Anamnese

Eine 37-jährige, ursprünglich aus dem Kosovo stammende Patientin wurde vom Hausarzt bei Verdacht auf eine Pyelonephritis links auf die Notfallstation der Klinik der Autoren zugewiesen. Die Patientin berichtete über seit 2 Wochen bestehende, ausgeprägte Schmerzen in der linken Flanke. Seit 3 Tagen habe sie zusätzlich einen trockenen, stark schmerzhaften Husten und seit einem Tag Dysurie und Pollakisurie. Eine Woche zuvor war beim Hausarzt eine Sonographie der ableitenden Harnwege bei leicht erhöhten Entzündungswerten unauffällig gewesen. Aufgrund des Hustens war zudem ein SARS-CoV-2-Abstrich erfolgt, der ein negatives Ergebnis erbrachte. Im Verlauf stieg das CRP auf 200 mg/l an und der Urinstatus war pathologisch (Leukozyturie, Hämaturie, Nitrit positiv), weshalb die Patientin zugewiesen wurde. Auf der Notfallstation klagte sie über Thoraxschmerzen links dorsal. An Vorerkrankungen waren lediglich St. n. Schulteroperation rechts 2008 und St. n. Sectio 2006 und 2016 mit Tubenligatur bekannt. Es bestehen keine Allergien, kein Konsum von Alkohol, Nikotin oder anderen Drogen. Die Patientin nimmt keine Medikamente ein. Sie ist Verkäuferin an einer Tankstelle.

Diagnostik

Es handelte sich um eine 37-jährige, allseits orientierte Patientin in reduziertem Allgemein- und normalem Ernährungszustand, Blutdruck 112/56 mm Hg, Puls 76/min, SpO2 98 %, Temperatur 37,0 °C. Auskultatorisch fiel ein vermindertes Atemgeräusch links auf, und es bestand eine linksthorakale Druckdolenz dorsobasal. Konventionell-radiologisch (Abb. 1) zeigten sich eine ausgedehnte Verschattung links basal, vereinbar mit Erguss und Infiltrat. Im Bereich des linken Hilus kamen weitere Verdichtungen zur Darstellung, welche Infiltraten oder abgekapselten Ergussanteilen entsprechen könnten. Bei gleichzeitiger Symptomatik eines Harnwegsinfektes wurde eine Urinkultur abgenommen, wobei wir mittlerweile nicht mehr von einer Pyelonephritis ausgingen.

Abb. 1
figure 1

Röntgenaufnahme des Thorax bei Eintritt

Laboranalytisch zeigte sich ein erhöhtes CRP mit 261 mg/l bei normwertigen Leukozyten mit 9,5 G/l. In der Thoraxsonographie bestätigte sich ein linksseitiger Pleuraerguss, so dass eine Punktion erfolgte. Es konnten 1,5 l trübe Flüssigkeit drainiert werden. Es zeigte sich ein Exsudat, der pH-Wert lag bei 7,34, LDH 1698 U/I, Protein 45 G/l, weshalb wir nicht von einem Empyem, sondern einem unkomplizierten parapneumonischen Erguss ausgingen. Das Sediment war lymphozytenreich mit 10,3 % polynukleären und 86,8 % mononukleären Zellen in der Zelldifferenzierung. Eine Multiplex-PCR auf respiratorische Viren und eine PCR auf Mycobacterium tuberculosis waren negativ; mikroskopisch ließen sich keine säurefesten Stäbchen nachweisen. Bei postinterventionell starken Schmerzen zeigte ein Kontroll-Röntgenaufnahme und eine im Verlauf durchgeführte Computertomographie (Abb. 2 und 3) einen minimalen Seropneumothorax mit viel fibrinösen septierten Veränderungen unterschiedlicher Lokalisation. Zudem fielen mehrere Luftbläschen im Erguss, ausgedehnte Konsolidierungen im linken Unter- und Oberlappen mit minimalem Tree-in-bud-Zeichen und einer geringen mediastinalen Lymphadenopathie auf.

Abb. 2
figure 2

Computertomographie (CT) des Thorax am Folgetag nach der Pleurapunktion

Abb. 3
figure 3

Computertomographie (CT) des Thorax am Folgetag nach der Pleurapunktion

Erstdiagnose

Es wurde initial die Verdachtsdiagnose einer Pneumonie mit parapneumonischem Erguss gestellt.

Wie lautet Ihre Diagnose?

Therapie und Verlauf

Auf Grundlage der Erstdiagnose wurde die Patientin zur intravenösen antibiotischen Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure stationär aufgenommen. Ein Harnwegsinfekt wurde so gleichzeitig mitbehandelt. Zusätzlich erfolgte die Einlage einer Thoraxdrainage. Aufgrund weiterhin steigender Entzündungswerte (Tab. 1) wurde die antibiotische Therapie nach 6 Tagen empirisch auf Levofloxacin umgestellt. Bei septiertem und vor allem lymphozytenreichem Pleuraerguss bei junger Patientin mit einem Hoch-Tbc-Inzidenzland als Herkunftsland bestand jedoch ein hochgradiger Verdacht auf eine Tbc-Pleuritis. Daher erfolgte bei fehlendem Auswurf zur Sputumdiagnostik eine Bronchoskopie, die ein unauffälliges Bronchialsystem zeigte. Ein Quantiferontest wurde bei fehlendem zusätzlichem Nutzen und laboranalytisch nur wöchentlicher Durchführung nicht gemacht. Eine bronchoalveoläre Lavage zeigte erneut keinen Nachweis von säurefesten Stäbchen oder einen anderweitigen Keimnachweis; die Tbc-PCR war negativ. Zytologisch ergab sich kein Anhalt für Malignität. Differenzialdiagnostisch wurde ein rheumatisches Geschehen ausgeschlossen. Die Hepatitis-B-, Hepatitis-C- und HIV-Serologien sowie das Legionellen-Antigen im Urin waren negativ (Tab. 2). Zusätzlich erfolgte die Bestimmung der Adenosin-Desaminase (ADA) im Pleuraerguss. Nach Entfernung der Thoraxdrainage und bei deutlicher klinischer und laborchemischer Besserung konnte die Patientin mit Levofloxacin für insgesamt 10 Tage nach Hause entlassen werden. Eine elektive diagnostische Thorakoskopie wurde geplant und war bei Austritt noch ausstehend. Kurz nach Entlassung erhielten wir die Befunde der Adenosin-Desaminase, welche mit 80 U/l positiv war. Zudem zeigte sich die Kultur der BAL 3,5 Wochen nach Erstvorstellung ebenfalls positiv für einen pansensiblen Mycobacterium-tuberculosis-Komplex. Somit konnte bei Erregernachweis im Bronchialsystem doch noch die Diagnose einer Tuberkulose mit Pleuritis tuberculosa gestellt werden. Die geplante diagnostische Thorakoskopie zur Pleurabiopsie für die mikrobiologische Differenzierung und Resistenzprüfung konnte abgesagt werden. Die weitere Betreuung der Patientin erfolgte in der pneumologischen Sprechstunde, wo ca. 3,5 Wochen nach Erstvorstellung auf der Notfallstation eine Vierfachtherapie mit Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid und anschliessend Isoniazid und Rifampicin für 4 Monate initiiert wurde. Es erfolgte eine Umfeldanalyse durch die Lungenliga. Der Pleuraerguss zeigte sich in der Nachkontrolle regredient (Abb. 3, 4 und 5).

Tab. 1 Entzündungswerte
Tab. 2 Weiterführende Diagnostik
Abb. 4
figure 4

Röntgenaufnahme des Thorax nach ca. 2,5 Monaten

Abb. 5
figure 5

Computertomographie (CT) des Thorax nach ca. 6 Monaten

Diskussion

In unserem Fall passte fast alles zu einem parapneumonischen Erguss, in der Zelldifferenzierung fanden wir jedoch statt eines neutrophilen einen lymphozytären Erguss. Die häufigste Ursache für einen exsudativen, lymphozytären Pleuraerguss mit erhöhter LDH können u. a. ein pulmonales Malignom, eine Tuberkulose oder ein rheumatisches Geschehen sein [1].

Bei Auftreten eines lymphozytären Pleuraergusses ist bei jungen Patienten aus einem Hoch-Tbc-Inzidenzland deshalb die gezielte Suche nach Mycobacterium tuberculosis indiziert. Initial kann dies mittels mikroskopischem Direktnachweis von säurefesten Stäbchen, positiver PCR-Untersuchung oder positiver Kultur des Sputums oder des Pleurapunktats sein. Ebenfalls kann eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL) erfolgen. Bei fehlendem positivem Nachweis sollte eine Thorakoskopie mit Pleurabiopsie als Goldstandard durchgeführt werden. Bei V. a. eine pleurale Tuberkulose sollte die ADA-Titerbestimmung für den definitiven TBC-Ausschluss durchgeführt werden, wobei die Grenzwerte hierbei variieren können [1,2,3,4]. Das in Lymphozyten erhaltene Enzym ist bei tuberkulösen Pleuraergüssen meistens erhöht und hat eine Sensitivität von 92 % und Spezifität von 90 % [1, 5]. Des Weiteren ist abzuklären, ob eine Umgebungsuntersuchung benötigt wird. Bei Nachweis von säurefesten Stäbchen im Sputum oder der BAL herrscht ein relevantes Ansteckungsrisiko bei allen Personen, welche in den 3 Monaten vor Behandlungsbeginn über 8 h im selben Raum waren. In Fällen wie unserem, wenn das Sputum oder der BAL-Ausstrich negativ ausfällt und erst die Kultur positiv ist, reicht die Umgebungsuntersuchung der engen Kontaktpersonen (z. B. im selben Haushalt wohnende Personen oder Personen mit kumulativ > 40 h Kontakt im geschlossenen Raum in den 3 Monaten vor Behandlungsbeginn). Die Umgebungsuntersuchung wird in der Schweiz in der Regel von geschultem Personal wie beispielsweise der Lungenliga durchgeführt [4].

Diagnose: Tuberkulose mit Pleuritis tuberculosa

Insgesamt geht die Inzidenz der Tuberkulose in der Schweiz zurück, betroffene Patienten sind oft nicht-schweizer Herkunft aus einem Gebiet mit einer im Vergleich zur Schweiz höheren Inzidenz, beispielsweise Südostasien, Afrika aber auch Osteuropa [4].

Im Normalfall ist bei der Diagnosestellung und nach Ausschluss einer Resistenz eine Vierfachtherapie mit Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid für 2 Monate und mit Isoniazid und Rifampicin für weitere 4 Monate empfohlen. Nebenwirkungen können hier u. a. Transaminasenerhöhung, Sehstörung, rot-orange Körpersekrete und Neuropathie sein, weshalb regelmäßige laborchemische und klinische Kontrollen empfohlen sind. Interessanterweise kam es unter der Levofloxacintherapie bei der Patientin bereits zu einer Regredienz der Symptomatik. Levofloxacin und andere Fluorchinolone können bei Tuberkuloseinfektionen eingesetzt werden, beispielsweise bei einer isolierten Isoniazid-Monoresistenz [4].

Fazit für die Praxis

  • Bei einem lymphozytären, septierten Erguss ist bei jungen Patienten bis zum Beweis des Gegenteils immer an die Tuberkulose denken, die Zelldifferenzierung lohnt sich.

  • Verschiedenste Proben gewinnen, um zu einer Diagnose zu kommen.

  • Adenosin-Desaminase (ADA) im Pleuraerguss: Sensitivität 92 % und Spezifität 90 % für Tuberkulose.