Der Tryptophandepletionstest Grundlagen und klinische Relevanz

Zusammenfassung

Beim Tryptophandepletionstest kommt es nach der Verabreichung eines tryptophanfreien Aminosäuregemisches zum vorübergehenden Absinken des verfügbaren Plasmatryptophans und in der Folge zu einer Reduktion des zerebralen Serotoningehalts und der Serotoninfunktion. Mit dieser Untersuchungsmethode können Aussagen zum Stellenwert des serotonergen Systems in der Pathophysiologie psychiatrischer Erkrankungen, aber auch zum Wirkmechanismus pharmakologischer und nichtpharmakologischer Behandlungsmethoden getroffen werden. Unbehandelte depressive Patienten zeigen nur geringe Veränderungen der Befindlichkeit während des Tryptophandepletionstests. Erfolgreich mit selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) oder Lichttherapie behandelte depressive Patienten reagierten nach der Tryptophandepletion mit einem vorübergehenden Wiederauftreten der depressiven Symptomatik. Gesunde Probanden mit einer genetischen Belastung für affektive Störungen reagierten auf den Tryptophandepletionstest mit einer Verschlechterung der Befindlichkeit. Diese Ergebnisse weisen auf eine Mitbeteiligung des serotonergen Transmittersystems an der Entstehung depressiver Syndrome und am Wirkmechanismus antidepressiver Therapiestrategien hin. Da in bisher publizierten Untersuchungen gezeigt werden konnte, daß dem serotonergen System bei einer Vielzahl psychischer Störungen eine wesentliche Bedeutung zukommt, wäre die Wertigkeit des Tryptophandepletionstests auch bei weiteren nichtdepressiven Patientenpopulationen untersuchungswürdig.

Summary

The application of a tryptophan-free amino acid mixture (tryptophan depletion test) induces a rapid and substantial lowering of both total and free plasma tryptophan. Consequently, the brain serotonin content and also cerebral serotonin function are decreased. This method provides a paradigm to study the role of serotonin in the pathobiology of depressive disorders and their treatment modalities. Untreated depressed patients show few behavioral effects during tryptophan depletion. In depressed patients during an antidepressant or light-therapy-induced stable remission, a transient depressive relapse was induced by tryptophan depletion. Healthy subjects with a genetic risk for affective disorder show worsening of their condition induced by tryptophan depletion. These findings indicate the relevance of altered brain serotonin function in the pathophysiology of affective disorders and strengthen the importance of serotonin in the mechanism of action of antidepressants. Since recently published studies revealed some evidence that the serotonergic system is directly involved in the pathophysiology of various psychiatric syndromes besides depression, it seems to be reasonable to evaluate the validity of the tryptophan depletion test also in non-depressed patients.