Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

vor 5 Jahren hatte ich schon einmal die Ehre, ein Themenheft über Implantatallergien editieren zu dürfen. Im gleichen Jahr haben wir mit der Arbeitsgemeinschaft 11, „Implantatallergie“, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e. V. (DGOOC) unsere Empfehlungen publiziert. In den letzten 5 Jahren hat sich einiges geändert.

Aktuell werden in Deutschland etwa in 4% der Fälle so genannte „Allergieprothesen“ implantiert. Die Nachfrage auf der Patientenseite wird immer größer. Eine bedeutende Zahl der Operateure entscheidet sich bei bekannten patientenseitigen Allergien primär für ein „Allergieimplantat“, obwohl die Häufigkeit echter allergischer Implantatallergien sehr selten ist. Bisher gibt es noch keine sicheren Testverfahren, um eine mögliche allergische Implantatreaktion vorherzusehen. Der aktuelle Stand wird ausführlich im Artikel von P. Thomas beschrieben. Besonders interessant ist die Koinzidenz von Zahnmaterialunverträglichkeit, kutaner Metallunverträglichkeit und erhöhter Lymphozytentransformationstest(LTT)-Reaktivität bei Implantatträgern mit Beschwerden.

Besteht der Verdacht einer allergischen Implantatreaktion bei Patienten nach einer Endoprothesenoperation, sollte eine gezielte Diagnostik erfolgen, mit einer histologischen Untersuchung des arthroskopisch gewonnenen periprothetischen Gewebes und anschließenden Klassifizierung nach Krenn.

Im englischsprachigen Ausland taucht immer häufiger der Begriff der „hypersensitivity“ als Komplikation nach der Implantation eines Kunstgelenks auf. Die in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Probleme von Patienten mit Metall-Metall-Gleitpaarungen haben die Diskussion über mögliche Komplikationen auch durch Metallallergien eingeleitet.

An Hand von Fallbeispielen werden unterschiedliche Erscheinungsbilder übersichtlich dargestellt. Bei der Einordnung dieses noch sehr wenig bekannten Krankheitsbildes der Implantatallergie erscheint es uns ganz wesentlich, langfristig mehr Informationen zu sammeln. Dabei ist es besonders wichtig, eine Struktur zu schaffen, die es ermöglicht, Befunde zu vergleichen. Ausführlich wird daher die Bedeutung der Metallkonzentration im Blut besprochen.

Die bildgebende Diagnostik mit der MRT kann durch metallartefaktreduzierte Sequenzen erheblich verbessert werden. Hierzu haben wir einen Beitrag von A. Hart et al. aus London, die sehr viel auf diesem Gebiet geforscht haben, in einer Übersetzung des Verlags.

Die experimentelle Arbeit von Hagmann et al. deutet darauf hin, dass hohe Metallkonzentrationen im Blut und ganz besonders hohe Kobaltkonzentrationen toxische und supprimierende Wirkung auf immunologische Zellen, wie CD4+-T-Lymphozyten haben. Langfristige Gesundheitsschäden oder Metallhypersensibilisierungen werden möglicherweise hierdurch ausgelöst.

Auch wenn wir noch keine optimale Lösung für die operative Versorgung von Patienten mit Allergien haben, sind wir doch einen großen Schritt bei der präoperativen Diagnostik vor Wechseloperationen vorangekommen. Weitere Forschung auf diesem Gebiet ist dringend erforderlich.

Ihr

Prof. Dr. M. Thomsen