Einer schon bewährten Tradition folgend, gestalten wir auch in diesem Jahr das August-Heft von „Der Urologe“ mit dem Leitthema „Berufspolitik“.

Unser Anliegen dabei war und ist, praxisnahe, für klinisch tätige und niedergelassene Kolleginnen und Kollegen gleichermaßen relevante und unmittelbaren Nutzen versprechende Themen schwerpunktmäßig darzustellen.

Ein zentrales Problem in der Medizin ist der Mangel an qualifizierten, motivierten und talentierten Ärzten. Im ersten Beitrag „Leadership und Talentinitiativen in der Urologie“ weisen Steffens u. Anheuser auf Auswege aus diesem Dilemma hin. Unterschiedliche Talentinitiativen werden dargestellt, um diese Herausforderung gemeinsam mit Krankenhausträgern zu meistern. Nur durch strukturierte Aus- und Weiterbildungen, Mentorenprogramme, familienfreundliche Arbeitsplätze und finanzielle Anreize für Führungskräfte können junge Ärzte in die Urologie gebracht und Schlüsselpositionen auf Oberarztebene besetzt werden.

Vorwiegend für Kliniker ist das Thema „Auswirkungen der neuen Weiterbildungsordnung auf das Weiterbildungsverhalten der Assistenzärzte“ von Enzmann u. Benzing gedacht, aber auch niedergelassene Urologinnen und Urologen können von dieser sehr klar strukturierten Arbeit profitieren! Dies dann in erster Linie, wenn sie selbst ausbildend tätig sind oder aber selbst Zusatzbezeichnungen wie „medikamentöse Tumortherapie“ und/oder „Andrologie“ noch erwerben möchten. Beschrieben werden die neue Musterweiterbildung an sich, aber auch Vergleiche zur bisherigen Regelung, die Bedeutung der Weiterbildung in den Krankenhäusern, die wesentlichen Kernelemente der Muster-WBO, Zusatzbezeichnungen und schließlich auch die Möglichkeit zur Erlangung des europäischen Facharztes für Urologie.

Um ein aktuell sehr heikles Thema, das wiederum Niedergelassene und Kliniker gleichermaßen betrifft, geht es in den beiden Arbeiten zum „verkauften Patienten“. Die Problematik des „Zuweisens gegen Entgelt“ wird hier aus medizinisch-ethischer und auch juristischer Sicht beleuchtet. Richtschnur ist hier immer die Berufsordnung für Ärzte (MBO), die u. a. festlegt, welche ethisch-moralischen Forderungen an das Patienten-Arzt-Verhältnis zu stellen sind. Auch die Rechte unserer Patienten, die freie Arztwahl und eben auch das Verbot der „Zuweisung gegen Entgelt“ (§ 31, MBO) sind dort festgelegt. Werden beispielsweise von einem Krankenhaus Entgelte gezahlt, so hat dahinter stets eine entsprechende Gegenleistung zu stehen! Die Höhe eines Entgelts muss in einem vernünftigen Verhältnis zu dieser Gegenleistung stehen und es darf sich bei solchen Gegenleistungen keinesfalls um medizinisch-ärztliche Prozeduren handeln, die ohnehin prä- oder poststationär hätten erbracht werden müssen.

Beide Arbeiten, die aus medizinischer Sicht von Hakenberg als auch die auch juristischer Betrachtungsweise von F. Schramm, werden dem Thema in herausragender Weise gerecht und können dazu beitragen, Klarheit in eine Problematik zu bringen, die in Zukunft eher noch an Bedeutung gewinnen wird, schon aus schieren wirtschaftlichen Zwängen sowohl für Kliniken als auch für niedergelassene Ärzte.

Für großes Aufsehen hatte im August 2008 ein Artikel im Deutschen Ärzteblatt gesorgt, der die Durchführung einer Zirkumzision geradezu an den Pranger und entsprechend operierende Ärzten mit einem Bein ins Gefängnis stellte. Schramm et al. widmen sich nun hier diesem Thema in wesentlich differenzierender Weise als dort geschehen. Es wird sauber zwischen medizinischer Indikation und rituellem Beschneidungswunsch unterschieden, es werden alternative Therapiemöglichkeiten kritisch betrachtet, der Wert der im Ärzteblatt zitierten Studien ebenso kritisch gewürdigt und v. a. auf denkbare juristische Konsequenzen eingegangen. Auch dieser Beitrag ist sehr gut geeignet, unser ärztliches Handeln in einem wichtigen Teilbereich unseres täglichen Handelns sicherer zu machen.

Abschließend wagen Fichtner u. Rulf einen Blick auf eine denkbare Weiterentwicklung der Gebührenordnung für Ärzte. Diese ist seit 1982, mehr als einer Generation von Ärzten, unverändert geblieben. Nicht nur die „Preise“ sind teilweise völlig veraltet, schlimmer ist die Tatsache, dass ein guter Teil medizinischen Fortschritts aus 27 Jahren dort nicht mehr widergespiegelt wird! Seit Jahren drängt die Bundesärztekammer auf eine umfassende Novellierung, während Politik und v. a. die privaten Versicherungen geradezu mauern und die Vergütungen teilweise eher absenken als, dem Fortschritt und stark gestiegenen Lebenshaltungskosten Rechnung tragend, erhöhen wollen. Lediglich im „zentralen Konsultationsausschuss“ wird derzeit die eine oder andere Neubewertung vorgenommen, mit einer echte Novelle rechnet in absehbarer Zeit niemand.

Wir hoffen, dass es uns gelungen ist, ein aktuelles und spannendes Heft für Sie alle zustande zu bringen, für lobende, aber auch kritische Rückmeldungen sind wir dankbar.

H. Jonitz

J. Steffens