Kindernotfälle sind bei Notärzten die am meisten angstbesetzten Einsätze [1]. Gleichzeitig sind sie für den einzelnen Notarzt ein seltenes Ereignis. In einer Göttinger Studie von Eich et al. [2] war der Anteil der Kindernotfälle nur 6,3% aller Notarzteinsätze, was sicherlich repräsentativ ist. Notfälle bei Kindern unter 1 Jahr lagen gemäß dieser Studie bei 0,9% und bei Kindern zwischen 1 und 5 Jahren nur bei 2,7% aller Einsätze.

Etwa ein Drittel der Kindernotfälle sind Traumata

Etwa ein Drittel dieser Notfälle waren Traumata (inklusive Schädel-Hirn-Traumata und Verbrennung/Verbrühung). Derartig schwere Verletzungen verlangen gute Analgesie, ggf. auch Anästhesie und adäquates Atemwegsmanagement. Berechnungen haben aber gezeigt, dass für einen einzelnen Notarzt durchschnittlich 3 Jahre vergehen, bis es zur Notwendigkeit der endotrachealen Intubation eines Kindes kommt, und 13 Jahre bis zur Intubation eines Säuglings. Diese Zahlen verdeutlichen, dass schwere Kindernotfälle ein seltenes Ereignis sind. Umso wichtiger ist es, einfache und klare Richtlinien an die Hand zu geben, wie derartige Probleme angegangen werden können.

Deshalb widmet sich das Leitthema dieser Ausgabe von Notfall + Rettungsmedizin den zentralen Themenkomplexen, die mit Kindertraumata verbunden sind. Kompetente und auch im Rettungswesen erfahrene Autoren aus der Kinderanästhesie, Pädiatrie und Kindernotfallmedizin gehen auf die Themen Analgesie und Anästhesie, Atemwegsmanagement und exemplarisch auf das typische Trauma der Verbrennung und Verbrühung bei Kindern ein, welches die erstgenannten Probleme exemplarisch einschließt.

Der Beitrag von Landsleitner u. Schroth geht das Problem der Analgesie und Anästhesie sehr praxisorientiert an. Ausgehend von einem Fallbeispiel und dem Problem, dass Analgetika gerade bei Kindern gelegentlich zu zurückhaltend oder zu spät eingesetzt werden, entwickeln sie ein strukturiertes Schmerzkonzept für die Präklinik. Dazu gehören die richtige Indikation, der richtige Applikationsweg, das richtige Medikament, die richtige Dosierung und die richtige Überwachung. Die Darstellung der intranasalen Applikation mit den verfügbaren Analgetika stellt auch für die wesentlich häufigeren, einfachen Traumata eine große Hilfe dar. Im zweiten Teil dieser Arbeit geht es um die Planung und Durchführung einer ggf. erforderlich werdenden Anästhesie sowie um die Hilfsmittel zur richtigen Berechnung adäquater Dosierungen.

Der Betrag von Russo et al. setzt sich mit dem im Falle einer Anästhesie erforderlich werdenden Atemwegsmanagement auseinander.

Atemwegsmanagement darf keinesfalls zwangsläufig mit Intubation gleichgesetzt werden.

Aufbauend auf einem von Landsleitner et al. 2011 in dieser Zeitschrift publizierten Algorithmus [3] stellt der Beitrag systematisch die Eskalationsschritte bis hin zur Intubation und den damit verbundenen möglichen Problemen dar. Es geht auch darum, dem in der Kinderintubation wenig erfahrenen Notarzt alternative Wege des Atemwegsmanagements aufzuzeigen. Die supraglottischen Atemwege nehmen dabei einen zentralen Platz ein.

Der Beitrag von Eich et al. rundet das Themengebiet ab, indem ein exemplarisches und immer wiederkehrendes kindliches Trauma – die Verbrühung und Verbrennung – ausführlich dargestellt wird. Die adäquate Behandlung fängt bei der richtigen Analgesie an und reicht von der Beurteilung (was auch das Thema Kindesmisshandlung einschließt), dem Atemwegsmanagement, der Flüssigkeitstherapie, der Vermeidung von Hypothermie bis hin zur Entscheidung, wo ein Kind adäquat weiterbehandelt wird (Zuweisung in ein pädiatrisches Schwerverbranntenzentrum?).

Neben dem theoretischen Wissen, wozu auch die Beiträge in diesem Heft beitragen, gilt: Training, Training und nochmals Training sind die einzige Möglichkeit, Sicherheit zu erlangen, da in der prähospitalen Situation (glücklicherweise) nicht so viele Fälle vorkommen, um eine Sicherheit in der Behandlung von Kindernotfällen zu erlangen. Dazu sind neben Hospitationen im pädiatrischen Bereich von Krankenhäusern praxisorientierte Kurse wie der European-Paeditric-Life-Support(EPLS)-Kurs auf der Basis der ERC-Richtlinien, Simulationskurse wie die PaedSim-Kurse sowie Kurse gemäß dem notfallmedizinischen Curriculum Kinderheilkunde der DIVI (Deutsche interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) unbedingt erforderlich. Es ist erfreulich, dass derartige Kurse inzwischen vielerorts in Deutschland angeboten werden. Sie bieten die Möglichkeit, die in den folgenden Beiträgen dargelegten Konzepte in der Praxis einzuüben.

Dr. Uwe Trieschmann

Univ.-Prof. Dr. Bernd Böttiger