Zusammenfassung
Der Begriff Ischämie beschreibt die Minderdurchblutung oder den kompletten Durchblutungsausfall eines oder mehrerer Organe. Der Früherkennung eines Schocks, der globalen Ischämie des Körpers, kommt eine essenzielle Bedeutung in der Notfall- und Intensivmedizin zu. Die klinische Untersuchung und Point-of-care-Labordiagnostik (z. B. Laktat, Basendefizit, zentral-/gemischtvenöse Sauerstoffsättigung, venös-arterieller Kohlendioxidpartialdruckgradient) stellen die wichtigsten Methoden zur Diagnose eines Schockzustands dar. Ein Schockzustand kann auch bei Patienten mit normo- oder hypertensiven Blutdruckwerten vorhanden sein. Im Rahmen eines Schockgeschehens kommt es zur Minderdurchblutung der Vital- und Viszeralorgane. Im 2. Teil dieses Manuskripts werden klinische, laborchemische und apparative Methoden zur Diagnose der schockassoziierten Minderdurchblutung von Gehirn, Herz, Niere und Darm zusammengefasst.
Abstract
Ischemia refers to a reduction or interruption of the blood flow to one or more organs. Early recognition of shock, a global ischemic state of the body, is of key importance in emergency and intensive care medicine. The physical examination and point-of-care laboratory diagnostics (i.e. lactate, base deficit, central/mixed venous oxygen saturation, venous–arterial carbon dioxide partial tension) are the methods of choice to diagnose shock in clinical practice. Importantly, a state of shock can also be present in patients with normo- or hypertensive arterial blood pressures. In shock, hypoperfusion of vital and visceral organs occurs. In the second part of this article, physical examination techniques, laboratory and diagnostic methods to detect shock-related hypoperfusion of the brain, heart, kidney and gastrointestinal tract are reviewed.
Lernziele
Nach Lektüre dieses Beitrags
-
erkennen Sie den Patienten im Schock bereits in der kompensierten Phase,
-
sind Ihnen die klinischen Zeichen eines Schockzustands bekannt,
-
sind Sie mit der klinischen Präsentation unterschiedlicher Schockformen vertraut,
-
erkennen Sie die laborchemischen Zeichen des Schockzustands
-
können Sie die apparativen Möglichkeiten zur Diagnose einer Organischämie im Rahmen eines Schockzustands anwenden.
Hintergrund
Der Begriff Ischämie beschreibt die Minderdurchblutung oder den kompletten Durchblutungsausfall eines oder mehrerer Organe. Es wird zwischen regionaler, also auf ein oder benachbarte Organe beschränkter Ischämie und globaler, den gesamten Körper betreffender Ischämie unterschieden. Die globale Ischämie entspricht einem Schockzustand. Sie ist eine der häufigsten Ursachen von Organdysfunktion und Tod bei Notfall- und Intensivpatienten [1]. Der Früherkennung einer globalen Ischämie kommt daher eine essenzielle Bedeutung in der Notfall- und Intensivmedizin zu.
In diesem Beitrag wird die klinische, laborchemische und apparative Diagnostik der globalen Ischämie detailliert erläutert. Im 2. Teil des Artikels wird die Diagnostik der Minderdurchblutung einzelner Organe im Rahmen einer globalen Ischämie beschrieben. Auf die Diagnostik regionaler Ischämien ohne globale Minderdurchblutung (z. B. akuter Myokardinfarkt infolge eines koronaren Verschlusses, ischämischer Schlaganfall infolge eines arteriellen Gefäßverschlusses) wird nicht gesondert eingegangen.
Fallbeispiel
Ein 60-jähriger Patient wird nach einem Kollaps in die Notaufnahme gebracht, wo er sich mit fahlem Hautkolorit, wach, aber unruhig und desorientiert präsentiert. Er klagt über Dyspnoe und weist eine erhöhte Atemarbeit auf. Der Blutdruck beträgt 129/64 mm Hg, die Herz- und Atemfrequenzen sind mit 117/min und 31/min deutlich erhöht. Die Körpertemperatur beträgt 38,7 °C. In der klinischen Untersuchung fällt auf, dass der Patient einen fadenförmigen Radialispuls, kühle Extremitäten sowie eine ausgedehnte Hautmarmorierung an beiden unteren Extremitäten (Abb. 1) aufweist. Des Weiteren zeigt sich die Rekapillarisierungszeit auf etwa 4 s verzögert. Es wird die Diagnose eines septischen Schocks gestellt. Die erste Blutgasanalyse zeigt eine erhöhte Laktatkonzentration (8,9 mmol/l) sowie eine respiratorisch inkomplett kompensierte metabolische Acidose (pH 7,22; Basendefizit −13 mmol/l; arterieller Kohlendioxidpartialdruck [paCO2] 37 mm Hg). Nach Einlage eines Harnkatheters entleeren sich geringe Mengen an konzentriertem Harn. Therapeutisch wird mit der Gabe von 1500 ml balancierter kristalloider Infusionslösungen begonnen. Da der Patient trotz Volumentherapie zunehmend hypotensive Blutdruckwerte und weiterhin Zeichen der Endorganhypoperfusion aufweist, wird eine Therapie mit Noradrenalin mit einer Rate von 0,2 µg/kgKG und Minute eingeleitet. Parallel dazu werden Blutkulturen abgenommen, der Harn auf Pneumokokken- und Legionellenantigen getestet und bei der klinischen Verdachtsdiagnose einer schweren ambulant erworbenen Pneumonie eine empirische Therapie mit Piperacillin/Tazobactam und Azithromycin eingeleitet.
Schock
Pathophysiologisch entspricht ein Schock einer globalen Minderdurchblutung der Körpergewebe mit unzureichender Sauerstoffversorgung der Zellen [3]. In der Klinik und in mehreren aktuellen Definitionen wird ein Schockzustand als das gleichzeitige Vorhandensein von Zeichen einer globalen Minderdurchblutung und einer arteriellen Hypotonie (z. B. mittlerer arterieller Blutdruck <65 mm Hg oder systolischer arterieller Blutdruck <90 mm Hg) definiert [4, 5, 6]. Bei genauer Betrachtung der Pathophysiologie des Schockzustands tritt eine Minderversorgung der Zellen mit Sauerstoff jedoch bereits viel früher, also schon lange vor dem Abfall des arteriellen Blutdrucks auf. Diese Schockphase wird als kompensierte Schockphase bezeichnet, führt aber dennoch zur Minderdurchblutung der Organe und Gewebe mit dem Risiko einer Organdysfunktion. Reichen die kardiovaskulären Kompensationsmechanismen nicht mehr aus, um den arteriellen Blutdruck aufrecht zu erhalten, sinkt der Blutdruck (Abb. 2). Diese Dekompensation eines Schockzustands geht mit einer deutlichen Erhöhung der Morbidität und Mortalität einher [7]. Auf diese Fehleinschätzungen der Schockdefinition gehen die neuesten Empfehlungen der europäischen Intensivgesellschaft explizit ein. In einem Konsensuspapier wird unterstrichen, dass ein Schockzustand auch dann vorliegen kann, wenn (noch) keine arterielle Hypotonie vorhanden ist [3]. Auch bei jenem Patienten, der im Fallbeispiel vorgestellt wurde, lag beim Eintreffen in der Notaufnahme bereits ein schwerer Schockzustand vor, obwohl der Blutdruck aufgrund ausgeprägter kardiovaskulärer Kompensationsmechanismen noch normal war. Wird ein Schock erst erkannt und aggressiv behandelt, wenn der arterielle Blutdruck abfällt und der Schockzustand dekompensiert, verstreicht wertvolle Zeit, in der eine globale Hypoperfusion reversiert und ischämiebedingte Organdysfunktionen verhindert werden können.
Merke
Auch normo- oder hypertensive Patienten können sich in einem Kreislaufschock befinden!
Cave
Wird ein Schockzustand erst erkannt, wenn der Blutdruck abfällt, geht wertvolle Zeit verloren, in der eine ischämiebedingte Organdysfunktion verhindert werden könnte.
Im Gegensatz dazu kann eine arterielle Hypotonie vorliegen, ohne dass dies durch einen Schockzustand bedingt ist (z. B. Orthostase, Blutdruckabfall nach neuroaxialer Anästhesie/Analgesie oder Verabreichung von Sedativa/Anästhetika). Dies ist wichtig, da zahlreiche Sedativa (z. B. Dexmedetomidin) oder Anästhetika (z. B. Propofol) den Sympathikotonus reduzieren, gleichzeitig zu einer Vasodilatation führen und somit einen Blutdruckabfall herbeiführen können. Damit kann ein sedierter und intubierter Patient mit einer Infektion (z. B. Pneumonie) hypoton sein, ohne dass ein septischer Schock vorliegt (sog. „propofolinduziertes Schocksyndrom“).
Klinische Untersuchung
In den Empfehlungen der europäischen Intensivgesellschaft wird der Stellenwert der klinischen Untersuchung bei der Schockdiagnose besonders hervorgehoben. Dabei wird auf die klinische Beurteilung der Organe Haut, Niere und Gehirn hingewiesen [3]. Dabei müssen die folgenden 2 pathophysiologischen Schockgruppen voneinander unterschieden werden (Tab. 1):
-
a)
Schock mit globaler Minderdurchblutung sowie
-
b)
distributiver Schock mit normalem oder erhöhtem Herzzeitvolumen, aber Fehlverteilung des Blutflusses weg von den Vital- und Viszeralorganen .
Während ein Schock mit globaler Minderdurchblutung durch die klinischen Zeichen einer Zentralisation und Hypoperfusion der Niere und/oder des Gehirns erkannt werden kann, fehlen beim distributiven Schock typischerweise Zeichen der Zentralisation und Minderdurchblutung der Haut. Dennoch liegen bei diesen Patienten klinische Zeichen der renalen und/oder zerebralen Hypoperfusion vor. Unspezifische klinische Zeichen eines Schockzustands sind ein deutlich reduzierter Allgemeinzustand (klinischer Blick!), eine Tachypnoe und/oder eine Tachykardie.
Merke
Die klinische Untersuchung ist die Methode der Wahl, um einen Schockzustand zu erkennen.
Labordiagnostik
Zellmetaboliten (z. B. Laktat, Protonen, Kohlendioxid) und die relative Menge des ausgeschöpften Sauerstoffs können indirekte Hinweise auf eine globale Minderversorgung der Körpergewebe mit Sauerstoff liefern. Alle diese Parameter können bettseitig, z. B. mittels Point-of-care-Diagnostik, bestimmt werden. Laktat ist der am häufigsten herangezogen Laborparameter, um eine Gewebehypoperfusion zu erkennen. Eine erhöhte Laktatkonzentration (>2 mmol/l) ist Teil der neuen Definition des septischen Schocks [4]. Erhöhte Laktatspiegel und eine reduzierte Laktatclearance sind unabhängige Mortalitätsprädiktoren für Intensivpatienten [8].
Obwohl Laktat einen obligaten Metaboliten des anaeroben Zellmetabolismus darstellt, gibt es bei Notfall- und Intensivpatienten eine Vielzahl anderer Ursachen erhöhter Laktatkonzentrationen im Blut. Diese reichen von einer hepatischen Abbaustörung über einen Hypermetabolismus oder Thiaminmangel bis hin zu Medikamentennebenwirkungen (z. B. Adrenalin, β2-Mimetika, Metformin, Linezolid). Somit ist Laktat kein spezifischer Indikator einer Gewebehypoperfusion oder eines Schockzustands [9]. Nichtsdestotrotz hat es sich in der klinischen Praxis bewährt, bis zum Beweis des Gegenteils eine erhöhte Laktatkonzentration stets als Ausdruck einer globalen Hypoperfusion zu interpretieren. Auf der anderen Seite gilt es zu beachten, dass die Leber selbst hohe Mengen an Laktat rasch metabolisieren kann. Dies kann gerade bei jungen Patienten in frühen Phasen des Schocks zu falsch niedrigen Laktatkonzentrationen führen.
Merke
Bis zum Beweis des Gegenteils muss eine Erhöhung der Laktatkonzentration als Ausdruck einer globalen Hypoperfusion interpretiert werden!
Die Anhäufung von Protonen im Rahmen einer ischämiebedingten Zellhypoxie führt dennoch meist zu einer Erniedrigung der standardisierten Serumbikarbonatkonzentration und des Basenüberschusses („base excess“). Obwohl die Sensitivität einer metabolischen Acidose zur Diagnose eines Schockzustands sehr hoch ist, ist deren Spezifität limitiert, da viele andere metabolische Störungen (z. B. Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz, Ketoacidose, Medikamente) zu einer metabolischen Acidose führen können.
Da viele Gewebe eine physiologische Reservekapazität besitzen (sprich: einen Mechanismus, der es erlaubt, eine hypoperfusionsbedingte Verminderung der Sauerstoffzufuhr durch eine erhöhte Sauerstoffextraktion srate zu kompensieren), kann anhand der zentral- bzw. gemischtvenösen Sauerstoffsättigung indirekt auf den Grad der globalen Hypoperfusion geschlossen werden. Fällt die zentral- bzw. gemischtvenöse Sauerstoffsättigung unter 65 bzw. 60 % ab, liegt eine Erhöhung der globalen Sauerstoffextraktion bzw. ein inadäquater systematischer Blutfluss vor. Da das Ausmaß der Sauerstoffextraktion auf zellulärer Ebene beschränkt ist, weisen zentral-/gemischtvenöse Sauerstoffsättigungen <40 % auf eine kritische Hypoperfusion hin. Trotz hoher Spezifität für das Vorliegen eines inadäquaten systemischen Blutflusses ist die Sensitivität der zentral-/gemischtvenösen Sauerstoffsättigung zur Diagnose des Schocks gering. Falsch-hohe, d. h. normale Werte werden regelmäßig bei ausgeprägter Zentralisation oder in der Sepsis, bei der die Sauerstoffextraktion gestört sein kann, beobachtet. Ein sensitiverer Parameter zur Beurteilung der Adäquatheit des systemischen Blutflusses dürfte der venös-arterielle CO2-Partialdruck-Gradient sein. Eine Erhöhung dieses Gradienten >6 mm Hg kann bei stabilem Sauerstoffverbrauch als spezifischer Hinweis für einen inadäquaten systemischen Blutfluss interpretiert werden [10].
Cave
Falsch-hohe zentral- oder gemischtvenöse Sauerstoffsättigungen im Schock finden sich bei Patienten mit ausgeprägter Zentralisation oder Sepsis.
Apparative Diagnostik
Der apparativen Diagnostik kommt bei der Detektion eines Schockzustands eine nur untergeordnete Bedeutung zu. Hauptnachteil apparativer Methoden ist die Regionalität ihrer Messung. So kann z. B. mittels Intravitalmikroskopie die Mikrozirkulation unterhalb der Zunge eindrücklich visualisiert werden, jedoch ist unklar, wie verlässlich die Korrelation der Zungendurchblutung mit der systemischen Mikrozirkulation in den unterschiedlichen Schockzuständen ist. Weiterhin sind die meisten Intravitalmikroskope noch nicht für den Routinegebrauch im klinischen Alltag vorgesehen, da die Auswertung und Bildbeurteilung nur offline erfolgen kann.
Die nichtinvasive Messung der Gewebesauerstoffsättigung (StO2) mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) erfolgt ebenso punktuell, kann aber bei erniedrigten Werten, insbesondere wenn diese peripher (z. B. über dem Daumenballen) oder an mehreren Stellen gemessen werden, Hinweise für eine Zentralisation und somit globale Hypoperfusion liefern. Erniedrigte StO2-Werte sind bei Traumapatienten mit einem erhöhten Transfusionsbedarf, dem Schweregrad der Organdysfunktion sowie der Sterblichkeit assoziiert [11, 12, 13, 14, 15].
Merke
Der apparativen Diagnostik kommt bei der Schockdiagnose eine untergeordnete Bedeutung zu!
Nichtsdestotrotz ist die apparative Diagnostik primär (vor allem mittels einfacher, nichtinvasiver Tools wie Elektrokardiographie, Point-of-care-Sonographie und Echokardiographie) und sekundär (mittels invasiver Messverfahren, wie etwa zur Bestimmung der zentralvenösen-/gemischtvenösen Sättigung bzw. des pulmonalkapillaren Wedge-Drucks [PCWP], oder mittels erweiterter Bildgebung) essenziell, um die jeweilige Schockform korrekt zu diagnostizieren.
In Zusammenschau der Befunde aus klinischer Präsentation, Labordiagnostik und apparativer Diagnostik sollte der Akut- und Notfallmediziner in der Lage sein, entsprechend der Pathogenese und Pathophysiologie das vorliegende Schockgeschehen in eine der 4 Hauptgruppen der Schockformen:
-
hypovolämischer Schock,
-
distributiver Schock,
-
kardiogener Schock,
-
obstruktiver Schock,
einzuteilen, und entsprechend mit geeigneten Maßnahmen eine kausale Therapie zu beginnen [16].
Myokardischämie
Eine Myokardischämie im Rahmen eines Schockgeschehens tritt dann auf, wenn der systemische bzw. koronare Blutfluss nicht ausreicht, um den Sauerstoffbedarf des Myokards genügend zu decken (sog. Myokardischämie Typ II; [17]). Der Sauerstoffbedarf des Myokards ist im Schockzustand häufig aufgrund einer gleichzeitig bestehenden Tachykardie und eines gesteigerten Sympathikotonus erhöht. Liegt eine Koronarstenose vor, reicht bereits ein geringer Abfall des systemischen Blutflusses aus, um die myokardiale Sauerstoffversorgung kritisch zu reduzieren. Versagen die Kompensationsmechanismen im Schock und fällt der arterielle Blutdruck unter die koronare Autoregulationsgrenze ab, kommt es auch in Abwesenheit von Koronarstenosen zu einer myokardialen Ischämie. Ein Abfall des arteriellen Blutdrucks führt reflektorisch über Barorezeptoren zu einer weiteren Steigerung der Herzfrequenz, Erhöhung des myokardialen Sauerstoffbedarfs und Aggravierung der Myokardischämie (sog. Abwärtsspirale des Schockzustands; Abb. 2). Eine Autopsiestudie fand, dass über die Hälfte der Patienten, die im septischen Schock verstarben, eine Myokardischämie aufwies [18].
Einen besonderen Stellenwert hat in diesem Zusammenhang die septische Kardiomyopathie als eine spezielle Form der potenziell reversiblen Organdysfunktion im Rahmen einer Sepsis beziehungsweise eines septischen Schocks. Hierbei zeigt sich häufig eine Dilatation der Herzkammern, begleitet von einer reduzierten ventrikulären Pumpfunktion bis hin zum rechts-, links- oder biventrikulären Pumpversagen [19].
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung ist eine insensitive Methode zur Diagnose der Myokardischämie im Rahmen eines Schockzustands. Im Gegensatz zur Myokardischämie infolge eines koronaren Verschlusses (Myokardinfarkt Typ I) verursacht eine schockassoziierte myokardiale Minderperfusion nur selten stenokardietypische Brustschmerzen. Häufiger finden sich unspezifische Symptome wie Angst, Dyspnoe oder vegetative Symptome (z. B. Schwitzen).
Merke
Die klinische Untersuchung ist eine insensitive Methode zur Diagnose der Myokardischämie im Rahmen eines Schockzustands.
Labordiagnostik
Der laborchemische Nachweis erhöhter Serumtroponinkonzentrationen (I oder T) im Blut ist ein spezifischer Hinweis auf eine Myokardzellschädigung und somit ein indirekter Indikator für eine myokardiale Hypoperfusion und Ischämie im Schock. Dabei scheint insbesondere das Ausmaß der (diastolischen) arteriellen Hypotonie und Tachykardie die Höhe des Troponinanstiegs zu beeinflussen [20]. Der Anstieg der Troponine erfolgt mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa 3–6 h nach Beginn der Myokardischämie. Verglichen mit der Myokardischämiediagnostik im ambulanten Setting ist eine Troponinerhöhung im Schockzustand weniger spezifisch für eine myokardiale Minderperfusion. So kann die Troponinkonzentration auch durch eine direkte Katecholaminwirkungen, Myokarditis und/oder Nierenschädigung erhöht sein. Eine Troponinerhöhung ist bei Patienten mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert [21].
Merke
Die Troponinserumkonzentration ist ein spezifischer Marker für eine Myokardzellschädigung und somit ein indirekter Hinweis auf eine myokardiale Hypoperfusion und Ischämie im Schock.
Apparative Diagnostik
Die schnellste und sensitivste Methode zur Detektion einer Myokardischämie bei Patienten im Schock ist die Elektrokardiographie. Hierbei finden sich am häufigsten (deszendierende oder horizontale) ST-Strecken-Senkungen in allen oder anatomisch zusammenhängenden Ableitungen. Ventrikuläre Extrasystolen können ebenso Ausdruck einer hypoperfusionsassoziierten Myokardischämie sein. Trotz einer hohen Sensitivität sind sowohl ST-Strecken-Senkungen als auch ventrikuläre Extrasystolen nicht spezifisch für eine Myokardischämie. Bei einer kritischen Hypoperfusion des Herzens kommt es zu einem exponentiellen Abfall der Herzfrequenz und innerhalb kurzer Zeit zum Herz-Kreislauf-Stillstand. In einer retrospektiven Studie an kritisch kranken Patienten mit Therapiezieländerung war ein solch exponentieller Herzfrequenzabfall bei einem mittleren arteriellen Blutdruck von 35 ± 11 mm Hg zu beobachten [22].
Merke
Die schnellste und sensitivste Methode zur Detektion einer Myokardischämie bei Patienten im Schock ist die Elektrokardiographie.
Die Echokardiographie ist eine weitere Methode zum indirekten Nachweis einer Myokardischämie. Im Gegensatz zum Typ-I-Myokardinfarkt mit Verschluss eines Koronargefäßes und regionaler Wandbewegungsstörung finden sich bei myokardialer Hypoperfusion und Ischämie im Rahmen eines Schockgeschehens nur selten regionale Hypo- oder Akinesien, sondern häufiger eine Verminderung der globalen Pumpfunktion. In wie weit eine diastolische Funktionseinschränkung, wie sie z. B. bei Patienten im septischen Schock häufig anzutreffen ist, Folge einer Myokardischämie ist, bleibt derzeit noch unklar [23].
Eine Studie an Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock fand einen direkten Zusammenhang zwischen der diastolischen Funktionsstörung und der Erhöhung der Serumtroponin-T-Konzentration [24].
Merke
Eine Verminderung der globalen Pumpfunktion ist bei Patienten mit myokardialer Hypoperfusion im Rahmen eines Schockzustands häufiger als regionale Wandbewegungsstörungen.
Minderdurchblutung des Gehirns
Eine verminderte Durchblutung des Gehirns im Schockzustand führt abhängig vom Alter und dem Gefäßstatus zu einer zerebralen Ischämie. In den meisten Fällen führt eine zerebrale Hypoperfusion im Schock nicht zur Ausbildung eines Territorialinfarkts, sondern in erster Linie zu einer zerebralen Funktionsstörung. Territorialinfarkte, wie für thrombotische oder embolische Insulte typisch, finden sich nur bei höhergradigen Stenosen der hirnzuführenden Gefäße oder Hirnbasisarterien. Bei prolongierten, schweren Hypotonien können selbst bei jungen Patienten sog. Wasserscheideninfarkte, also Hirninfarkte in den Grenzzonen der Territorialversorgung der Hirnarterien (z. B. zwischen A. cerebri anterior und media sowie zwischen A. cerebri media und posterior), auftreten.
Klinische Untersuchung
Die klinischen Zeichen einer zerebralen Hypoperfusion können nur beim nichtsedierten Patienten erkannt werden. Typische, wenn auch unspezifische Zeichen einer zerebralen Hypoperfusion sind quantitative oder qualitative Bewusstseinsstörungen. So können Unruhe, Angst und Verwirrtheit klinische Hinweise einer zerebralen Minderperfusion im Rahmen eines Schockzustands sein. Dies ist z. B. häufig bei älteren Patienten mit geringem systemischem Blutfluss trotz noch normaler Blutdruckwerte zu beobachten (siehe Fallbeispiel). Ein typisches Phänomen ist außerdem die Empfindlichkeit dieser Patienten auf sedierende Medikamente. So können bereits geringste Dosen an Sedativa oder Anästhetika ausreichen, um sowohl die Vigilanz überproportional zu vermindern als auch ein Herz-Kreislauf-Versagen zu verursachen. Auch Krampfanfälle können selten Ausdruck einer perfusionsbedingten zerebralen Ischämie sein.
Merke
Klinische Zeichen einer zerebralen Hypoperfusion können nur beim nichtsedierten Patienten erkannt werden!
Labordiagnostik
Bislang wurde kein laborchemischer Parameter validiert, um eine zerebrale Hypoperfusion und Ischämie im Schockzustand zu detektieren. Für die in der Notfall- und Intensivmedizin häufig verwendeten Laborparameter S100B und neuronenspezifische Enolase (NSE) liegen hauptsächlich Daten zur Diagnose und Schweregradeinschätzung einer traumatischen Hirnverletzung oder hypoxischen Enzephalopathie vor [25, 26].
Erste Publikationen deuten auch auf einen direkten Zusammenhang zwischen dem Schweregrad eines Schockzustands und dem Anstieg der S100B-Serumkonzentration hin [27]. Dies war im Tierversuch insbesondere bei schweren zerebralen Minderperfusionen (Abfall des zerebralen Perfusionsdrucks <30 mm Hg) zu beobachten [28].
Mit speziellen parenchymalen Hirndrucksonden kann bei ausgewählten Patienten (z. B. Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma oder nichttraumatischer Hirnschädigung) der Sauerstoffpartialdruck des Gehirngewebes gemessen werden. Dabei konnte unter anderem ein direkter Zusammenhang zwischen dem zerebralen Blutfluss/Perfusionsdruck und der Höhe des zerebralen Sauerstoffpartialdrucks gezeigt werden. Bei Patienten mit zerebraler Mikrodialyse kann ein Anstieg der Laktat-Pyruvat-Ratio ein Hinweis auf eine zerebrale Minderperfusion sein [29].
Apparative Diagnostik
Apparativ stehen mehrere Methoden zur Detektion einer perfusionsassoziierten zerebralen Ischämie in der klinischen Praxis zur Verfügung. Die NIRS ist eine nichtinvasive Methode zur transkutanen Messung des regionalen Sauerstoffgehalts und kann bei Messung über der Stirn von Patienten im Schock als Indikator der zerebralen Perfusion herangezogen werden [30]. Die meisten klinischen Daten liegen derzeit im Bereich der Kardioanästhesie vor [31, 32].
Im Zusammenhang mit systemischen Verminderungen des Blutflusses und des arteriellen Blutdrucks weisen absolute StO2-Werte <50 % oder ein Abfall >30 % vom Ausgangswert auf eine perfusionsbedingte Sauerstoffminderversorgung des Kortex hin. Weitere Vorteile sind die geringe Latenzzeit (innerhalb von Sekunden), mit denen die NIRS-Messungen auf eine Veränderung der zerebralen Perfusion reagiert. Die StO2 wird neben dem zerebralen Blutfluss einschränkend auch durch weitere Faktoren, wie die arterielle Sauerstoffsättigung, den paCO2 und die Hämoglobinkonzentration, beeinflusst [33].
Merke
Die Nahinfrarotspektroskopie ist eine nichtinvasive Methode zur transkutanen Messung des regionalen zerebralen Sauerstoffgehalts und kann zur Beurteilung der zerebralen Perfusion im Schock verwendet werden.
Mittels transkranieller Doppler-Sonographie können über die Messung der mittleren Blutflussgeschwindigkeit in den Hirnbasisarterien Rückschlüsse auf die zerebrale Perfusion gezogen werden [34]. Allerdings liegen zur praktischen Anwendung dieser Technik bei Patienten im Schock kaum klinische Daten vor. Weiterhin kann die kontinuierliche Elektroenzephalographie Hinweise auf Veränderungen der zerebralen Perfusion geben (z. B. als Amplituden- und/oder Frequenzminderung). Das Elektroenzephalogramm unterliegt neben der zerebralen Durchblutung zahlreichen weiteren Einflüssen, die bei Patienten im Schock insbesondere die Genese (z. B. Sepsis) als auch Hypoxie und sedierende Medikamente umfassen. Bei konstanten Anästhetikadosen und Hämoglobinkonzentrationen konnte jedoch im Tierexperiment ein Zusammenhang des Bispektralindex (BIS) mit Veränderungen der zerebralen Perfusion im hämorrhagischen Schock nachgewiesen werden [35]. Einschränkend sei hier jedoch zu erwähnen, dass es bei unvorhersehbaren Plasmakonzentrationen und erhöhter Endorgansensitivität für Hypnotika im Rahmen eines hämorrhagischen Schockgeschehens schwierig zu differenzieren ist, ob anhand sich ändernder BIS-Werte tatsächlich Rückschlüsse auf die zerebrale Perfusion gezogen werden können, oder diese lediglich Marker der Anästhesietiefe darstellen [36].
Minderdurchblutung der Nieren
Aufgrund ihrer harten und wenig dehnbaren Kapsel kann die Niere, im Gegensatz zu anderen Organen, ihre Gefäßweite und damit das intrarenale Blutvolumen nur eingeschränkt vergrößern. Dies resultiert in einer vergleichsweise hohen unteren Autoregulationsgrenze des renalen Gefäßbetts. Entsprechend kann die Niere ihre Perfusion in einem Schockzustand nur bedingt regulieren und ist somit jenes Viszeralorgan, das am empfindlichsten auf eine systemische Hypoperfusion, z. B. einen Schockzustand, reagiert.
Klinische Untersuchung
In der Frühphase eines Schockgeschehens korrelieren die glomeruläre Filtrationsmenge und die Diurese mit dem Ausmaß der Nierendurchblutung. Klinisch kann daher die Beurteilung einer renalen Perfusionsstörung und perfusionsbedingten Nierendysfunktion anhand der Harnmenge und -konzentration erfolgen. Von mehreren Leitlinien wird eine Harnmenge <0,5 ml/kgKG und Stunde, insbesondere bei Bestehen über ≥6 h, als Oligurie definiert („kidney disease: improving global outcomes“ [KDIGO], „risk/injury/failure/loss/end-stage“ [RIFLE], „acute kidney injury network“ [AKIN]) und kann im Schock als Ausdruck einer renalen Hypoperfusion gewertet werden. Eine renale Ischämie kann damit jedoch nicht detektiert werden. Zusätzlich führt die para-/endokrinvermittelte Steigerung der tubulären Natrium- und Wasserresorption bei renaler Hypoperfusion zu einer Erhöhung der Harnosmolalität (bis maximal 1200 mosmol/kg H2O). Klinisch kann dies durch eine dunkle Harnfarbe erkannt werden (Abb. 3). Sowohl Oligurie als auch Harnfarbe sind im Schock, obwohl häufig vorhanden, nicht spezifisch für das Vorliegen einer perfusionsbedingten Nierendysfunktion. Gerade im septischen Schock oder bei gleichzeitigem Vorliegen einer Leberdysfunktion können andere Ursachen für die quantitativen und qualitativen Veränderungen des Harns vorliegen. Nach einigen Stunden scheint die Harnmenge ihre Assoziation zur renalen Perfusion zu verlieren. Neben dem Vorhandensein einer tubulären Funktionsstörung im Rahmen der Grunderkrankung (z. B. Sepsis) führt die neuroendokrine Stressantwort selbst bei verbesserter oder gesteigerter renaler Perfusion durch die Ausschüttung von antidiuretischem Hormon und Aldosteron zu einer Oligurie. Schmerzen in den Flanken oder im kostovertebralen Dreieck können, z. B. im Rahmen eines hypovolämischen Schocks, Ausdruck einer renalen Ischämie mit Nierenödem und assoziierter Kapselspannung sein.
Merke
Die Korrelation zwischen der Harnmenge und der renalen Durchblutung geht nach wenigen Stunden verloren!
Labordiagnostik
Die fraktionelle Natriumexkretion (FeNa) beschreibt den prozentuellen Anteil des glomerulär filtrierten Natriums, der im Harn ausgeschieden wird. Pathophysiologisch spiegelt bei einer renalen Perfusionsstörung im Rahmen eines Schockzustands (z. B. hypovolämischer oder kardiogener Schock) eine FeNa <1 % die intakte tubuläre Rückresorption des Natriums wieder. Hingegen sprechen FeNa-Werte >2 % für eine inadäquate renale Natriumexkretion (z. B. im Rahmen einer tubulären Dysfunktion; [37]).
Limitierend gilt zu erwähnen, dass die Einnahme von Diuretika zu einer Reduktion der Natriumresorption und somit zu einer falsch-hohen FeNa führt. Im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung werden jedoch bei eingeschränkter Diurese oft frühzeitig Schleifendiuretika, z. B. im Rahmen eines Furosemidstresstests, eingesetzt. Zusätzlich kommt es z. B. während eines septischen Schocks infolge proinflammatorischer Mediatoren und neurohumeraler Aktivierung zu einer Erhöhung der tubulären Natriumresorption und einer falsch-tiefen FeNa [38]. Alle diese Aspekte machen die FeNa zu einem nur wenig geeigneten Tool im Rahmen der Diagnostik einer renalen Hypoperfusion und Ischämie. Einen alternativen laborchemischen Parameter, der für weniger Einflussfaktoren anfällig ist, stellt die fraktionierte Harnstoffexkretionsrate (FeUrea) dar. Bei Patienten mit akuter Nierenschädigung wies eine FeUrea <35 % eine Sensitivität von 90 % und eine Spezifität von 96 % für das Vorliegen einer perfusionsbedingten Nierendysfunktion auf [39].
Merke
Die fraktionierte Harnstoffexkretionsrate ist eine sensitive und spezifische Methode zur Diagnose einer perfusionsbedingten Nierendysfunktion!
Renale Biomarker, wie Kreatinin und Cystatin C, sind allgemeine Indikatoren einer Nierenschädigung und weisen keine spezifische Korrelation mit einer perfusionsbedingten Nierendysfunktion auf. Eine wichtige Limitation der Serumkreatininmessung ist, dass sie in aller Regel erst dann erhöhte Werte zeigt, wenn die glomeruläre Filtrationsrate bereits um ≤50 % reduziert ist. Neutrophilengelatinaseassoziiertes Lipocalin (NGAL), KIM‑1 und Interleukin(IL)-18 sind renale Biomarker, die jedoch aufgrund einer eingeschränkten Aussagekraft keinen routinemäßigen Einzug in die klinische Praxis gefunden haben.
Aktuell am besten validiert sind TIMP‑2 und IGFBP7. Dies sind „Cell-cycle-arrest“-Proteine, die bei zellulärem Stress oder Schädigung der Tubuluszellen vermehrt exprimiert werden. Als kombinierter Biomarker stehen TIMP‑2 und IGFBP7 seit dem Jahr 2014 kommerziell zur Verfügung [40].
Apparative Diagnostik
Die Doppler-Sonographie erlaubt die indirekte Quantifizierung der renalen Perfusion. Der am häufigsten bestimmte Parameter zur Abschätzung der Nierendurchblutung ist der renale Resistive-Index (RRI), der einen Quotienten aus systolischen und diastolischen Flussgeschwindigkeiten darstellt. Die Normwerte beim Gesunden liegen zwischen 0,6 und 0,7. Eine Erhöhung des RRI >0,7 tritt bei renaler Hypoperfusion und intrarenaler Vasokonstriktion auf [41].
Entsprechend weisen Patienten im Schock deutlich höhere RRI-Werte auf als Patienten mit stabilen Kreislaufverhältnissen. Außerdem zeigte sich eine inverse Korrelation zwischen dem RRI und den arteriellen Blutdruckwerten [42]. Aufgrund seiner guten Korrelation mit dem renalen Blutfluss wurde der RRI auch zur Identifikation des Zielblutdrucks zur Optimierung der renalen Perfusion im septischen Schock empfohlen [43].
Merke
Die Doppler-Sonographie erlaubt die indirekte Quantifizierung der renalen Perfusion.
Minderdurchblutung des Darms und der Leber
Das Gefäßbett des Magen-Darm-Trakts weist, ebenso wie jenes der Haut, eine hohe Dichte an vasokonstriktionvermittelnden Rezeptoren (z. B. α‑, Angiotensin- und Vasopressinrezeptoren) auf. Bei einem Abfall des systemischen Blutflusses kommt es daher früh zu einer Reduktion der Splanchnikusdurchblutung. Aufgrund der anatomischen Anordnung der Zottengefäße ist die Sauerstoffversorgung im Bereich der Darmmukosa am stärksten eingeschränkt.
Die Leber erhält etwa 20–25 % des Herzminutenvolumens. Dies erfolgt über einen dualen Perfusionsmechanismus zu zwei Dritteln über die Pfortader und zu einem Drittel über die A. hepatica. Im Rahmen einer Hypoperfusion der Leber bedingt durch ein Schockgeschehen kann es zur Schädigung der Hepatozyten und einer ischämischen Hepatitis (sog. Schockleber) kommen. Ursachen hierfür sind hämodynamische Instabilitäten und eine beeinträchtige hepatische Perfusion entweder infolge eines reduzierten arteriellen Blutflusses oder einer zentralvenösen Stauung [44].
Klinische Untersuchung
Es existieren keine klinischen Untersuchungstechniken, die spezifische Hinweise auf das Vorliegen einer gastrointestinalen Minderdurchblutung im Rahmen eines Schockzustands liefern können. Unspezifische Untersuchungsbefunde, die bei Patienten mit Hypoperfusion des Splanchnikusgebiets gefunden werden, sind fehlende Darmgeräusche, Meteorismus, hoher gastraler Reflux sowie selten (blutige) Diarrhö oder abdominelle Schmerzen.
Die hepatische Hypoperfusion spiegelt sich ebenso in keiner spezifischen klinischen Symptomatik wieder. Teilweise finden sich unspezifische Hinweise in der körperlichen Untersuchung wie Übelkeit oder Schmerzen im rechten oberen Quadranten des Abdomens.
Merke
Es existieren keine klinischen Untersuchungstechniken, die spezifische Hinweise auf das Vorliegen einer gastrointestinalen Minderdurchblutung im Rahmen eines Schockzustands liefern können.
Labordiagnostik
Aktuell stehen keine Laborparameter zur Verfügung, mithilfe derer mit adäquater Genauigkeit das Vorliegen einer Mesenterialischämie im Rahmen eines Schockzustands ein- oder ausgeschlossen werden kann [45]. In einer Metaanalyse zeigte sich für das Serumlaktat (L(+)-Enantiomer), das im klinischen Alltag am häufigsten mit der Diagnose einer Mesenterialischämie assoziiert wird, eine Sensitivität zum Nachweis einer Darmischämie von 86 % bei einer bescheidenen Spezifität von lediglich 44 % [46]. Hinzu kommt, dass die Serumlaktatkonzentration je nach Grad der hepatischen Metabolisierung bei Patienten mit Mesenterialischämie typischerweise erst verspätet ansteigt. Bei Anstieg liegt bereits eine ausgeprägte ischämische Schädigung der Darmwand vor [47]. Neuere Biomarker, wie das intestinale fettsäurenbindende Protein (I-FABP) sowie die α‑Glutathion-S-Transferase, sind spezifische Zellbestandteile von Enterozyten, die bei einer mesenterialen Ischämie freigesetzt werden [48]. Erhöhte I‑FABP-Konzentrationen im Serum bei Patienten im Schock sind Ausdruck des Schweregrads der Darmminderdurchblutung und korrelieren mit der Mortalität [49, 50]. Bei herzchirurgischen Patienten erwies sich die I‑FABP-Konzentration bei Intensivaufnahme als valider Prädiktor für das Auftreten eines Multiorgandysfunktionssyndrom sowie für Infektionen und einen prolongierten Intensivaufenthalt [51]. Die Infusion hoher Katecholamindosen (>0,5 µg/kgKG und Minute) war bei kritisch kranken Patienten mit erhöhten I‑FABP-Serumkonzentrationen assoziiert [52].
Die ischämische Hepatitis wiederum zeigt sich laborchemisch durch einen deutlichen Anstieg der Serumtransaminasen. Als diagnostische Kriterien gelten ein ausgeprägter Anstieg der Serumkonzentrationen der Aspartat-Aminotransferase (AST) und der Alanin-Aminotransferase (ALT) auf das zumindest 20-Fache des oberen Normalwerts im Rahmen eines kardiozirkulatorischen oder respiratorischen Versagens bei zeitgleichem Ausschluss einer alternativen Ursache für die Leberzellnekrose wie etwa eine virale oder toxische Hepatitis [53]. Des Weiteren zeigt sich häufig ein markanter Anstieg der Serumlaktatdehydrogenase (LDH), wodurch man die ischämische bzw. hypoxische Hepatitis von anderen Ursachen der Leberschädigung, wie etwa eine viralen Hepatitis, unterscheiden kann [54].
Apparative Diagnostik
Die computertomographische Angiographie des Abdomens wird von den Leitlinien der World Society of Emergency Surgery bei Verdacht auf eine Mesenterialischämie empfohlen [55]. Während die Sensitivität und Spezifität dieser bildgebenden Methode zum Nachweis einer embolisch oder thrombotisch bedingten Mesenterialischämie bei 93 bzw. 100 % liegt, ist der diagnostische Wert bei einer intestinalen Hypoperfusion im Rahmen eines Schockgeschehens deutlich geringer [56]. Computertomographisch können nur Folgen einer Darmischämie (z. B. Darmwandverdickung, Pneumatosis intestinalis, fehlende Kontrastmittelaufnahme in der Darmwand, mesenteriales Stranding) sicher identifiziert werden [57]. Die nichtokklusive Mesenterialischämie ist eine seltene Sonderform der Darmminderdurchblutung, die durch eine übermäßige mesenteriale Vasokonstriktion bedingt ist. Sie wird mittels computertomographischer Angiographie der Mesenterialgefäße diagnostiziert und tritt insbesondere bei älteren Patienten im Schock (z. B. nach herzchirurgischen Eingriffen) auf.
Die Tonometrie des intramukosalen pH (pHi) ist eine semiexperimentelle Methode zur Messung des pH-Werts und des Kohlendioxidpartialdrucks im Magen. Aufgrund der hohen Diffusionskapazität des Kohlendioxids besteht eine enge Korrelation zwischen dem intraluminalen Kohlendioxidpartialdrucks und jenem in der Magenschleimhaut. Da der mukosale Kohlendioxidpartialdruck wesentlich von der Durchblutung der Magenschleimhaut abhängt, werden der Kohlendioxidpartialdruck im Magen sowie die Differenz zwischen arteriellem und intragastralem Kohlendioxidpartialdruck als Indikatoren der gastrointestinalen Durchblutung herangezogen [58]. Ein Abfall des intraluminalen pH und ein Anstieg des gastralen Kohlendioxidpartialdrucks gelten als indirekte Zeichen einer Hypoperfusion der Magenschleimhaut und als Prädiktoren einer schlechten Prognose im Schock. Nachteile der Methoden stellen die eingeschränkte Korrelation mit der Durchblutung anderer Darmabschnitte sowie ihre Anfälligkeit gegenüber zahlreicher Einflussfaktoren (z. B. enterale Ernährung, Säureblocker) dar. Auch die Messung der Indocyaningrünclearance konnte sich als Methode zur Messung der Leberdurchblutung in der Intensivmedizin aufgrund ihrer schlechten Reproduzierbarkeit nicht durchsetzen.
Fazit für die Praxis
-
Die Diagnose eines Schockzustands wird klinisch und mittels Blutgasanalyse gestellt; eine arterielle Hypotension ist keine Voraussetzung.
-
Klinisch wird zwischen einem Schock mit globaler Minderdurchblutung und einem distributiven Schock unterschieden.
-
Eine Myokardischämie kann im Schock mittels Elektrokardiographie, Echokardiographie und Troponindiagnostik erkannt werden.
-
Die klinisch nicht eindeutig erkennbare zerebrale Hypoperfusion kann durch eine Nahinfrarotspektroskopie detektiert werden.
-
Die Diurese und visuelle Inspektion des Harns ist eine sensitive Methode zur Beurteilung der Nierenperfusion. Die Bestimmung der fraktionierten Harnstoffexkretion und die sonographische Messung des renalen Resistive-Index liefern Hinweise auf eine Hypoperfusion.
-
Eine Darmischämie ist klinisch schwierig zu erkennen. Die Bestimmung des intestinalen fettsäurebindenden Proteins und die Durchführung einer computertomographischen Angiographie können in Einzelfällen bei Schock hilfreich sein.
Literatur
Vincent JL, De Backer D (2013) Circulatory shock. N Engl J Med 369(18):1726–1734
Dünser MW, Dankl D, Petros S, Mer M (2018) The Circulation. In: Dünser M, Dankl D, Petros S, Mer M (Hrsg) Clinical Examination Skills in the Adult Critically Ill Patient. Springer, Cham
Cecconi M, De Backer D, Antonelli M, Beale R, Bakker J, Hofer C et al (2014) Consensus on circulatory shock and hemodynamic monitoring. Task force of the European Society of Intensive Care Medicine. Intensive Care Med 40(12):1795–1815
Singer M, Deutschman CS, Seymour CW et al (2016) The third international consensus definitions for sepsis and septic shock (sepsis-3). JAMA 315(8):801–810
Ponikowski P, Voors AA, Anker SD et al (2016) 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J 37(27):2129–2200
Spahn DR, Bouillon B, Cerny V et al (2019) The European guideline on management of major bleeding and coagulopathy following trauma: fifth edition. Crit Care 23(1):98
Dünser MW, Takala J, Brunauer A, Bakker J (2013) Re-thinking resuscitation: leaving blood pressure cosmetics behind and moving forward to permissive hypotension and a tissue perfusion-based approach. Crit Care 17(5):326
Kluge S, de Heer G, Jarczak D, Nierhaus A, Fuhrmann V (2018) Lactic acidosis—update 2018. Dtsch Med Wochenschr 143:1082–1085
James JH, Luchette FA, McCarter FD, Fischer JE (1999) Lactate is an unreliable indicator of tissue hypoxia in injury or sepsis. Lancet 354(9177):505–508
Vallée F, Vallet B, Mathe O, Parraguette J, Mari A, Silva S et al (2008) Central venous-to-arterial carbon dioxide difference: an additional target for goal-directed therapy in septic shock? Intensive Care Med 34(12):2218–2225
Moore FA, Nelson T, McKinley BA et al (2008) Massive transfusion in trauma patients: tissue hemoglobin oxygen saturation predicts poor outcome. Trauma 64(4):1010–1023
Smith J, Bricker S, Putnam B (2008) Tissue oxygen saturation predicts the need for early blood transfusion in trauma patients. Am Surg 74(10):1006–1011
Beekley AC, Martin MJ, Nelson T et al (2010) Continuous noninvasive tissue oximetry in the early evaluation of the combat casualty: a prospective study. J Trauma 69(supplement 1):14–25
Ikossi DG, Knudson MM, Morabito DJ et al (2006) Continuous muscle tissue oxygenation in critically injured patients: a prospective observational study. J Trauma 61(4):780–788
Cohn SM, Nathens AB, Moore FA et al (2007) Tissue oxygen saturation predicts the development of organ dysfunction during traumatic shock resuscitation. J Trauma 62(1):44–54
Standl T, Annecke T, Cascorbi I, Heller AR, Sabashnikov A, Teske W (2018) The nomenclature, definition and distinction of types of shock. Dtsch Arztebl Int 115:757–768
Thygesen K, Alpert JS, Jaffe AS, Chaitman BR, Bax JJ, Morrow DA, White HD (2018) Executive Group on behalf of the Joint European Society of Cardiology (ESC)/American College of Cardiology (ACC)/American Heart Association (AHA)/World Heart Federation (WHF) Task Force for the Universal Definition of Myocardial Infarction. Fourth universal definition of myocardial infarction. Circulation 138:e618–e651
Torgersen C et al (2009) Macroscopic postmortem findings in 235 surgical intensive care patients with sepsis. Anesth Analg 108:1841–1847
Martin L, Derwall M, Al Zoubi S, Zechendorf E, Reuter DA, Thiemermann C, Schuerholz T (2019) The septic heart: current understanding of molecular mechanisms and clinical implications. Chest 155:427–437
Karpati PC, Rossignol M, Pirot M (2004) High incidence of myocardial ischemia during postpartum hemorrhage. Anasthesiology 100:30–36
Vallabhajosyula S, Sakhuja A, Geske JB et al (2017) Role of admission Troponin‑T and serial Troponin‑T testing in predicting outcomes in severe sepsis and septic shock. J Am Heart Assoc 6(9):e5930
Brunauer A, Koköfer A, Bataar O, Gradwohl-Matis I, Dankl D, Dünser MW (2014) The arterial blood pressure associated with terminal cardiovascular collapse in critically ill patients: a retrospective cohort study. Crit Care 18(6):719
Sanfilippo F, Corredor C, Fletcher N, Landesberg G, Benedetto U, Foex P et al (2015) Diastolic dysfunction and mortality in septic patients: a systematic review and meta-analysis. Intensive Care Med 41(6):1004–1013
Landesberg G, Gilon D, Meroz Y et al (2012) Diastolic dysfunction and mortality in severe sepsis and septic shock. Eur Heart J 33(7):895–903
Thelin EP, Nelson DW, Bellander BM (2017) A review of the clinical utility of serum S100B protein levels in the assessment of traumatic brain injury. Acta Neurochir 159(2):209–225
Stammet P (2017) Blood biomarkers of hypoxic-ischemic brain injury after cardiac arrest. Semin Neurol 37(1):75–80
Pelinka LE, Bahrami S, Szalay L et al (2003) Hemorrhagic shock induces an S100 B increase associated with shock severity. Shock 19:422–426
Meybohm P et al (2008) Release of Protein S100B in haemorrhagic Shock: effects of small volume resuscitation combined with arginine vasopressin. Resuscitation 76(3):449–456
Kuramatsu J, Huttner H, Staykov D (2015) Was gibt es Neues zum Thema invasives Neuromonitoring? Aktuelle Neurol 42(03):130–140
Al Tayar A, Abouelela A, Mohiuddeen K (2017) Can the cerebral regional oxygen saturation be a perfusion parameter in shock? J Crit Care 38:164–167
Lewis C, Parulkar SD, Bebawy J, Sherwani S, Hogue CW (2018) Cerebral neuromonitoring during cardiac surgery: a critical appraisal with an emphasis on near-infrared spectroscopy. J Cardiothorac Vasc Anesth 32(5):2313–2322
Chan MJ, Chung T, Glassford NJ, Bellomo R (2017) Near-infrared spectroscopy in adult cardiac surgery patients: a systematic review and meta-analysis. J Cardiothorac Vasc Anesth 31(4):1155–1165
Wood MD, Jacobson JA, Maslove DM, Muscedere JG, Boyd JG, Cerebral Oxygenation and Neurological Outcomes Following Critical Illness (CONFOCAL) Research Group (2019) The physiological determinants of near-infrared spectroscopy-derived regional cerebral oxygenation in critically ill adults. Intensive Care Med Exp 7(1):23
Jorgensen LG (1995) Transcranial Doppler ultrasound for cerebral perfusion. Acta Physiol Scand Suppl 625:1–44
Cavus E, Meybohm P, Doerges V et al (2010) Effects of cerebral hypoperfusion on bispectral index: a randomised, controlled animal experiment during haemorrhagic shock. Resuscitation 81(9):1183–1189
Kurita T, Tadayoshi S (2012) Does the bispectral index (BIS) during haemorrhagic shock and resuscitation reflect a change in cerebral perfusion or simply reflect the anaesthetic depth? Resuscitation 83(10):e193
Perazella MA, Coca GS (2012) Traditional urinary biomarkers in the assessment of hospital-acquired AKI. Clin J Am Soc Nephrol 7(1):167–174
Lima C, Macedo E (2018) Urinary biochemistry in the diagnosis of acute kidney injury. Dis Markers. https://doi.org/10.1155/2018/4907024
Carvounis CP, Nisar S, Guro-Razuman S (2002) Significance of the fractional excretion of urea in the differential diagnosis of acute renal failure. Kidney Int 62(6):2223–2229
Vijayan A, Faubel S, Askenazi DJ et al (2016) Clinical use of the urine biomarker [TIMP-2] × [IGFBP7] for acute kidney injury risk assessment. Am J Kidney Dis 68(1):19–28
Darmon M, Schnell D, Zeni F (2010) Doppler-based renal resistive index: a comprehensive review. In: Vincent JL (Hrsg) Yearbook of intensive care and emergency medicine. Springer, Berlin-Heidelberg, S 331–338
Rozemeijer S, Haitsma Mulier JLG, Röttgering JG et al (2019) Renal resistive index: response to shock and its determinants in critically ill patients. Shock 52(1):43–51
Deruddre S, Cheisson G, Mazoit J‑X, Vicaut E, Benhamou D, Duranteau J (2007) Renal arterial resistance in septic shock: effects of increasing mean arterial pressure with norepinephrine on the renal resistive index assessed with Doppler ultrasonography. Intensive Care Med 33:1557–1562
Soleimanpour H, Safari S, Rahmani F, Nejabatian A, Alavian SM (2015) Hepatic shock differential diagnosis and risk factors: a review article. Hepat Mon 15(10):e27063
Clair DG, Beach JM (2016) Mesenteric Ischemia. N Engl J Med 374:959–968
Cudnik MT, Darbha S, Jones J, Macedo J, Stockton SW, Hiestand BC (2013) The diagnosis of acute mesenteric Ischemia: a systematic review and meta-analysis. Acad Emerg Med 20(11):1087–1100
Demir IE, Ceyhan GO, Friess H (2012) Beyond lactate: is there a role for serum lactate measurement in diagnosing acute mesenteric ischemia? Dig Surg 29(3):226–235
Evennett NJ, Petrov MS, Mittal JA et al (2009) Systematic review and pooled estimates for the diagnostic accuracy of serological markers for intestinal ischemia. World J Surg 33:1374–1383
Kastl SP, Krychtiuk KA, Lenz M et al (2019) Intestinal fatty acid binding protein is associated with mortality in patients with acute heart failure or cardiogenic shock. Shock 51:410–415
Sekino M, Funaoka H, Sato S, Okada K, Inoue H, Yano R, Matsumoto S, Ichinomiya T, Higashijima U, Matsumoto S et al (2017) Intestinal fatty acid-binding protein level as a predictor of 28-day mortality and bowel ischemia in patients with septic shock: a preliminary study. J Crit Care 42:92–100
Zou L, Song X, Hong L et al (2018) Intestinal fatty acid-binding protein as a predictor of prognosis in postoperative cardiac surgery patients. Medicine 97(33):e11782
Piton G, Cypriani B, Regnard J, Patry C, Puyraveau M, Capellier G (2015) Catecholamine use is associated with enterocyte damage in critically ill patients. Shock 43:437–442
Henrion J, Schapira M, Luwaert R, Colin L, Delannoy A, Heller FR (2003) Hypoxic hepatitis: clinical and hemodynamic study in 142 consecutive cases. Medicine 82:392–406
Cassidy WM, Reynolds TB (1994) Serum lactic dehydrogenase in the differential diagnosis of acute hepatocellular injury. J Clin Gastroenterol 19:118–121
Bala M, Kashuk J, Moore EE et al (2017) Acute mesenteric ischemia: guidelines of the World Society of Emergency Surgery. World J Emerg Surg 12:38
Oliva IB, Davarpanah AH, Rybicki FJ et al (2013) ACR Appropriateness Criteria (R) imaging of mesenteric ischemia. Abdom Imaging 38:714–719
Kanasaki S, Furukawa A, Fumoto K, Hamanaka Y, Ota S, Hirose T, Inoue A, Shirakawa T, Nguyen HLD, Tulyeubai S (2018) Acute mesenteric ischemia: multidetector CT findings and endovascular management. Radiographics 38(3):945–961
Heard SO (2003) Gastric tonometry: the hemodynamic monitor of choice (Pro). Chest 123:469–474
Funding
Open access funding provided by Kepler Universitätsklinikum Linz.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
Gemäß den Richtlinien des Springer Medizin Verlags werden Autoren und wissenschaftliche Leitung im Rahmen der Manuskripterstellung und Manuskriptfreigabe aufgefordert, eine vollständige Erklärung zu ihren finanziellen und nichtfinanziellen Interessen abzugeben.
Autoren
J. Szasz gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. Nichtfinanzielle Interessen: Assistenzarzt an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Kepler Universitätsklinikums in Linz/Österreich. M. Noitz gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. Nichtfinanzielle Interessen: Assistenzarzt an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Kepler Universitätsklinikum in Linz/Österreich. M. Dünser gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. Nichtfinanzielle Interessen: Leitender Oberarzt und stellvertretender Vorstand der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Kepler Universitätsklinikums in Linz/Österreich.
Wissenschaftliche Leitung
Die vollständige Erklärung zum Interessenkonflikt der wissenschaftlichen Leitung finden Sie am Kurs der zertifizierten Fortbildung auf www.springermedizin.de/cme.
Der Verlag
erklärt, dass für die Publikation dieser CME-Fortbildung keine Sponsorengelder an den Verlag fließen.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Additional information
Wissenschaftliche Leitung
U. Janssens, Eschweiler
M. Joannidis, Innsbruck
K. Mayer, Karlsruhe
G. Michels, Eschweiler
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Sie behandeln im Schockraum einen 67-jährigen Patienten, der Ihnen vom Notarzt mit „Verdacht auf unklares Schockgeschehen“ übergeben wurde. Sie beginnen mit der klinischen Untersuchung, erheben die Vitalparameter und führen gleichzeitig eine erste Point-of-care-Labordiagnostik durch. Hierbei zeigt sich der Patient mit schwachen peripheren Pulsen, kühlen Extremitäten und Marmorierungen im Bereich der Kniescheibe und des distalen Oberschenkels. Zusätzlich zeigt sich das Laktat auf 12 mmol/l erhöht. Wie interpretieren Sie die vorliegenden Ergebnisse?
Bis zum Beweis des Gegenteils ist eine erhöhte Laktatkonzentration stets als Ausdruck einer laufenden Metformintherapie zu interpretieren.
Es handelt sich definitiv um keinen kardiogenen Schock, da beim kardiogenen Schock typischerweise Zeichen der Zentralisation und Minderdurchblutung der Haut fehlen.
Es liegt ein Schockzustand mit globaler Hypoperfusion vor, eine weiterführende apparative Diagnostik soll die Schockform charakterisieren.
Es liegt ein Schockzustand vor, weil ein erhöhtes Laktat ein spezifischer Marker einer Gewebshypoperfusion und eines Schockzustands ist.
Es liegt am ehesten ein septischer Schock vor, da eine erhöhte Laktatkonzentration (>4 mmol/l) Teil der neuen Definition des septischen Schocks ist.
Ein Patient im septischen Schock zeigt nach der initialen Volumentherapie keinen adäquaten Anstieg des mittleren arteriellen Drucks. Die erfahrene Intensivschwester drängt den diensthabenden Arzt zur Etablierung einer Noradrenalintherapie. Wie sollten Blutdruckwerte im Rahmen eines Schockgeschehens interpretiert werden?
Systolische Blutdruckwerte >120 mm Hg schließen das Vorliegen eines Schockgeschehen aus.
Eine Minderversorgung der Zellen mit Sauerstoff tritt in der Regel erst bei Absinken des mittleren arteriellen Blutdrucks <45 mm Hg auf.
Die Dekompensation eines Schockzustands mit sekundärem Blutdruckabfall bei initial noch normo- oder hypertensivem Schockgeschehen geht mit einer deutlichen Erhöhung der Morbidität und Mortalität einher.
Pathophysiologisch entspricht ein Schock einer regionalen Minderdurchblutung der Körpergewebe mit unzureichender Sauerstoffversorgung der Zellen, definiert durch einen Abfall des mittleren arteriellen Blutdrucks auf Werte <90 mm Hg.
Unter einem kompensierten Schock versteht man die Stabilisierung des arteriellen Mitteldrucks auf Werte >90 mm Hg mithilfe des Einsatzes von Vasopressoren und Inotropika.
Im Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung einer 45-jährigen Patientin mit Verdacht auf kardiogenen Schock im Rahmen eines akuten ST-Strecken-Hebungs-Infarkts wird ein zentralvenöser Katheter gelegt. Nach der Anlage entnehmen Sie eine Blutprobe und ermitteln die zentralvenöse Sauerstoffsättigung, zusätzlich errechnen Sie den venös-arteriellen CO2-Partialdruck-Gradienten. Die zentralvenöse Sättigung liegt bei 35 %, der venös-arterielle CO2-Partialdruck-Gradient beträgt 12 mm Hg. Wie interpretieren Sie die von Ihnen erhobenen Messungen?
Die zentralvenöse Sauerstoffsättigung liegt im oberen Normalbereich, ein kardiogener Schock ist somit ausgeschlossen.
Der venös-arterielle CO2-Partialdruck-Gradient ist deutlich erniedrigt, er liegt beim Gesunden bei etwa 70 mm Hg.
Der venös-arterielle CO2-Partialdruck-Gradient spielt in der Diagnostik keine Rolle, da seine Sensitivität im Vergleich zur zentralvenösen Sättigung deutlich unterlegen ist.
In Anbetracht der gemessenen Werte muss man von einer kritischen globalen Hypoperfusion mit erhöhter Sauerstoffextraktion in den peripheren Geweben ausgehen.
Die globale Sauerstoffextraktionsrate ist erniedrigt, der Patient befindet sich auf dem Weg der Besserung.
Sie behandeln einen Patienten im septischen Schock im Rahmen einer schweren perforierten Cholezystitis. Die Troponinwerte zeigen sich erhöht. Der Patient ist nach wie vor vasopressorpflichtig. Welcher weiterführende Schritt ist angebracht?
Durchführung einer Koronarangiographie, da mit aller Wahrscheinlichkeit ein Typ-1-Myokardinfarkt vorliegt
Loading mit Azetylsalizylsäure und Clopidogrel
Bestimmung des Myoglobinspiegels aufgrund der höheren Spezifität für das Vorliegen einer Myokardischämie
Durchführung einer genauen körperlichen Untersuchung, da dies die sensitivste Methode zur Diagnose einer Myokardischämie im Schockzustand ist
Durchführung eines Elektrokardiogramms zur Diagnostik einer akuten Ischämie und Durchführung einer Echokardiographie zwecks Abklärung einer etwaigen septischen Kardiomyopathie
Sie versorgen präklinisch einen 78-jährigen Patienten mit ausgeprägtem ST-Strecken-Hebungs-Infarkt. Auf der Fahrt in das nächstgelegene kardiologische Zentrum mit Herzkathetermöglichkeit imponiert der Patient kaltschweißig mit fadenförmig palpablem Radialispuls. Ferner präsentiert sich der Patient zunehmend lethargisch und somnolent. Sie vermuten eine zerebrale Hypoperfusion im Rahmen eines kardiogenen Schocks. Welches Vorgehen ist bei der Diagnostik einer zerebralen Hypoperfusion im Rahmen eines Schockgeschehen indiziert?
Bei Ankunft in der Klinik ist sofort eine zerebrale Computertomographie inklusive zerebraler Angiographie durchzuführen, da in den meisten Fällen eine zerebrale Hypoperfusion im Schock zur Ausbildung eines Territorialinfarkts führt.
Eine rasche Sedierung, gegebenenfalls mit Intubation ist anzustreben, da die klinischen Zeichen einer zerebralen Hypoperfusion nur beim sedierten Patienten erkannt werden können.
Die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS), eine nichtinvasive Methode zur transkutanen Messung des regionalen Sauerstoffgehalts, kann mittels Messung über der Stirn von Patienten im Schock durchgeführt und als Indikator der zerebralen Perfusion herangezogen werden.
Die Laborwerte S100B und neuronenspezifische Enolase (NSE) sollten bei Aufnahme bestimmt werden, da sie zur Abschätzung des zerebralen Perfusionsdrucks dienen.
Im Rahmen der perkutanen Koronarintervention sollte auf jeden Fall auch eine Stentrevaskularisation im Bereich der Karotiden durchgeführt werden, um die zerebrale Perfusion zu optimieren.
Auf Ihrer Intensivstation liegt ein Patient im hämorrhagischen Schock nach fulminanter Ösophagusvarizenblutung. Die Blutungsquelle wurde endoskopisch durch Clipping saniert, ihrerseits wurde bereits eine Substitution mit Erythrozytenkonzentraten und kristalloider Flüssigkeiten eingeleitet und eine multimodale gerinnungsoptimierende Therapie etabliert. Zusätzlich haben Sie begonnen, Ceftriaxon, Terlipressin und Pantoprazol zu verabreichen. Der Patient ist nun bereits seit 6 h anurisch, die Nierenretentionsparameter sind über Nacht stark angestiegen. Während der Morgenvisite bespricht der Oberarzt mit seinen Assistenzärzten das weitere Prozedere und prüft das Wissen der jungen Ärzte bezüglich renaler Hypoperfusion bei Patienten im Schock. Welche der genannten Antworten ist richtig?
In der Spätphase eines Schockgeschehens korrelieren die glomeruläre Filtrationsmenge und die Diurese mit dem Ausmaß der Nierendurchblutung.
Die fraktionelle Natriumexkretion (FeNa) beschreibt den prozentuellen Anteil des glomerulär filtrierten Natriums, der tubulär rückresorbiert wird.
Die fraktionierte Harnstoffexkretionsrate ist eine wenig sensitive und wenig spezifische Methode zur Diagnose einer perfusionsbedingten Nierendysfunktion.
Renale Biomarker, wie das neutrophilengelatinaseassoziierte Lipocalin (NGAL) und Cystatin C, sind spezifische Marker für eine renale Hypoperfusion.
Eine Erhöhung des renalen Resistive-Index (RRI) >0,7 tritt bei renaler Hypoperfusion und intrarenaler Vasokonstriktion auf.
Sie begleiten einen Intensivpatienten in die Radiologie zwecks Durchführung einer Computertomographie des Abdomens. Aufgrund einer klinischen Verschlechterung besteht der Verdacht auf eine intestinale Ischämie. Welcher Biomarker ist ein spezifischer Zellbestandteil von Enterozyten, der im Rahmen einer mesenterialen Ischämie freigesetzt wird?
Laktat
D‑Dimer
I‑FABP
S100‑B
KIM‑1
Um 09.00 Uhr wird Ihnen in der Notaufnahme ein 65-jähriger Patient durch den Rettungsdienst (RD) vorgestellt. Seit heute Morgen besteht eine veränderte Bewusstseinslage. Bei multiplen kardiovaskulären Grunderkrankungen, reduziertem Allgemeinzustand und fahlem Hautkolorit schätzen sie den Patienten als kritisch ein. Was wird Ihr nächster Schritt nach Übergabe durch den Rettungsdienst sein?
Die Durchführung der klinischen Untersuchung der Haut, der Pulse und des Bewusstseins
Die Durchführung einer arteriellen Blutgasanalyse zur Bestimmung des arteriellen Sauerstoffpartialdruck (paO2)
Die Durchführung einer Sonographie der wichtigsten Vitalorgane (Lunge, Herz, Niere)
Die Anlage einer nichtinvasiven Gewebesauerstoffmessung (StO2)
Das Vorbereiten eines invasiven Monitorings, da der Patient kritisch krank ist
Welche Untersuchungsmethode erlaubt die indirekte Quantifizierung der renalen Perfusion und wird zur Identifikation des Zielblutdrucks zur Optimierung der renalen Perfusion im septischen Schock empfohlen?
Bestimmung des Serumkreatinins
Konzentration des neutrophilengelatinaseassoziierten Lipocalins (NGAL) im 24 h-Harn
Tonometrie des intramukosalen pH (pHi)
Doppler-Sonographie der Nieren
Bestimmung der fraktionellen Natriumexkretion (FeNa)
Ein 82-jähriger Patient liegt seit 14 Tagen auf Ihrer herzchirurgischen Intensivstation. Im Rahmen eines ST-Strecken-Hebungs-Infarkts der Vorderwand kam es zu einer ischämischen Papillarmuskelruptur. Nach mehreren herzchirurgischen Revisionsoperationen befindet sich der Patient nun unter hohem Katecholaminaufwand in einem protrahierten Schockzustand. Sie bemerken nun zunehmend fehlende Darmgeräusche, das Abdomen imponiert gespannt und der Patient weist starken Reflux auf. Sie vermuten eine intestinale Ischämie. Welches apparative Verfahren eignet sich am besten zur Diagnostik einer Mesenterialischämie?
Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)
Indocyaninclearance
Sonographie des Abdomens
Tonometrie des intramukosalen pH (pHi)
Computertomographische Angiographie des Abdomens
Rights and permissions
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
About this article
Cite this article
Szasz, J., Noitz, M. & Dünser, M. Diagnostik der akuten Organischämie. Med Klin Intensivmed Notfmed 115, 159–172 (2020). https://doi.org/10.1007/s00063-020-00655-6
Received:
Revised:
Accepted:
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00063-020-00655-6