliable Erfassung erlauben. Zudem scheint es gewinnbringend zu sein, neben dem Wissen auch motivationale Orientierungen und Überzeugungen zu erheben und Interdependenzen zwischen den Kompetenzaspekten zu prüfen. Ausgehend von den formulierten Forschungsdesideraten ergeben sich für die vorliegende Untersuchung drei Fragebereiche mit entsprechenden Fragestellungen.

  1. 1.

    Empirische Überprüfung der Struktur des fachbezogenen Professionswissens:

    1. a)

      Lässt sich im ausgewählten Inhaltsbereich „Bewegen an Geräten – Rollen und Drehen“ das fachliche und fachdidaktische Wissen von Sportlehrpersonen in der theoretisch postulierten zweifaktoriellen Struktur empirisch adäquat erfassen?

    2. b)

      Wie hängen fachliches und fachdidaktisches Wissen zusammen?

  2. 2.

    Ausprägungen des fachbezogenen Professionswissens:

    1. a)

      Über welches fachliche und fachdidaktische Wissen im ausgewählten Inhaltsbereich verfügen Sportlehrpersonen bzw. angehende Sportlehrpersonen?

    2. b)

      Zeigen sich Unterschiede zwischen der Primarstufe und der Sekundarstufe I?

  3. 3.

    Ausprägungen der motivationalen Orientierungen und Überzeugungen und Zusammenhänge:

    1. a)

      Welche Ausprägungen zeigen sich bei Sportlehrpersonen bzw. angehenden Sportlehrpersonen hinsichtlich der motivationalen Orientierungen und der Überzeugungen zum Lehren und Lernen im Sport?

    2. b)

      Zeigen sich Unterschiede zwischen der Primarstufe und der Sekundarstufe I?

    3. c)

      Welche Zusammenhänge bestehen zwischen motivationalen Orientierungen, Überzeugungen und den beiden Wissensdimensionen?

Da grundsätzlich von einer Domänenspezifität des Professionswissens, nicht nur über die Fächer hinweg, sondern auch innerhalb des Fachs Sport auszugehen ist, impliziert hohes Wissen in einem Inhaltsbereich nicht ohne weiteres hohes Wissen in einem anderen Inhaltsbereich. Deshalb wird für die empirische Prüfung der Fragestellungen beispielhaft auf einen Inhaltsbereich des Curriculums fokussiert, den Bereich „Bewegen an Geräten – Rollen und Drehen“. Dieser Inhaltsbereich wurde gewählt, weil es sich dabei um einen wichtigen Inhaltsbereich innerhalb des technisch-taktischen Kompetenzbereichs auf beiden Schulstufen (Primar- und Sekundarstufe I) handelt und er damit einen klaren Bezug zum Lehrplan 21 (BLD, 2017) aufweist. Der Inhaltsbereich ist somit auf den für die Untersuchung vorgesehenen Zielstufen (Klassenstufen 5–8) durchführbar. Alle Aussagen über das gemessene Wissen beziehen sich damit ausschließlich auf den ausgewählten Inhaltsbereich.

Methode

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Professionelle Kompetenzen sportunterrichtender Lehrpersonen“ wurden Untersuchungsinstrumente zur Erfassung des fachbezogenen Professionswissens (fachliches und fachdidaktisches Wissen im ausgewählten Inhaltsbereich „Bewegen an Geräten – Rollen und Drehen“), der motivationalen Orientierungen und der Überzeugungen zum Lehren und Lernen im Sport entwickelt. Alle Instrumente wurden im Vorfeld ihres Einsatzes einer Pilotierung (Brühwiler et al. 2016) unterzogen. Die Erhebung wurde mittels Online-ToolFootnote 3 durchgeführt. Sie fand im Zeitraum von Mitte September bis Mitte Dezember 2016 statt.

Stichprobe

Insgesamt liegen Daten von 339 Proband:innen (69 % weiblich) zum fachbezogenen Professionswissen sowie zu personalen Merkmalen, motivationalen Orientierungen und Überzeugungen vor. Die Gesamtstichprobe setzt sich aus 120 SportlehrpersonenFootnote 4 (NPS = 62; NSekI = 58) und 219 angehenden SportlehrpersonenFootnote 5 (NKG/PS = 183; NSekI = 36) zusammen (vgl. Tab. 1). Die Lehrpersonen sind zwischen 23 und 65 Jahre alt (MPS = 38,3; SDPS = 9,9; MSekI = 41,1; SDSek I = 10,1). 53 % der Lehrpersonen sind weiblich. Die Berufserfahrung variiert zwischen 0 und 40 Jahren (M = 13,1, SD = 9,8). Auf der Primarstufe liegt der Mittelwert der Berufserfahrung bei 11,8 (SD = 9,4) und auf der Sekundarstufe I bei 14,5 Jahren (SD = 10,1). Von den Lehrpersonen weisen 67 % eine aktive Sportvereinsmitgliedschaft auf und 3 % aller Lehrpersonen üben zum Zeitpunkt der Erhebung eine Leitertätigkeit im Bereich „Geräteturnen“ aus. Die Mehrheit der Lehrpersonen (82 %) sind Generalist:innenFootnote 6, unterrichten also neben dem Fach Sport noch weitere Fächer. Nur gerade 18 % der Lehrpersonen haben das Fach Sport studiertFootnote 7, wobei der Anteil auf der Sekundarstufe I deutlich höher ist als auf der Primarstufe. In der Studierendenstichprobe variiert das Alter zwischen 21 und 39 Jahren (MKG/PS = 24,9; SDKG/PS = 3,1; MSekI = 24,3; SDSekI = 2,1). 77 % aller Studierenden sind weiblich. Von den Studierenden weisen 46 % eine aktive Vereinsmitgliedschaft auf und 2 % weisen zur Zeit der Erhebung eine Leitertätigkeit im Bereich „Geräteturnen“ auf.

Tab. 1 Stichprobe nach Akteur, Schulstufe, Qualifikation und Sportaffinität (N = 339)

Entwicklung und Operationalisierung der Untersuchungsinstrumente

Testinstrumente zum fachbezogenen Professionswissen

Für die Erfassung des fachbezogenen Professionswissens wurde ein Instrument entwickelt, das sich konzeptionell auf ein zweidimensionales Modell in Anlehnung an die Studie TEDS‑M (Tatto et al., 2012) stützt. Die Konzeption der beiden Wissensbereiche berücksichtigt sowohl eine inhaltliche Subdimensionierung als auch eine Unterscheidung nach kognitiven Anforderungsniveaus. Für das Fachwissen (FW) wurden die für das Unterrichten auf Volksschulstufe relevanten inhaltlichen Subdimensionen (1) Sportartenwissen und (2) Bewegungswissenschaft definiert. Unter „Sportartenwissen“ wird das Wissen bezüglich Technik, Begrifflichkeiten und Regeln einer spezifischen Sportart verstanden. Es geht dabei um Wissen über ein spezifisches Bewegungsfeld bzw. eine spezifische Sportart. „Bewegungswissenschaft“ subsumiert das Wissen über biologische Grundlagen sowie über Bewegungstheorien. Es geht um Wissen über die Funktion von Bewegungen in Bezug auf die Biomechanik, Anatomie, Physiologie oder die Trainingslehre. Im weiteren Sinne sind auch die Trainingspsychologie und -soziologie dazu zu zählen. Das fachdidaktische Wissen (FDW) wird mittels der unterrichtsbezogenen Anforderungen (1) Planen, (2) Durchführen und (3) Auswerten abgebildet. Dabei wird Bezug auf berufliche Anforderungen genommen, die sich den Sportlehrpersonen stellen, wenn sie unterrichten. Diese Anforderungen beinhalten in Anlehnung an Shulman (1986) das Wissen über Repräsentationsformen und Instruktionsstrategien, das Wissen über inhaltsspezifische Lernschwierigkeiten und Schüler:innenkognitionen sowie für das Fach Sport spezifisch, das Wissen über das Organisieren von Bedingungen (in Anlehnung an Depaepe, Verschaffel, & Kelchtermans, 2013). Neben dieser inhaltlichen Strukturierung werden basierend auf den bereits bestehenden Konzeptualisierungen (u. a. TEDS‑M, König & Blömeke, 2009) sowie aufgrund von Überlegungen zu Spezifika des Fachs Sport, drei kognitive Prozesse unterschieden: (1) Wissen und Kennen, (2) Verstehen und Anwenden sowie (3) Urteilen und Begründen. Im Bereich „Wissen und Kennen“ geht es darum, Wissen reproduzieren oder Begriffe und Definitionen abrufen zu können. Bei Aufgaben auf der Ebene „Verstehen und Anwenden“ geht es nicht nur um eine Reproduktion von Wissen, sondern darum, das vorhandene Wissen auf Anwendungskontexte übertragen zu können. Auf der Ebene des „Urteilens und Begründens“ werden Aufgabenstellungen bzw. Fallbeispiele eingesetzt, die einen konkreten situativen Bezug haben. Es wurden Single-choice‑, Multiple-choice- sowie offene Antwortformate verwendet. Für das Scoring der Items wurde eine Expert:innenbefragung mittels sechs Fachdidaktiker:innen für Bewegung und Sport durchgeführt. Anschließend wurden die entwickelten Items bei 121 angehenden Sportlehrpersonen der Pädagogischen Hochschule „St. Gallen“ pilotiert (Brühwiler et al. 2016). Die Tab. 2 verdeutlicht die Konzeptualisierung bzw. Operationalisierung der beiden Wissensdimensionen. In den einzelnen Zellen ist jeweils die Anzahl der entwickelten Items eingetragenFootnote 8. Das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen werden auf je einem Faktor abgebildet, der die jeweils 19 Items umfasst. Es findet keine subdimensionale empirische Prüfung statt. Dies auch deshalb, da eine unterschiedliche Gewichtung der Items im Hinblick auf die Repräsentation der Itemmenge vorliegt.

Tab. 2 Konzeptualisierung für das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen

Fragebogen zu motivationalen Orientierungen und Überzeugungen

Die Erfassung der personalen Merkmale, der motivationalen Orientierungen und der Überzeugungen zum Lehren und Lernen im Sport erfolgte mittels standardisierter schriftlicher Befragung. Die verwendeten Items und Skalen wurden, soweit möglich, in Anlehnung an bereits bestehende Instrumente erarbeitet (u. a. „IMPEQT-Studie“, Herrmann, Leyener, & Gerlach, 2014; „TEDS-M“, Tatto et al., 2012).

Für den Bereich der motivationalen Orientierungen wurden in der vorliegenden Studie Skalen zur „Motivation, das Fach Sport zu unterrichten“ und zum „Fachinteresse“ bzw. zum „Interesse am Inhaltsbereich“ erfasst. Abgestützt wurde dabei auf diverse bereits bestehende Skalen (Deci et al., 2001; Herrmann et al., 2014; Van den Broeck, Vansteenkiste, De Witte, Soenens, & Lens, 2010). Tab. 3 zeigt die Skalen mit je einem Beispielitem und ihren psychometrischen Itemkennwerten. Die interne Konsistenz kann bei allen Skalen mit Cronbach’s α‑Werten zwischen 0,75 und 0,86 als ausreichend bis gut bezeichnet werden (Wittenberg, 1998).

Tab. 3 Kennwerte der Skalen zu den motivationalen Orientierungen und Überzeugungen zum Lehren und Lernen im Sport mit Beispielitems

Im Bereich der Überzeugungen zum Lehren und Lernen im Sport wurden in Anlehnung an Tattoo et al. (2012) die Skalen „Transmissionsorientierung“ und „Konstruktionsorientierung“ weiterentwickelt und auf die Inhaltsbereiche „Bewegen an Geräten – Rollen und Drehen“ adaptiert (vgl. Tab. 3). Die interne Konsistenz der Skalen kann mit Kennwerten von α = 0,63 und α = 0,72 als ausreichend bis zufriedenstellend eingestuft werden. Die Prüfung sowohl der inhaltlichen als auch der kriterialen Validität sowie weiterer Kennwerte (Trennschärfe rit > 0,30) weist darauf hin, dass die Skalen für die weiteren Analysen eingesetzt werden können.

Statistische Analysen

Skalierung der Wissenstests und Überprüfung der Struktur

Die Testdaten wurden basierend auf der „item response theory“ (IRT) mit Hilfe des Rasch-Modells (Rasch, 1960) skaliert. Bei einem Teil der Aufgaben wurden Partial-credit-Modelle (Masters, 1982) spezifiziert, welche teilrichtige Lösungen ermöglichen. Der Infit und der Outfit liegen zwischen 0,92 und 1,07 und damit überwiegend im guten Bereich. Sie weisen darauf hin, dass die Passung der Items zum Testmodell gut ist. Fehlende Bearbeitungen liegen bei allen Aufgaben im niedrigen Bereich (< 9 %). Nicht ganz zufriedenstellend fallen die Verteilung der Itemschwierigkeiten und die Passung zwischen Itemschwierigkeit und Personenfähigkeit aus. Dies bedeutet, dass zum einen schwierige und zum anderen leichte Aufgaben überrepräsentiert, mittelschwere Aufgaben hingegen unterrepräsentiert sind. Die Personenfähigkeiten liegen insgesamt eher im unteren Bereich. Eine Folge ist, dass die EAV/PV-Reliabilitäten für die Schätzung der Personenfähigkeiten in beiden Dimensionen eher tief ausfallen (FW = 0,55; FDW = 0,56), was auf die eher geringen Diskriminationswerte der Testaufgaben (zwischen 0,13 und 0,38) bzw. die geringe Varianz in der Fähigkeit innerhalb der Stichprobe zurückzuführen istFootnote 9. Die Reliabilitäten gemessen mittels Cronbach’s α liegen hingegen im akzeptablen bis guten Bereich (FW = 0,69; FDW = 0,83).

Die Schätzung der Personenparameter erfolgte über die Weighted-likelihood-estimates-Methode (WLE). Um die Interpretation zu erleichtern, wurden die Personenparameter umgerechnet und transformiert (Skala mit M = 500; SD = 100). Alle nachfolgenden Analysen basieren auf dieser transformierten Skala. Zur empirischen Prüfung der Dimensionalität des fachbezogenen Professionswissens wurde eine konfirmatorische Faktorenanalyse (CFA) durchgeführt. In Hinblick auf den Modell-Fit werden die in der Literatur üblichen Cut-off-Werte verwendet (Bühner, 2006). Für den Umgang mit fehlenden Werten wurde das Full-information-maximum-likelihood-Verfahren (FIML) angewendet (z. B. Christ & Schlüter, 2012).

Testung von Unterschieden und Zusammenhängen

Für die Testung von Unterschieden zwischen verschiedenen Untergruppen (z. B. nach Akteur oder Schulstufe) werden t‑Tests berechnet. Die Überprüfung von statistischen Zusammenhängen sowie die Ermittlung ihrer Stärke erfolgt mittels Korrelations- bzw. Partialkorrelationsrechnungen. Für alle Analysen gilt das 5 %-Signifikanzniveau. Bei Mittelwertvergleichen wird zusätzlich zum Signifikanzniveau die Effektstärke „Cohens d“ (Cohen, 1988) als quantitatives Maß für die Einschätzung der praktischen Bedeutsamkeit berechnet.

Ergebnisse

Konfirmatorische Überprüfung der Struktur des fachbezogenen Professionswissens

Zur Beantwortung des ersten Fragebereichs in Bezug auf die empirische Überprüfung der zweifaktoriellen Struktur des fachbezogenen Professionswissens von Sportlehrpersonen wurde eine Dimensionalitätsprüfung vorgenommen. Im Rahmen der Skalierung der Daten (vgl. Abschn. Skalierung der Wissenstests und Überprüfung der Struktur) wurde die latente Korrelation zwischen fachlichem Wissen und fachdidaktischem Wissen mittels Partial-credit-Modell geschätzt. Die Korrelation liegt mit r = 0,76 (p < 0,001) in einem Bereich, der auf unterscheidbare Wissensdimensionen hinweist, welche eng miteinander verknüpft sind. Mittels einer konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden zwei latente Faktoren auf Basis der manifesten Faktorsummenwerte ihrer Subdimensionen modelliert. Das Fachwissen wird durch die beiden manifesten Summenscores der zwei Subdimensionen Sportartenwissen und Bewegungswissenschaften und das fachdidaktische Wissen durch die beiden manifesten Summenscores der Subdimensionen (d. h. unterrichtsbezogene Anforderungen) Planen sowie Durchführen/AuswertenFootnote 10 abgebildet. Das spezifizierte Zweifaktormodell weist eine sehr gute Anpassungsgüte an die Daten auf (vgl. Tab. 4). Die latente Korrelation der beiden Faktoren liegt bei r = 0,72 (p < 0,001) und somit im ähnlichen Bereich wie die Korrelation, die im Rahmen der Raschskalierung geprüft wurde. Zum Vergleich wurde ein Generalfaktormodell spezifiziert (vgl. Tab. 4). Die Fit-Indizes des Generalfaktormodells fallen statistisch signifikant schlechter aus als jene des Zweifaktormodells (χ2-Differenzentest: Χ2 = 5,54; df = 1; p = 0,019). Die zweifaktorielle Struktur des fachbezogenen Professionswissens im Inhaltsbereich „Bewegen an Geräten – Rollen und Drehen“ kann somit empirisch bestätigt werden.

Tab. 4 Modellfit-Indizes der betrachteten Modelle zur Prüfung der Dimensionalität von fachbezogenem Professionswissens im Inhaltsbereich „Bewegen an Geräten – Rollen und Drehen“

Ausprägung des fachbezogenen Professionswissens, der motivationalen Orientierungen und der Überzeugungen

Für den zweiten und dritten Fragebereich wurden zur Prüfung der Ausprägung des fachlichen und fachdidaktischen Wissens die mittleren Testscores und zur Prüfung der Ausprägung der motivationalen Orientierungen und Überzeugungen die Mittelwerte der vierstufigen Skala (1 = stimmt gar nicht bis 4 = stimmt genau) herangezogen und nach Akteur (Lehrpersonen vs. Studierende) und Schulstufe (Primar- vs. Sekundarstufe I) differenziert analysiert (vgl. Tab. 5).

Tab. 5 Ausprägung des fachbezogenen Professionswissens im Inhaltsbereich „Bewegen an Geräten – Rollen und Drehen“ und der motivationalen Orientierungen und Überzeugungen zum Erwerb von Bewegungs- und Sportkompetenz nach Akteur und Schulstufe

Wird über beide Schulstufen hinweg nach Akteur differenziert, zeigt sich, dass die Lehrpersonen im Fachwissen statistisch signifikant höhere Werte aufweisen als die Studierenden (t[198] = 2,76; p < 0,01; d = 0,34). Im fachdidaktischen Wissen erreichen hingegen die Studierenden statistisch signifikant höhere Werte als die Lehrpersonen (t[337] = 2,48; p < 0,05; d = 0,28). Innerhalb der Lehrpersonenstichprobe zeigen sich weder im Fachwissen noch im fachdidaktischen Wissen statistisch signifikante stufenspezifische Unterschiede. Die Sekundarlehrpersonen erzielen zwar höhere Werte als die Primarlehrpersonen, die Unterschiede sind aber statistisch nicht signifikant. Innerhalb der Studierendenstichprobe lassen sich sowohl im Fachwissen (t[217] = −5,92; p < 0,001; d = 1,08) als auch im fachdidaktischen Wissen (t[217] = −2,46; p < 0,05; d = 0,45) statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Stufen zu Gunsten der Sekundarstufe I nachweisen. Die stufenspezifischen Unterschiede sind im Fachwissen deutlich höher als im fachdidaktischen Wissen (vgl. Effektstärke).

Die Lehrpersonen weisen hinsichtlich der motivationalen Orientierungen relativ hohe Werte in der intrinsischen Regulation und im Fachinteresse auf. Relativ niedrige Werte zeigen sich in der extrinsischen Regulation. Im Bereich der Überzeugungen bringen die Lehrpersonen höhere Werte in der Konstruktionsorientierung mit als in der Transmissionsorientierung. Dieselben Ergebnisse lassen sich in der Gruppe der Studierenden finden. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen zeigen sich wie folgt: Die Lehrpersonen der Primarstufe weisen signifikant höhere Werte in der intrinsischen Regulation auf als Studierende der Primarstufe (t[241] = 2,22; p < 0,05; d = 0,32). In der extrinsischen Regulation fallen die großen Unterschiede zwischen den Schulstufen auf. Lehrpersonen sowie Studierende der Primarstufe geben an, signifikant stärker extrinsisch reguliert zu sein als Lehrpersonen (t[92] = 3,63; p < 0,001; d = 0,66) und Studierende (t[117] = 9,34; p < 0,001; d = 1,05) der Sekundarstufe I. Zudem weisen die Studierenden der Primarstufe signifikant höhere Werte in der extrinsischen Regulation auf als die Lehrpersonen derselben Schulstufe (t[241] = −2,17; p < 0,05; d = 0,32). Im Fachinteresse gibt es einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Studierenden der Primarstufe und jenen der Sekundarstufe I, zugunsten der Sekundarstufe I (t[216] = −3,01; p < 0,01; d = 0,56). In der Transmissionsorientierung weisen Studierende der Sekundarstufe I statistisch höhere Werte auf als Lehrpersonen derselben Schulstufe (t[92] = −2,18; p < 0,05; d = 0,40). Im Interesse am Inhaltsbereich und in der Konstruktionsorientierung zeigen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

Zusammenhänge des fachbezogenen Professionswissens mit motivationalen Orientierungen und Überzeugungen

Zur Bestimmung der Zusammenhänge zwischen den motivationalen Orientierungen und den Überzeugungen mit dem fachbezogenen Professionswissen wurden Partialkorrelationen mit den Kontrollvariablen Schulstufe und Akteur berechnet. Die Analysen zeigen für das Fachwissen positive, jedoch geringe Zusammenhänge mit dem Fachinteresse (r = 0,15; p = 0,006) und dem Interesse am Inhaltsbereich (r = 0,17; p < 0,001) sowie einen negativen Zusammenhang mit der extrinsischen Regulation (r = −0,15; p = 0,008). Für das fachdidaktische Wissen zeigen sich, mit Ausnahme eines positiven Zusammenhangs mit dem Interesse am Inhaltsbereich (r = 0,24; p < 0,001), keine statistisch signifikanten Zusammenhänge mit den untersuchten motivationalen Orientierungen. Im Bereich der Überzeugungen zum Lehren und Lernen im Sport gibt es keine signifikanten Zusammenhänge.

Diskussion

Beantwortung der Fragestellungen und Interpretation der Ergebnisse

Für die Entwicklung der Instrumente zur Erfassung des fachbezogenen Professionswissens für den Inhaltsbereich „Bewegen an Geräten – Rollen und Drehen“ fand eine Orientierung an der weit verbreiteten Shulman-Heuristik (1986) sowie an der Modellierung des Professionswissen in der Studie „TEDS-M“ (Tatto et al., 2012) statt, wobei fachspezifische Aspekte berücksichtigt wurden. Die theoretisch konzeptualisierte zweifaktorielle Struktur konnte empirisch bestätigt werden. Analog zu fachfremden Befunden (z. B. Korneck et al., 2017) ließ sich zeigen, dass das fachliche und das fachdidaktische Wissen eng zusammenhängen, aber dennoch als getrennte Konstrukte zu betrachten sind.

Im fachlichen und fachdidaktischen Wissen von Sportlehrpersonen finden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Schulstufen (Primarstufe und Sekundarstufe I). Es zeigen sich jedoch bedeutsame Unterschiede innerhalb der Gruppe der Studierenden. Die Studierenden der Sekundarstufe I weisen statistisch signifikant höhere Werte in den beiden Wissensdimensionen, aber v. a. im Fachwissen auf, als die Studierenden der Primarstufe. Diese Diskrepanzen dürften zu einem erheblichen Teil auf die unterschiedliche Anzahl an Lerngelegenheiten in den beiden Ausbildungsgängen zurückzuführen sein. Während die Sekundarlehrpersonen nach neun Semestern einen Masterabschluss erwerben, erlangen die Primarlehrpersonen nach sechs Semestern einen Bachelorabschluss. Zudem wählen die Sekundarlehrpersonen das Fach Sport explizit als ein Unterrichtsfach von insgesamt vier Fächern. Die angehenden Primarlehrpersonen absolvieren hingegen eine Generalist:innenausbildung für die Unterrichtsfächer auf der Primarstufe, inklusive Sport. Folglich bestehen in der Ausbildung für Primarlehrpersonen, verglichen mit der Sekundarstufe I, deutlich weniger fachbezogene Lerngelegenheiten, insbesondere werden nur wenige fachwissenschaftliche Module angeboten. Die hohe Bedeutung von Lerngelegenheiten im Studium für das fachbezogene Professionswissen geht mit Befunden aus einer Studie von Heemsoth und Wibowo (2020) einher, in welcher das fachdidaktische Wissen von angehenden Sportlehrkräften durch die Semesterzahl vorhergesagt werden konnte. Auch in der Studie von Vogler, Messmer, und Allemann (2017) wird deutlich, dass der Umfang an Fachdidaktik Sport in der Ausbildung für das fachdidaktische Wissen und Können von angehenden Sportlehrpersonen relevant ist. Meier (2021) konstatiert, dass der bedeutsame Unterschied in einer Subdimension des fachdidaktischen Wissens („knowledge of instructional strategies“) zwischen Lehramtsstudierenden und Studierenden der Sportwissenschaft auf die fachdidaktische Ausbildung zurückzuführen ist.

Neben dem fachbezogenen Professionswissen wurden motivationale Orientierungen und Überzeugungen zum Lehren und Lernen von Sport als weitere Aspekte der professionellen Kompetenzen von Lehrpersonen erhoben. Hinsichtlich der Ausprägung der untersuchten Konstrukte scheint v. a. die deutlich höhere extrinsische Regulation der Sportlehrpersonen sowie der Studierenden der Primarstufe gegenüber jenen der Sekundarstufe I erwähnenswert. Dieser Befund lässt sich ebenfalls mit der Generalist:innenausbildung erklären. Lehrpersonen der Sekundarstufe I entscheiden sich aus innerem Antrieb für das Fach Sport, während es für alle Primarlehrpersonen in das Ausbildungscurriculum integriert ist. Es ist daher naheliegend, dass für Primarlehrpersonen das Unterrichten von Sport stärker extrinsisch reguliert ist. Die Bedeutung einer bewussten Fächerwahl zeigt sich auch darin, dass die Studierenden und Lehrpersonen der Sekundarstufe I insgesamt ein höheres Fachinteresse mitbringen als jene der Primarstufe. Das Fachwissen weist positive Zusammenhänge mit dem Fachinteresse und dem Interesse am Inhaltsbereich auf. Diese Befunde scheinen plausibel zu sein, da Personen, die interessiert sind, sich häufiger und intensiver mit fachlichen Inhalten beschäftigen und sich so ein größeres Fachwissen aufbauen können (Krapp & Hascher, 2009). Das fachdidaktische Wissen korreliert einzig mit dem Interesse am Inhaltsbereich. Begründet werden kann dies durch die Bestimmung in Form eines fachinhaltlichen Vermittlungswissens in Abgrenzung zum reinen fachlichen Wissen (Repräsentationsform von Fachwissen; Shulman, 1986), welches stark von der jeweiligen Domäne bzw. vom jeweiligen Inhaltsbereich abhängig zu sein scheint. Die Überzeugungen zum Lehren und Lernen im Sport hängen hingegen nicht mit den beiden Wissensdimensionen zusammen. Dass weder Zusammenhänge mit einer Konstruktionsorientierung noch mit einer Transmissionsorientierung der Sportlehrpersonen gefunden wurden, könnte zunächst als erwartungswidrig interpretiert werden. In der teilweise auch empirisch gestützten Annahme, dass konstruktionsorientierte Lehr-Lern-Überzeugungen zu einer höheren Unterrichtsqualität beitragen (z. B. Reusser et al., 2011), könnte man davon ausgehen, dass eine höhere Konstruktionsorientierung auch mit einem höheren fachdidaktischen Wissen einhergehen müsste. Einer solch einseitigen Annahme halten beispielsweise Biedermann, Steinmann, und Oser (2015) entgegen, dass sich adaptive, situationsangepasste Lehr-Lern-Arrangements durch die Verbindung von schüler- und lehrerzentrierten Unterrichtsformen auszeichnen, was sowohl konstruktionsorientierte als auch transmissionsorientierte Überzeugen als wertvoll erscheinen lassen. Auch im Sportunterricht dürften demnach, in Abhängigkeit individueller Lernvoraussetzungen und situativer Bedingungen, sowohl konstruktivistische als auch transmissive Zugänge für den Kompetenzerwerb der Schüler:innen bedeutsam sein.

Limitationen und Ausblick

Die vorliegende Studie stellt in der sportpädagogischen Forschung insofern ein Novum dar, dass ein Testinstrument entwickelt und eingesetzt wurde, das sowohl fachliches als auch fachdidaktisches Professionswissen empirisch erfasst, validiert und mit weiteren Kompetenzaspekten in Beziehung setzt. Trotz des erwartungskonformen Zusammenhangs zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen, macht die IRT-basierte Skalierung der Testdaten deutlich, dass eine Unterrepräsentation von mittelschweren Items und eine eher geringe Diskrimination hinsichtlich der Personenfähigkeiten vorliegt, was sich in der eher tiefen Reliabilität des Testinstruments wiederspiegelt. Es wäre somit weiterführend zu prüfen, inwieweit die Items als inhaltsvalide zu bezeichnen sind. Beispielsweise könnte die prädiktive Validität mittels Prüfung von Effekten auf die Planungskompetenzen von Lehrpersonen oder die Unterrichtsqualität ermittelt werden. Bei der Interpretation der Befunde ist die begrenzte Generalisierbarkeit durch die Beschränkung auf einen Inhaltsbereich des Fachs Sport zu berücksichtigen. Allerdings hat eine enge inhaltliche Fokussierung den Vorteil, dass die Entwicklung eines für die Proband:innen zumutbaren Tests besser zu realisieren ist (z. B. Wibowo & Heemsoth, 2019). Ein Testverfahren für das Fach Sport in der ganzen fachlichen Breite zu entwickeln scheint derzeit ein schwieriges Vorhaben zu sein. Das Fach Sport ist inhaltlich breit, wenig curricular aufbauend und aufgrund seiner Gegenständlichkeit (z. B. Prohl, 2013) anders strukturiert als etwa das Fach Mathematik. Deshalb muss von einer großen Domänenspezifität auch innerhalb des Fachs Sport ausgegangen werden, d. h. hohes Wissen in einem Inhaltsbereich impliziert nicht zwangsläufig hohes Wissen in einem anderen Inhaltsbereich. Zwar lassen sich gewisse theoretische Grundlagen und Konzeptualisierungen von anderen Fächern übernehmen, sie müssen jedoch auf die fachspezifischen Eigenheiten hin geprüft und adaptiert werden. Die Befunde zu den Zusammenhängen zwischen dem fachbezogenen Professionswissen mit motivationalen Orientierungen und Überzeugungen können einerseits als Hinweis auf die Validität des Testinstruments interpretiert werden, sie zeigen andererseits auch, dass sich das theoretisch postulierte Zusammenspiel der Kompetenzaspekte (Baumert & Kunter, 2011) auch im Fach Sport am Beispiel eines Inhaltsbereichs empirisch abbilden lässt, auch wenn fachspezifische Eigenheiten sowie die erwähnten Limitationen in der Entwicklung des Testinstruments zu berücksichtigen sind.

Trotz der erwähnten Limitationen leistet die Studie einen Beitrag zur standardisierten, quantitativen Erfassung von fachbezogenem Professionswissen im Fach Sport. Weiterführend wäre von Interesse, wenn die Testinstrumente nicht nur erneut eingesetzt, sondern insbesondere auf andere Inhalts- bzw. Kompetenzbereiche ausgeweitet würden. Eine Untersuchung mehrerer Inhaltsbereiche würde Vergleiche erlauben, um vertiefte Aussagen zur Domänenspezifität der Kompetenzen bzw. Kompetenzentwicklung tätigen zu können. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie weisen darauf hin, dass Unterschiede im fachbezogenen Professionswissen zwischen den Schulstufen aufgrund der Ausbildung bestehen, sich aber im Verlaufe der Lehrtätigkeit wieder angleichen. Um diese Annahme empirisch abzusichern, wäre eine längsschnittliche Untersuchung notwendig, welche die Veränderungen im Wissen unter Kontrolle potenzieller Einflussfaktoren (z. B. Fort- und Weiterbildungen) nachzeichnen könnte. Im Sinne einer prädiktiven Validierung der Instrumente wäre anzustreben, Effekte auf Unterrichtsmerkmale und Lernerträge bei den Schüler:innen zu untersuchen (z. B. Brühwiler, Hollenstein, Affolter, Biedermann, & Oser, 2017; Lenske et al., 2016). Die Frage, inwieweit Effekte der professionellen Kompetenzen von Lehrpersonen auf den Unterricht und das Lernen der Schüler:innen im Fach Sport bestehen, ist noch weitgehend ungeklärt, aber von großer Relevanz. Zudem besteht ein großer Bedarf an Studien zur Frage, wie sich professionelle Kompetenzen von Sportlehrpersonen entwickeln und verändern (lassen). Empirisch belastbare Erkenntnisse hierzu wären insbesondere für die Aus- und Weiterbildung von Sportlehrpersonen relevant.