Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrags …

  • können Sie wesentliche Ursachen eines Herz-Kreislauf-Stillstands (HKS) in der Schwangerschaft benennen.

  • kennen Sie ein standardisiertes Vorgehen zur Reanimation Schwangerer gemäß den aktuell gültigen Leitlinien des ERC aus dem Jahr 2021.

  • wissen Sie um die Modifikation bestimmter notfallmedizinischer Maßnahmen zur Versorgung Schwangerer.

  • haben Sie einen Überblick über praktische Fragestellungen und Herausforderungen bei reanimationsbedürftigen Schwangeren.

Einleitung

Daten zur Inzidenz eines prähospitalen Reanimationsereignisses bei Schwangeren sind in Deutschland bisher nicht publiziert. In den USA tritt ein Reanimationsereignis pro 12.000 zur Geburt stationär aufgenommenen Frauen auf. Die Krankenhausentlassrate beträgt 58 % [1]. In Großbritannien tritt ein HKS bei 20.000 Geburten auf [2]. Bestimmend für das mütterliche Outcome ist die zugrunde liegende Ursache des HKS. Insgesamt steigt die Inzidenz von HKS in der Schwangerschaft. Ursächlich ist ein zunehmendes maternales Alter und ein damit einhergehendes höheres kardiovaskuläres Risiko [3].

Fallbeispiel

Ein RTW und NEF werden zu einer schwangeren Frau mit Atemstillstand in ein nahegelegenes Wohngebiet alarmiert. Der Leitstelle gelingt es, den alarmierenden Ehemann telefonisch zu Reanimationsmaßnahmen anzuleiten.

Nach dem Eintreffen am Einsatzort erhalten Sie folgende Informationen: 25-jährige Patientin, 36 + 0 SSW, seit heute Morgen Luftnot, Herzrasen und Husten – Kollaps vor ca. 8 min. Wie gehen Sie weiter vor? Welche Besonderheiten müssen Sie bei einer Schwangeren beachten?

Herz-Kreislauf-Stillstand in der Schwangerschaft

Ursachen

Neben den bekannten reversiblen Ursachen eines HKS beim Erwachsenen [4] kommen weitere, schwangerschaftsspezifische Ursachen infrage. Eine Merkhilfe für die Ursachen, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett stehen, stellt das Akronym BEAUCHOPS dar (Infobox 1).

Infobox 1 Akronym BEAUCHOPS als Merkhilfe für die Ursachen, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett stehen. (Nach Panchal et al. [5])

B :

„bleeding“ – postpartale Blutung, disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)

E :

„Embolie“ – koronar, pulmonal, Fruchtwasser

A :

„anästhesieassoziierte Komplikationen“

U :

„Uterusatonie“

C :

„cardial“ – Ischämie, Infarkt, Aortendissektion, Kardiomyopathie

H :

„hypertension“ – Präeklampsie, Eklampsie, HELLP-Syndrom

O :

„others“ – z. B. Trauma etc.

P :

„Plazenta“ – vorzeitige Plazentalösung, Placenta praevia, Plazentaimplantationsstörung (z. B. Placenta accreta)

S :

„Sepsis“

Im Folgenden werden die rettungsdienstlich relevanten Aspekte des Akronyms detailliert beschrieben:

„Bleeding“ und „disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)“.

Die Hauptursache für die mütterliche Sterblichkeit ist die postpartale Blutung. Behandlungsziel ist der rasche Blutungsstopp. Hierfür eignet sich der Einsatz von Hämostyptika (z. B. Chitosan) als Tamponade; diese wird, ggf. unter notfallsonographischer Sicht, transvaginal in den Uterus eingelegt. Zusätzlich soll rasch 1 g Tranexamsäure als i.v.-Kurzinfusion verabreicht werden, um einer möglichen Hyperfibrinolyse entgegenzuwirken (s. auch Uterusatonie als mögliche Blutungsursache).

Für weiterführende Informationen wird auf die Übersichtsarbeit von Stein und Emons [6] verwiesen.

Embolie (koronar, pulmonal, Fruchtwasser).

Das Thromboembolierisiko ist in der Schwangerschaft und im Wochenbett deutlich erhöht. Bei hämodynamisch relevanter Lungenembolie ist eine Thrombolysetherapie zu erwägen [7].

Die Fruchtwasserembolie ist ein seltenes Ereignis, jedoch mit einer hohen Mortalität vergesellschaftet. Infolge des Übertritts von Fruchtwasser in den maternalen Kreislauf resultiert eine schwere Überempfindlichkeitsreaktion. Die Symptomtrias umfasst [8]:

  • plötzliche Hypoxie,

  • Hypotension,

  • Koagulopathie.

Es droht eine massive Rechtsherzbelastung bis hin zur globalen Herzinsuffizienz und die Entwicklung einer DIC.

Anästhesieassoziierte Komplikationen.

Bei der schwangeren Frau ist mit einem schwierigen Atemweg zu rechnen. Daher sind entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Es sollte primär die Videolaryngoskopie eingesetzt werden. Zusätzlich sollten Alternativen zur Atemwegssicherung bereitliegen, z. B. eine Larynxmaske.

Uterusatonie.

Die Uterusatonie beschreibt die mangelnde Kontraktionsfähigkeit des Uterus post partum und resultiert in einer schwerwiegenden Blutung. Es droht der hämorrhagische Schock bis hin zum HKS. Prähospital haben die bereits beschriebene Blutstillung, der Einsatz von Tranexamsäure sowie die Gabe von Uterotonika, Oxytocin oder Carbetocin, oberste Priorität. Meist werden letztgenannte Medikamente auf vielen Rettungsmitteln nicht mitgeführt. Im Angesicht der abnehmenden Dichte von Geburtskliniken in Deutschland sowie risikoreichen außerklinischen Geburten sollte dieser Aspekt in den jeweiligen Rettungsdienstbereichen kritisch diskutiert werden. Bei der Entscheidung zwischen Oxytocin und Carbetocin sollte, trotz wirtschaftlicher Nachteile, aus Autorensicht Carbetocin bevorzugt werden. Carbetocin muss lediglich einmalig appliziert werden (100 𝜇g langsam i.v. über 1 min oder als Kurzinfusion in 100 ml 0,9 %iger NaCl-Lösung). Zudem weist es eine deutlich bessere Wirksamkeit auf; diese entspricht der Applikation von ca. 50 IE Oxytocin. Carbetocin ist zur Atonieprophylaxe nach Spontangeburt und auch nach Kaiserschnittentbindung unter epiduraler bzw. spinaler Anästhesie zugelassen. Alternativ können 3–5 I.E. Oxytocin langsam als Bolus (oder als Kurzinfusion in 100 ml 0,9 %iger NaCl-Lösung), gefolgt von 40 I.E. in einer 500 ml balancierten Vollelektrolytlösung via Perfusor oder Infusomat innerhalb 30 min verabreicht werden. Ein konsentierter Managementalgorithmus entsprechend der Leitlinie Peripartale Blutungen, Diagnostik und Therapie kann unter https://sgar-ssar.ch/fileadmin/user_upload/interessengruppen/SAOA/PPH_Alg2g.pdf heruntergeladen werden.

„Cardial“ (Ischämie, Infarkt, Aortendissektion, Kardiomyopathie).

Auch in der Schwangerschaft ist bei einem Myokardinfarkt mit ST-Elevation (STEMI) die perkutane Koronarintervention (PCI) die kausale Therapie. Weiterhin ist die spontane Koronararteriendissektion von Bedeutung. Es handelt sich um eine seltene peripartale Erkrankung, die gehäuft zu Myokardinfarkten führen kann. Klinisch ist diese nicht vom STEMI unterscheidbar. Therapeutische Optionen umfassen die PCI und die Thrombolyse bis hin zum koronaren Bypass. Die peripartale Kardiomyopathie tritt innerhalb der letzten Schwangerschaftswochen (SSW) bis 6 Monate postpartal auf und kann mit Beschwerden der Herzinsuffizienz klinisch präsent werden.

„Hypertension“ (Präeklampsie, Eklampsie, HELLP-Syndrom).

Die Präeklampsie umfasst definitionsgemäß die schwangerschaftsinduzierte Hypertonie sowie eine Proteinurie. Frühsymptome können Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit/Erbrechen und Sehstörungen sein. Komplizierend können zerebrale Krampfanfälle auftreten (Eklampsie). Zur raschen Blutdrucksenkung bei Werten über 160/110 mm Hg kann Urapidil eingesetzt werden. Eine weitere Option stellt Nifedipin dar. Ein diastolischer Wert von 80 mm Hg sollte nicht unterschritten werden. Bei Prä‑/Eklampsie sollte Magnesiumsulfat (initial 2–4 g i.v., gefolgt von 5 g Magnesiumsulfat in 500 ml balancierter Vollelektrolytlösung mit einer Laufrate von 100 ml/h i.v.) eingesetzt werden. Das HELLP-Syndrom („hemolysis, elevated liver enzymes, low platelet count“) kann eine weitere Komplikation einer schwangerschaftsinduzierten Hypertonie darstellen. Klinisches Leitsymptom ist der Oberbauchschmerz.

„Others“ (andere Ursachen).

Prähospital spielen hier v. a. Unfälle oder evtl. Suizidversuche eine Rolle.

Plazenta (vorzeitige Plazentalösung, Placenta praevia, Plazentaimplantationsstörung).

Eine bisher unerkannte Plazentaimplantationsstörung kann zu einer schweren Blutung führen.

Sepsis.

Kommt es bei einer Schwangeren zu einem septischen Geschehen, meist auf dem Boden einer Endometritis oder Urosepsis, muss die Patientin einer raschen Antibiotikatherapie zugeführt werden [9]. Nach Verfügbarkeit und einsatztaktischen/strukturellen Überlegungen können ggf. prähospital bereits Blutproben zur Kultivierung entnommen und die Antibiotikatherapie eingeleitet werden. Auch an eine „coronavirus disease 2019“ (COVID-19) muss bereits initial gedacht und bei dringlichem Anhalt entsprechend verfahren (Eigenschutz durch Schutzkleidung, Isolation etc.) werden.

Die genannten Ursachen müssen während der kardiopulmonalen Reanimation (CPR) bedacht werden. Sie stehen häufig im Zusammenhang mit der Geburt. In den USA ist die Thromboembolie die Hauptursache des HKS bei Schwangeren [1]. In Entwicklungsländern sind die Hämorrhagie und Präeklampsie führend. Weiterhin spielt dort ein septisches Geschehen eine relevante Rolle [10].

Leitliniengerechte Versorgung

Die Empfehlungen zur Versorgung von Schwangeren mit HKS folgen den aktuell gültigen Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) aus dem Jahr 2021 und der American Heart Association (AHA) aus dem Jahr 2020, zusammen mit den Empfehlungen des International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) aus dem Jahr 2020 [4, 5, 11]. Auf diese Leitlinien wird im Folgenden Bezug genommen.

Diagnose

Die Feststellung des HKS ist fokussiert auf die Überprüfung der Atmung. Durch laute Ansprach und taktile Reize (z. B. Schütteln an den Schultern, Reiben auf dem Sternum) wird das Bewusstsein überprüft. Bei bewusstlosen Patienten erfolgt zunächst die Inspektion des Mund-Rachen-Raums, und ggf. vorhandene Fremdkörper werden entfernt. Anschließend wird der Atemweg durch Überstrecken des Halses und Anheben des Kinns frei gemacht, um die Atmung mithilfe des Sehens, Hörens und Fühlens zu überprüfen. Eine vorliegende Schnappatmung ist wie jede andere insuffiziente Atmung als Atemstillstand zu werten und triggert die Einleitung von Wiederbelebungsmaßnahmen. (Das Fühlen zentraler Pulse ist zumeist mit Unsicherheiten verbunden und daher in den Hintergrund gerückt.)

Merke:

Eine Schnappatmung ist als Atemstillstand zu werten.

Ein Teammitglied soll die Führung des Szenarios von außen übernehmen (Teamleader). Dies wird dem erst eintreffenden Rettungsmittel zunächst nicht möglich sein, sollte jedoch im Verlauf der Maßnahmen, wenn mehr Personal zur Verfügung steht, erwogen werden. Dieses Teammitglied beobachtet und führt den Ablauf der Reanimation, ohne selbst aktiv Maßnahmen vorzunehmen. Sein Ziel ist es, erforderliche Maßnahmen effektiv zu koordinieren und die Gesamtübersicht zu behalten.

Reanimation in der Frühschwangerschaft

Erst ab der 24.–25. SSW ist ein Überleben des Fetus unter günstigen Umständen möglich. Daher wird unterhalb der 24. SSW keine perimortale Sectio zur Rettung des Fetus angestrebt. Ab der 20. SSW kann die perimortale Sectio daher allenfalls eingesetzt werden, um die Kompromittierung des venösen Rückflusses durch den graviden Uterus zu beheben. Patientinnen in der Frühschwangerschaft sollten daher, analog zu den Empfehlungen zur Reanimation bei Erwachsenen, wiederbelebt werden.

Basic Life Support

Oberste Priorität beim Basic Life Support (BLS) hat die suffiziente Durchführung der Basismaßnahmen (Infobox 2).

Mithilfe optimaler Thoraxkompression kann eine kardiale Ejektionsfraktion bis zu 30 % erreicht werden [12]. Unterbrechungen der Thoraxkompression („No-flow“-Zeit) sollten auf ein unumgängliches Minimum, wie beispielsweise die Rhythmusanalyse und den damit verbundenen Helferwechsel, beschränkt werden (idealerweise unter 5 s). Die Kompressionen sollen auf einem harten, ebenen Untergrund erfolgen.

Die Lagerung muss bei Schwangeren ab ca. der 20. SSW (bzw. Höhe des Uterus über dem Nabel tastbar) modifiziert werden. Eine Linksseitenlagerung ist im Rettungswagen schwer umsetzbar. Zudem nimmt die Qualität der Kompressionen, bei Verwendung eines Lagerungskeils, deutlich ab [13]. Demzufolge ist diese Lagerungsform nicht für eine suffiziente CPR geeignet. Stattdessen soll ein Helfer eine manuelle Uterusverlagerung nach links durchführen, die eine Kompression der V. cava ebenso effektiv verhindert wie die Linksseitenlage (Abb. 1 und 2; [14, 15]).

Abb. 1
figure 1

Manuelle Uterusverlagerung von der linken Seite der Patientin. (Mit freundlicher Genehmigung: Dr. Anne Beese, Jena)

Abb. 2
figure 2

Manuelle Uterusverlagerung von der rechten Seite der Patientin. (Mit freundlicher Genehmigung: Dr. Anne Beese, Jena)

Da effektive Thoraxkompressionen rasch zur Erschöpfung der Helfer führen, soll alle 2 min (also nach 5 Zyklen zu je 30 Thoraxkompressionen und 2 Beatmungen) ein Helferwechsel stattfinden. Gleichzeitig erfolgt die Herzrhythmusanalyse.

Die Öffnung und das Offenhalten der Atemwege sind notwendig, um eine effektive Oxygenierung und Ventilation sicherzustellen. Hilfsmittel, wie oro-/nasopharyngeale Atemwegshilfen (Guedel- oder Wendl-Tubus), können dies unterstützen. Ziel ist es, die Verlegung des Atemwegs durch den Zungengrund zu verhindern. Die Oxygenierung und die Ventilation können durch eine Masken-Beutel-Beatmung erfolgen. Am Beatmungsbeutel soll Sauerstoff, idealerweise über ein Demand-Ventil, angeschlossen werden. Damit lässt sich eine inspiratorische Sauerstoffkonzentration von annähernd 100 % erzielen.

Merke:

Ab der 20. Schwangerschaftswoche sollte eine manuelle Uterusverlagerung erfolgen.

Wenn ein AED vorhanden ist, soll dieser unmittelbar zum Einsatz kommen (s. Abschn. „Advanced Life Support“ für weitere Informationen zur Defibrillation).

Infobox 2 Essentials des Basic Life Support

  • Kompression-Ventilation-Verhältnis: 30:2

  • Kompressionsfrequenz: 100–120/min

  • Kompressionstiefe: 5–6cm

  • Druckpunkt: Brustkorbmitte/untere Sternumhälfte

  • Manuelle Uterusverlagerung nach links durchführen (ab ca. 20. SSW)

  • Helferwechsel alle 2 min

  • „No-flow“-Zeiten auf ein Minimum reduzieren

  • Frühzeitiger Einsatz eines Defibrillators (z.B. automatisierter externer Defibrillator, AED)

Advanced Life Support

Kernelemente des Advanced Life Support (ALS) sind:

  • manuelle Defibrillation,

  • erweitertes Atemwegsmanagement,

  • Etablierung eines Gefäßzugangs (i.v./i.o.) und

  • Gabe von Medikamenten,

  • Ursachensuche und -therapie.

Diese Maßnahmen stellen eine Kernkompetenz des Rettungsteams dar, können jedoch bei Schwangeren mit besonderen Herausforderungen verbunden sein. Im Folgenden sind Hinweise und Hilfestellungen aufgeführt, um diese Situationen bestmöglich zu managen.

Ein Einsatz von mechanischen Thoraxkompressionsgeräten (v. a. mit Stempeltechnik) kann unter strenger Indikationsstellung erfolgen. Vorteilhaft für den Einsatz sind v. a. Phasen, in denen adäquate Thoraxkompressionen nicht durchgeführt werden können, z. B. Transport im Treppenhaus oder Fahrt im Rettungswagen [16].

Den ALS-Algorithmus bei Erwachsenen zeigt Abb. 3. Für Schwangere sind Modifikationen im ALS erforderlich, die in Tab. 1 aufgeführt sind.

Abb. 3
figure 3

Advanced Life Support bei Erwachsenen des European Resuscitation Council 2021. Für Schwangere sind Modifikationen erforderlich, die in Tab. 1 aufgeführt sind. Abkürzungserklärungen s. Abkürzungsverzeichnis. (© German Resuscitation Council [GRC] und Austrian Resuscitation Council [ARC] 2021)

Tab. 1 Schwangerschaftsbedingte physiologische Veränderungen und deren Auswirkungen auf den Advanced Life Support

Defibrillation.

Ein Defibrillator soll möglichst frühzeitig und sobald verfügbar eingesetzt werden. Durch schwangerschaftsbedingte anatomische Veränderungen kann es Schwierigkeiten bei der Platzierung der Elektroden, insbesondere der apikalen Elektrode bei sternal-apikaler Positionierung, geben. Hier können alternative Elektrodenplatzierungen (z. B. anterior-posterior oder biaxillär) abhelfen. Klebeelektroden sind aus Sicherheitsgründen generell zu bevorzugen. Nach Anbringen der Elektroden erfolgt umgehend die Analyse des Herzrhythmus.

Bei schwangeren Patientinnen werden die gleichen Defibrillationsenergien wie bei allen Erwachsenen verwendet. Schädigungen am Fetus sind nicht zu erwarten und bisher nicht publiziert.

Merke

Die Defibrillation führt zu keinen Schädigungen beim Fetus.

Atemwegssicherung.

Schwangere weisen eine erhöhte Vulnerabilität der Schleimhäute auf. So sind die oberen Atemwege ödematös verändert und hyperämisch [17]. Aufgrund der Refluxneigung bei Insuffizienz des unteren Ösophagussphinkters ist das Aspirationsrisiko in der Schwangerschaft erhöht, weswegen die endotracheale Intubation (ETI) das Verfahren der Wahl zur Sicherung des Atemweges darstellt [18]. Gemäß der aktuellen ERC-Leitlinie soll die frühe ETI erwogen werden. Der primäre Einsatz der Videolaryngoskopie wird empfohlen. Zudem soll ein kleinerer Endotrachealtubus (ca. 0,5–1 mm kleiner als üblich) verwendet werden.

Der Einsatz eines Führungsstabes erhöht die Erfolgsrate einer ETI [19]. Alternativ stehen extraglottische Atemwegshilfsmittel (EGA) wie die Larynxmaske zur Verfügung. Sie sollten als Rückfallebene spätestens nach dem 2. erfolglosen Intubationsversuch genutzt werden. Sogenannte Bougies (Intubationsstäbe/Einführhilfen für Endotrachealtuben) mit gebogener Spitze können ein zusätzliches Hilfsmittel sein. Der Bougie wird zuerst in die Trachea eingeführt. Der Tubus wird anschließend mithilfe der Seldinger-Technik in der Trachea platziert. Um eine hohe Erfolgsrate der Atemwegssicherung zu gewährleisten, empfiehlt die S1-Leitlinie „Prähospitales Atemwegsmanagement“ ausreichend Erfahrung und regelmäßiges Training dieser Methoden (100 ETI als Basis sowie 10/Jahr und 45 EGA als Basis sowie 3/Jahr, [20]).

Für die Atemwegssicherung soll die Thoraxkompression ebenfalls möglichst kurz unterbrochen werden (max. 5–10 s).

Zugangsmöglichkeiten zum Gefäßsystem.

Zur Verabreichung der empfohlenen Medikamente ist ein Zugang zum Gefäßsystem erforderlich. Dieser sollte nach Möglichkeit an der oberen Extremität oder am Hals (V. jugularis externa) gelegt werden, um einen rascher Rückfluss zum Herzen zu gewährleisten.

Ist es nicht möglich, einen i.v.-Zugang innerhalb von 60–90 s zu etablieren, wird als gleichwertige Alternative die intraossäre Punktion empfohlen. Hier ist im Gegensatz zur ansonsten üblichen Empfehlung (proximale Tibia) ggf. der proximale Humerus als Punktionsort zu bevorzugen. Wird ein körperstammferner Punktionsort gewählt, besteht möglicherweise die Gefahr eines schlechteren „Anflutens“ des Wirkstoffs und somit eines verzögerten/verringerten Wirkeintritts. Allerdings muss bei diesem Vorgehen berücksichtigt werden, dass das Auffinden des korrekten Punktionsorts sowie die Durchführung im Bereich des proximalen Humerus anspruchsvoller und fehlerbehafteter sind als beispielsweise an der proximalen Tibia.

Alle bei der Reanimation verwendeten Medikamente werden i.o. und i.v. gleich dosiert; das „Einspülen“ aller Medikamente mithilfe eines nachfolgenden Flüssigkeitsbolus ist bei beiden Zugangswegen im Rahmen der Reanimation essenziell.

Medikamentengabe.

Auch wenn Schwangere eine erhöhte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) aufweisen, werden Medikamente im Rahmen der Reanimation nicht anderes dosiert. Gemäß den Empfehlungen des ERC unterscheiden sich die Gaben von Adrenalin (1 mg i.v./i.o. alle 3–5 min) und Amiodaron (300 mg i.v./i.o. nach der 3. Defibrillation, 150 mg i.v./i.o. nach der 5. Defibrillation) bzw. Lidocain (100 mg i.v./i.o. nach der 3. Defibrillation, 50 mg i.v./i.o. nach der 5. Defibrillation) bei Schwangeren nicht.

Eine laufende Oxytocininfusion soll aufgrund der vasodilatatierenden und negativ-inotropen Wirkung im Rahmen einer Reanimationssituation sofort gestoppt werden. Ist der Patientin infolge einer Präeklampsie bzw. eklamptischen Anfalls Magnesiumsulfat verabreicht worden, muss auch hier die weitere Applikation gestoppt werden. Zusätzlich sollten als Antidot und Protektion vor weiteren Herzrhythmusstörungen z. B. 20 ml 10 %ige Kalziumgluconatlösung i.v. verabreicht werden [21]. Ausnahme in diesen Fällen ist die Gabe der Medikamente zur Therapie der zugrunde liegenden Ursachen.

Mögliche Gaben anderer Medikamente, die im Moment des eintretenden HKS appliziert wurden (z. B. Antibiotika), sollten im Sinne der Allergenkarenz eines möglicherweise vorliegenden anaphylaktischen Schocks zunächst beendet werden.

Postreanimationsbehandlung/fetale Überwachung

Nach Wiedereinsetzen des Spontankreislaufs („return of spontaneous circulation“, ROSC) muss die Patientin fortlaufend intensivmedizinisch überwacht und betreut werden. In einem Fallbericht wurde nach prähospitaler Reanimation einer schwangeren Frau mit anschließender Sectio caesarea über eine therapeutische Hypothermie (34 °C) über 14 h mit gutem neurologischen Outcome berichtet [22]. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine etablierte Therapie in der Postreanimationsversorgung Schwangerer.

Prähospital besteht die Möglichkeit, die Vitalität des Fetus mithilfe der Sonographie zu überprüfen. Die Auskultation der fetalen Herztöne bedarf großer Übung und erscheint im prähospitalen Umfeld nicht praktikabel.

Konkret sind nach eintretendem ROSC folgende Maßnahmen in der Evaluation nach xABCDE zu beachten/durchzuführen:

  • X: kritische Blutungen stillen,

  • A: Atemweg bei anhaltender Bewusstlosigkeit sichern (nach Möglichkeit endotracheale Intubation),

  • B: Oxygenierung und Ventilation (SpO2 94–98%, etCO2 35–45mmHg)

  • C: 2 sichere Gefäßzugänge, systolischer Blutdruck >100mmHg (Normovolämie, Katecholamine) und 12-Kanal-EKG (Ursachensuche),

  • D: ggf. Sedierung (Shivering etc.),

  • E: Temperaturkontrolle (32–36°C, ggf. Kühlung, keine Kühlung bei Blutung als Ursache).

Versorgung des Neugeborenen

Nach der Geburt des Kindes muss beurteilt werden, ob die postnatale Adaptation regelrecht ist. Folgende Maßnahmen sind obligat:

  1. 1.

    abtrocknen und Wärmeerhalt,

  2. 2.

    abnabeln,

  3. 3.

    Erhebung des Apgar-Scores.

Bei gestörter Anpassung des Neugeborenen, z. B. insuffizienter Atmung, Dyspnoe, reduziertem Muskeltonus, Herzfrequenz zwischen 60 und 100/min sowie zentraler Zyanose, sollte nach Verfügbarkeit ein Baby-Notarzt zur Unterstützung angefordert werden. Zumindest sollte ein weiteres Rettungsteam sich ausschließlich um das Neugeborene kümmern.

Bei insuffizienter Atmung und Herzfrequenz unter 60/min sollte umgehend mit Reanimationsmaßnahmen des Neugeborenen begonnen werden [23].

Exkurs: innerklinische perimortale Sectio caesarea

Im innerklinischen Setting wird nach Eintritt des HKS ab der 20. SSW die rasche Sectio caesarea empfohlen. Die Entscheidung ist binnen 4–5 min zu treffen [24, 25]. Ziel dieses zeitkritischen Vorgehens ist es, den venösen Rückstrom zum Herzen auf maternaler Seite zu verbessern, da der gravide Uterus dann nicht mehr die V. cava komprimiert. Weiterhin führt dieser Eingriff zu einer verbesserten Lungen-Compliance sowie einem verringerten Sauerstoffverbrauch. Für dieses Vorgehen gibt es zunehmende Evidenz [26, 27, 28, 29]. Zudem soll die kindliche Unterversorgung minimiert werden. Trotzdem gilt generell: Mutter vor Kind.

In einer retrospektiven Kohortenstudie zur Reanimation Schwangerer im klinischen Umfeld wiesen die Mütter bei einer Rate von 87 % durchgeführter perimortaler Kaiserschnitte ein Gesamtüberleben von 54 % auf [30].

Für die prähospitale Situation hat die perimortale Sectio caesarea keinen Stellenwert.

Merke

Innerklinisch sollte ab der 20. SSW nach Eintritt eines HKS binnen 4–5 min eine Sectio caesarea erfolgen.

Grundzüge des Crew Resource Management

Durch den Einsatz von „standard operating procedures“ (SOP) bzw. Algorithmen soll ermöglicht werden, trotz wechselnder Teamkonstellationen eine hohe und gleichbleibende Arbeitsqualität sicherzustellen. Um die Rate der Komplikationen und Zwischenfälle zu reduzieren, hat sich das Crew/Crisis Resource Management (CRM-Konzept) auch im medizinischen Umfeld etabliert. Das ursprünglich der Luftfahrt entstammende Konzept wurde aus den Erkenntnissen im Rahmen von Ermittlungen zu Flugunfällen abgeleitet. Häufig lagen hier menschliche Fehler zugrunde („human factors“; [31, 32]). Die Leitsätze des CRM sollten dem Rettungsteam bekannt sein (nachzulesen in der Arbeit von Klein [32]).

Das Prinzip „10 s für 10 min“ beinhaltet eine kurze Pause von 10 s, in der der Teamleader und das gesamte Team innehalten, um den aktuellen Stand zu kommunizieren und die geplanten Maßnahmen für die kommenden 10 min anzukündigen. Im Rahmen der Reanimation werden die Thoraxkompressionen und Beatmung (falls manuell) weitergeführt. Der Teamleader muss überdies nicht immer die Notärztin bzw. der Notarzt sein. Essenziell ist dieses Vorgehen anzuwenden, wenn der Teamleader den Eindruck hat, dass aktuell nicht mehr effektiv gearbeitet wird [33]. Weiterhin soll sich eine effektive Fehler- und Organisationskultur entwickeln.

Fakt ist, dass Fehler passieren. Diese müssen jedoch erkannt sowie konstruktiv angesprochen und analysiert werden, um daraus zu lernen. Reanimationsereignisse fordern das gesamte Rettungsteam. Die Wiederbelebung einer Schwangeren ist jedoch sicherlich auch psychisch besonders beanspruchend. Ein Einsatznachbesprechung sollte daher fest implementiert werden. Für Betroffene und Helfer muss an eine entsprechende psychosoziale Notfallversorgung gedacht und diese ggf. bereitgestellt werden (z. B. über Notfallseelsorge).

Fazit für die Praxis

  • Die Reanimation einer Schwangeren ist selten erforderlich und bedarf eines adaptierten Managements.

  • Um hochwertige Thoraxkompressionen zu erzielen, soll der Uterus ab der 20. Schwangerschaftswoche manuell nach links verlagert werden.

  • Die Nutzung des Defibrillators ist auch bei Schwangeren sicher und sollte bei Vorliegen eines entsprechenden Herzrhythmus umgehend erfolgen.

  • Die frühe endotracheale Intubation soll bei der Reanimation Schwangerer erwogen werden.

  • Regelmäßige Teamtrainings sind für eine gute und effektive Zusammenarbeit im Ernstfall essenziell.