Das Kolorektalkarzinom ist eine der häufigsten bösartigen Tumorerkrankungen. Seit Juni 2020 steht mit der EMA-Zulassung von Encorafenib (BRAF-Inhibitor) in Kombination mit dem EGFR-blockierenden Antikörper Cetuximab erstmals eine chemotherapiefreie gezielte Therapieoption beim BRAF-V600E-mutierten metastasierten kolorektalen Karzinom zur Verfügung. Um die Qualität und Reproduzierbarkeit der BRAF-V600E-Testung in den pathologischen Einrichtungen zu überprüfen, wurde von der QuIP GmbH ein Ringversuch organisiert.

Das kolorektale Karzinom ist bei Frauen nach dem Mammakarzinom die zweithäufigste bösartige Tumorerkrankung, bei Männern die dritthäufigste nach Prostata- und Lungenkrebs und umfasst insgesamt fast 60.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland. Etwa 23.000 Darmkrebspatienten versterben jährlich an ihrer Erkrankung und das relative 5‑Jahres-Überleben liegt bei Männern und Frauen bei etwa 60 % ([9], Tab. 3.6.1) [11]. Die zielgerichtete biomarkergetriebene Therapie hat beim Kolorektalkarzinom schon vor über 10 Jahren mit dem Nachweis von KRAS-Mutationen begonnen und nimmt durch weitere Biomarker immer weiter an Bedeutung zu. Im Falle der Abwesenheit von RAS-Mutationen besteht die Möglichkeit mit der Blockade von EGFR, eine zielgerichtete Therapieoption verwenden zu können. Es ist auch schon längere Zeit bekannt, dass 8–12 % der Kolorektalkarzinome mit einer BRAF-Mutation vergesellschaftet sind [3].

BRAF spielt eine wichtige Rolle im MAPK-Signalweg und ist damit an der Kontrolle und Steuerung des Zellwachstums entscheidend beteiligt. Während dieser Prozess unter physiologischen Bedingungen sehr engmaschig kontrolliert abläuft, führen bestimmte BRAF-Veränderungen – wie die V600E-Mutation – zu einer konstitutiven Aktivierung der Kinaseaktivität, die nicht mehr der physiologischen Kontrolle unterliegt. Damit kann ein unkontrolliertes Zellwachstum entstehen und zur Pathogenese des metastasierten kolorektalen Karzinom (mKRK) beitragen [8]. Der weitaus größte Teil der BRAF-Mutationen finden sich beim mKRK an der Aminosäureposition 600 und bestehen im Austausch von Valin (V) durch Glutaminsäure (E). BRAF-Mutationen an anderen Positionen oder Ersatz des V600 durch eine andere Aminosäure finden beim mKRK nur sehr selten statt und haben in diesem Kontext nur untergeordnete Bedeutung [7, 12]. Das BRAF-mutierte mKRK selbst weist eine molekulare Heterogenität auf [2, 4]. Diese Heterogenität spiegelt sich auch in den 4 „consensus molecular subtypes“ (CMS) wider. BRAF-Mutationen finden sich zwar überwiegend in der Gruppe CMS1 („MSI immune“, 42 %), treten aber auch in CMS2 („canonical“, 1 %), CMS3 („metabolic“, 16 %) und CMS4 (mesenchymal, 7 %) auf. Es treten nur äußerst selten primäre BRAF-Mutationen zusammen mit KRAS-Mutationen auf [12].

Bei Vorliegen eines mikrosatelliteninstabilen mKRK zusammen mit einer BRAF-V600E-Mutation kann in der Erstlinie eine immunonkologische Therapie mit Pembrolizumab durchgeführt werden, die im Rezidivfall von einer Therapie mit Encorafenib und Cetuximab abgelöst werden kann (Fachinformation Keytruda® 2021, Fachinformation Braftovi® 2021). Jedoch existieren zum aktuellen Zeitpunkt noch keinerlei klinische Studien zur besten Therapieabfolge bezüglich dieser beiden Behandlungsprinzipien. Bei Patienten mit mikrosatellitenstabilem mKRK und einer BRAF-V600E-Mutation kommen gemäß Leitlinienempfehlung die kombinierte Behandlung aus klassischer Chemotherapie und zielgerichteter Behandlung in Betracht [1, 12]. Unabhängig vom Mikrosatellitenstatus kann die chemotherapiefreie Kombination aus Encorafenib und Cetuximab beim BRAF-V600E-mutierten mKRK generell nach systemischer Vortherapie (unabhängig davon, ob diese in adjuvanter oder palliativer Intention gegeben wurde) eingesetzt werden [6].

Seit Juni 2020 steht mit der EMA-Zulassung von Encorafenib in Kombination mit dem EGFR-blockierenden Antikörper Cetuximab auf der Basis der Studie BEACON CRC [5] erstmals eine chemotherapiefreie gezielte Therapieoption zur Verfügung. Durch die Zulassung der BRAF-V600E-Mutation als therapeutischen Marker beim mKRK findet diese Konstellation Eingang in das (molekular-)diagnostische Portfolio vieler Institute für Pathologie. Erfreulicherweise kann für den molekularen bzw. immunhistochemischen Nachweis der BRAF-V600E-Mutation auf zumeist umfangreiche Vorerfahrung bei malignen Melanomen zurückgegriffen werden [10].

Methodik

Ringversuchsaufbau

Um die Qualität und Reproduzierbarkeit in den pathologischen Einrichtungen zu überprüfen, wurde von der QuIP GmbH ein Ringversuch organisiert, der den Nachweis der BRAF-V600E-Mutation auf Proteinebene mittels Immunhistochemie (IHC) mit einem Antikörper gegen V600E-mutiertes BRAF und zum Nachweis auf DNA-Ebene verschiedene molekulare Verfahren vorgesehen umfasste. Der hier beschriebene Ringversuch hat sich aufgrund der Ergebnisse klinischer Studien sowie der Vorgaben aus der Zulassung der EMA auf den Nachweis der BRAF-V600E-Mutation begrenzt.

Interner Ringversuch

Das Lead-Institut (Charité Berlin) suchte aus ihrem Archiv insgesamt 15 Fälle von Kolorektalkarzinomen mit und ohne BRAF-V600E-Mutation heraus. Um die Eignung dieser Fälle für einen Ringversuch zu überprüfen, wurde ein interner Ringversuch, also eine dem offenen Ringversuch vorgeschaltete Testung des Probenmaterials durchgeführt. Die Organisation des internen Ringversuchs übernahm das Institut für Pathologie der Charité Berlin. Die erste Überprüfung der 15 ausgewählten Fälle übernahmen die Charité Berlin mittels molekularer Untersuchungen (Next Generation Sequencing, NGS) und das kooperierende Lead-Institut (Universitätsklinikum Dresden) mittels IHC. Die Gegentestung mit molekularen Methoden wurde vom Klinikum Bremen-Mitte, dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, dem Universitätsklinikum Freiburg und dem Universitätsklinikum Tübingen übernommen. Hierfür wurden den 4 Panelinstituten je Fall 3 Leerschnitte á 4 µm zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse aus den molekularen Methoden waren aus allen 5 Instituten (Lead- und Panelinstitute) bei 14 Fällen konkordant, lediglich ein Fall konnte von einem Institut nicht ausgewertet werden. Die Gegentestung für den IHC-Teil übernahmen das Universitätsklinikum Freiburg und das Universitätsklinikum Leipzig. Den beiden Panelinstituten wurden je Fall 2 Leerschnitte á 4 µm zur Verfügung gestellt. Bei der Auswertung der immunhistochemischen Färbungen wurden 11 Fälle gleich bewertet und 4 Fälle als Grenzfälle identifiziert. Als mögliche Ursache werden die unterschiedlichen Färbeprotokolle vermutet. Da die gleichen Fälle in der molekularen Untersuchung keine diskrepanten Ergebnisse zeigten und diese Fälle aus dem diagnostischen Alltag stammen, wurde ein heterogen bewerteter Fall in den offenen Ringversuch eingeschlossen. Die 10 für der Ringversuch ausgewählten Fälle wiesen einen Tumorzellgehalt von 50–90 % auf und waren 10–133 Monate alt (Tab. 1).

Tab. 1 Zusammensetzung und Sollwerte des Probenmaterials

Offener Ringversuch

Die Teilnehmer erhielten 10 Fälle mit jeweils 2 Schnitte á 4 µm für den immunhistochemischen Ringversuch und 3 Schnitte á 4 µm für den molekularen Ringversuch. Die Teilnehmer hatten 28 Werktage Zeit, um die Analysen durchzuführen und die Ergebnisse online an die QuIP zurückzumelden. Für jeden richtig bewerteten Fall wurden 2 Punkte vergeben, sodass eine maximale Punktzahl von 20 erreicht werden konnte. Sofern die Ergebnisermittlung aufgrund technischer Probleme nicht möglich war, wurde ein Punkt für diesen Fall vergeben (diese Option war nur für einen Fall möglich). Für eine erfolgreiche Teilnahme mussten mindestens 18 Punkte (90 %) erreicht werden. Von einer Teilnahme kann nur ausgegangen werden, wenn die pathologischen Einrichtungen Ihre Ergebnisse fristgerecht eingereicht haben. Insgesamt haben 51 Institute an diesem Ringversuch teilgenommen, wovon 42 Teilnehmer die BRAF-V600E-Mutationsuntersuchung mittels molekularer Verfahren und 9 Teilnehmer die IHC durchführten.

Ergebnisse

BRAF-V600E-Mutationsnachweis mittels molekularer Verfahren

Von insgesamt 42 Teilnehmern, die ein Ergebnis eingereicht haben, konnte allen 42 Teilnehmern (100 %) eine erfolgreiche Teilnahme bescheinigt werden. Es gab keine Häufungen von „falschen“ Bewertungen der 10 Ringversuchsfälle (Tab. 2).

Tab. 2 Fallbezogene Ergebnisse: molekularer BRAF-V600E-Nachweis

Von 420 ausgeführten Einzelanalysen waren 418 (99,5 %) korrekt, ein Ergebnis (0,2 %) war falsch positiv und eine Probe (0,2 %) war technisch nicht auswertbar (Tab. 3). Die aus dem Ringversuch abgeleitete Sensitivität für die molekulare Analyse liegt damit bei 100,0 % (294/294), die Spezifität bei 99,2 % (124/125).

Tab. 3 Ergebnisbezogene Auswertung und Punkte: molekularer BRAF-V600E-Nachweis

Die für den molekularen Ringversuch genutzten Methoden waren in 2 Hauptkategorien unterteilt (Tab. 4): 1) kommerzielles All-In-One-Testverfahren (11/42 Teilnehmern, 26,2 %), welches vollautomatisiert Gewebeschnitte bis hin zum Ergebnis analysiert (Idylla System), und 2) labortechnische Einzelprozessierung der DNA-Extraktion gefolgt von weiteren molekularen Verfahren.

Tab. 4 Verwendete DNA-Extraktionskits

Die nach DNA-Extraktion verwendeten Methoden zum Nachweis einer BRAF-V600E-Mutation (Abb. 1) schlossen Parallelsequenzierung (NGS), Pyrosequenzierung, qPCR(quantitative Polymerase-Kettenreaktion)-Verfahren und Sangersequenzierung mit ein (Tab. 5).

Abb. 1
figure 1

Molekulare Methoden zur BRAF-V600E-Mutationsanalyse. NGS Next Generation Sequencing, qPCR quantitative Polymerase-Kettenreaktion

Tab. 5 Eingesetzte Plattformen für den molekularen BRAF-V600E-Mutationsnachweis

Die Teilnehmer nutzen unterschiedliche Kits bzw. Panels sowie „laboratory developed tests“ (LDT) für den Nachweis der BRAF-V600E-Mutation (Tab. 6).

Tab. 6 Eingesetzte Kits bzw. Panels für den molekularen BRAF-V600E-Mutationsnachweis

BRAF-V600E-Mutationsnachweis mittels IHC

Von insgesamt 9 Teilnehmern, die ein Ergebnis eingereicht haben, konnte für 6 Teilnehmer (67 %) eine erfolgreiche Teilnahme bescheinigt werden. Insbesondere bei den Fällen 1 und 5 (Tab. 7) gab es von den Referenzwerten abweichende Beurteilungen. Zur weiteren Klärung der diskrepanten Ergebnisse (technische Ebene/Färbung oder Interpretation) wurden alle Testsets mit den durch die Teilnehmer durchgeführten immunhistochemischen Färbungen zur Nachbegutachtung an das kooperierende Lead-Institut UK Dresden gesendet. Bei dem Fall 5 handelte es sich um den schwierigen Fall, der bereits im internen Ringversuch heterogen bewertet wurde. Aufgrund der interpretatorischen Schwierigkeiten wurde dieser Fall aus der Wertung ausgeschlossen, d. h. alle Teilnehmer bekamen hierfür die volle Punktzahl. Der Fall 1 blieb in der Wertung und war auch im Review eindeutig positiv. Zumeist war eine schwache Färbeintensität die Ursache für die Fehlbewertung durch die Teilnehmer.

Tab. 7 Fallbezogene Ergebniseinreichung der Teilnehmer

Von 90 ausgeführten Einzelanalysen waren 73 (81,1 %) korrekt, 7 Einzelanalysen (7,8 %) waren falsch und 10 (11,1 %) waren technisch nicht auswertbar (Tab. 8). Die Angaben zu Fall 5 zählen hierbei nicht als falsche Einzelanalysen, sondern wurden als nicht auswertbar gezählt. Die sich daraus ergebene Sensitivität für die IHC liegt bei 90,6 % (48/53), die Spezifität bei 92,6 % (25/27).

Tab. 8 Teilnehmerbezogene Vergabe der Punkte für den immunhistochemischen Nachweis der BRAF-V600E-Mutation

Für die Detektion der Proteinexpression des V600E-mutierten BRAFs verwendeten die Mehrzahl der Teilnehmer den Klon VE1 von Abcam (Cambridge, UK; 56 %) oder Roche Roche Diagnostics GmbH (Grenzach, Deutschland; 33 %). Die Inkubationszeiten variierten stark und lagen zwischen 9 und 92 min (Tab. 9). Auffallend ist, dass der Einsatz eines LTDs mit dem Klon VE1 von Abcam mit einer Verdünnung von 1:100 zu keiner erfolgreichen Teilnahme führte (Tab. 9, Abb. 2).

Tab. 9 Inkubationszeiten und Verdünnungen der BRAF-V600E-spezifischen Antikörper für die immunhistologischen Färbungen
Abb. 2
figure 2

Immunhistochemische Färbeverfahren und verwendete Antikörper

Die Teilnehmer verwendeten für die Detektion der V600E-mutierten BRAF-Proteinexpression das OptiView DAB IHC Detection Kit von Roche (56 %) oder das Bond Polymer Refine Detection Kit von Leica (Wetzlar, Deutschland; 44 %; Abb. 3). Die teilnehmenden Institute färbten die Testschnitte am häufigsten mit dem VENTANA BenchMark ULTRA (5 Teilnehmer, 56 %), gefolgt von dem Bond-III von Leica (4 Teilnehmer, 44 %; Abb. 4).

Abb. 3
figure 3

Immunhistochemische Detektionssysteme

Abb. 4
figure 4

Eingesetzte Immunfärbeautomaten

Diskussion

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die überwiegende Teilnehmerzahl (42/51) sich für den molekularen Nachweis entschied und lediglich 9 Institute die Immunhistochemie durchgeführt haben. Die Teilnehmer des molekularen Ringversuchsteils für den BRAF-V600E-Mutationsnachweis haben trotz der großen Heterogenität der eingesetzten Verfahren (von vollautomatisierter Analyse [DNA + qPCR, „All-in-One“], DNA-Extraktion mit qPCR bis hin zu DNA-Extraktion mit PCRs und anschließender Sequenziermethoden) alle den Ringversuch erfolgreich durchlaufen. Im Gegensatz hierzu haben nur zwei Drittel der Teilnehmer, die Immunhistochemie zum Nachweis der BRAF-V600E-Mutation gewählt haben, den Ringversuch erfolgreich durchlaufen, obwohl ein Fall mit anspruchsvoller Interpretation nicht in die Bewertung eingeflossen ist. Ursache für die nicht erfolgreiche Teilnahme erscheint mehrheitlich eine Bewertung von geringen Färbeintensitäten zu sein. Da das Gewebeeingangsgut die Etablierung der immunhistochemischen Färbeprotokolle an einzelnen Standorten beeinflusst (z. B. Schnellprozessierung in der Fixierung, Nutzung von hauptsächlich kleinen Biopsaten) und für Ringversuche ältere, große Resektate verwendet werden, ist die schwächer ausgeprägte Färbeintensität der Ringversuchsteilnehmer ggf. hierauf zurückzuführen. Eine stets parallele Analyse eigener Gewebeproben (insbesondere die Gewebeproben der eigenen Etablierung/Validierung) mit den externen Ringversuchsproben im gleichen Färbelauf kann dies absichern.

Fazit

Die molekularen Nachweise der BRAF-V600E-Mutation sind in den pathologischen Instituten sehr gut etabliert und stellen eine äußerst zuverlässige Grundlage für Therapieempfehlungen mittels gezielter Behandlungsoptionen dar. Der Nachweis der BRAF-V600E-Mutation mittels Immunhistochemie neigt hingegen zu einer falsch negativen Bewertung von Ringversuchsgeweben und kann ggf. zum Ausschluss von Patienten führen, die aufgrund der immunhistochemisch nicht nachgewiesenen BRAF-V600E-Mutation einer entsprechenden Therapie nicht zugeführt werden würden. Daher stellen nach den Ergebnissen des hier beschriebenen BRAF-V600E-Ringversuchs die molekularen Methoden die Verfahren der Wahl für den Nachweis von BRAF-V600E-Mutationen in pathologischen Instituten als Grundlage für die Therapieentscheidungen dar. Die Immunhistochemie allein kann für die Therapieentscheidung nicht empfohlen werden.