Einleitung

Seit Beginn des Jahrs 2020 besteht eine weltweite Pandemie durch das SARS-CoV-2-Virus [1, 5]. Das Spektrum von COVID-19 reicht von einfachen Erkältungssymptomen bis zum beatmungspflichtigen Lungenversagen (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS; [10]). Notaufnahmen sind oft der erste Anlaufpunkt bei entsprechenden Beschwerden, was regional die Kapazitäten der Notaufnahmen und der Intensivstationen stark belastet und teilweise zu erheblichen Kapazitätsengpässen führt [3, 10]. Das Personal der Notaufnahmen hat eine Schlüsselrolle, da es neben der Erstversorgung auch für die Entscheidung über die primär ambulante oder stationäre Behandlung zuständig ist [6, 8]. Um Daten für den deutschen Raum besser zu erfassen und strukturiert auszuwerten, wurde im Mai 2020 das Notaufnahmeregister ReCovER (Registry for COVID-19 in the Emergency Room) installiert, an dem sich aktuell 6 universitäre Notaufnahmen in Deutschland kooperativ beteiligen. Primäres Ziel dabei war es, Patienten mit einer nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektion, die sich mit einem klinischen Verdachtsmoment, also entsprechenden Symptomen, in der Notaufnahme vorstellen, zu erfassen und zu charakterisieren. Asymptomatische COVID-19-Patienten oder Patienten, die z. B. vor Aufnahme in das Krankenhaus im Rahmen eines in der Notaufnahme durchgeführten Screeningtests als infiziert erkannt wurden, wurden explizit ausgeschlossen, um eine Verwässerung zu verhindern. Zur besseren Beschreibung der Kohorte wurde außerdem eine Referenzgruppe von Patienten in das Register mit aufgenommen, die sich ebenfalls mit COVID-19-typischen Symptomen, jedoch ohne SARS-CoV-2-Nachweis in den Notaufnahmen vorstellten.

Ziel der Arbeit

Das Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung des ReCovER-Registers (Aufbau, Protokoll) zur systematischen Erfassung klinischer Parameter bei Patienten mit COVID-19-Verdacht in der Notaufnahme sowie die Beschreibung der ersten 1000 Patienten.

Methodik

Studiendesign

ReCovER ist ein offenes, webbasiertes Register, das die anonymisierte, retrospektive Eingabe von Daten zu Patienten aus der Notaufnahme mit Verdacht auf COVID-19 ermöglicht. Nationale und EU-weite Anforderungen an den Datenschutz werden erfüllt. Auf Grundlage der Anonymisierung ist eine Aufklärung und Einwilligung der Patienten nicht notwendig [11]. Die Eingabemaske enthält mehr als 800 Items zu Epidemiologie, Vorerkrankungen, Symptomen sowie Monitordaten bei Vorstellung. Zusätzlich werden die diagnostischen Ergebnisse inklusive der Laborergebnisse und Bildgebung integriert. Ebenso bildet das Register den gesamten klinischen Verlauf bis zur Entlassung, entweder direkt aus der Notaufnahme oder erst nach einem stationären Aufenthalt, ab. Im Rahmen der Pandemie wurden und werden vielerorts betroffene Patienten im Sinne einer Qualitätssicherung auch nach Entlassung nachverfolgt – auch diese Daten können in ReCovER abgebildet werden. Für die schnelle, aber dennoch strukturierte Dateneingabe benutzt ReCovER ein modulares Design, das Fragen und Items entsprechend dem Krankheitsverlauf anzeigt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Registry for COVID-19 in the Emergency Room: ReCovER. Datenbankstruktur, Items und Ziele des Registers. (Mit freundl. Genehmigung © Klinische Akut- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum Köln. Alle Rechte vorbehalten)

Die Zustimmung der lokalen Ethikkommissionen (EK) wurde an allen Standorten eingeholt (federführende EK: Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, Az.: 20-1198), und die Studie wird nach den Vorgaben der Deklaration von Helsinki und den Richtlinien über gute klinische Praxis (GCP) durchgeführt (International Conference on Harmonization). Die Studie ist unter clinicaltrials.gov registriert (Identifier: NCT04351854).

Datensammlung

Aktuell erfassen 6 universitäre Notaufnahmen in Deutschland kontinuierlich Daten in ReCovER: Universitätsklinik Köln; Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte und Virchow; Universitätsklinikum Essen; Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel; Universitätsmedizin Göttingen und Universitätsklinikum Münster. Eingeschlossen werden alle Patienten mit einem positiven SARS-CoV-2-Nachweis im nasopharyngealen Abstrich (PCR), die sich mit mindestens einem COVID-19-verdächtigen Symptom vorstellten, diese Gruppe wird im Folgenden als Positivgruppe (PG) bezeichnet. Als COVID-19-verdächtige Symptome gelten entsprechend der Handreichungen des Robert Koch-Instituts (RKI): Fieber, Husten, Kurzatmigkeit, Myalgien, Fatigue, Geruchs- oder Geschmacksverlust, Diarrhöen, Übelkeit und Erbrechen. Patienten ohne diese Symptome werden – unabhängig vom Ergebnis einer SARS-CoV-2-Testung – nicht eingeschlossen. Um eine bessere Charakterisierung der Patienten in der PG zu ermöglichen, werden darüber hinaus Patienten mit negativem SARS-CoV-2-PCR-Test, aber mit mindestens einem COVID-19-verdächtigen Symptom als Referenzgruppe eingeschlossen, diese Gruppe wird im Folgenden als Negativgruppe (NG) bezeichnet. Bei der Auswahl dieser Patienten war ein „matching“ im Sinne einer klassischen Fall-Kontroll-Strategie aufgrund der vor allem zu Beginn der Pandemie beobachteten geringen Notaufnahmefrequentierung nicht möglich. Um das Risiko eines Selektionsbias zu minimieren, wird zu jedem Patienten aus der PG derjenige SARS-CoV-2-negative, symptomatische Patient mit dem zeitlich am nächsten gelegenen Aufnahmezeitpunkt in die NG aufgenommen.

Die Dateneingabe erfolgt frühestens 14 Tage nach Entlassung des Patienten aus dem Krankenhaus, um eine Patientennachverfolgung in diesem Zeitraum zu ermöglichen – erneute Vorstellungen in der Notaufnahme, stationäre Aufnahmen, aber auch Informationen aus in der dieser Zeit dokumentierten telefonischen Kontakten oder ambulanten Vorstellungen können so ebenfalls erfasst werden.

Statistik

Die deskriptive Statistik wurde mittels SPSS Software Version 26 (IBM Corp., Armonk, NY, USA) durchgeführt. Kategorische Variablen an Patientencharakteristika wurden mittels Frequenz und prozentualem Anteil zusammengefasst sowie mittels χ2-Test oder Fishers exaktem Test verglichen. Kontinuierliche Variablen wurden mittels des Medians und des Interquartilsabstands (IQR) zusammengefasst und mithilfe des Mann-Whitney-U-Tests (als Test für unverbundene Stichproben) verglichen. Aufgrund des explorativen Charakters der Analyse wurde nicht für multiples Testen korrigiert, ein p-Wert unter 0,05 wurde als statistisch signifikant interpretiert.

Ergebnisse

Eingaben in ReCovER waren ab dem 19.05.2020 möglich. Die hier gezeigte Auswertung bezieht sich auf die ersten 1000 vollständig eingegeben Patienten, dieser Meilenstein wurde am 13.01.2021 erreicht. Ein Zentrum konnte nur Patienten aktiv beisteuern, die nach September 2020 vorstellig wurden, bei allen anderen Zentren wurden Patienten seit Beginn der Pandemie eingeschlossen. In der PG wurden 594 Patienten (59,4 %), in der NG 406 Patienten (40,6 %) eingegeben. Die unterschiedlichen Gruppengrößen ergeben sich aufgrund der lokal unterschiedlichen Eingabepraktiken. Die 594 Patienten in der PG stellen ca. 90 % aller bis zum 13.01.2021 behandelten und somit prinzipiell einschließbaren Patienten dar.

Die Altersverteilung zeigt in beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede, die meisten Patienten in beiden Gruppen waren zwischen 30 und 49 Jahren alt; auch die Verteilung der Geschlechter unterscheidet sich in beiden Gruppen nicht. Patienten der PG litten deutlich seltener an Vorerkrankungen im Vergleich zur NG (28,3 vs. 18,7 %, p = 0,001). Vor allem hämatoonkologische Vorerkrankungen (11,8 vs. 20,4 %, p < 0,001) sowie chronische Lungenerkrankungen (11,3 vs. 19 %, p = 0,001) waren seltener als in der NG (Tab. 1).

Tab. 1 Patientencharakteristika bei initialer Vorstellung in der Notaufnahme

Die Verteilung auf die Dringlichkeitskategorien in den entsprechend der gesetzlichen Vorgaben in allen Zentren durchgeführten Triagesystemen (Tab. 2) zeigt ein klares Übergewicht bei den PG-Patienten in der Kategorie 4 (39,4 vs. 32 %, p = 0,017), während NG-Patienten vermehrt in die Kategorie 3 eingeteilt wurden (40,9 vs. 30 %, p < 0,001). Es sei angemerkt, dass ein Zentrum den Emergency Severity Index, alle anderen Zentren das Manchester Triage System benutzen, was gewisse Einschränkungen der Vergleichbarkeit mit sich bringt. COVID-19-Patienten wiesen im Durchschnitt eine deutlich längere Latenz zwischen Beginn der Symptome und Vorstellung in der Notaufnahme auf (5 vs. 3 Tage, p < 0,001).

Tab. 2 Triage, Zuweisung, Vitalzeichen und klinische Symptome bei initialer Vorstellung in der Notaufnahme

Patienten der PG hatten in der ZNA eine niedrigere Herzfrequenz (89 vs. 92/min, p = 0,019), einen niedrigeren systolischen Blutdruck (130 vs. 134 mm Hg, p = 0,013) sowie eine höhere Atemfrequenz (18 vs. 16/min, p = 0,018) als in der NG. Der Anteil der Patienten mit einem qSOFA-Score ≥ 2 unterschied sich zwischen den beiden Gruppen nicht (5,2 vs. 3,2 %, p = 0,127).

In der Analyse der klinischen Zeichen bei Vorstellung waren in der PG vor allem Husten, Myalgien, Fatigue sowie Geruchs- und Geschmacksverlust signifikant erhöht gegenüber der NG. Patienten der NG wiesen dagegen häufiger Tachykardien mit einer Herzfrequenz > 100/min auf (Tab. 2).

Die Analyse der Laborwerte zeigte bei PG-Patienten gegenüber den NG-Patienten erhöhte Werte für Laktatdehydrogenase (LDH), Ferritin, Aspartat-Aminotransferase (ASAT), Alanin-Aminotransferase (ALAT) und Hämoglobin (Hb). Gegenüber den NG-Patienten erniedrigt waren hingegen die Lymphozyten- und Thrombozytenzahlen, das C‑reaktive Protein (CRP) und das Prokalzitonin (PCT; Tab. 3).

Tab. 3 Laborergebnisse bei initialer Vorstellung in der Notaufnahme

In der initialen CT-Bildgebung zeigten sich in der PG häufiger multiple und überwiegend peripher lokalisierte Läsionen. Auch Milchglasinfiltrate und das „Crazy-paving“-Muster konnte häufiger bei PG-Patienten nachgewiesen werden. Eine Lungenultraschalluntersuchung kam nur selten zur Anwendung (Tab. 4).

Tab. 4 Ergebnisse der Bildgebung bei initialer Vorstellung in der Notaufnahme

Patienten der PG erhielten in der Notaufnahme häufiger Sauerstoff, während sich die Rate an nichtinvasiven und invasiven Beatmungen in beiden Gruppen nicht unterschied. Außerdem erhielten PG-Patienten in der Notaufnahme seltener eine medikamentöse Therapie, insbesondere weniger Antibiotika, Virostatika und Kortison. Auch die Behandlung mit Antiobstruktiva, Antihypertensiva und Diuretika war bei PG-Patienten signifikant seltener zu beobachten (Tab. 5).

Tab. 5 Therapeutisches Management

Während sich die Entlassungsraten unmittelbar aus der Notaufnahme in beiden Gruppen nicht signifikant unterschieden, zeigten Follow-up-Untersuchungen, dass PG-Patienten nach Entlassung häufiger persistierende Symptome (11,1 vs. 4,6 %, p = 0,018) hatten und bei erneuter Vorstellung häufiger stationär aufgenommen werden mussten (6,8 vs. 2,3 %, p = 0,035; Tab. 6). Die Hospitalisierungsraten für Normal- oder Intensivstationen unterschieden sich in den Gruppen nicht, allerdings war die Dauer sowohl des normalstationären Aufenthalts als auch auf der Intensivstation bei PG-Patienten deutlich erhöht (Median: 9 vs. 7 Tage, p = 0,001 auf der Normalstation bzw. 8 vs. 4 Tage, p = 0,001 auf der Intensivstation). Der stationäre Verlauf unterschied sich in den Gruppen vor allem durch eine höhere Rate an viralen Pneumonien (68,0 vs. 13,0 %, p < 0,001) mit beatmungspflichtigem Lungenversagen (ARDS) in der PG-Gruppe (5,8 vs. 1,3 %, p = 0,006). Auch schwere Krankheitsverläufe, definiert als Tod, kardiopulmonale Reanimation (CPR), Intensivaufenthalt, High-flow-Sauerstoffgabe (HFNC), nichtinvasive oder invasive Beatmung, Katecholamintherapie, Sepsis, disseminierte intravasale Gerinnung oder Hospitalisierung > 14 Tage fanden sich häufiger in der PG-Gruppe (26,3 vs. 20,4 %, p = 0,034).

Tab. 6 Krankheitsverlauf und Outcome nach Vorstellung in der Notaufnahme

Diskussion

Die COVID-19-Pandemie hat zu intensiver Forschung geführt und dazu beigetragen, das Krankheitsbild in kurzer Zeit umfassend zu charakterisieren [4, 7, 10, 13]. Dennoch ist es bisher nicht gelungen, für die initiale Phase der klinischen Notfallversorgung hinreichend validierte Prädiktionsfaktoren für einen komplizierten Verlauf zu finden, da in den meisten klinischen Beobachtungsstudien eine ausreichend lange Nachbeobachtung der Patienten fehlt [12]. Die Struktur von ReCovER adressiert dies, indem Patientendaten grundsätzlich erst mit einer zeitlichen Latenz eingegeben werden, um den außerklinischen Verlauf der Patienten abbilden zu können. Darüber hinaus ermöglicht der Einschluss von SARS-CoV-2-negativen Verdachtsfällen die Analyse attributiver klinischer Merkmale von SARS-CoV-2-positven Patienten in der ZNA. Die Charakterisierung der ersten 1000 Patienten aus ReCovER zeigt, dass das Bild an 6 deutschen Universitätskliniken erheblich von dem abweicht, was wir aus der Berichterstattung aus Regionen wie der Lombardei (Italien), New York (USA) oder Lissabon (Portugal) kennen. So handelt es sich in unserer Analyse vor allem um Patienten mittleren Lebensalters, die bei Vorstellung in der Mehrzahl der Fälle nicht schwer erkrankt waren, auch nicht im Vergleich mit SARS-CoV-2-negativen Referenzpatienten. Bei ebenfalls gleicher Rate an stationären Aufnahmen hatten die COVID-19-positiven Patienten allerdings deutlich längere und kompliziertere Verläufe, inklusive eines beatmungspflichtigen Lungenversagens (ARDS). Auch nach Entlassung aus dem Krankenhaus zeigten die COVID-19-Patienten häufiger persistierende Symptome. Die ebenfalls hohe Hospitalisierungsrate bei erneuter Vorstellung zeigt, dass Ärztinnen und Ärzte der Notaufnahmen sorgfältig prüfen müssen, wen sie nach Hause entlassen können und wen nicht. Möglicherweise besteht hier ein Potenzial zur Verhinderung prolongierter Krankheitsverläufe durch den frühzeitigen Einsatz intensivierter Therapieverfahren. Hierzu fehlt bisher Evidenz für die spezifische Versorgungssituation in Deutschland, sodass ReCovER eine wichtige Datengrundlage für die optimierte Versorgung und die Identifikation von Risikopatienten in der ZNA schafft.

ReCovER ist ein Register mit hoher Granularität, dennoch ermöglicht der modulare Aufbau des Registers eine Dokumentation mit relativ geringem Aufwand. Neben der Charakterisierung des Krankheitsbilds und der Abbildung notfallmedizinischer Aspekte hinsichtlich der initialen Behandlung von COVID-19-Patienten ermöglicht die Plattform die Beantwortung weiterer wichtiger Fragen. So kann die Auswertung größerer Datensätze dazu beitragen, spezifische Verlaufsprädiktoren zu identifizieren oder aber die longitudinale Veränderung des Krankheitsgeschehens in Deutschland zu erfassen. Vor diesem Hintergrund ist es wünschenswert, dass sich zukünftig möglichst viele weitere Notaufnahmen an ReCovER beteiligen.

Zu Beginn der ersten Infektionswelle im Jahr 2020 bestand noch große Verunsicherung bezüglich der optimalen Strategie zum Umgang mit COVID-19 in den Notaufnahmen. Dagegen ist es im Lauf der letzten Monate durch die Steigerung der Testkapazitäten und weitere Maßnahmen wie Maskenpflicht und Lockdowns zur Entlastung von Notaufnahmen und Intensivstationen gekommen. Der Effekt der laufenden Impfung der Bevölkerung gegen SARS-CoV‑2 ist aktuell noch nicht zu beurteilen, wird aber voraussichtlich weitere Entlastung bringen. Dennoch sind – auch vor dem Hintergrund bereits weltweit nachgewiesener und teils hoch ansteckender Mutationen von SARS-CoV‑2 [2, 9] – weitere gemeinsame Anstrengungen erforderlich, um die Versorgung erkrankter Patienten in der Notaufnahme einerseits sowie den Schutz des dort tätigen Personals andererseits zu verbessern. Der longitudinale Vergleich mittels ReCovER ermöglicht zudem die Analyse der Inanspruchnahme medizinischer Ressourcen in verschiedenen Phasen der Pandemie. Zudem bietet die kooperative Forschung im Rahmen eines gemeinsamen Registers die Chance, wichtige Erkenntnisse für zukünftige Pandemien zu gewinnen.

Limitationen und Stärken

Die aktuelle Auswertung hat mehrere Limitationen, die als registerimmanent bezeichnet werden können und sich vor allem aus der retrospektiven Erfassung von Routinedaten ergeben. Dies betrifft insbesondere fehlende Werte bedingt durch unterschiedliche Labor- und Diagnostikstandards zwischen den beteiligten Zentren. Die Aufnahme von Referenzpatienten in ReCovER beinhaltet die Gefahr eines Selektionsbias, wir versuchen dies über eine Auswahl nach der reinen zeitlichen Nähe der Vorstellung der Patienten in der Notaufnahme zu adressieren. Allerdings waren bei der vorliegenden Auswertung der ersten 1000 Patienten nicht die Daten aller eingeschlossenen Kontrollpatienten vollständig eingegeben. Dies erklärt die ungleiche Gruppengröße und mag zu einer gewissen Unschärfe beitragen. Zukünftige Auswertungen von größenäquivalenten Patientenkollektiven werden dies korrigieren. Prospektive Studien mit vergleichbaren Patientenzahlen – obwohl sicherlich von höherer Aussagekraft – sind aufgrund naheliegender logistischer und infrastruktureller Gründe (Kosten, erschwerte Einholung des Patienteneinverständnisses etc.) kaum in kurzer Zeit zu realisieren, sodass Register wie ReCovER eine wichtige Erkenntnisquelle darstellen. Insofern kann ReCovER auch als Blaupause für andere Fragestellungen in der Notfallmedizin dienen.

Fazit für die Praxis

  • Die aktuelle Pandemie stellt eine enorme Herausforderung für die Notaufnahmen dar. Unter dem Druck eines isolationspflichtigen Krankheitsbilds muss neben der Erstversorgung darüber entschieden werden, welche Teststrategien in der Notaufnahme schnell, kosteneffektiv und mit einer ausreichenden diagnostischen sowie prognostischen Wertigkeit angewendet werden können.

  • Es herrscht weiterhin Unsicherheit über die Prädiktoren eines schweren Verlaufs von COVID-19, die in der Notaufnahme als Entscheidungshilfe dienen könnten. Register, wie die hier vorgestellte ReCovER-Studie sind geeignet, die erste Phase der klinischen Versorgung mit dem weiteren Verlauf zu verbinden.

  • Standortübergreifende Register sind für den raschen Erkenntnisgewinn gerade im Fall von pandemischen Gefährdungslagen essenziell. Offene, angemessen granulare und krankheitsspezifische Register wie ReCovER eignen sich am besten, um schnell Informationen über medizinische Profile neuer Krankheitsentitäten zu erstellen und Handlungsempfehlungen abzuleiten.

  • Mit ReCovER ist es gelungen, eine Plattform zu etablieren, an der sich mehrere große Universitätskliniken in Deutschland kontinuierlich erfolgreich beteiligen. Insofern kann ReCovER auch als Modell weiterer flächendeckender Registerprojekte verstanden werden.