Die Nephrologie befindet sich im Umbruch. Dies spiegelt sich in der deutlichen Zunahme der Forschungsaktivität, vor allem in der zunehmenden Durchführung von größeren randomisiert-kontrollierten Studien, wider. Dazu zählt auch die kritische Beurteilung von traditionell „etablierten Therapien“. Dies hat zum Teil auch mit einem enormen Investment von pharmazeutischen Unternehmen, u. a. auch in seltene Erkrankungen, zu tun. Diesbezüglich befinden sich etliche Komplementhemmer in klinischen Studienphasen.

Die immunologische Arbeitsgruppe der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie (ÖGNIAG) hat sich nun zusammen formiert und eine Serie von Übersichtsartikeln verfasst, die den aktuellen Standard in der Diagnostik und Therapie von Glomerulonephritiden zusammenfassen. Glomerulonephritiden werden grundsätzlich in primäre und sekundäre Formen unterschieden, wobei die letztere Gruppe Erkrankungen beinhaltet, welche im Rahmen einer Systemerkrankungen häufig auch die Niere befallen (wie zum Beispiel die Lupus Nephritis oder die ANCA-assoziierten Vaskulitiden). Während Interventionen bei einigen Nierenerkrankungen durch Evidenz aus randomisiert-kontrollierten Studien abgesegnet sind, beruhen Therapieempfehlungen bei zahlreichen Entitäten vor allem aus Erfahrungsberichten von Beobachtungsstudien, die oftmals retrospektiv durchgeführt wurden (zum Beispiel bei der membranoproliferativen Glomerulonephritis (MPGN)).

Ein Eckpfeiler vor einer Therapieeinleitung ist nach wie vor die Durchführung einer Nierenbiopsie, die oftmals nicht nur zu diagnostischen Zwecken, sondern auch zur Prognoseabschätzung verwendet werden kann. So konnten verschiedene histopathologische „scores“ der ANCA-assoziierten Glomerulonephritis zur Einschätzung der Progression zur Dialysepflicht beitragen, und serielle Biopsien bei Lupus Nephritis werden oftmals zur Therapiesteuerung (vor allem auch Absetzen der Therapie) verwendet.

Die österreichischen Empfehlungen weichen zum Teil von den international gültigen Empfehlungen, zum Beispiel durch die Kidney Disease Improving Global Outcomes (KDIGO), ab. Dies liegt einerseits an dem leichteren Zugang zu v. a. modernen Therapien, die außerhalb der Zulassung eingesetzt werden („off-label use“) und andererseits am unterschiedlichen Ansprechen auf häufig eingesetzte Therapien.

Der Plan der ÖGNIAG war es vor allem auf nationalem Level, die wichtigsten Punkte im Management der verbreiteten Glomerulonephritiden klar strukturiert und leicht nachvollziehbar auf den neuesten Stand zu bringen, sodass diese im klinischen Alltag so rasch und effektiv wie möglich umgesetzt werden können. Es sollen die hier publizierten Arbeiten regelmäßig den Weiterentwicklungen in der Diagnose und Therapie dieser herausfordernden Krankheitsgruppe auch in Zukunft Rechnung tragen: Publikationen von weiteren Updates auf der Homepage der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie (www.nephrologie.at) sowie in der neu gestalteten App, welche auf Android- und iOS-betriebenen Mobiltelefonen benützt werden kann, sollen unterstützend für diesen Prozess sein. Der endgültige Nutzen dieser Arbeiten sollte sich nicht nur in einem besseren Verständnis dieser besonderen Nierenkrankheiten niederschlagen, sondern sollte ein so gut als mögliches standardisiertes Vorgehen bei Diagnose und Therapie der wichtigsten Glomerulonephritiden in Österreich ermöglichen, ein Unterfangen, welches letztlich zentral unseren Patien:innen zugutekommen soll.