Hintergrund

„Gemeinsam forschen für eine gesündere Zukunft“ ist das Motto der bis dato größten deutschen bevölkerungsbasierten Langzeitstudie, der NAKO Gesundheitsstudie (NAKO; [1, 2]). Die NAKO bildet eine bundesweite Forschungsinfrastruktur, die von universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen getragen wird.

Die Ziele der NAKO sind vielfältig. Sie dient unter anderem der Identifikation von ätiologischen Zusammenhängen zwischen Lebensstil, biomedizinischen Faktoren, Umweltexpositionen und der Entstehung von chronischen Krankheiten. Ursachen geografischer und sozioökonomischer Unterschiede des Gesundheitsstatus und von Krankheitsrisiken in Deutschland sollen aufgedeckt werden. Zudem soll die Studie einen Beitrag zur Verbesserung der Prädiktion chronischer Krankheiten und der Identifikation neuer Biomarker für die Krankheitsfrüherkennung leisten.

Für die Basiserhebung (2014–2019; Abb. 1) wurden mehr als 205.000 Frauen und Männer im Alter von 20–69 Jahren aus Zufallsstichproben der Allgemeinbevölkerung rekrutiert [1, 3, 4]. Die 18 Studienorte (Abb. 2) in Deutschland umfassen städtische und ländliche Regionen mit hoher und niedriger Bevölkerungsdichte. Bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde nach einem standardisierten Studienprotokoll ein ca. 4-stündiges Untersuchungsprogramm (Level 1) durchgeführt, bei mehr als 20 % ein umfassenderes Programm (Level 2). In fünf Studienzentren (SZ) erhielten insgesamt mehr als 30.000 Teilnehmer zusätzlich eine Magnetresonanztomografie (MRT) des ganzen Körpers [5]. Zwei bis drei Jahre nach der Basiserhebung werden Informationen zu inzidenten Erkrankungen durch ein schriftliches Follow-up erhoben. Zukünftig erfolgt eine Verknüpfung mit Sekundär- und Registerdaten, um inzidente Krankheitsereignisse zu erfassen und die erhobenen Primärdaten durch zusätzliche Expositionsdaten anzureichern. Durch ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem wurde eine hohe Qualität der Datenerhebung gewährleistet. Von 2011 bis 2014 wurden in einer Prätestphase vor Beginn der Basiserhebung der komplette Untersuchungsablauf und die einzelnen Befragungs- und Untersuchungselemente sorgfältig getestet [6].

Abb. 1
figure 1

Abfolge von Prätests, Basiserhebung, Zweituntersuchung und schriftliches Follow-up der NAKO Gesundheitsstudie

Abb. 2
figure 2

Studienzentren, MRT-Standorte und zentrale Einrichtungen der NAKO Gesundheitsstudie. Hinweis: In Berlin gibt es 3 Studienzentren

Bereits vor Ende der Basiserhebung wurde ein Datensatz der ersten Hälfte der Teilnehmer zur Qualitätssicherung und Datenbereinigung zur Verfügung gestellt, um Auswertungen begrenzter Themenfelder und methodische Analysen durchführen zu können. Dieser Artikel gibt einen Überblick über Studiendesign, Methoden, Teilnahme an den Untersuchungsmodulen und deren Qualitätssicherung (QS) sowie die Erschließung und wissenschaftliche Nutzung ergänzender Sekundär- und Registerdaten zur Halbzeit der Basiserhebung.

Methoden

Studienpopulation

Basisuntersuchung (Level 1 und 2)

Die Einschlusskriterien für die zufällige Stichprobenziehung aus den Einwohnermelderegistern waren der Hauptwohnsitz in der Studienregion und der Altersbereich von 20–69 Jahren zum Zeitpunkt der Stichprobenziehung. Hinsichtlich der Alters- und Geschlechterverteilung sollte die Kohorte aus jeweils 50 % Frauen und Männern bestehen und einen höheren Anteil an älteren Teilnehmern (ab 40 Jahre) als an jüngeren aufweisen (Tab. 1). Die Studienzentren konnten entscheiden, ob die Stratifizierung der ersten gezogenen Stichprobe nur nach Geschlecht oder nach Geschlecht und 10-Jahres-Altersgruppen erfolgte. Ab der zweiten Stichprobe wurde eine Adjustierung nach Alter und Geschlecht in Abhängigkeit von der lokalen alters- und geschlechtsspezifischen Teilnahmequote angestrebt. Bei allen Stichprobenziehungen waren Einwohner aller Nationalitäten für die Teilnahme an der Studie geeignet. Als Ausschlusskriterium galten aber unzureichende Deutschkenntnisse, da eine aufgeklärte Einwilligung in die Teilnahme an der NAKO damit nicht möglich war. Nur wenn ein Dolmetscher für Studieninformationen, Aufklärung, Einwilligungserklärung sowie zur Erläuterung der Untersuchungsmodule zur Verfügung stand, war die Teilnahme trotzdem möglich.

Tab. 1 Angestrebte Verteilung der Teilnehmer zum Ende der Basiserhebung nach Alter und Geschlecht pro 10.000 Teilnehmer

In der vorliegenden Auswertung wurden alle Teilnehmer berücksichtigt, von denen eine schriftliche Einwilligungserklärung für die jeweiligen Module vorlag. Teilweise fehlten jedoch einige Messwerte aufgrund von spezifischen Kontraindikationen, Fehlversuchen bei der Durchführung, technischen Fehlern, Geräteausfällen oder einer verzögerten Implementierung einzelner Module in den SZ. Die vorliegende Auswertung bezieht sich auf die Datenbasis zur Halbzeit der Basiserhebung mit insgesamt 101.839 Teilnehmern am Level-1-(L1‑)Programm, davon mehr als 20 % mit dem umfassenderen Level-2-(L2-)Programm (Erhebungszeitraum 14.03.2014 bis 17.03.2017).

MRT-Untersuchung

Alle Personen, die an der MRT-Untersuchung teilnahmen, hatten zuvor das L2-Programm durchlaufen, damit für diese möglichst umfangreiche Gesundheitsdaten zur Verfügung stehen [7]. Von 12.058 Personen, die ursprünglich an der MRT teilnehmen sollten, wurden wegen Kontraindikationen vor Ort 3,0 % (n = 365) ausgeschlossen. Die Kontraindikationen wurden anhand eines Fragebogens für Ausschlusskriterien bei jedem Teilnehmer vor der MRT-Untersuchung abgefragt. Kontraindikationen waren mit: 1,0 % (n = 126) Fremdkörper am Kopf (z. B. Aneurysmaclip, Hirnwassershunt), am Herz (z. B. Gefäßstützen in den Herzkranzgefäßen, künstliche Herzklappen) und an den Gefäßen (z. B. Gefäßstützen); 0,8 % (n = 94) permanentes Make-up im Bereich der Augenlider und Tätowierungen, die größer als die eigene Handfläche waren oder vor Juni 1995 gestochen wurden; 0,6 % (n = 75) metallische Fremdkörper (Schrauben, Drähte, Nägel oder andere) und 0,6 % (n = 70) sonstige Kontraindikationen. Zusätzlich brachen 2,7 % (n = 322) der Teilnehmer die MRT-Untersuchung vor Messbeginn oder vor Abschluss der ersten MRT-Sequenz wegen Klaustrophobie ab. Die Auswertungen schließen somit 11.371 Teilnehmer ein.

Ethik und Datenschutz

Das Studienprotokoll, die Teilnehmerinformation und Einwilligungserklärung wurden durch alle lokalen Ethikkommissionen geprüft. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat das Datenschutzkonzept geprüft und begleitet die NAKO seit der Planungsphase in Abstimmung mit den Landesdatenschützern. Die Unabhängige Treuhandstelle verwaltet die personenidentifizierenden Daten aller Teilnehmer. Die Befragungs- und Untersuchungsdaten werden davon getrennt in einem Datenintegrationszentrum gespeichert und die Bioproben in Bioprobenlagern aufbewahrt. Ein unabhängiger Ethikbeirat wacht über die Einhaltung des Ethik-Kodex [8].

Teilnehmergewinnung

Bereits vor der Einladung der Teilnehmer wurde festgelegt, welches Studienprogramm (L1, L2 mit oder ohne MRT) jeweils angeboten wird. Spätere Änderungen der Zuordnung waren z. B. aufgrund von Kontraindikationen möglich oder bei MRT-Teilnahme, da diese ein L2-Programm voraussetzte. Die ausgewählten Personen erhielten ein Einladungsschreiben mit Informationsflyer und eine vorfrankierte Rückantwort. Sofern erforderlich, folgten zwei bis drei Erinnerungsschreiben. Bei bekannter Telefonnummer wurden nach dem Einladungsschreiben bis zu fünf Anrufversuche getätigt. Sofern kein Kontakt zustande kam, wurde vor Ende der Rekrutierung ein Schreiben als „Letzte Möglichkeit zur Teilnahme“ mit einem Non-Responder-Fragebogen verschickt. Die Teilnehmer erhielten eine Teilnehmerinformation mit der Terminbestätigung. Der gesamte Erhebungsprozess wurde mithilfe einer speziellen Terminverwaltungssoftware gesteuert (Modulares Steuerungs- und Dokumentationssystem, MODYS; [9]).

Datenerhebung

Die Erfassung der Studiendaten erfolgte mit einheitlichen webbasierten Formularen des Datenintegrationszentrums, die Speicherung in einer zentralen Studienbank. Die Formulare zur Datenerhebung wurden in einem Metadatenverzeichnis definiert und konnten teilnehmerspezifisch aufgerufen werden. Die Gerätedaten aus den Untersuchungen und die MRTs wurden direkt in das Rohdaten- bzw. MRT-Langzeitarchiv im Datenintegrationszentrum übertragen. Zur Sicherstellung einer verlässlichen Verfügbarkeit der webbasierten Erhebungsinstrumente hat das Datenintegrationszentrum zwei Standorte (Greifswald und Heidelberg; Abb. 2). So kann es zum jeweils anderen Standort wechseln, wenn einer vorübergehend nicht verfügbar ist, und damit die Datenerhebung unterbrechungsfrei fortführen.

Basisuntersuchung (Level 1 und 2)

Alle Teilnehmer wurden vor der Einwilligung im Aufklärungsgespräch umfassend informiert über das Ziel der Studie, die Freiwilligkeit ihrer Teilnahme, den Untersuchungsablauf, die Speicherung der Daten, die Lagerung der Bioproben, die ergänzende Verknüpfung mit Sekundär- und Registerdaten, die erneute Kontaktaufnahme und Ergebnismitteilung, den Datenschutz und die Möglichkeit des Widerrufs. Die Einwilligung zur Teilnahme konnte für die verschiedenen Module abgestuft erfolgen.

Die Basiserhebung (L1 und L2) bestand aus einem standardisierten persönlichen Interview, verschiedenen fragebogengestützten Erhebungen, körperlichen Untersuchungen sowie der Sammlung verschiedener Bioproben (Abb. 3). Die Untersuchungen erfolgten gemäß den Vorgaben aus den Standardarbeitsanweisungen (SOPs).

Abb. 3
figure 3

Untersuchungsprogramme der Basiserhebung mit den jeweiligen Modulen. AGE „advanced glycation endproducts“ (Messung von Endprodukten fortgeschrittener Glykierung in der Haut); EKG Elektrokardiogramm; FeNO „fraction of exhaled nitric oxide“ (Konzentration von Stickstoffmonoxid in der Ausatemluft); IDOM Instrument zur datenbankgestützten Onlineerfassung von Medikamenten; OGTT oraler Glukosetoleranztest

Das L1-Programm für alle Teilnehmer umfasste anthropometrische Messungen, eine bioelektrische Impedanzanalyse zur Bestimmung der Körperzusammensetzung, Messungen des Blutdrucks, der arteriellen Gefäßsteifigkeit, eine Spirometrie, Messungen der körperlichen Aktivität (Akzelerometrie), der Handgreifkraft, die Untersuchung kognitiver Funktionen (Stroop-Test, 12er-Wortliste, Zahlenspanne rückwärts) und die Erfassung der Zahnanzahl. In den Befragungen wurden Informationen erhoben zu soziodemografischen Faktoren (z. B. Bildung, Beruf), zu Lebensgewohnheiten (z. B. körperliche Aktivität, Rauchen, Ernährung), zu psychosozialen und sozioökonomischen Faktoren, zur medizinischen Anamnese der prävalenten Erkrankungen, zur Medikamenteneinnahme und zur Familienanamnese.

Das L2-Programm umfasste zusätzlich zu L1 ein Elektrokardiogramm (EKG), die Erfassung von Schlafcharakteristiken mit zusätzlichem 1‑Kanal-Langzeit-EKG und die Messung der Atmungsfunktion (Erfassung von Schlafapnoe mittels SOMNOwatch), einen Ultraschall des Bauchfetts, eine Echokardiographie, eine Messung von Endprodukten fortgeschrittener Glykierung in der Haut („advanced glycation endproducts“, AGE) mittels AGE-Reader, eine Fotografie des Augenhintergrundes (Retinafotografie), eine Visustestung sowie erweiterte motorische, sensorische und kognitive Funktionstests, z. B. den Purdue-Pegboard-Test (Steckbrett). Als Marker für entzündliche Atemwegserkrankungen wurde die Konzentration von Stickstoffmonoxid in der Ausatemluft („fraction of exhaled nitric oxide“, FeNO) gemessen. Zudem wurden der orale Glukosetoleranztest (OGTT) durchgeführt und jeweils eine der drei Untersuchungen („1-aus-3“-Module): (1) Ergometrie, (2) muskuloskelettale Untersuchungen (Winkelstuhl und Handuntersuchung), (3) ausführliche Mund- und Zahnuntersuchung. In erweiterten Befragungen wurden Informationen zum Arbeitsumfeld und Schmerzempfinden erhoben.

Um das Studienprogramm innerhalb des Zeitrahmens durchführen zu können, wurden Untersuchungsabläufe optimiert und gekürzt: So wurde z. B. die Blutdruckmessung von drei auf zwei Messwiederholungen reduziert. Einige sehr zeitaufwendige Untersuchungen wurden nur einem Teil der Teilnehmer angeboten. So konnten die SZ zwischen den „1-aus-3“-Modulen auswählen. Der OGTT wurde bei 50 % der L2-Teilnehmer angeboten, die Messung der körperlichen Aktivität 50 % der L1-Teilnehmer.

Um standardisierte Untersuchungsabläufe innerhalb und zwischen allen SZ zu gewährleisten, gab es zentrale Vorgaben, die definierte Abhängigkeiten zwischen den Untersuchungsmodulen festlegten. Einige Untersuchungsmodule hatten eine feststehende Abfolge im Untersuchungsablauf, andere waren unter Berücksichtigung bestimmter Bedingungen verschiebbar oder konnten variabel angeordnet werden. Ein reduziertes Notprogramm (Abb. 3) wurde für Situationen vorgegeben, in denen Teilnehmer oder Personal zeitlich nur eingeschränkt verfügbar waren oder technische Probleme auftraten.

Bioproben

In den SZ wurden venöses Blut (EDTA, Serum, RNA-stabilisiertes Blut), Urin, Speichel, Nasenabstriche gewonnen und Stuhl gesammelt [1]. Für die Aliquotierung der Blut- und Urinproben wurden in allen SZ einheitliche Pipettierroboter mit Vorgaben zu Standzeiten der Proben und Verarbeitungsprozessen eingesetzt. Eingelagert wurden jeweils 48 Aliquote EDTA-Plasma (je 0,25 ml), 31 Aliquote Serum (30 × 0,25 ml, 1 × 0,5 ml), sechs Aliquote Erythrozyten (je 0,25 ml), Leukozyten (Buffy Coat) für die spätere DNA-Isolierung (6 × 0,5 ml) und 16 Aliquote Urin (12 × 0,25 ml und 4 × 0,5 ml). Zusätzlich startete im Oktober 2016 die Sammlung von stabilisierten und nativen Stuhlproben.

Die Probenprozessierung wurde von einem zentralen Laborinformationsmanagementsystem (LIMS) gesteuert und dokumentiert. Zwei Drittel der Bioproben wurden auf Trockeneis bei Temperaturkontrolle nach München in die zentrale Biobank der NAKO (Abb. 2) transportiert und dort je nach Probenart bei −80 °C und −180 °C eingelagert [10]. Das verbleibende Drittel lagert analog dezentral an den Studienstandorten.

Sofortanalyse

Für eine Sofortanalyse wurden ein EDTA-Blut- und ein Serumröhrchen unmittelbar nach Gewinnung in ein zertifiziertes klinisches Labor geschickt. Dort wurden klinische Basisparameter bestimmt (z. B. kleines Blutbild, Glukose, HbA1c (glykosyliertes Hämoglobin), Gesamtcholesterin, HDL-/LDL-Cholesterin, Triglyzeride, Transaminasen, Kreatinin, Harnsäure, Kalium). Auf Wunsch wurden diese den Teilnehmern mitgeteilt.

MRT-Untersuchung

Eine MRT-Untersuchung wurde nur durchgeführt, wenn die Teilnehmer damit einverstanden waren, dass ihnen die dabei festgestellten potenziell relevanten Auffälligkeiten („Zufallsergebnisse“) mitgeteilt würden. Der zeitliche Abstand zwischen der L2- und der MRT-Untersuchung sollte maximal 90 Tage betragen. Jedem MRT-Teilnehmer wurde vorab ein Video über den Ablauf der MRT-Untersuchung präsentiert, um die Abbruchrate gering zu halten. Die einstündige Untersuchung erfolgte ohne Kontrastmittel mittels 3‑Tesla-MRT in 12 verschiedenen Sequenzen mit Fokus auf Kopf, muskuloskelettales System, Lunge, Bauchorgane sowie Herz und Gefäße [5]. Die Bilddaten wurden sofort von zertifizierten radiologischen Fachärzten hinsichtlich gesundheitsrelevanter Auffälligkeiten anhand eines standardisierten Protokolls bewertet [10]. QS-Maßnahmen, wie z. B. die Prüfung der Bilddaten auf Konsistenz, waren in die Datenerfassung integriert. Alle MRT-Scanner wiesen eine identische Hard- und Softwarekonfiguration auf.

Ergebnismitteilung

Die Personen, die an der Basisuntersuchung teilgenommen hatten, erhielten auf Wunsch einen Brief mit relevanten Untersuchungsergebnissen und der Sofortanalyse mit Angabe von Normwerten. Bei der Abweichung von Normwerten wurde empfohlen, die Ergebnisse mit dem Hausarzt zu besprechen. Die MRT-Teilnehmer erhielten in jedem Fall zu potenziell gesundheitsrelevanten Auffälligkeiten eine Mitteilung [10].

Kalibrierungsstudie

Durch Wiederholungsmessungen in einer Zufallsstichprobe der Studienpopulation kann die Variabilität einzelner Messwerte, die durch zufällige Messfehler, individuelle biologische Variabilität oder eine Kombination beider Faktoren hervorgerufen wird, quantifiziert und als Korrekturfaktor bei der Datenauswertung berücksichtigt werden [11]. Das Ziel der Kalibrierungsstudie der NAKO war es daher, in allen 18 SZ bei 6000 L2-Teilnehmern eine Wiederholung des nahezu kompletten Untersuchungsprogramms in Form einer eingebetteten Vergleichsstudie durchzuführen. Verzichtet wurde dabei auf den OGTT, einen Teil des Interviews sowie die erneute Erfassung der Wohnhistorie und des Impfpasses. Der Abstand zur Basiserhebung sollte mindestens einen und maximal 12 Monate betragen. Die Kalibrierungserhebung fand im Mittel nach 9,2 Monaten statt.

Sekundärdaten

Die Erhebung von Sekundär- und Registerdaten (z. B. Sozial‑, Kranken‑, Rentenversicherungs- und Krankheitsregisterdaten) ermöglicht die Ergänzung der erhobenen Primärdaten z. B. um Informationen zu inzidenten Ereignissen, medizinischen Behandlungsdaten, arbeitsplatzbezogenen Expositionen und zum Sozialversicherungsstatus. Bei erfolgter Einwilligung können die verschiedenen Sekundär- und Registerdaten auf Individualniveau für Qualitätssicherungs- und Auswerteprojekte verknüpft werden [12]. Folgende Informationen können aus den Datenquellen gewonnen werden:

  • Gesetzliche und private Krankenversicherungen sowie das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) liefern Informationen über stationäre und ambulante Diagnosen und Behandlungen für das Morbiditäts-Follow-up, die medizinische Versorgung und zur Beantwortung pharmakoepidemiologischer Fragestellungen.

  • Andere Sozialversicherungsträger wie Rentenversicherungen und die Bundesagentur für Arbeit liefern über ihre Forschungsdatenzentren Informationen zu Erwerbshistorie, Rentenstatus und Rehabilitationsleistungen, mittels derer die Arbeitsbiografie inklusive aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse rekonstruiert werden kann.

  • Epidemiologische und klinische Krebsregister liefern wichtige Informationen zu neu auftretenden Krebserkrankungen, ihrer Stadienverteilung, den Therapieverfahren und der Überlebenszeit.

Der Vitalstatus und die Todesursache können in Deutschland nicht über ein zentrales Register abgeglichen werden. Daher erfolgt das Mortalitäts-Follow-up derzeit über eine Einzelfallrecherche am „Kompetenzzentrum Mortalitäts-Follow-up der NAKO“ am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden. Nach dem Vorbild der Swiss National Cohort [13] mit einer weiteren Innovation werden drei Varianten von Todesursachendiagnosen multikausal nach ICD (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) codiert: (1) die Diagnosen des leichenschauenden Arztes, (2) die ggf. davon abweichenden Diagnosen nach der von den statistischen Ämtern verwendeten, international eingeführten Codiersoftware IRIS [14], um den Vergleich mit den Todesursachenprofilen der amtlichen Statistik zu ermöglichen, und (3) die erweiterten Diagnosen aufgrund der von Behörden, behandelnden Ärzten und Hinterbliebenen erhaltenen zusätzlichen Informationen, jeweils als kausale Kaskade mit Nebendiagnosen.

Qualitätssicherung

Mit Beginn der Datenerhebung wurde ein mehrstufiges Qualitätsmanagementsystem eingeführt, um eine hohe Erhebungs- und Datenqualität sicherzustellen. Dieses orientiert sich an den „Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis (GEP)“ [15].

Zur Koordination und Sicherstellung qualitätsrelevanter Maßnahmen wurde ein zentrales Qualitätsmanagement (zQM) etabliert. Die interne QS besteht neben dem zQM auf lokaler Ebene aus den QS-Beauftragten der SZ sowie den jeweiligen QS-Verantwortlichen für MRT, zentrale Biobank, Datenintegrationszentrum und Mortalitäts-Follow-up.

Die externe QS überprüft kontinuierlich die Einhaltung und Wirksamkeit der QS-Maßnahmen sowie die standardisierte Datenerhebung. Als unabhängige Einrichtung ist das Robert Koch-Institut beauftragt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen interner und externer QS wurde bereits zu Beginn der Basiserhebung etabliert.

Schulungen, Zertifizierungen

Für die Abläufe im Teilnehmermanagement, für jedes Untersuchungsmodul sowie für die Bioprobenverarbeitungs- und Lagerungsprozesse wurden SOPs und Leitfäden erstellt, nach denen der Datenerhebungsprozess organisiert, geschult und durchgeführt wurde. Die einheitlichen Untersuchungsgeräte und -materialien in allen SZ unterlagen einem regelmäßigen Kalibrierungs- und Wartungsprozess.

Das Personal aller 18 SZ wurde vor und während der Datenerhebung in zentralen Veranstaltungen wiederholt geschult, zertifiziert oder zusätzlich durch die Modulverantwortlichen als Trainer/innen befähigt. Diese schulten und zertifizierten wiederum regelmäßig das Untersuchungspersonal lokal in den SZ nach dem Train-the-Trainer-Prinzip. Dazu gehörten auch wiederholte Supervisionen der Trainer/innen im eigenen SZ zur Standardisierung der Prozesse und Untersuchungsabläufe.

Studienzentrumsbesuche (Site Visits)

Vor dem Start der Basiserhebung erfolgte in jedem SZ ein Site Visit durch zuvor geschulte und zertifizierte Mitarbeitende (Monitore) anderer SZ. Die Monitore, das zQM sowie die externe QS führten während der laufenden Datenerhebung regelmäßige Site Visits in vorgegebenen Intervallen durch, um etwaige Abweichungen vom Protokoll festzustellen und ggf. korrigierende Maßnahmen einzuleiten. Die Durchführung der Site Visits erfolgte nach Vorgaben des zQM (SOP und Leitfaden). Die Bewertung und Dokumentation der beobachteten Abweichungen erfolgten mittels Checklisten, die Bestandteil der untersuchungsspezifischen SOPs waren.

Datenmonitoring

Plausibilität und Vollständigkeit der Werte wurden bereits bei der Eingabe in die webbasierten Formulare der Datenerhebung automatisch geprüft. Ein datenbasiertes Monitoring erfolgte durch eine Webanwendung des Datenintegrationszentrums. Die Webanwendung hatte einen direkten Zugriff auf die Studiendatenbank. Es wurden automatisch Berichte mit Auswertungen zum Fortschritt der Rekrutierung, der Alters- und Geschlechtsverteilung der Teilnehmer, der Anzahl der Untersuchungen pro Teilnehmer sowie eine Auflistung ausstehender Untersuchungsdaten generiert. Diese Auswertungen wurden dem zQM, den SZ und dem NAKO-Vorstand monatlich zur Verfügung gestellt. Bei Nichteinhaltung der Ziele wurde das zQM beauftragt, Korrekturmaßnahmen in den SZ einzuleiten. Darüber hinaus wurden parallel durch die externe QS Zwischenstände zur Vollständigkeit, zu auffälligen Werten und zu Untersucher‑, Geräte- und SZ-Effekten berichtet.

Ergebnisse

Teilnehmergewinnung

Die Datenbasis zur Halbzeit der Basiserhebung umfasst 101.839 Teilnehmer. Die mittlere Responsequote mit weitestgehend abgeschlossenen Rekrutierungswellen lag insgesamt bei 18 %, 19 % bei Frauen und 16 % bei Männern. Der Anteil an Teilnehmern in den Altersgruppen ab 40 Jahre war gemäß der Vorgabe höher als in den jüngeren Altersgruppen (Abb. 4). Der Anteil der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen lag im Mittel bei 12 % und somit 2 %-Punkte über dem angestrebten Anteil (Tab. 1), in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen bei 22 %, d. h. knapp 4,5 %-Punkte unter dem angestrebten Anteil. Personen mit deutscher Nationalität waren teilnahmebereiter als andere Nationalitäten. Die Teilnahmebereitschaft stieg mit zunehmendem Alter an. Die Responsequote lag bei Personen, die telefonisch kontaktiert werden konnten, mit 25 % deutlich höher als bei Personen mit nur schriftlicher Kontaktierung mit 16 %. Da die vorgegebenen Zeitpunkte der Stichprobenziehungen vom Untersuchungsdatum abweichen konnten, war das Alter einiger Teilnehmer bei der Untersuchung >69 Jahre.

Abb. 4
figure 4

Alle Teilnehmer der NAKO Gesundheitsstudie zur Halbzeit der Basiserhebung nach Alter und Geschlecht (N = 101.839)

Basisuntersuchung (Level 1 und 2)

Pro Monat wurden in den SZ insgesamt bis zu 4665 Teilnehmer untersucht. Die Teilnahme an den L1-Untersuchungen (per Design 100 %) war sehr hoch: Sie lag für die meisten der angebotenen Module bei über 95 % (Tab. 2). Die Teilnahme an den Untersuchungen variierte zwischen 65,8 % bei der Akzelerometrie und 99,8 % bei der Blutdruckmessung. Die Teilnahme an den Befragungen lag zwischen 95,8 % beim Touchscreen und 99,9 % bei dem Interview. Die Teilnahme an der Bioprobengewinnung variierte zwischen 88,1 % bei der Speichelprobe und 99,1 % bei der Blutentnahme. Die verzögert eingeführte Stuhlprobensammlung lag bei 7,4 %.

Tab. 2 Teilnahme am Level-1- und Level-2-Programm der NAKO zur Halbzeit der Basiserhebung (N = 101.839)

Die Teilnahme an den L2-Untersuchungen (per Design 20 % aller Teilnehmer) war mit überwiegend mehr als 20 % hoch (Tab. 2). Die Teilnahme am Purdue-Pegboard-Test (Steckbrett) zur Beurteilung der kognitiven Funktion war mit 46,2 % mehr als doppelt so hoch wie per Design vorgegeben, da dieses Modul erst nachträglich ins L2-Programm verschoben wurde. Der OGTT (per Design 10 % aller bzw. 50 % der L2-Teilnehmer) wurde bei 10,5 % der Teilnehmer durchgeführt. Die Teilnahme an den „1-aus-3“-Modulen (per Design nur anteilig wählbar) lag für die Ergometrie bei 5,8 %, für die muskuloskelettalen Untersuchungen bei knapp 10 % und für die Zahnuntersuchung bei 11,1 %.

MRT-Untersuchung

Von 11.371 MRT-Teilnehmern wurde bei 10.961 (96,4 %) eine vollständige MRT-Untersuchung mit allen 12 Sequenzen durchgeführt. Der Anteil der Frauen war mit 48,6 % geringfügig niedriger im Vergleich zu den Männern mit 51,4 % (Abb. 5). Die mediane Untersuchungszeit im MRT betrug ohne Wiederholungen und Abbrüche 62 min (Interquartilsabstand 60–64 min) und verlängerte sich auf 66 min (Interquartilsabstand 63–69 min) mit Wiederholungen und/oder Abbrüchen in einzelnen MRT-Sequenzen.

Abb. 5
figure 5

Alle MRT-Teilnehmer der NAKO Gesundheitsstudie zur Halbzeit der Basiserhebung nach Alter und Geschlecht (N = 11.371)

Sekundärdaten

Die Zustimmung zur Erschließung und wissenschaftlichen Nutzung der Sekundär- und Registerdaten ergänzend zu den Primärdaten war sehr hoch. Es haben 98 % der Teilnehmer zugestimmt, dass ein Follow-up von inzidenten Tumorerkrankungen mit Hilfe der Krebsregister durchgeführt werden darf; 94 % gaben ihr Einverständnis für einen Abgleich mit Daten der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen und dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), 91 % für eine Verknüpfung mit Daten des Forschungsdatenzentrums der Bundesagentur für Arbeit im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und 90 % für einen Abgleich mit Daten der Rentenversicherungsträger.

Qualitätssicherung

Es wurden bis zur Halbzeit der Basiserhebung 16 zentrale Schulungen in den Bereichen Teilnehmermanagement, Untersuchungen und Bioprobengewinnung durchgeführt. Die Vorgaben, dass mindestens eine Person pro SZ eine Trainerfunktion besitzt, nur geschultes und zertifiziertes Personal eingesetzt wird und eine Rezertifizierung des Personals alle zwei Jahre erfolgt, konnten weitestgehend eingehalten werden.

In über 110 Site Visits wurde die Einhaltung der SOP-Vorgaben überprüft. Die externe QS wertete dabei regelmäßig die Beurteilungen durch die Monitore zu den strukturellen Bedingungen, zum Umgang mit den Teilnehmern und die Handlungsempfehlungen auf Modulebene aus. Die zusammengefassten Bewertungen der Monitore werden exemplarisch für das Modul Anthropometrie dargestellt (Abb. 6). Danach wurden der Umgang mit den Teilnehmern mehrheitlich mit „sehr gut“ und die strukturellen Bedingungen mit „gut“ bewertet. Handlungsempfehlungen aufgrund von beobachteten SOP-Abweichungen wurden für dieses Modul in Einzelfällen (sieben von über 100 Beobachtungen) ausgesprochen.

Abb. 6
figure 6

Zusammengefasste Beurteilungen der strukturellen Bedingungen und des Umgangs mit Teilnehmern in den Studienzentren durch die Qualitätssicherung exemplarisch für das Modul Anthropometrie zur Halbzeit der Basiserhebung

Diskussion

Die NAKO Gesundheitsstudie stellt bereits zur Halbzeit der Basiserhebung mit 101.839 Teilnehmern, davon 11.371 mit MRT-Untersuchung, eine umfangreiche standardisierte Datenressource für die epidemiologische Forschung in Deutschland zur Verfügung. Die sehr hohe Kompatibilität des Studienprogramms mit dem anderer europäischer Studien [16] sichert die internationale Anschlussfähigkeit der NAKO.

Insgesamt war die Bereitschaft zur Teilnahme an den Untersuchungsmodulen sehr hoch. Bei den meisten L1-Modulen (per Design 100 %) lag die Teilnahme nahe bei 100 %, bei den L2-Modulen (per Design 20 % aller Teilnehmer) bei mehr als 20 %. Das multizentrische Design der NAKO stellt eine große Herausforderung hinsichtlich der Standardisierung der Datenerhebung dar. Nur mithilfe einer abgestimmten Infrastruktur, z. B. durch einheitliche Untersuchungsgeräte, Verbrauchsmaterialien, SOPs, Dateneingabemasken, Untersuchungsabläufe, und eines regelmäßigen Austauschs und Schulungen konnte gewährleistet werden, dass die erhobenen Daten zwischen den SZ vergleichbar sind. Dazu bedurfte es einer zentralen Konzeption und Steuerung der qualitätsrelevanten Strukturen und Prozesse sowie einer zentralisierten Architektur für das Datenmanagement. Regelmäßige zentrale Schulungs- und Zertifizierungsveranstaltungen, Pflege und Aktualisierungen von SOPs, Einholen von Stellungnahmen bei auffälligen Bewertungen, Maßnahmenableitungen aus Datenqualitätsanalysen und eine vorgegebene Site-Visit-Planung können sehr viel schneller von zentraler Ebene aus organisiert werden als durch 18 lokale QS-Beauftragte, die diese Funktion oft parallel mit weiteren Funktionen vereinbaren müssen.

Die Nutzung von Sekundär- und Registerdaten erhöht den wissenschaftlichen Wert der erhobenen Primärdaten als wertvolle Ergänzung der Eigenangaben der Teilnehmer und kann zudem zur Validierung der Primärdaten genutzt werden. So können Fehlklassifikationen von Selbstangaben reduziert und Datenlücken (Missings) geschlossen werden. Die Daten der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen unterstützen das passive Morbiditäts-Follow-up, gerade wenn Teilnehmer später nicht mehr in der Lage sind, selbst aktiv an der Studie teilzunehmen. Die Erschließung der Erwerbsbiografie und die Abbildung der Renten- und Rehabilitationshistorie erlauben Rückschlüsse auf berufliche Expositionen und auf Risikofaktoren für bestimmte Erkrankungen, gesundheitsökonomische Evaluationen sowie – in Verbindung mit Krankenkassendaten – die Untersuchung versorgungsepidemiologischer Fragestellungen, z. B. zu Unter‑, Über- oder Fehlversorgung [12].

In den letzten Jahren hat die generelle Teilnahmebereitschaft an epidemiologischen Studien stetig abgenommen [17, 18]. Die vorläufige Responsequote in der NAKO mit 18 % mag gering erscheinen, lag aber über den Responsequoten vergleichbarer Studien. Die britische Langzeitstudie „UK Biobank“ wies beispielsweise zum Rekrutierungsstart der Basiserhebung eine Responsequote von 10 % auf [19], zum Ende lag die Responsequote bei 5,5 % [20]. Die Telefonnummernrecherche erwies sich in der NAKO als erfolgreiche Maßnahme zur Responsesteigerung, da Personen mit Telefonkontakt eher zur Studienteilnahme bereit waren. Der Anteil an ermittelbaren Telefonnummern ist aber rückläufig [21]. Einflussfaktoren, wie z. B. Nationalität, Berufstätigkeit, Alter, Geschlecht, Region oder Grad der Verstädterung, spielen hinsichtlich der Teilnahmebereitschaft eine Rolle. Diese war bei älteren Personen höher als bei jüngeren und bei Frauen höher als bei Männern. Ähnliche Trends wurden auch in anderen Studien beobachtet [22, 23]. Für die zum Rekrutierungszeitpunkt bekannten Variablen Alter und Geschlecht wurde eine stratifizierte Rekrutierungsstrategie angewendet. Für weitere zum Rekrutierungszeitpunkt unbekannte Variablen wurde nicht stratifiziert rekrutiert. Es ist zu erwarten, dass bereits oben genannte Determinanten auch in der NAKO zu einer entsprechenden Verzerrung der Repräsentativität für die jeweiligen Studienregionen führen könnten.

Zur Verbesserung der Teilnahmebereitschaft wurden in der NAKO Termine für Pendler und Berufstätige in den Abendstunden oder an Samstagen angeboten. Außerdem wurde die Initiative „Arbeitgeber unterstützen die NAKO“ etabliert, um Berufstätigen durch Freistellung von der Arbeit eine Teilnahme zu ermöglichen. Zudem gab es bei Umzug innerhalb Deutschlands die Option, in eine andere Studienregion zu wechseln. Als weitere responsesteigernde Maßnahme wurden in Mecklenburg-Vorpommern mit der niedrigsten Bevölkerungsdichte zusätzliche temporäre Studienzentren etabliert, um durch Wohnortnähe zum SZ die Teilnahme zu erleichtern. Die vorläufige Responsequote in der NAKO scheint den allgemein rückläufigen Trend der Teilnahmebereitschaft zu belegen. Bei der NAKO als Langzeitstudie steht nicht die externe Validität im Vordergrund (hohe Response zur Basiserhebung), sondern eher die interne Validität (hohe Response zum Follow-up; [18]). Zum Ende der Basiserhebung können präzise Aussagen zur Responsequote erfolgen und Informationen zu den Non-Respondern berücksichtigt werden.

Die hohe Teilnahmebereitschaft an den Untersuchungen lässt sich auch auf eine gute Aufklärung bzw. Erklärung der einzelnen Module zurückführen. Es ist wichtig, dass Teilnehmer das Studienprogramm verstehen, bevor die einzelnen Module durchgeführt werden [24]. Einzelne Module wiesen eine deutlich geringere Teilnahmequote auf. Gründe hierfür waren z. B. die verspätete Einführung der Stuhlprobengewinnung im Oktober 2016, sodass nur 7,4 % der bisherigen Teilnehmer in der Auswertung berücksichtigt werden konnten. Die „1-aus-3“-Module Ergometrie, muskuloskelettale Untersuchung und zahnmedizinische Untersuchung wurden nach den Optimierungsmaßnahmen nicht mehr allen L2-Teilnehmern angeboten, da sich diese Module als besonders komplex und zeitaufwendig erwiesen. Jedes SZ hatte die Vorgabe, eines der drei Module anzubieten und zwei der Module nur einer kleinen Subgruppe. Der OGTT wurde der Hälfte der L2-Teilnehmer angeboten. Wenn bei einem L2-Teilnehmer wegen Kontraindikation kein OGTT durchgeführt werden konnte, so wurde ersatzweise einem L1-Teilnehmer ein OGTT angeboten, um die 50 % OGTTs bezogen auf die L2-Untersuchungen zu erreichen. Die Akzelerometrie zur Erfassung der körperlichen Aktivität über sieben Tage und die SOMNOwatch zur Erfassung von Schlafcharakteristiken mit zusätzlichem Langzeit-EKG und Messung von Schlafapnoe zeigten eine geringe Akzeptanz bei den Teilnehmern. Ein Zeitproblem der Teilnehmer könnte Ursache für die geringe Bereitschaft zur Teilnahme an einzelnen Modulen sein, da Vollzeitbeschäftigung mit einer generell geringeren Teilnahmebereitschaft assoziiert ist [17]. Bei der Handgreifkraft, der Akzelerometrie und der SOMNOwatch kam es zudem zu kurzfristigen Geräteausfällen, da die Geräte zur Kalibrierung an zentrale Adressen ins In- und Ausland verschickt werden mussten. Insgesamt wurde bei der Reduktion der Zielzahlen darauf geachtet, die wissenschaftliche Aussagekraft der einzelnen Module und der NAKO insgesamt nicht zu gefährden.

Die NAKO kann auf eine lange Planungsphase, die Einbindung vieler Disziplinen und Machbarkeitsstudien zu einer Vielzahl relevanter Studienaspekte verweisen. Die Durchführung einer solchen großen und auf eine lange Laufzeit angelegten Studie erfordert zudem ein erhebliches Maß an planerischer Flexibilität.

Stärken und Limitationen

Zu den Stärken der derzeit größten Langzeitbeobachtungsstudie in Deutschland zählt der hohe Grad an Standardisierung, einmal zwischen den SZ, in Bezug auf Geräte, Instrumente und Prozeduren, aber auch bzgl. der Vergleichbarkeit mit anderen europäischen Studien. Das vielfältige Studienprogramm der NAKO mit hoher Qualität und Standardisierung der Befragung, der körperlichen Untersuchungen sowie der Bioprobengewinnung (inkl. Prozessierung) ermöglicht eine umfassende Phänotypisierung. Insbesondere die Implementierung bildgebender Verfahren, wie der MRT-Untersuchung, erlaubt die Charakterisierung von subklinischen Krankheitsstadien. Der Einschluss auch jüngerer Altersklassen in das Follow-up ist für die longitudinale Datenerhebung von essenzieller Bedeutung. Durch das multizentrische Design können regionale Unterschiede berücksichtigt werden. Die Verknüpfung mit Sekundärdaten ermöglicht die Ergänzung der Primärdaten um zusätzliche Expositionsdaten, ohne das Untersuchungsprogramm zu belasten.

Ausblick

Mittlerweile haben mehr als 205.000 Frauen und Männer an der gerade beendeten Basiserhebung teilgenommen, mehr als 30.000 an der MRT-Untersuchung. Die Primärdaten der Basiserhebung werden aktuell qualitätsgesichert und nach Abschluss der Datenbereinigung nationalen und internationalen Wissenschaftlern zur Verfügung stehen [25]. Die Zweituntersuchung hat Ende 2018 begonnen, mit der die Teilnehmer aus ganz Deutschland über einen Zeitraum von zehn Jahren erneut untersucht werden. Jeder einzelne Teilnehmer trägt dazu bei, die Erforschung von chronischen Krankheiten voranzubringen und damit langfristig über mehrere Generationen hinweg die Grundlage für eine verbesserte Gesundheitssituation in Deutschland zu schaffen. Mit den Daten der NAKO wird eine wichtige Ressource für die epidemiologische Forschung nicht nur in Deutschland, sondern international mit dem Ziel geschaffen, aus den gesammelten Studiendaten und Bioproben den größtmöglichen Nutzen für die gesundheitsbezogene Forschung zu erzielen und neue Strategien zur Früherkennung, Vorhersage und Primärprävention chronischer Krankheiten zu entwickeln.