Hintergrund

Die Arbeitsumgebung der prähospitalen Patientenversorgung wird von mehreren Unbekannten bestimmt. Die Krankheit des zu behandelnden Patienten, die unbekannte Anamnese des Patienten, unterschiedliche Eintreffzeitpunkte der Einsatzkräfte und die räumliche Arbeitsumgebung stellen hier ausgewählte Parameter dar.

Um dieser anspruchsvollen Tätigkeit im Kontext der sich immer weiter entwickelnden medizinischen Möglichkeiten gerecht zu werden, wurde 2014 das Berufsbild der Notfallsanitäter*in (NotSan) eingeführt [1]. Das Ausbildungsziel dieses Berufsbilds beinhaltet Kompetenzen zur eigenverantwortlichen Durchführung invasiver, heilkundlicher Maßnahmen und teamorientiertes Mitwirken bei der notfallmedizinischen Versorgung von PatientInnen [1].

Die praktische Ausbildung im Rettungseinsatz findet überwiegend durch sogenannte PraxisanleiterInnen (PAL) und qualifizierte ÄrztInnen statt [2]. In der Regel werden auszubildende NotSan ab dem zweiten Jahr äquivalent zu RettungssanitäterInnen eingesetzt. Eine ständige Supervision durch Anleitende ist hier nicht möglich, da sich ein Zwei-Personen-Rettungsteam im Einsatzgeschehen ggf. aufteilen muss (z. B. Material nachholen, Lagemeldung abgeben etc.). Diese Rahmenbedingung unterscheidet sich von der klassischen Anleitsituation der Ausbildung im Krankenhaus. Die Organisation von Notarzteinsatzfahrzeug und Rettungswagen im Rendezvoussystem verkompliziert diese Ausbildungssituation. In diesen sogenannten „Ad-hoc“-Teams treffen die handelnden Personen nur zur Akutversorgung von Patienten aufeinander [3]. Der Aufbau einer Beziehung zwischen ärztlichen Ausbildenden und auszubildenden NotSan ist schwierig. Diese erscheint allerdings wichtig, da die Beziehung zwischen Ausbildenden und Lernenden zumindest in anderen Ausbildungskontexten Auswirkungen auf die Lernentwicklung hat [4]. Erste Ausbildungsevaluationen zeigen, dass nicht für alle vom NotSan durchzuführenden Maßnahmen das Kompetenzlevel der „eigenständigen Durchführung erreicht“ wird [5, 6]. Eine große Variation der Anwendungshäufigkeit einzelner Maßnahmen in der Praxis sind ein Teil der Herausforderung [7, 8]. Der Lernort Rettungswache hat auch für die invasiven heilkundlichen Maßnahmen eine hohe Bedeutung und nähere Betrachtungen scheinen sinnvoll [6].

Ten Cate et al. beschreiben die Kompetenzentwicklung in einer Beziehung zwischen Lernenden und Ausbildenden anhand des abnehmenden Grades der notwendigen Supervision [9]. Diese in Abb. 1 dargestellte Beziehung zeigt, dass eine Kompetenzentwicklung schrittweise erfolgt und nicht ab einem feststehenden Zeitpunkt vorhanden ist. Analog hierzu beschreibt der Bundesverband Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Deutschland e. V. ein stufenförmiges Kompetenzniveau für Rettungsdienstmitarbeiter (Tab. 1; [10]).

Abb. 1
figure 1

Rahmenbedingungen der Auszubildenden-Supervisor-Beziehung in der prähospitalen Versorgung. Asterisk Das Niveau der direkten Supervision bei Aufgaben ist variabel und nimmt mit Kompetenzsteigerung des Auszubildenden ab. (Mod. nach Hauer et al. [32] und ten Cate et al. [9])

Tab. 1 Beschreibung der Kompetenzniveaus zur Überwachung und Ausbildung von NotfallsanitäterInnen [10]

Im Rahmen der Kompetenzentwicklung in medizinischen Berufen kam es zur Frage, wie diese gemessen und geprüft werden sollte. Ten Cate et al. schlagen hier die Methode der „entrustable professional activities“ (EPA) vor [11]. EPA beschreiben Versorgungssituationen aus der täglichen Praxis, in denen alle zur Patientenversorgung notwendigen Entscheidungsfindungskompetenzen, Haltungen und Tätigkeiten aufgeführt sind [11]. Ein Beispiel einer EPA aus dem Arbeitskontext der Anästhesie ist die selbstständige Begleitung eines Patienten mit Spinalanästhesie über die rein technische Durchführung der Maßnahme hinaus [12]. Auszubildende erhalten ein Feedback anhand der standardisierten EPA-Beschreibung. Nach erfolgreicher Bewältigung mit Durchführung dieser Maßnahme unter Berücksichtigung der Einzelschritte kann nachfolgend die Supervision von Auszubildenden schrittweise reduziert werden (Tab. 2; [9, 13, 14]). Der erste Schritt eines arbeitsplatzbasierten Ausbildungscurriculums mit EPA ist die Identifikation von passenden Versorgungssituationen [14].

Tab. 2 Vertrauens- und Supervisionsskala für EPA in medizinischer Aus- und Weiterbildung [13]

Ziel der vorliegenden Studie ist, das didaktische Konstrukt der EPA für die NotSan-Ausbildung am Lernort Präklinik nutzbar zu machen, indem ein Katalog relevanter Versorgungssituationen (EPA) entwickelt wird. Dieser kann eine Grundlage für die praktische Umsetzung der Kompetenzentwicklung des Aufgabengebiets bilden.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Unterschiedliche Methoden sind zur Entwicklung eines EPA-Katalogs beschrieben und binden verschiedene Gruppen von Experten ein [14]. Als eine passende Anzahl werden hier 20–40 EPA für ein Ausbildungsprogramm benannt. In unserer Arbeit wurde zur Identifikation relevanter EPA-Thematiken ein zweistufiges Verfahren gewählt, welches als Methode von uns bereits bei qualitativen Fragestellungen genutzt wurde [15].

In der ersten Stufe wurde in einer Expertengruppe mit einem modifizierten eDelphi-Verfahren eine Anzahl von Ausbildungssituationen identifiziert [15]. Ein universell vorgegebener Prozess für die Durchführung von eDelphi-Analysen existiert bisher nicht [16]. Unser Vorgehen unterscheidet sich von anderen Anwendungen der eDelphi-Methodik in der Notfallmedizin bezüglich Cut-off-Grenzen in den einzelnen Befragungsrunden sowie in der Anzahl der durchgeführten Runden [15, 16].

Im zweiten Schritt wurden die Versorgungssituationen innerhalb eines großen Kollektives von PAL validiert. Der Studienablauf ist detailliert in Abb. 2 dargestellt.

Abb. 2
figure 2

Flow-Chart des Studienablaufs. Die demografischen Daten der Studienteilnehmer in der Validierungsphase sind vor dem entsprechenden Fragebogen aufgeführt

Die Teilnahme aller Beteiligten war freiwillig und konnte jederzeit ohne Angaben von Gründen beendet werden. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Medizinischen Hochschule Hannover begutachtet und genehmigt (Nr. 9540-BO_K_2021).

Entwicklung des EPA-Katalogs

eDelphi-Analyse

In der ersten Runde der eDelphi-Analyse wurde eine Expertengruppe von 20 PAL zur Nennung von möglichen EPA-Versorgungssituationen benannt. Voraussetzung der Expertenrolle war die aktive Tätigkeit als PAL in der Ausbildung von NotfallsanitäterInnen. Für die Expertensuche wurden Informationen zum Studienvorhaben an die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft im Rettungsdienst (GzFWR) und Rettungsdienstschulen verteilt. Die ExpertInnen mussten sich aktiv zur Studienteilnahme beim Studienleiter anmelden und erhielten einen Link zum Online-Fragebogen, der drei Initialfragen enthielt (Tab. 3). Alle Befragungen wurden über ein Online-Befragungssystem (SoSci Survey GmbH, München, Deutschland) durchgeführt.

Tab. 3 Initiale Fragen der eDelphi-Analyse zur Entwicklung der EPA. Der aktuell ergänzende § 2a des NotSanG war zu Studienbeginn noch nicht umgesetzt [1]

Die von den Autoren genutzte Kategorisierung der drei Initialfragen (Tab. 3) wurde aufgrund des Paragraphen 4 des NotSanG zu erweiterten Maßnahmen und allgemeinen Maßnahmen gewählt. Der § 2a NotSanG war zu Studienbeginn noch nicht verabschiedet [1, 17].

Mehrfachnennungen in Runde eins wurden von den Autoren inhaltlich zusammengefasst [18]. In der zweiten Runde (Priorisierungsrunde) konnten die Teilnehmenden alle Freitextantworten in der zusammengefassten Version zu den drei Themenblöcken einsehen und jeweils bis zu 50 % der benannten Situationen als wichtig für die praktische Ausbildung bewerten. Die EPA, die von mindestens 50 % Prozent der Teilnehmenden als wichtig gewertet wurden, wurden in den Prätestfragebogen aufgenommen. Die Auswahlgrenze wurde gewählt, um eine Liste von 20 bis 40 Situationen zu erhalten.

Alle aufgenommenen Daten wurden mittels SPSS 26 (IBM Corporation, Armonk, NY, USA) verarbeitet. Zur eDelphi-Analyse wurden die Daten deskriptiv ausgewertet. Die Reliabilität der Skalen wurde mittels Cronbachs α ermittelt. In der Faktorenanalyse wurde die Eignung der Items mittels Kaiser-Meyer-Olkin-Test (KMO) analysiert. Die Zuordnung zur Interpretation der Skalenzugehörigkeit erfolgte aufgrund einer Faktorenanalyse mittels orthogonaler Varimax-Rotation und Anwendung des Kaiser-Guttman-Kriteriums [19]. Entsprechend der Definition dieses Kriteriums wurden alle Faktoren mit einem Eigenwert von >1 in der Faktorenanalyse berücksichtigt.

Prätestfragebogen

Auf Basis der Expertenaussagen und des Rankings der ersten eDelphi-Runde wurden Situationen, nachfolgend auch Items genannt, mit gebundenen Antwortmöglichkeiten entwickelt [20]. Der Prätest hatte das Ziel, die Relevanz der einzelnen Items zu erfassen. Dieses Vorgehen erhöht die Validität und Reliabilität des Tests [15, 21, 22]. Die Teilnehmenden konnten die Items auf einer unipolaren Antwortskala von „unwichtig“ bis „sehr wichtig“ mittels Schieberegler bewerten, ohne die hinterlegte Skala von 0 bis 100 zu sehen. Zur Analyse der Ergebnisse wurden die Items durch die Autoren inhaltlich überprüft und nach Itemgüte und Reliabilität reduziert. Der Prätestfragebogen wurde an 32 Teilnehmer verschickt.

Validierung – Entwicklung des endgültigen Kriterienkatalogs

Für die valide Strukturprüfung des gekürzten Katalogs sollte eine möglichst große Stichprobe eingesetzt werden. Zur Studienteilnahme wurde im sozialen Medium (Facebook-Seite; Facebook, Menlo Park, CA, USA) und über die GzFWR deutschlandweit aufgerufen. Die Bewertung der übernommenen Items durch die Teilnehmenden erfolgte analog zur Bewertung der Items im Prätest.

Nach explorativer Faktorenanalyse wurden die Items aufgrund der empirischen Datenlage neuen Skalen zugeordnet. Die Benennung der neuen Skalen erfolgte durch die Autoren.

Ergebnisse

eDelphi

Die eDelphi-Analyse wurde in zwei Runden durchgeführt. In der ersten Runde der eDelphi-Analyse nahmen 20 der 23 ExpertInnen an der Umfrage teil. Nach inhaltlicher Zusammenfassung und einheitlicher Formulierung wurden in die Runde 2 der Analyse (Priorisierungsrunde) für Frage eins 12 Items (initial 70 Items), für Frage zwei 29 (initial 60 Items) und für Frage drei 43 (48 Items) einbezogen.

Die Runde 2 ergab insgesamt 27 Items, die sich mit 4 Items auf die Maßnahmen nach § 4 Abs. 1c NotSanG, mit 13 auf die Maßnahmen nach § 4 Abs. 2c NotSanG und mit 10 auf die allgemeinen Maßnahmen verteilten. Aus den 27 Items wurden für den Prätestfragebogen gebundene Antwortmöglichkeiten entwickelt.

Beispiele für nichtpriorisierte EPA sind für die drei Fragen jeweils „Management von Notfallpatienten mit Spannungsthorax“ (Frage 1), „Überwachung und Betreuung von NACA-IV-Patienten im Rettungswagen“ (Frage 2) und „strukturiertes Patientenassessment zur Findung einer Verdachtsdiagnose“ (Originaltext aus Umfrage, Frage 3).

Prätestfragebogen

Im Prätest bewerteten 32 der 36 eingeladenen ExpertInnen die Items (siehe Abb. 2). Zur Analyse der Ergebnisse wurden Mittelwerte und Normalverteilungen der Items berechnet sowie eine inhaltsbezogene Überprüfung der Items durchgeführt. Bei ähnlicher Fragestellung oder ähnlichem Kontext wurden die Items mit besseren Mittelwerten und Normalverteilungswerten beibehalten.

Im nächsten Schritt wurde eine Reliabilitätsanalyse durchgeführt, um die interne Konsistenz der Skalen zu prüfen. Der Fragebogen sollte nicht mehr als die empfohlenen 20–40 EPA enthalten [14], sodass in einem dritten Schritt nochmals Mittelwerte, Standardabweichung und Normalverteilung der verbliebenen Items betrachtet wurden. Weiterhin wurde geprüft, ob alle Antwortkategorien verwendet wurden. Insgesamt konnten durch diesen Prozess 5 Items eliminiert werden – der finale Fragebogen enthielt 22 Items (siehe Tab. 4; [15]).

Tab. 4 Reduzierung der Items nach Skala vom Prätestfragebogen zum finalen Fragebogen. Dargestellt ist jeweils die Zahl der Items und Cronbachs α jeder Skala

Validierung

Zur Validierung wurde der auf 22 Items gekürzte Fragebogen eingesetzt. 230 Teilnehmende füllten den Fragebogen aus. Die explorative Faktorenanalyse führte zu einer Lösung mit 5 Faktoren und 22 Items, die insgesamt 59 % der Gesamtvarianz aufklären konnten (Tab. 5). Als Prüfgröße für eine Eignung des erhobenen Datensatzes sprach als Prüfgröße das KMO von 0,9. KMO-Werte > 0,7 sind als gut zu bewerten [19]. Die Faktoren, das resultierende Cronbachs α, die Anzahl der Items pro Faktor sowie der jeweilige Anteil an der Varianzaufklärung sind in Tab. 6 dargestellt.

Tab. 5 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse
Tab. 6 Vollständiger Katalog der entwickelten Einsatzsituationen in von den Autoren benannten Faktoren

Bei allen Faktoren konnte das Kaiser-Guttman-Kriterium zur Anwendung kommen. Es wurden daher alle Faktoren übernommen. Da sich nach der Faktorenanalyse neue Gruppierungen der Items ergaben, wurde die initiale Benennung der Skalen nicht übernommen. Für die neuen Skalen erstellten die Autoren die neuen Bezeichnungen nach Inhalt „Behandlung spezieller Krankheitsbilder NACA-Score IV“, „Kommunikation“, „Einbindung von Medizinprodukten in die Patientenbehandlung“, „Symptomorientiertes Handeln“ und „Leitsymptom Schmerz“ (NACA National Advisory Committee for Aeronautics).

Diskussion

Durch die vorliegende Studie wurde ein Katalog von Versorgungssituationen entwickelt, der es ermöglicht, das didaktische Konzept der EPA in eine kompetenzbasierte Ausbildung von NotfallsanitäterInnen zu integrieren. Es wurde hierfür eine eDelphi-Analyse mit anschließender Faktorenanalyse eingesetzt, um eine begrenzte Anzahl von Daten mit hoher Relevanz zu erhalten und ein Kategoriensystem abbilden zu können.

Die Umstellung auf kompetenzbasierte Curricula wird in der medizinischen Ausbildung seit den 1990er-Jahren in verschiedensten Ländern durchgeführt [23, 24]. Nach Umstellung von reinen zeitbasierten Ausbildungscurricula wurde die kompetenzbasierte Form durchaus kritisch gesehen. Negativ wurde die Lücke zwischen Kompetenzen und praktischer täglicher Arbeit angemerkt [25]. Die Einführung von EPA hat das Ziel, dieses Missverhältnis zu verkleinern [9].

Um Versorgungssituationen mit hoher Nähe zur Patientenversorgung zu entwickeln, wurde in unserer Arbeit bewusst auf aktive PAL als ExpertInnen zurückgegriffen. Im Ergebnis entstand ein 22 Items umfassender Katalog in fünf Kategorien. Damit wurde die empfohlene Zahl von 20 bis 40 Items bei der Etablierung von EPA in einer curriculumbasierten Ausbildung erreicht [14].

Eine weitere Ausführung der Versorgungssituationen bietet Auszubildenden ein effizienteres Lernen. So erfüllen beschriebene EPA als Beschreibung des Lernziels den wichtigen dritten Schritt („goals and objectives“), wenn das didaktische Konzept für effektive Curriculumentwicklung von Kern et al. als Vorlage herangezogen wird [26]. Die schrittweise transparente Kompetenzentwicklung bietet den Vorteil, dass dem Auszubildenden das Gesamtziel in Teilschritten bewusst ist und die eigene Leistung in Relation zum Lernziel gesetzt werden kann. Wie aus der ärztlichen Ausbildung beschrieben, können Missverhältnisse zwischen Sicht der Ausbildenden und Lernenden über Durchführung von Maßnahmen vorkommen [27].

Die weitere Ausarbeitung der Versorgungssituationen als EPA sollte einem etablierten didaktischen Konzept folgen. Eine mögliche Vorlage bietet der „Entrustable Professional Activity Guide: Emergency Medicine“ des Royal College of Physicians and Surgeons of Canada [28]. Hier wird eine Struktur mit den Schritten „Titel“ – „EPA-Name“ – „Schlüsselkompetenz“ – „Prüfplan“ und „relevante Arbeitsschritte“ vorgeschlagen. Ein wünschenswerter Ansatz wäre die Entwicklung der EPA nicht auf Organisations- oder Zuständigkeitsebene, sondern möglichst flächendeckend raum- und organisationsübergreifend. Dies wird ebenfalls von Reifferscheid et al. auch für Standardanweisungen gefordert [29]. Eine wissenschaftliche Evaluation der didaktischen Methode in Bezug auf die Handlungskompetenz wird zwingend erforderlich und ebenfalls für effektive medizinische Curricula gefordert [26].

Die Einbindung einer Überprüfung von Handlungskompetenz ist in Hinblick auf den neu geschaffenen § 2a NotSanG relevant [1]. Die Diskussion um die Voraussetzung des „Beherrschens“ von lebensrettenden invasiven Maßnahmen kann mit Assessment-Schritten zumindest unterstützt werden. Der Fokus auf die Kompetenzentwicklung legt die Einführung von EPA nahe, wenn nachfolgend gezeigt werden kann, dass die didaktische Methode zu einem effizienteren Kompetenzzuwachs führt. Die Integration arbeitsplatzbezogener Assessments und Kompetenzübertragung wird auch von der didaktischen PAL-Ausbildung abhängen. Der Begriff „Kompetenzbildung“ wird hier im Rahmenlehrplan allgemein verwendet und eine Variation in den einzelnen Verantwortungsbereichen ist zu erwarten [30].

Der Schwerpunkt der invasiven Maßnahmen bei den Items erklärt sich daraus, dass die meisten Diskussionen zum Thema NotSan-Ausbildung dies zum Inhalt haben [5, 31]. Neben den zu erwartenden medizinischen Inhalten des Katalogs fällt auf, dass die kommunikativen Aspekte eine eigene Skala bilden. Diese bildet ab, dass der Wert der nichttechnischen Fähigkeiten in den letzten Jahren in der notfallmedizinischen Ausbildung zugenommen hat. Kommunikation wird als Kernelement beschrieben [32]. Aus dem klinischen Umfeld ist bekannt, dass bis zu 65 % von Versorgungsfehlern in mangelnder Kommunikation begründet sind [33].

Nicht ganz passend wirkt in dieser Skala das Item „Durchführung einer patientengerechten Lagerung und Schmerzentlastung“. Da die technischen Maßnahmen auch in der Skala „Schmerz“ abgebildet werden, kann dieses Item mit Inhalten der Patientenkommunikation gefüllt und interpretiert werden.

Eine Berufsfeldanalyse nach Einführung der NotSan sollte langfristig die EPA-Erstellung beeinflussen. Allerdings kann nicht die Häufigkeit der Maßnahmen einzig ausschlaggebend sein, die insbesondere für invasive Maßnahmen sehr variabel ist [5, 6]. Auch dringliche Behandlungskonsequenzen, die kein weiteres Abwarten auf ärztliche Versorgung erlauben, müssen für die Maßnahmenauswahl berücksichtigt werden.

Limitation

Die Vorgaben der Datenschutzbeauftragten ermöglichten nicht, eine Eingangskontrolle von personenbezogenen Fragebögen durchzuführen. Daher ist es theoretisch möglich, dass Teilnehmende mehrfach einen Fragebogen ausgefüllt haben. Durch die hohe Zahl der Teilnehmenden in der Validierungsrunde sollte der Effekt minimiert werden. Die freiwillige Teilnahme und Ansprache können dazu geführt haben, dass es eine deutschlandweit ungleiche Verteilung von ExpertInnen gibt. Die organisatorische Zuständigkeit des Rettungsdiensts auf Länderebene lässt lokale Unterschiede vermuten.

Die aus Sicht der Autoren größte Limitation liegt in der potenziell mangelnden Erfahrung der PAL mit dem didaktischen Konzept der EPA. Den Autoren ist kein NotSan-Ausbildungsbereich bekannt, der derzeit diese Methode einsetzt. Die mangelnde Erfahrung aller Beteiligten in der praktischen Umsetzung von EPA in der Rettungsdienstausbildung kann die Auswahl gewählter Einsatzszenarien beeinflusst haben. Die Fokussierung auf PAL als Experten erfolgte im Studiendesign, da die prähospitale Versorgungssituation betrachtet werden sollte und diese hauptsächlich verantwortlich von den PAL begleitet wird. Ein möglicher „in-group bias“ muss hier allerdings limitierend berücksichtigt werden. Im Sinne des Studienziels sind weitere Evaluationen notwendig, die durch die gewonnenen Erfahrungen oder weiter eingebundene Expertengruppen (ÄrztInnen, Personal aus Notaufnahmen etc.) beeinflusst werden. Der „in-group bias“ kann damit in Folgeuntersuchungen reduziert werden.

Ausblick

In der vorliegenden Studie konnte ein Katalog an Versorgungssituationen entwickelt werden, der in der NotSan-Ausbildung zur Kompetenzentwicklung mittels EPA in der Praxis eingesetzt werden kann. Dieser Katalog ermöglicht es, die didaktische Methode der EPA zur schrittweisen Kompetenzübertragung für die NotSan-Ausbildung nutzbar zu machen. Die benannten Versorgungssituationen sollten nach etablierter EPA-Struktur ausgearbeitet, angewendet und in Hinblick auf den Kompetenzgewinn evaluiert werden. Weitere Studien können zeigen, inwieweit sich eine Nutzung von EPA auf die Beziehung zwischen Auszubildenden und Anleitenden auswirkt, auch wenn Rahmenbedingungen eines Ad-hoc-Teams bestehen. Die wachsende Anwendererfahrung der Auszubildenden und der PAL und eventuelle Berufsfeldanalysen werden die Überprüfung des Katalogs notwendig machen.

Fazit für die Praxis

  • Relevante Einsatzszenarien zur Einführung von „entrustable professional activities“ (EPA) konnten in einem 22 Items umfassenden Katalog beschrieben werden.

  • Die Einsatzszenarien sollten nach einem etablierten EPA-System weiter ausgearbeitet und beschrieben werden.

  • Eine flächendeckende Anwendungsmöglichkeit der EPA wäre empfehlenswert.

  • Eine wissenschaftliche Evaluation der EPA-Anwendung ist anzustreben.