Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags ...

  • kennen Sie die verschiedenen Arten und Formen von Nahtmaterialien,

  • können Sie resorbierbare von nichtresorbierbaren Materialien unterscheiden,

  • sind Ihnen die Eigenschaften, Vor- und Nachteile von monofilem und polyfilem Nahtmaterial bekannt,

  • sind Sie in der Lage, die Techniken der chirurgischen Knoten zu beschreiben und nach Übung zu praktizieren,

  • ist Ihnen die Technik des Fadenzugs bekannt, und Sie können diese durchführen.

Einleitung

Chirurgische Nähte werden zur Adaptation von Wundrändern und Gewebe verwendet, ohne dabei übermäßige, schädigende Spannung im Sinne von Ischämie zu verursachen [1]. Das Nahtmaterial muss dabei in der Lage sein, das Gewebe bis zur vollständigen Heilung zusammenhalten zu können. Bei resorbierbaren Nähten darf die Resorption erst nach der Heilung einsetzen. Im Weiteren soll das Nahtmaterial für den Chirurgen sicher und einfach anwendbar und an die zu nähenden Strukturen angepasst sein. Das Nahtmaterial selbst sollte dabei möglichst geringe Interaktion mit dem Gewebe hervorrufen.

Oft setzt der Patient die sichtbare Wunde (Hautnaht) respektive die später sichtbare Narbe mit der Qualität oder Erfolg der Operation gleich. Wir wissen jedoch, und dies sollte dem Patienten vor jeder Operation schon gesagt werden, dass nicht jeder Mensch eine identische Narbenbildung hat. Kinder und Jugendliche neigen viel stärker zur hypertrophen Narbenbildung (bei uns fälschlicherweise als Keloid bezeichnet), wogegen ältere Menschen aufgrund der Atrophie des Gewebes kosmetisch sehr ansprechende Narben aufweisen können. Das innere funktionelle Ergebnis wie auch die äußere sichtbare Narbe können durch nichtadäquates Nahtmaterial und Nahttechnik, aber auch durch eine inadäquate Inzision (Hautlinien) sehr stark leiden. Im Weiteren hängt das Resultat der Narbe nicht zuletzt auch von der Wundspannung bei Schwellung oder durch übermäßige Hautexzision (z. B. Narbenkorrektur) ab [2, 3].

Prinzipiell können folgende Faktoren die Qualität (Wahrnehmung) einer Naht beeinflussen:

  • Entstehungsart der Wunde (elektiv oder traumatisch),

  • Lokalisation der Wunde,

  • Hautdicke/Hautbeschaffenheit,

  • Spannung der Weichteile,

  • kosmetisches Ziel/Erwartungshaltung (dies ist eine Wahrnehmung),

  • Infekte,

  • Anordnung der Einstichstellen:

    • Distanz zum Wundrand,

    • konstanter Abstand der einzelnen Einstichstellen,

  • Alter des Patienten.

Nahtmaterial

Die Wahl des Nahtmaterials hängt einerseits von der Körperregion, der zu erwartenden Spannung des Gewebes bzw. der Wunde ab, andererseits aber auch vom Zustand des Gewebes selbst. Die verschiedenen Nahtmaterialien lassen sich nach Zugfestigkeit, Knotenfestigkeit, Handhabung und Gewebereaktion sowie nach Resorbierbarkeit einteilen. Welchen Ansprüchen das ideale Nahtmaterial in Bezug auf den zu erfüllenden Zweck genügen muss, hat der Chirurg zu definieren und danach zu wählen. Wunsch des Operateurs ist die Kombination von hoher Zugfestigkeit, einfacher Handhabung, geringer bis keiner Gewebereaktivität und minimalem Infektionsrisiko. Das Material soll gut im Gewebe sichtbar sein, und es soll aus nichtkapillarem, nichtallergenem und nichtkarzinogenem Material bestehen [4].

Es werden hauptsächlich 2 Gruppen unterschieden: resorbierbares und nichtresorbierbares Nahtmaterial. Resorbierbare Fäden verlieren ihre Zugfestigkeit meist in weniger als 60 Tagen. Diese werden in der Regel nicht entfernt.

Nichtresorbierbare Fäden behalten den Hauptteil der Zugfestigkeit über 2 Monate hinaus. Diese auch für Hautnähte gebräuchlichen Fäden werden entfernt.

Auf Wundverschluss mit Klammersystemen wird in dieser Arbeit nicht eingegangen.

Wundheilung

Es wird die primäre von der sekundären Wundheilung unterschieden. In diesem Beitrag soll es weitgehend um chirurgische Wunden nach operativem Management also primäre Wundheilung gehen.

Die ersten 3 Tage nach Haut- und Weichteilverschluss werden als exsudative oder inflammatorische Phase charakterisiert. Es folgt die proliferative Phase an Tag 4 bis 7 gefolgt von der reparativen Phase ab Tag 8 bis zu Monaten. Auf die Darstellung der Details der pathophysiologischen Abläufe wird hier verzichtet. Das Nahtmaterial ist in der ersten Phase für den Zusammenhalt der Wunde verantwortlich.

Nahtmaterialien können im Gewebe Fremdkörperreaktionen auslösen. Daher sollten bei der Aufklärung zur Operation die Patienten nach bisherigen Reaktionen auf Nahtmaterial gefragt werden.

Merke

Es empfiehlt sich, möglichst den dünnsten erforderlichen Faden zu verwenden, um Fremdkörperreaktionen so gering wie möglich zu halten.

Anforderung an chirurgisches Nahtmaterial

Bei der Beurteilung der Eigenschaften von Nahtmaterial sind verschiedene Parameter zu beachten: physikalische Parameter, Flüssigkeitsaufnahme und Kapillarität, Kaliber oder Durchmesser, Zugfestigkeit, Torsion, Absorptionsfähigkeit, Elastizität, Plastizität, Gedächtnis, Reibungskoeffizient und Knotensicherheit. Die optimalen Bereiche für jede dieser Eigenschaften sind für die meisten Nahtmaterialien und Indikationen noch nicht definiert [4].

Das Nahtmaterial muss auch eine hohe Biegsamkeit (Geschmeidigkeit) und Flexibilität aufweisen, damit es sich beim Nähen besser handhaben lässt. Darüber hinaus sind eine einfache Knotenplatzierung, eine hohe Knotensicherheit, aber auch Reizfreiheit und Schutz vor Infektionen weitere wichtige und zu fordernde Eigenschaften. [2, 3].

Die verwendeten Materialien unterscheiden sich hinsichtlich:

  • Reißfestigkeit/Zugfestigkeit (Zugspannung im Augenblick des Reißens des Nahtmaterials),

  • Elastizität (Fähigkeit, nach Dehnung wieder in die Ursprungslänge zurück zu gelangen),

  • Plastizität (Eigenschaft, nach Dehnung die neue Länge beizubehalten [3]),

  • Memory-Effekt (nach Formveränderung wieder in den ursprünglichen Zustand zurückzukehren [3]),

  • bestimmter Durchmesser (Kaliber),

  • Festigkeit der Knoten-Oberfläche,

  • Aufnahme von Flüssigkeit ins Material (Fähigkeit des Nahtmaterials, Flüssigkeit aufzusaugen, zu absorbieren [5]),

  • Kapillarität (Fähigkeit des Nahtmaterials, Flüssigkeit aufzunehmen und im Material weiterzuleiten [5]),

  • Eigenschaften in der Handhabung,

  • Biegsamkeit (lässt sich leicht biegen) (Geschmeidigkeit),

  • Reibungskoeffizient (leichtes Gleiten) – zur Verhinderung von Gewebewiderstand, Verrutschen von Knoten und zur Erleichterung des Knüpfens von Knoten,

  • Eigenschaft der Gewebereaktion,

  • nicht allergen,

  • nicht krebserregend,

  • (minimale) Gewebereaktionen,

  • physikalische Eigenschaften,

  • Reibungskoeffizient,

  • Monofilament oder Multifilament,

  • Nahtmaterial mit Widerhaken,

  • Kapillarität,

  • Absorptionsfähigkeit.

Reißfestigkeit.

Reißfestigkeit (Zugfestigkeit) ist der Kraftaufwand, um einen linear gestreckten Faden zu zerreißen [5].

Knoten.

Mit Knotensitz wird das sichere Halten des Knotens auf dem Faden nach Einbringung ins Gewebe bezeichnet. Der Knoten soll im Endzustand nicht auf dem Faden rutschen.

Knotenreißkraft ist der Kraftaufwand, der benötigt wird, einen geknoteten Faden zu zerreißen. Es ergeben sich definierte Prüfwerte. Die Knotenbruchfestigkeit sagt aus, bei welcher Kraft der Faden im Knoten reißt. Im Knoten hat der Faden den schwächsten Punkt der Naht.

Torsion.

Sie wird durch die Anzahl der Verdrehungen im Faden dargestellt. Diese steht in umgekehrtem Verhältnis zur Zugfestigkeit der Naht. Eine Vergrößerung des Durchmessers einer Naht führt zu einer Erhöhung der Längskraft, die erforderlich ist, um die Naht zu zerreißen; eine Verdoppelung des Durchmessers der Naht erfordert eine Vervierfachung des zum Zerreißen der Naht erforderlichen Gewichts [6].

Dochtwirkung.

Dochtwirkung fußt auf der Kapillarität des Fadens. Nur die monofile Fadenkonstruktion gibt zuverlässigen Schutz vor Bakterientransport oder -migration [7]. Die multifilen und pseudomonofilen Fadenkonstruktionen fördern ausnahmslos die Übertragung von Bakterien, wenn auch in unterschiedlichem Maße [7]. Das Eindringen von Flüssigkeiten und Bakterien ist abhängig von den Absorptionseigenschaften, der Beschichtung und dem Vorhandensein eines offenen Fadenendes [7]. Auch die Bindung von Bakterien an das Nahtmaterial ist abhängig von dem Fadentyp, von Material und Oberfläche. Geflochtenes, also polyfiles resorbierbares Nahtmaterial sollte nicht bei infektiösem Gewebe verwendet werden [8].

Quellung.

Quellung ist das Aufsaugen von Flüssigkeit (Wundsekret) vom Nahtmaterial.

Gewebedurchzug.

Hiermit ist das Gleiten des Nahtmaterials durch das Gewebe charakterisiert.

Sterilität.

Sterilität wird durch Sterilisationsverfahren erzielt, Chromierung z. B. bei Katgut.

Elongation.

Elongation ist die Ausdehnung des Nahtmaterials. Diese kann temporär oder auch dauerhaft auftreten.

Resorption.

Die Resorptionszeit gibt den Zeitpunkt an, bis zu dem das gesamte Material abgebaut wird. Die Halbwertszeit gibt den Zeitpunkt an, bis zu dem noch 50 % der Ausgangsreißkraft vorliegt (s. oben).

Auswahl des Nahtmaterials

Die Unterscheidung zwischen traumatischem und atraumatischem Nahtmaterial bezieht sich auf die Nadel-Faden-Verbindung [9]. Traumatische Fäden werden in das Öhr der Nadel eingefädelt, während atraumatisches Nahtmaterial in der Nadel mittels Quetschung, Verklebung oder Laserung quasi ohne Durchmesseränderung fixiert ist [9].

Bei der Auswahl des Nahtmaterials gilt der Grundsatz, mit einem Minimum an unerwünschten Gewebereaktionen und infektiösem Potenzial eine ausreichende Festigkeit der Wunde für die notwendige Dauer der Wundheilung zu erreichen. Stärkeres oder zugfesteres Nahtmaterial ist jedoch nicht immer besser, da das Fadenkaliber erhöht werden muss und es zu einer unbeabsichtigten Strangulierung des Gewebes kommen kann, was einerseits die Durchblutung gefährdet, möglicherweise auch die Entzündungsreaktivität erhöht [10]. Die einzelnen Gewebe, Schichten und Indikationen erfordern Konditionen von der Sehnenreparatur bis zur feinen kosmetischen Naht im Gesicht (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Übersicht von chirurgischem Nahtmaterial nach Materialeigenschaften und Aufbau

Aufbau des Nahtmaterials

Nahtmaterial wird in verschiedenen Konfigurationen angeboten. Beim Aufbau von Nahtmaterial wird unterschieden zwischen monofilem, poly- oder multifilem Aufbau. Dabei können auch zusätzlich Beschichtungen oder Ummantelungen aufgebracht sein (s. Tabelle A2; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Schematische Darstellung Nahtmaterialaufbau: a monofil, b pseudomonofil, c geflochten, d geflochten beschichtet, e gezwirnt

Monofil

Monofil bezeichnet man ein einzelsträngiges Filamentnahtmaterial (z. B. Polyamid 6 oder Nylon). Diese Fäden werden mit dem Verfahren der Extrudierung hergestellt. Kapillarität innerhalb des Nahtmaterials tritt nicht auf, die Oberfläche ist glatt, wodurch das Infektionsrisiko geringer ist. Die Gewebepenetration bzw. der Gewebedurchzug wird durch die glatte Oberfläche erleichtert. Aufgrund verminderter Reibung aufgrund der glatten Oberfläche ist dagegen die Haltekraft der Knoten vermindert, sodass normalerweise mehr Knoten als bei multifilem Material gelegt werden müssen. Das Fadenmaterial kann bei der Handhabung etwas rigide erscheinen.

Polyfil/multifil

Bei den multiplen Fäden werden mehrere Einzelfäden (Filamente) verdreht, geflochten oder verzwirnt. Auf dem Boden der vermehrten Rauigkeit und damit höheren Reibung halten Knoten dieses Materials besser.

Merke

Bei geflochtenen Fäden halten die Knoten aufgrund der Oberflächenrauigkeit und damit höheren Reibehaftung besser.

Die rauere Oberflächenbeschaffenheit führt beim Durchzug des Fadens durch das Gewebe zu einer Sägewirkung des Fadens. Werden diese Fäden in steilem Winkel durch das Gewebe gezogen, ist die Sägewirkung des Nahtmaterials deutlich geringer als im flachen Winkel.

Merke

Bei geflochtenem Nahtmaterial wird mit einem steilen Eintrittswinkel zur Oberfläche die Sägewirkung des Fadens im Gewebe verringert.

Bei diesen Fäden kann auch auf dem Boden der Kapillarität eine Dochtwirkung entstehen, die den Transport von Keimen in die Wunde entlang des Fadens begünstigen kann. Je glatter die Oberflache ist – z. B. Vergleich monofiler Polyesterfaden und polyfiler Polyesterfaden –, desto geringer ist die Anzahl an Bindegewebe- und Fremdkörperriesenzellen, die sich in und um den Faden nach Implantation ansammeln [11]. Hierbei ist die Dochtwirkung bei geflochtenen Fäden geringer als bei gezwirnten, da die Einzelfilamente beim Flechten fast quer zur Längsachse liegen. Insgesamt ist bei geflochtenem Nahtmaterial die Oberfläche größer, und Todräume innerhalb des Fadens sind vermehrt, sodass dadurch die potenzielle Bakterienansiedlung gefördert wird [12].

Das Material wirkt beim Knoten geschmeidig, der Knotensitz aufgrund der Reibung ist gut, die Reißkraft ist hoch.

Durch Beschichtung multipler Fäden wird die Reibekraft der Oberfläche reduziert und ein besserer Durchzug erzielt.

Selbstsichernde Nahtmaterialien

Wird die Oberfläche der Nahtmaterialien mit Widerhaken versehen, die so angeordnet sind, dass sie beim Einstechen an der Oberfläche anliegen, bei entgegengesetzter Bewegung heraustreten, kann auf Knotung verzichtet werden [13, 14, 15]. Andere Autoren weisen auf die Zeitökonomie beim Einsatz dieser Materialien hin [16, 17, 18] und auf ein geringeres Gesamtkomplikationsrisiko bei (arthroskopischen) Knieoperationen [18].

Nahtmaterialfarben

Gefärbtes Material kann dazu beitragen, während der Operation besser sichtbar zu sein, was bei Sehnennähten von Vorteil sein kann. Bei Intrakutannähten ist farbiges Nahtmaterial unvorteilhaft, da es durchscheinen kann und wie eine Hauttätowierung imponieren kann. Bei Hautnähten, die ja meist gezogen werden, erleichtert das Anfärben des Nahtmaterials durch Kontrastierung gegenüber der Haut das Fadenziehen.

Merke

Bei Intrakutannähten wird farbloses Nahtmaterial verwendet.

Farbmarkierung.

Die Farbkodierungen des Nahtmaterials auf den Verpackungen der verschiedenen Hersteller sind nicht kompatibel.

Fadenstärke, -durchmesser, Kaliber

In Europa wird verbindlich nach der Europäischen Pharmakopöe (Ph.Eur.) metrisch die Nahtmaterialstärke festgelegt. Auf den Nahtmaterialverpackungen finden sich zusätzlich Bezeichnungen der United States Pharmakopöe (USP) [19], die kein direktes Verhältnis zum Fadendurchmesser erkennen lassen (Tab. 1). Für USP gilt, je größer die Zahl des Nahtmaterials ist, desto kleiner ist der Durchmesser, z. B. ist ein 7‑0-Nahtmaterial kleiner als ein 4‑0-Nahtmaterial. Im Markt haben sich die historisch gewachsenen Stärkeangaben der USP weltweit durchgesetzt.

Tab. 1 Fadenstärken

Unabhängig davon, ob es sich um einen ein- oder mehrschichtigen Wundverschluss handelt, sollte die kleinste Fadenstärke bzw. der kleinste Durchmesser des Nahtmaterials gewählt werden, die bzw. der den jeweiligen Zweck erfüllt, um sowohl das Gewebetrauma bei jedem Nadeldurchgang als auch die Menge des zurückbleibenden Fremdmaterials zu minimieren. Materialien aus natürlichen und synthetischen Stoffen, aber auch aus Metall kommen zum Einsatz [1].

Merke

Benutze die kleinste Fadenstärke, die die Voraussetzungen erfüllt.

Resorption

Die Begriffe Resorption und Absorption werden synonym verwendet. Die wichtigsten Merkmale für den biologischen Abbau und die Absorption von resorbierbarem Nahtmaterial sind das Festigkeits- und Massenverlustprofil sowie die Biokompatibilität der Abbaumaterialien. Bei Nahtmaterial auf Proteinbasis, das durch proteolytische Enzyme und Phagozyten abgebaut wird, haften die Bakterien besser am Nahtmaterial [4]. Eine verstärkte Kapillarität erhöht ebenfalls das Infektionsrisiko, da sich die Mikroorganismen leichter bewegen und ausbreiten können [4].

Als Resorptionszeit wird die Zeitspanne benannt, in der das Material 50 % der Reißkraft des Knotens verliert. Von Massenresorption spricht man, wenn das gesamte Nahtmaterial vom Gewebe abgebaut ist.

Abbau durch Hydrolyse.

Synthetisches resorbierbares Nahtmaterial kann durch einen hydrolytischen Mechanismus über die Spaltung von Esterbindungen im Polymergerüst abgebaut werden. Sie werden durch natürliche Stoffwechselprozesse fast rückstandsfrei abgebaut [20]. Wenn die Moleküle hydrophob sind, wird ihre Hydrolyse verzögert und ihre Absorptionszeit verlängert [20].

Eindringendes Wasser in das Nahtmaterial zerstört die Polymerstruktur des Fadens. Die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen schneller Absorption und der Verlängerung der Zugfestigkeit wurde durch Behandlungen und chemische Strukturierung unterstützt, die die Absorptionszeit verlängern [1]. Die Art des Abbaus, den das Material erfährt, seine Kapillarität und seine physikalische Konfiguration beeinflussen das Infektionsrisiko [4]. Bei der Hydrolyse kommt es zu einer geringeren Gewebereaktion als beim enzymatischen Abbauprozess [1].

Enzymatischer Abbau.

Beim Wundverschluss mit resorbierbarem Nahtmaterial nimmt die Zugfestigkeit in den ersten Wochen allmählich und meist linear ab. Es findet physiologisch eine Gewebe- und Zellreaktion statt, um Zelltrümmer und abbaubare Anteile des Nahtmaterials zu entfernen. Diese Phasen können durch Infektionen und Eiweißmangel beeinträchtigt werden, wobei die Zugfestigkeit schneller verloren geht und eine Wunddehiszenz klinisch sichtbar werden kann. Nach dem primären Zusammenhalt des Gewebes werden diese Nahtmaterialien durch enzymatische oder hydrolytische Prozesse im Gewebe abgebaut. Die Abbaurate variiert in Abhängigkeit vom Material, der Lokalisation und patientenabhängigen Faktoren (Tab. 2). Durch diese Prozesse werden Zugfestigkeit und Reißkraft konstant meist nach einer vom Material abhängigen Latenzzeit vermindert.

Tab. 2 Vorschlag zu Fadenstärke in Abhängigkeit von Körperregionen und Gewebeschicht

Nahtmaterialien

Bei den Nahtmaterialien wird unterschieden zwischen natürlichen und synthetischen resorbierbaren Materialien. Die European Association of the Surgical Suture Industry (EASSI) hat für die verschiedenen Materialien und Spezifikationen Vorgaben erlassen, die in DIN EN ISO 15223‑1 dokumentiert sind ([21], Tab. A1).

Resorbierbare Materialien

Nahtmaterial aus natürlichen organischen Ausgangsmaterialien

Natürliche Nahtmaterialien können in organische resorbierbare Materialien (aus Kollagen gewonnen, Katgut) und nicht resorbierbare (Seide, Zwirn) unterteilt werden. Sie werden seltener verwendet, da sie tendenziell eine stärkere Gewebereaktion hervorrufen. Nähseide wird jedoch immer noch regelmäßig bei der Sicherung von chirurgischen Drainagen verwendet.

Kollagen.

In der Vergangenheit wurden organische Nahtstoffe gewählt, zu dieser ältesten, ursprünglichen Gruppe gehörten Katgut, mit Chromsalz gegerbtes Chromkatgut und Kollagenbänder [22].

Diese wurden zuerst aus der Submukosa des Schafdarms und später der Serosa des Rinderdarms gewonnen [22]. Dieses Material wurde gezwirnt, war also multifilamentär, oder wurde beschichtet, z. B. mit Silikon [22]. Katgut aus Rindern wurde Anfang der 2000er-Jahre vom Markt genommen. Rinderkollagen von BSE(bovine spongiforme Enzephalopathie)-freien Rindern wird inzwischen wieder angeboten.

Seide.

Die Grundsubstanz der chirurgischen Seidenfäden wird aus dem Kokon der Seidenraupenlarve gewonnen und besteht aus Fibroin der Rohseidenfaser, dem die Kittsubstanz Sericin entzogen wurde [22]. Seidenfäden sind geflochten und können durch Beschichtungen, z. B. Bienenwachs oder Silikon, zum pseudomonofilen Nahtmaterial werden [22].

Zwirne.

Zwirnfäden – in Europa aus Flachs, in den USA aus der Zellulose von Baumwolle hergestellt – werden immer in multipler Konfiguration angeboten [22]. Diese Materialien werden in Orthopädie und Unfallchirurgie bei uns kaum eingesetzt.

Synthetische resorbierbare Materialien

Sie bestehen aus künstlich hergestellten Materialien. Die Eigenschaften sind meist konstanter als bei den natürlichen Nahtmaterialien, insbesondere was den Verlust der Zugfestigkeit und die Absorption betrifft.

Sie bestehen meist aus chemischen Polymeren, die durch Hydrolyse resorbiert werden. Diese Materialien haben durchweg eine geringere Gewebereaktion als natürliche Stoffe. Bei den resorbierbaren synthetisch hergestellten Nahtmaterialien finden sich folgende Monomaterialien oder auch Copolymere (s. auch Tab. A1 und A2 online).

Lactomer-Copolymer/Polyglactin 910.

Dieses Nahtmaterial ist ein geflochtenes Multifilamentnahtmaterial, das mit einem Copolymer aus Lactid (10 %) und Glycolid (90 %) besteht und teilweise beschichtet angeboten wird mit Polyglactin 370 plus Calciumstearat. Die wasserabweisende Eigenschaft von Lactid verlangsamt den Verlust der Zugfestigkeit, und die Bauschigkeit von Lactid führt zu einer schnellen Resorption des Nahtmaterials, sobald die Zugfestigkeit verloren geht. Hiermit können unterschiedliche Eigenschaften in einem Nahtmaterial verbunden werden. Glycolid sorgt für eine hohe anfängliche Zugfestigkeit, wird aber im Gewebe schnell hydrolysiert [23]. Lactid hat eine langsamere und kontrolliertere Hydrolyserate und somit auch einen langsameren Zugfestigkeitsverlust [23]. Eine Beschichtung aus einer resorbierbaren Mischung auf dem Nahtmaterial aus Caprolacton-Glycolid-Copolymer und Calciumstearyl-Lactylat [24, 25] erzeugt eine Reduzierung der Oberflächenreibung, eine präzise Knotenplatzierung und ein reibungsloses Ligieren. Die Zugfestigkeit des Polyglactin 910-Nahtmaterials liegt am Tag 14 nach der Implantation bei ca. 65 %. Durch Hydrolyse ist nach 56 bis 120 Tagen vollständig erfolgt (s. Tab. A2 online). Diese Fäden verursachen nur eine minimale Gewebereaktion. Sie werden bei der allgemeinen Weichteilapproximation und Gefäßligatur eingesetzt.

Polyglycolsäure.

Polyglycolsäure (PGS) wird mit Polycaprolat oder Polyol beschichtet. Diese wird ungefärbt und farbig in violett angeboten. Das Material wird meist geflochten angeboten. Zugfestigkeit und Resorptionsschnelligkeit verhalten sich ähnlich wie bei Polyglactin 910 nach 90 bis 120 Tagen.

Poliglecaprone 25.

Poliglecaprone 25 ist ein monofiles Nahtmaterial. Es ist ein Copolymer aus Glycolid und ε‑Caprolacton. Die Biegsamkeit ist sehr hoch, was eine einfache Handhabung ermöglicht. Die Zugfestigkeit ist anfänglich hoch, 50–60 % am Tag 7 nach der Implantation und nimmt am Tag 21 ab. Die Resorption ist nach 91 bis 119 Tagen abgeschlossen. Poliglecaprone 25-Nähte werden für subkutane Nähte und Weichteilapproximationen und Ligaturen verwendet. Poliglecapron 25-Nähte verursachen signifikant weniger Fadenextrusion als Polyglactin 910 [26]. Die Knotenfestigkeit wird als gut eingestuft. Es wird für schnell heilende Gewebe genutzt. Die Gewebereaktion ist gering.

Polydioxanon.

Dieses monofile Nahtmaterial ist aus Polyester hergestellt, bietet eine längere Wundunterstützung und ruft nur eine geringe Gewebereaktion hervor. Die Zugfestigkeit beträgt 70 % an Tag 14 und 25 % an Tag 42. Die Wundunterstützung bleibt bis zu 6 Wochen erhalten.

Die Resorption durch Hydrolyse ist in den ersten 90 Tagen minimal und innerhalb von 6 Monaten im Wesentlichen abgeschlossen. Wie andere monofile Nahtmaterialien hat Polydioxanon eine geringe Affinität zu Mikroorganismen. Es wird für die Approximation von Weichteilen verwendet.

Poly(glycolid)trimethylencarbonat.

Polytrimethylencarbonat hat ähnliche Zugfestigkeit und Absorption wie Polydioxanon.

Glycomer 631.

Polymer aus Glysolid, Dioxanon, Trimethylen-Karbonat.

Polygytone 6211.

Polymer aus Glysolid, Caprolacton, Trimethylen-Karbonat und Lactid.

Nichtresorbierbare Materialien

Diese Materialien verfügen über eine gute Festigkeit, können aber im Gewebe Fremdkörperreaktionen hervorrufen. Gewebereaktionen führen dabei im Verlauf zu Ummantelung des Nahtmaterials. Diese Abkapselung erfolgt durch Fibroblasten. Auch Makrophagen und Riesenzellen finden sich in der Umgebung [1]. Nichtresorbierbare Materialien können durch Beschichtung eine Friktionsverbesserung und/oder auch eine geringere Kapillarität erhalten.

Diese nichtresorbierbaren Fäden werden einerseits in langsamer heilenden Geweben eingesetzt, aber auch dort, wo starker Halt gefordert wird, z. B. Sehnen.

Unter Verfallszeit versteht man bei nichtresorbierbarem Nahtmaterial die Zeit, in der durch Degradation das Material in Abschnitte zerfällt.

Natürliche nichtresorbierbare Materialien

Zu den natürlichen, nichtresorbierbaren Nahtmaterialien gehören chirurgische Seide, Zwirn und Baumwolle.

Sie werden seltener verwendet, da sie tendenziell eine stärkere Gewebereaktion hervorrufen. Nähseide wird in einigen Regionen immer noch regelmäßig bei der Sicherung von chirurgischen Drainagen verwendet.

Chirurgische Seide.

Aus Rohseide, also den Kokons der Seidenraupen, wird dieses Nahtmaterial gesponnen. Eine Beschichtung kann mit Wachs, z. B. Bienenwachs oder Silikon, erfolgen. Seide lässt sich gut knoten, und vielen gilt die Handhabung mit Seide als der Standard.

Bei längerer Proteolyse kann Seide vom Gewebe innerhalb von 2 Jahren resorbiert werden. Die Zugfestigkeit nimmt mit der Feuchtigkeitsaufnahme ab und geht nach 1 Jahr verloren. Das Hauptproblem bei Seidenfäden ist eine akute Entzündungsreaktion. Das umliegende Gewebe verkapselt das Nahtmaterial durch faseriges Bindegewebe. Seidenfäden haben sehr gute Knüpfeigenschaften, sind geschmeidig und haben damit eine gute Handhabung. Seide hat eine hohe Kapillarität und ermöglicht einen hohen interfilamentären Bakterientransport [11].

Chirurgische Baumwolle.

Chirurgische Baumwolle wird in den deutschsprachigen Ländern so gut wie nicht eingesetzt. Sie wird hier nur der Vollständigkeit halber genannt. Dieses Nahtmaterial wird aus gedrehten, langstapeligen Baumwollfasern hergestellt. Die Zugfestigkeit beträgt 50 % innerhalb von 6 Monaten und 30–40 % nach 2 Jahren. Die nichtresorbierbare Baumwolle wird im Körpergewebe eingekapselt. Als nachteilig angesehen werden Kapillarität, Gewebereaktion und Bakteriophilie.

Natürliche anorganische Ausgangsmaterialien

Meist werden Edelstahle verwendet. Tantal ist im Gebrauch. Korrosionsbeständige Metalle sind notwendig, da durch die Körperflüssigkeiten die Metalloberflächen angegriffen werden, was sogar bei hochwertigen Titanimplantaten als Metallose imponieren kann. Nahtmaterial aus Stahl wird monofil oder polyfil angeboten.

Synthetische nichtresorbierbare Materialien

Polyester und Polyolefine sind 2 Vertreter dieser Gruppe.

Polyester.

Das unauflösbare Polyestermaterial besteht aus den Rohstoffen Polyethylenterephatalat oder Polybutylenterephtalat. Es werden monofile, multifile, geflochtene und pseudomonofile Fäden angeboten. Sie werden mit Polytetrafluoräthylen, Polytetramethylenadipat, Silikonkautschuk, Äthylcellulose, Wachs oder Polyolefine beschichtet, um bei den geflochtenen Konfigurationen eine pseudomonofile Eigenschaft zu erreichen [22]. Monofile Fäden weisen keinen interfilamentären Bakterientransport auf [11]. Polyester hat eine hohe Knotenzugfestigkeit, gute Flexibilität und geringe chemische Degradation.

Polyolefine.

Sie bestehen aus Polypropylen oder Polyäthylen und werden durchweg als monofiles Material angeboten [22]. Die Oberfläche ist so glatt, dass eine Beschichtung nicht erforderlich ist. Polypropylen hat einen ausgezeichneten Gewebewiderstand und Stabilität.

Polyamide.

Nahtmaterialien aus der Gruppe der Polyamide werden nicht resorbiert oder absorbiert, sie zerfallen nach längerer Liegezeit. Sie werden hergestellt aus Polyamid 6.6 (Hexamethylendiamin und Adipinsäure) [Nylon], oder aus Polyamid 6 Aminocapronsäure. Sie werden in folgenden Konfigurationen angeboten: monofil, geflochten, multifil, pseudomonofil. Als Beschichtung dient Polyamid 6 oder eine Imprägnierung mit Bienenwachs [22]. Die Hauptnachteile von Polyamid-Nahtmaterial sind seine schlechten Handhabungseigenschaften und seine Knotensicherheit [27].

Auswahl von Material und Fadenstärke

Beim Verschluss von Wunden oder chirurgischen Zugängen werden üblicherweise in der Subkutis und Subdermis resorbierbare Nähte und für den Hautverschluss folgende monofile nichtresorbierbare Nähte verwendet:

  • oberflächliche Läsionen im Gesicht: 6‑0,

  • andere oberflächliche Hautläsionen:

    • in Bereichen mit niedriger Hautspannung: 5‑0,

    • in Bereichen mit höherer Hautspannung: 4‑0.

Differenziert man nach Fadenstärke, schlagen die Autoren in [28] folgende Auswahl vor (s. Tab. 2).

Die vorgeschlagenen Fadenstärken müssen dem Alter, der Körperkonstitution und dem Gewebezustand angepasst werden. Beim Wundverschluss wird das Material abhängig von der Schicht verwendet: in der Tiefe eher resorbierbar und polyfil, in der Haut selbst monofil nicht resorbierbar (Tab. 3 und 4).

Tab. 3 Vorschlag zur Nahtmaterialauswahl nach Hautschicht, basierend auf Nahtaufbau und Resorbierbarkeit
Tab. 4 Auswahl Nahtmaterial in Abhängigkeit von Gewebeart/-schicht

Beschichtung von Nahtmaterial mit Trägerstoffen

Antibiotikabeschichtung.

Metaanalysen konnten zeigen, dass die Anwendung von mit Triclosan antimikrobiell beschichtetem Nahtmaterial die Inzidenz von „surgical site infections“ nach sauberen, sauber-kontaminierten und kontaminierten Operationen reduzierte [29, 30]. In Orthopädie und Unfallchirurgie werden diese Fäden selten genutzt, da keine Evidenz vorliegt [31]. Neuere Beschichtungen auf Chlorhexidin-Basis [32] oder Octenidindihydrochlorid [33] sind in der Entwicklung.

m(„messenger“)RNA(Ribonukleinsäure)-Beschichtung.

Experimentelle Untersuchungen lassen für die Zukunft die Entwicklung von mRNA-beschichtetem Nahtmaterial beim chirurgischen Wundverschluss in den Fokus rücken. Zellen im Wundbereich könnten direkt übertragen werden, wodurch die Wundheilung beschleunigt und verbessert werden könnte [10].

Handhabung von Verpackung und Nahtmaterial

Obwohl es für Verpackungen und Beschriftung ISO-Normen gibt (ISO 20417) [34] ISO Nr. 15223 [21], finden sich auf dem Markt keine standardisierten Verpackungen. Dies bedeutet für den Anwender, dass er je nach Hersteller sich über die Handhabung der Verpackungen informieren muss.

Die primäre Innenverpackung liegt in einer äußeren, meist durchsichtigen Peel-Back-Verpackung. Die Sterilität bleibt erhalten, bis sie geöffnet wird oder das Verfallsdatum erreicht ist.

Die sterilen Inhalte der Verpackungen werden von der OP-Pflegekraft oder dem Arzt durch Aufreißen der Umverpackung angereicht. Die sterile Verpackung lässt dann sich über Laschen öffnen. Der Inhalt wird nach Umklappen einer Lasche geöffnet. Die Nadel liegt frei und kann mit dem Nadelhalter in der Verpackung gefasst werden (s. hierzu [9]). Nach Aufklappen des Fadenträgers (Wickelträgers) wird die freigelegte Nadel mit anhängendem Faden entnommen. Diese kann vorsichtig gestreckt werden, um den Fadendrill zu vermindern. Hierbei sollte der Faden nicht zwischen Nadel und Fadenende, sondern nur innerhalb des Fadens gestreckt werden (Abb. 3). Bei Ligaturen oder nadelfreien Fäden liegt das Material dementsprechend in der Verpackung.

Abb. 3
figure 3

Nach Entnahme aus der Verpackung kann der Faden ein Verdrillend aufweisen. Durch Strecken des Fadens kann dieses weitgehend beseitig werden und das Nähen erleichtern. Hierbei wird nur innerhalb des Fadens, nicht zwischen Nadel und Faden gestreckt

Knotenanzahl

Bei geflochtenem Nahtmaterial ist es aufgrund der größeren Reibehaftung normalerweise ausreichend, 3 Knoten zu legen und anzuziehen, wobei einer gegenläufig sein sollte.

Bei monofilem Nahtmaterial ist die Knotenzahl zu erhöhen, da die Reibehaftung aufgrund der glatten Oberfläche geringer ist. Hier gilt im Allgemeinen die Regel Fadenstärke in USP plus mindestens 1 zusätzlicher Knoten.

Chirurgische Knotentechniken

Eine sichere chirurgische Knotentechnik ist eine Grundlage für den Erfolg einer chirurgischen Maßnahme. Der fertige Knoten sollte fest, straff und nicht rutschend sein.

Bei der Hautnaht liegt der Knoten nicht in der Inzisionslinie, um das Infektionsrisiko zu verringern.

Merke

Bei der Hautnaht liegt der Knoten immer seitlich der Inzisionslinie.

Der chirurgische Knoten ist ein modifizierter Riffknoten mit einer zusätzlichen Drehung im ersten Wurf, die die Zugfestigkeit des Knotens erhöht. Es ist darauf zu achten, dass der Knoten flach aufliegt; dies kommt beim sog. Samariter-Knoten oder auch Kreuzknoten genannt zustande (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Samariter- oder Kreuzknoten

Die Knoten sollten klein sein. Am Schluss werden die Enden kurz geschnitten (2–4 mm).

Überkreuzter Knoten in Einhandtechnik

Um Gegenläufigkeit zu erreichen, wird normalerweise mit beiden Händen geknotet (Abb. 6a–m), einhändige Technik kann in manchen Situationen aber auch erforderlich werden (Abb. 5a–d). Die Legenden geben die Details wieder.

Abb. 5
figure 5

Einhandtechnik. a Der rote Fadenanteil liegt vom rechten Zeigefinger geführt zwischen Daumen und den übrigen Langfingern mit Betonung des Zeigefingers. Zwischen linkem Zeigefinger und Daumen findet sich das blaue Fadenende. b Im nächsten Schritt greift die rechte Zeigefingerkuppe das blaue Fadenende und zieht es unter den roten Faden. c Die rechte Hand wird einwärts gedreht, der rechte Zeigefinger gestreckt und dann das rote Fadenende durch die blaue Fadenschlaufe gehoben. d Vollständiges Ziehen der roten Fadenschlinge durch die blaue Fadenschlaufe. e Der rechte Zeigefinger zieht das rote Fadenende nach rechts, der von Daumen und Zeigefinger links gehaltene blaue Fadenanteil wird in 180° entgegengesetzt zum blauen Fadenende nach links weggezogen. f Der erste Knoten sitzt. g Nun folgt Umgreifen der Finger: Der blaue Faden wird um die Langfinger geschlungen, vom linken Daumen und Zeigefinger gehalten. Drehung der rechten Handfläche zur operierenden Person hin. Der rote Faden wird zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten. h Das rote, rechte Fadenende wird über die Langfinger 3–5 und dann auf den blauen Faden gelegt. i Der blaue Faden wird zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten und läuft auf der Dorsalseite des Mittelfingers zur Palmarseite von Ring- und Kleinfinger. Zwischen linkem Mittelfinger und Ringfinger wird der blauen Faden geführt und j durch leichte Streckung von Mittel- und Ringfinger wird die blaue Schlaufe gezogen. Dabei wird der rote Faden ständig unter leichter Spannung gehalten. k Nach Durchziehen des blauen Fadenendes wird dieser zwischen Daumen und Zeigefinger links gehalten. l Damit der zweite Knoten gegenläufig liegt, werden die Hände gekreuzt, sodass der rote Faden nach links und der blaue nach rechts zeigt. m Der fertige Knoten zeigt das flache Aufliegen und Nichtüberwerfen der Knoten

Überkreuzter Knoten in Zweihandtechnik

Dieser Knoten ist einfach zu knoten und hat einen guten Knotensitz (s. auch Abb. 6e–m) Die Legenden geben die Details wieder.

Abb. 6
figure 6

Zweihandtechnik. a Der blaue Faden liegt über dem halb gestreckten linken Zeigefinger, der rote Faden wird in der linken Hand gehalten. Die Daumen beidseitig sind frei. b Zeigefinger und Daumen rechts führen den roten Faden über das Zeigefingerendglied, während der blaue Faden unter leichter Spannung auf dem Zeigefingerendglied liegt. c Im nächsten Schritt greifen linker Zeigefinger und Daumen den roten Faden. Die Kreuzungstelle der Fäden wird zwischen Daumen und Zeigefinger links gehalten. d Der linke Zeigefinger schiebt den roten Faden unter dem blauen Faden hindurch. e Die Drehung des Zeigefingers ist beendet. Der rote Faden liegt mit einer kleinen Schlaufe nach unten. f Die kleine Schlaufe wird vollständig herausgezogen. g Anspannen des roten Fadenendes nach rechts und des blauen Fadenendes nach links. h Nach festen gegenläufigen Anziehen – in dieser Darstellung in horizontaler Richtung – sitzt der erste Knoten flach auf dem Gewebe. i Fadenwechsel, rot jetzt links, blau rechts. Der rote Faden liegt auf dem linken, der blaue auf dem rechten radialseitigen Zeigefingerendglied. j Die linke Hand wird gedreht. Die Kreuzungsstelle der Fäden wird zwischen Daumenkuppe und Zeigefinger rechts gehalten. k Der rote Faden wird mit der Zeigefingerkuppe unter dem blauen Faden durchgezogen – analog e und f. l Geführt von den Zeigefingern wird das rote Fadenende nach links und das blaue nach rechts gezogen. m Es resultiert ein fester Knoten, sogenannter „Samariterknoten“, der sich nicht lösen kann; man beachte die rote und blaue Schlinge. Gelöst werden kann der Knoten nur durch Stoßen der Fäden!

Fadenentfernung

Zeitpunkt des Fadenzugs

Hautfäden werden am zügigsten im Kopf-Hals-Bereich und bei Kindern gezogen. Bei Immunsuppression, z. B. Cortison-Einnahme, Diabetes mellitus sollte der Fadenzug prolongiert wegen der verzögerten Wundheilung erfolgen (s. auch Tab. 5).

Tab. 5 Vorgeschlagener Zeitpunkt des Fadenzugs

Fadenzug

Zum Fadenzug eignen sich verschiedene Techniken. Ein Ende der Naht wird mit einer anatomischen Pinzette gefasst und vorsichtig angehoben oder zu einer Seite der Wunde gezogen. Bei Verwendung normaler Skalpellklingen wird beachtet, dass die Schneide hautabgewandt ist. Identisches Vorgehen kann auch mit einer spitzen Schere oder einem speziellen Fadenmesser erfolgen (Abb. 78910 und 11).

Abb. 7
figure 7

Standardinstrumente zur Fadenentfernung: a feine spitze Schere, b spezielles Skalpell mit innenseitiger Schneidefläche, c Skalpellgriff mit 15er-Klinge, d Detailansicht der speziellen Schneidefläche des Fadenentfernungsskalpells

Abb. 8
figure 8

Nahtbeispiele gezeigt an einem Nahtübungsblock für Studierende: a Einzelknopfnaht, b Donati-Rückstich-Naht, c Donati-Rückstichnaht mit Vessel-Loop als Unterlage, sodass der Faden weniger in die Haut einschneidet und dadurch die Fadenentfernung erleichtert wird

Abb. 9
figure 9

Fadenentfernung mittels speziellen Skalpells. Man beachte, dass mit einer anatomischen Pinzette ein Fadenende hochgezogen wird und somit das gebogene spezielle Skalpell problemlos in den freien Raum und schmerzfrei unter der Schlinge durchgeschoben werden kann. Der Faden wird durch Anheben der Klinge von der Haut weg geschnitten. ab Einzelknopfnaht, cd Donati-Naht, ef Donati-Naht mit Vessel-Loop-Unterlage

Abb. 10
figure 10

Fadenentfernung mittels Skalpellhandgriff und 15er-Klinge. Man beachte, dass mit einer anatomischen Pinzette ein Fadenende hochgezogen wird und somit die Spitze des 15er-Skalpells gefahrlos und schmerzfrei den Faden durchtrennen kann. ab Einzelknopfnaht, cd Donati-Naht, ef Donati-Naht mit Vessel-Loop-Unterlage

Abb. 11
figure 11

Fadenentfernung mittels feiner, spitzer Schere. Man beachte, dass mit einer anatomischen Pinzette ein Fadenende hochgezogen wird und somit eine Branche der Scherenspitze gefahrlos untergeschoben werden kann und schmerzfrei den Faden durchtrennbar ist. ab Einzelknopfnaht, cd Donati-Naht, ef Donati-Naht mit Vessel-Loop-Unterlage