Fast unbemerkt für die deutsche Rheumatologie ist das Deutsche Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) im Jahr 2018 30 Jahre alt geworden. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) freut sich sehr über dieses Jubiläum. Das DRFZ wurde als privatrechtliche Stiftung des Landes Berlin und des Immanuel-Krankenhauses gegründet, seine Ausrichtung folgte der Vision großer Persönlichkeiten der Rheumatologie und Immunologie. Mit Nicholas Avrion Mitchison, Andreas Radbruch und nicht zuletzt Angela Zink waren und sind es vor allem diese Führungspersönlichkeiten, die Inhalt und Sichtbarkeit des Instituts prägen und geprägt haben. Darüber hinaus besteht seit Gründung eine große Nähe zur universitären Rheumatologie der Charité unter Leitung von Gerd Burmester. Zusammen haben die leitenden Wissenschaftler des DRFZ über die vergangenen drei Jahrzehnte die grundlegende Idee von einer konzentrierten Rheumaforschung zu einem überregional und international vernetzten Institut entwickelt, das verschiedenste Aspekte rheumatischer Erkrankungen überaus erfolgreich erforscht. Zu dieser großartigen Entwicklung des DRFZ hat sicherlich auch dessen Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft 2009 beigetragen. Für Deutschland hat das Zentrum seit seiner Gründung zunehmende forschungs- und gesundheitspolitische Bedeutung gewonnen.

Das DRFZ hat sich zur Aufgabe gemacht, die Langzeitverläufe von rheumatischen Erkrankungen zu untersuchen. Die damit verbundenen Ziele sind einerseits die klinischen Entscheidungen zur (Früh)-Diagnose und zur Therapie zu unterstützen sowie die Versorgung der Betroffenen in Deutschland zu verbessern und andererseits die Pathomechanismen entzündlich-rheumatischer Erkrankungen zu identifizieren, die die Erkrankungen auslösen und unterhalten. Dieses kann die Basis für personalisierte, idealerweise kurative Therapien bilden. Dafür gliedert sich das DRFZ in drei Programmbereiche: „Epidemiologie und Versorgungsforschung“, „Pathophysiologie rheumatischer Erkrankungen“ und seit 2015 die „Regenerative Rheumatologie“. Die Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsgruppen lassen sich anhand ihrer Publikationen und ihrer Drittmittelförderung einordnen. Sie sind nach Einschätzung einer aktuellen Begutachtung im Auftrag der Leibniz-Gemeinschaft – mit gewissen Einschränkungen für den jüngsten Programmbereich – sehr gut bis ausgezeichnet. Zu diesem wissenschaftlichen Erfolg gratuliert die DGRh sehr herzlich. Im Bereich der „Pathophysiologie rheumatischer Erkrankungen“ hebt das Gutachten die Liaison-Gruppen mit der Charité und damit die Verknüpfung zur rheumatologischen Klinik besonders hervor. Die Gutachter empfehlen dem DRFZ allerdings auch ausdrücklich, den Bezug zur Rheumatologie sichtbarer zu machen. In den letzten Jahren vollzogene Verschiebungen zugunsten immunologischer Grundlagenforschung sollten in der zukünftigen Arbeit des Instituts korrigiert werden, so die Empfehlung weiter. Insbesondere in der konsequenten Vernetzung zur Klinik und damit in der Translation sieht die gutachterliche Evaluation großes Potential für die weitere Entwicklung des DRFZ.

Der Programmbereich „Epidemiologie und Versorgungsforschung“ am DRFZ hat in den letzten Dekaden in intensiver Kooperation mit Ärzten und Wissenschaftlern nicht nur in Deutschland der deutschen Rheumatologie internationale Strahlkraft verliehen. Kein anderer internistischer Schwerpunkt, das bestätigte erst kürzlich wieder die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, verfügt über eine so umfassende Datengrundlage seiner Arbeit. Die in kontinuierlicher, intensiver Kooperation geschaffenen Zahlen und Fakten bewähren sich nicht nur im wissenschaftlichen Dialog, sondern auch im politischen Diskurs. Der Programmbereich „Epidemiologie und Versorgungsforschung“ erfüllt damit auch die bereits mit der Namensgebung intendierte Ausrichtung eines deutschen Rheuma-Forschungszentrums.

Jetzt steht das DRFZ vor einem tiefgreifenden personellen Umbruch, und auch in der Rheumatologie der Charité steht ein Führungswechsel an. Das DRFZ hat vorausschauend dafür eine Zukunftskommission gegründet. Geprägt durch die eigene Geschichte besteht diese Kommission einmal mehr aus großen Persönlichkeiten, die sich mit der grundsätzlichen Ausrichtung des Instituts beschäftigen und dafür geeignete Führungspersonen zu identifizieren suchen.

Ungeachtet der Frage, ob das gewählte Vorgehen für ein modernes wissenschaftliches Institut zeitgemäß ist, fordert die für die Rheumatologie in Deutschland zuständige wissenschaftliche Fachgesellschaft, die DGRh, eine aktive Beteiligung an diesem Prozess der Neuausrichtung eines Deutschen Rheuma-Forschungszentrums. Das entspricht nicht nur dem „Mission“-Statement des DRFZ, dessen Aktivitäten ganz wesentlich durch den Kontext der nationalen und internationalen Rheumatologie geprägt sein sollen, sondern würde auch wesentliche Voraussetzungen dafür schaffen, dass alle Programmbereiche des DRFZ in die deutsche rheumatologische Forschung und Versorgung adäquat eingebunden werden können. Eine strategische Neuausrichtung des DRFZ ohne Interaktion mit der DGRh und ohne Integration in die deutsche rheumatologische Forschung hält der Vorstand der DGRh für falsch. Für den Vorstand der DGRh sind die Rahmenbedingungen für ein deutsches Rheuma-Forschungszentrum

  • ein fördernder Partner im Netzwerk deutscher rheumatologischer Wissenschaft

  • eine klare Ausrichtung aller Programmbereiche auf rheumatologische Fragestellungen

  • eine wissenschaftliche Leitung mit rheumatologischer Expertise

  • eine starke Position für Epidemiologie und Versorgungsforschung mit klarer und zugleich innovativer Ausrichtung auf versorgungsrelevante rheumatologische Fragestellungen

  • eine kontinuierliche, geregelte Einbindung rheumatologischer Expertise aus den Reihen der DGRh

Wir verstehen das DRFZ als eine zentrale und wegweisende Einrichtung der wissenschaftlichen deutschen Rheumatologie. Um an dessen bisherige Erfolge anknüpfen und diese womöglich sogar ausbauen zu können, fordern wir eine starke rheumatologische Ausrichtung des DRFZ und empfehlen einen klaren Fokus auf rheumatologische wissenschaftliche Fragestellungen – ganz wie es der Name verspricht.

Für den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

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Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops (Präsident)