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Zur besonderen Verantwortung marktbeherrschender Unternehmen

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Kreation Innovation Märkte - Creation Innovation Markets
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Zusammenfassung

Bei der Anwendung von Art. 102 AEUV, dem Verbot missbräuchlicher Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, geht der Gerichtshof der EU in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Unternehmen, die eine marktbeherrschende Stellung innehaben, unabhängig von den Ursachen einer solchen Stellung eine besondere Verantwortung dafür tragen, dass sie durch ihr Verhalten einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf dem Binnenmarkt nicht beeinträchtigen. Der Beitrag geht den Gründen und Folgen dieser besonderen Verantwortung nach.

Dr. jur. Dr. eh., MCJ (NYU), Honorary Professor, College of Europe, Brügge.

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Notes

  1. 1.

    Vergleiche (Vgl.) aus der Vielzahl der Veröffentlichungen nur programmatisch Hilty/Jaeger, Europäisches Immaterialgüterrecht – Funktionen und Perspektiven, insbes. die einleitenden und die analytischen Kapitelbeiträge.

  2. 2.

    Vgl. Erwägung 5, 11 VO (EU) 2022/1925 des Parlaments und des Rates v. 14.9.2022 über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor (Gesetz über digitale Märkte, DGM), ABlEU 2022 L 265, 1.

  3. 3.

    Zu diesen Besonderheiten und den darauf beruhenden Grenzen der Wirksamkeit des Rechts gegen Wettbewerbsbeschränkungen grundlegend Schweitzer und Peitz (2017), ZEW Discussion Paper No. 17-043, passim; Peitz und Schweitzer (2018), NJW 2018, 275–280; Schweitzer et al. (2018), passim; Cremer et al. (2019), sub 2.II., 4. Während der europäische Gesetzgeber aus diesen Besonderheiten die Notwendigkeit einer sich vom Recht der Wettbewerbsbeschränkungen gerade unterscheidenden, dieses aber nicht ausschließenden Sondergesetzgebung abgeleitet hat, die sich auf Art. 114 AEUV statt auf Art. 103 AEUV stützt (s. o. Anm. 2), will der deutsche Gesetzgeber ihnen durch eine weitere Ausdifferenzierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Rechnung tragen, vgl. § 18(3a), (3b), § 19(4), § 19a, § 20(1), Satz 2, (1a) GWB, vgl. dazu allgemein, Conde Gallego et al. (2023), Position Statement of the Max Planck Institute for Innovation and Competition, passim.

  4. 4.

    Vgl. EuGH v. 14.2.1978, Rs 27/76, United Brands/Kommission, Slg 1978, 217 = ECLI:EU:C:1978:22, Rn. 63/66; v. 13.2.1979, Rs 85/76, Hoffmann-LaRoche, Kommission, Slg 1979, 461 = ECLI:EU:C:1979:36, Rn. 38, wo in Rn. 39 der Wirkungszusammenhang von wettbewerblicher Unabhängigkeit und Wettbewerbsbehinderung so wie hier im Text klargestellt wird. Näher unter Befürwortung der Eigenständigkeit der Kriterien der wettbewerblichen Unabhängigkeit einerseits und andererseits der Behinderungsmacht, Eilmannsberger/Bien, MüKo WettbR, Art 102 AEUV, Rn. 197 f. m. Nachw.

  5. 5.

    Vgl. schon EuGH v. 14.2.1978, Rs 27/76, United Brands/Kommission, wie Anm. 4, Rn. 66 ff., 108 ff.; v. 13.2.1979, Rs 85/76, Hoffmann-LaRoche/Kommission, wie Anm. 4, Rn. 40 ff.; näher Eilmannsberger/Bien, MüKo WettbR, Art. 102 AEUV, Rn. 230 ff., 236 ff., 239 ff., 242 ff.; vgl. auch die Kriterien nach § 18 GWB. In United Brands/Kommission betrug der Marktanteil etwa 45 %, sodass der Gerichtshof weitere Faktoren berücksichtigte. Liegt der Marktanteil höher, so verlieren solche Faktoren tendenziell an Bedeutung; bei Marktanteilen unterhalb von 25 % vermögen sie kaum noch eine Marktbeherrschung zu begründen.

  6. 6.

    Während § 20 GWB die Ausübung relativer Marktmacht einer Sonderregelung unterstellt, unterwerfen §§ 4a, 5 des österreichischen und Art. 7 des schweizerischen Kartellgesetzes sie den allgemein für die missbräuchliche Ausnutzung marktbeherrschender Stellungen geltenden Regeln. Gleiches gilt nach art. L 420-2(2) c.com. im französischen Wettbewerbsrecht, jedoch sehen art. L 442-1 bis L 442-8 c.com. zusätzlich ein besonderes régime du petit droit de la concurrence vor. Solch unterschiedliche Ansätze deuten darauf hin, dass die Unterscheidung zwischen „absoluter“ Herrschaft über den Markt und relativer Marktmacht gegenüber abhängigen Unternehmen nicht kategorischer Art ist, sondern eine Abstufung des wettbewerbspolitisch festzulegenden Aufsichtsmaßstabs darstellt. Marktmacht kann Abhängigkeiten und Abhängigkeiten können Marktmacht schaffen.

  7. 7.

    So hebt der EuGH in st. Rspr. (seit EuGH v. 21.2.1973, Rs. 6/72, Europemballage und Continental Can/Kommission, Slg 1973, 215=ECLI:EU:C:1973:22, Rn. 26; jetzt etwa v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, ECLI:EU:C:2022:379, Rn. 44) auf die Doppelfunktion des Schutzes der Verbraucher vor sowohl unmittelbarer als auch mittelbarer Schädigung ab. Letztere entsteht durch den Eingriff in die Struktur wirksamen Wettbewerbs, insbesondere durch Verdrängungspraktiken (EuGH v. 27.3.2012, Rs C-209/10, Post Danmark/Konkurrencerådet, ECLI:EU:C:2012:172, Rn. 20 a.E.); erstere kann schon in der Einschränkung der Wahlmöglichkeiten der Verbraucher liegen (EuGH v. 14.10.2010, Rs C-280/08 P, Deutsche Telekom/Kommission Slg. 2010 I 9555 = ECLI:EU:C:2010:603, Rn. 180 ff. (182)). Zu einer differenzierten Schutzzweckbetrachtung vgl. nur Eilmannsberger/Bien, Müko WettbR, Art 102 AEUV, Rn. 3 ff., 10 ff., 20 ff. m. Nachw.

  8. 8.

    St. Rspr., jüngst EuGH v. 19.1.2023, Rs. C-680/20, Unilever Italia Mkt. Operations/AGCM, ECLI:EU:2023:33, Rn. 38. Gemeint ist vor allem, dass das Missbrauchsverbot auch dann uneingeschränkt gilt, wenn die Marktbeherrschung kraft eigener Leistung erreicht wurde. Ebenso erfasst sind Fälle der Marktbeherrschung als Folge von Marktgegebenheiten (z. B. Markteintrittsschranken), früherer Marktregulierung, Umwandlung von staatlichen Aufgabenträgern in private Unternehmen u. ä.

  9. 9.

    Dies ergibt sich unstrittig aus dem Wortlaut und der Systematik des Art. 102 AEUV (vgl. schon EuGH v. 9.11.1983, Rs. 322/81, Nederlandsche Bandenindustrie – Michelin/Kommission, Slg. 1983, 3461 = ECLI:EU:C:1983:313, Rn. 57; jüngst EuGH v. 19.1.2023, Rs. C-680/20, Unilever Italia Mkt. Operations/AGCM, wie Anm. 8, Rn. 37; v. 12.5.2022, Rs. C. 377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 73), schließt aber nicht aus, solche Konzentrationsmaßnahmen als Missbrauch sonst legitim erworbener Marktmacht anzusehen, die den nahezu letzten Wettbewerb ausschalten, vgl. grundlegend EuGH v. 21.2.1973, Rs 6/72, Europemballage und Continental Can/Kommission, wie Anm. 7; jüngst EuGH v. 16.3.2023, Rs C-449/21, Towercast/Autorité de la concurrence, ECLI:EU:C:207, Rn. 41 ff.

  10. 10.

    St. Rspr., vgl. nur EuGH v. 12.5.2022, Rs. C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 67; v. 12.1.2023, Rs C-42/21 P, Lietuvos gelenzinkeliai/Kommission, ECLI:EU:C:2023:12, Rn. 77.

  11. 11.

    In der englischen und französischen Fassung heißt es statt Erzwingung „imposing“ bzw. „imposer“ (auferlegen), was der Sachlage besser entspricht, denn es geht nicht um Nötigung, sondern zumeist um die Ausnutzung von Abhängigkeiten, vgl. Behrens (2017), Rn. 1151.

  12. 12.

    Die geschichtlichen Wurzeln reichen in das zivilrechtliche Monopolmissbrauchsverbot zurück, jedoch will das Kartellrecht nicht an dessen Gerechtigkeitsgedanken anknüpfen, sondern den Wettbewerbsgrundsatz verwirklichen, vgl. nur Baur (1969), 78 ff. Auch dies gelang nicht ohne Grundsatzwechsel im Kartellrecht selbst, vgl. für das GWB Möschel in Immenga und Mestmäcker (1981), § 22 GWB, Rn. 6 ff., 12 ff.; zu den staatenweise unterschiedlichen wirtschafts- und wettbewerbspolitischen Vorstellungen, die zu Art. 102 AEUV geführt haben H. Schweitzer (2007), sub II.2.

  13. 13.

    Seit EuGH v. 21.2.1973, Rs. 6/72, Europemballage und Continental Can/Kommission, wie Anm. 7, Rn. 23 ff.; aus neuerer Zeit etwa EuGH v. 12.5.2022, Rs. C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 41 ff.

  14. 14.

    Vgl. nur EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 73; deutlich GenA H. Kirschner, v. 21.2.1990 in Rs. T-51/89, Tetra Pak Rausing/Kommission, Slg. 1990 II 309, 312 = ECLI:EU:T:1990:15, Rn.62.

  15. 15.

    Vgl. nur Behrens (2017), Rn. 1163 („exzessiv“ überhöhte Preise), Rn. 1186 („massiv“ und „einseitig“ einschränkende Konditionen) und die allgemeine Qualifizierung als „excessive pricing“ bei O’Donoghue und Padilla (2020), Chap. 14.

  16. 16.

    Grundlegend aber nicht eingehend EuGH v. 14.2.1978, Rs 27/76, United Brands/Kommission wie Anm. 4, Rn. 104 ff. Zu den Schwierigkeiten Behrens (2017), Rn. 1163 ff.; eingehend Eilmannsberger, Bien, MüKo WettbR, Art. 102 AEUV, Rn. 340 ff.; O’Donoghue und Padilla (2020), sub 14.2, 14.3; zu Pharmapreisen T. Helfteren (2021), 42 Eur. Comp. L. Rev. 427 (2021).

  17. 17.

    Vgl. Eilmannsberger/Bien, MüKo WettbR, Art. 102 AEUV, Rn. 339; O’Donoghue und Padilla (2020), S. 889 f. EuGH v. 14.2.1978, Rs 27/76, United Brands/Kommission wie Anm. 4, ist der Musterfall geblieben, den die Kommission aber verloren hat; EuGH v. 11.11.1986, Rs 226/84, British Leyland/Kommission, Slg 1986, 3263=ECLI:EU:C:1986:421, Rn. 25 ff. betraf nur am Rande einen Preismissbrauch, der im Übrigen ohne weiteres feststellbar war; ähnliches gilt für EuGH v. 16.7.2009, Rs C-385/07 P, Der Grüne PunktDuales System Deutschland/Kommission, Slg 2009 I 6155=ECLI:EU:C:2009:459, Rn. 141 (Lizenzgebührenpflicht auch bei Nichtnutzung); EuGH v. 13.11.1975, Rs. 26/75, General Motors Continental/Kommission, Slg 1975, 1367 = ECLI:EU:C:1975:150, Rn. 15 ff. konnte schon eine missbräuchliche Ausnutzung nicht erkennen.

  18. 18.

    Deutlich etwa bei der Abwehr mutmaßlich überhöhter Lizenzgebührenforderungen von Urheberrechtsverwertungsgesellschaften, die ohne kartellrechtliches Eingreifen aussichtslos bleibt, vgl. EuGH v. 9.4.1987, Rs. 402/85, Basset/SACEM, Slg. 1987, 1747=ECLI:EU:C:1987:197; v. 13.7.1989, Rs 395/87, Ministère public/Tournier, Slg 1989, 2521=ECLI:EU:C:1989:319, Rn. 34 mit Schlußanträgen GenA F. Jacobs v. 26.5.1981, Slg 1989, 2536=ECLI:EU:C:1989:215, Rn. 42 ff.; v. 13.7.1989, verb. Rs 110/88, 241/88 und 242/88, Lucazeau u. a./SACEM, Slg 1989, 2811=ECLI:EU:C:1989:326; v. 14.9.2017, Rs C-177/16, AKKA, LAA/Lettischer Wettbewerbsrat, ECLI:EU:C:2017:689.

  19. 19.

    Das Erfordernis einer Wettbewerbsbeeinträchtigung (BGH v. 23.6.2020, K. VR 69/19 – Facebook -, NZKartR 2020, 473, Rn. 64 allgemein für das Missbrauchsverhalten nach § 19(1) GWB) oder zumindest eines Bezugs zum Wettbewerb im Sinne einer Veränderung seiner Bedingungen (Behrens (2017), Rn. 1149) ist typischerweise zumindest durch eine Verstärkung der Marktstellung erfüllt. Im Übrigen mag es der Abgrenzung des kartellrechtlichen Ausbeutungsmissbrauchs vom allgemeinen Verbraucherschutz dienen (angesprochen von Podszun (2020), GRUR 2020, 1268, 1270), erschwert aber diejenige zum Behinderungsmissbrauch (s. a. Schweitzer (2022), JZ 2022, 16, 22 ff.). Es sollte deshalb nur als allgemeine kartellrechtliche Eingriffsschwelle, nicht als einengende Qualifikation des Missbrauchsbegriffs verstanden werden.

  20. 20.

    Beispiele sind die Fälle United Brands (wie Anm. 4) oder Facebook (wie Anm. 19); zu weiteren Aufgriffsgründen Eilmannsberger/Bien, MüKo WettbR, Art. 102 AEUV, Rn. 339.

  21. 21.

    Etwa bei Ausbeutungsmissbrauch durch überhöhte Arzneimittelpreise, vgl. Kommission v. 16.2.2021, Fall AT. 40394-Aspen; zu entsprechenden Verfahren einzelstaatlicher Wettbewerbsbehörden s. O’Donoghue und Padilla (2020), S. 890; van Helfteren (2021), 42 Eur. Comp. L. Rev. 427 (2021).

  22. 22.

    Kommission, Mitteilung „Erläuterung zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Art. 82 des EG-Vertrags auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen“, ABlEU 2009 C 45, 7, Rn. 5 ff., insoweit nicht geändert durch Kommission, Mitteilung v. 27.3.2023, C(2023)1923.

  23. 23.

    Vgl. o. Anm. 7; Behrens (2017), Rn. 1093, 1121 und allgemein zu den wettbewerbspolitischen Leitbildern das. Rn. 322 et passim.

  24. 24.

    Aufgrund der Vielfalt der Behinderungspraktiken variieren auch die Systematisierungen der Darstellung durch die Literatur, vgl. Eilmannsberger/Bien, MüKo WettbR, Inhaltsübersicht zu Art. 102 AEUV, Abschnitte H, I, J,; Fuchs (2019), Übersicht vor Art. 102 AEUV, sub C. IV; Behrens (2017), 9. Kapitel, § 31; Mestmäcker und Schweitzer (2014), 4. Kapitel, §§ 18, 19.

  25. 25.

    Die Diskriminierung bildet ein eigenes, bedeutendes Missbrauchsbeispiel (Art. 102(2) lit. c) AEUV), beeinflusst aber auch die Beurteilung der verschiedenen Verdrängungspraktiken, etwa von Rabattsystemen oder von Geschäftsverweigerungen.

  26. 26.

    EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 40 et passim. Dem Vorabentscheidungsersuchen lag eine von der italienischen Wettbewerbsbehörde angegriffene Selbstbevorzugungsstrategie eines aus der Marktderegulierung hervorgegangenen marktbeherrschenden Unternehmens (ENEL) zugrunde, die Dritte am Zugang zu Kundendaten für Werbezwecke behinderte. Es handelte sich also um eine nicht preisbezogene Behinderungsstrategie ähnlich der Verweigerung des Zugangs zu wesentlichen Einrichtungen.

  27. 27.

    Ibid., Rn. 41 ff.; s. a. o. Anm. 13.

  28. 28.

    Ibid., Rn. 44, 68; st. Rspr. seit EuGH v. 13.2.1979, Rs 85/76, Hoffmann-LaRoche/Kommission, wie Anm. 4, Rn. 91; v. 9.11.1983, Rs 322/81, Michelin/Kommission, wie Anm. 9, Rn. 70.

  29. 29.

    Ibid., Rn. 49 ff.

  30. 30.

    Ibid., Rn. 59 ff., 65, 67 m. Nachw.

  31. 31.

    Ibid., Rn. 67, st. Rspr seit EuGH v. 13.2.1979, Rs 85/76, Hoffmann-LaRoche/Kommission, wie Anm. 4, Rn. 91.

  32. 32.

    Ibid., Rn. 44, 61, 68; st. Rspr. seit EuGH v. 13.2.1979, Rs 85/76, Hoffmann-LaRoche/Kommission, wie Anm. 4, Rn. 91.

  33. 33.

    Ibid., Rn. 46, 75.

  34. 34.

    Ibid., Rn. 45, 73; st. Rspr. seit EuGH v. 27.3.2012, Rs C-209/10, Post Danmark/Kommission, wie Anm. 7, Rn. 21 f.; neuerlich EuGH v. 19.1.2023, Rs C-680/20, Unilever Italia Mkt. Operations/AGCM, ECLI:EU:C:2023:33, Rn. 37. Hinter dieser Aussage verbirgt sich das Schlagwort, dass Art. 102 AEUV den Wettbewerb, nicht die Wettbewerber schützen solle, das schon deshalb zwiespältig ist, weil der noch bestehende und zu schützende Wettbewerb auch von weniger leistungsfähigen Wettbewerbern ausgehen kann; vgl. auch Eilmannsberger/Bien, MüKo WettbK, Art. 102 AEUV, Rn. 7.

  35. 35.

    Ibid., Rn. 76; im Jargon: AEC-Test.

  36. 36.

    Dazu nur Behrens (2017), Rn. 1124 ff.; Fuchs (2011), Festschrift W. Möschel, S. 241 et passim. Isoliert angewandt steht der AEC-Test im Widerspruch zu dem Erfordernis, die Missbräuchlichkeit der Verhaltensweise eines marktbeherrschenden Unternehmen „unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände zu beurteilen“ (EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 72 m. Nachw), denn außer in einfach gelagerten Kampfpreisfällen lassen sich die vielen zu vergleichenden Einflussgrößen unternehmerischer Marktstrategien kaum ermitteln und einander gegenüberstellen. Der EuGH macht das, Rn. 81 ff. auch entsprechende Vorbehalte, die die Grundsätzlichkeit seines Gesamtansatzes, insbesondere die Erfassung auch von nicht preisbezogenen Verdrängungsstrategien, wie sie dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde lagen, einschränken; vgl. auch den AEC-Test als nicht sachgerecht zurückweisend etwa EuGH v. 6.10.2015, Rs C-23/14, Post Danmark/Konkurrencerådet, ECLI:EU:C:2005:651, Rn. 51 et passim.

  37. 37.

    EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 76 ff.

  38. 38.

    Ibid., Rn. 84, 86.

  39. 39.

    Ibid., Rn. 79.

  40. 40.

    Ibid., Rn. 74, zu lesen im Zusammenhang von Rn. 73 und 75; Rn. 74 nimmt aber ausdrücklich Bezug auf EuGH v. 9.11.1983, Rs 322/81, Nederlandsche Banden-Industrie Michelin/Kommission, wie Anm. 9, Rn. 57.

  41. 41.

    EuGH v. 9.11.1983, Rs 322/81, Nederlandsche Banden-Industrie Michelin/Kommission, wie Anm. 9, Rn. 57; ebenso noch EuGH v. 16.3.2000, verb. Rs C-395/96 P und C-396/96 P, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, Slg. 2000 I 1365=ECLI :EU :C :2000 :132, Rn. 37.

  42. 42.

    EuGH v. 2.4.2009, Rs C-208/07 P, France Télécom/Kommission, Slg 2009 I 2369= ECLI :EU :C :2009 :214, Rn. 105 ; v. 14.10.2010, Rs C-280/08 P, Deutsche Telekom/Kommission, Slg. 2010 I 9555 = ECLI:EU:C:2010:603, Rn. 176.

  43. 43.

    Insbesondere wird unverändert auf die doch anders gelagerte Ursprungsrechtsprechung im Michelin-Fall Bezug genommen, s. o. Anm. 40 und etwa EuGH v. 6.9.2017, Rs C-413/14 P, Intel/Kommission, ECLI:EU:C:2017:632, Rn. 135, dessen Argumentationskette dann das ENEL/AGCM-Urteil folgt.

  44. 44.

    EuGH v. 27.3.2012, Rs C-209/10, Post Danmark/Konkurrencerådet, wie Anm. 7, Rn. 23 hält fest, dass bei der besonderen Verantwortung der Umstand zu berücksichtigen sei, dass die beherrschende Stellung aus einem gesetzlichen Monopol entstanden ist. Tatsächlich trifft dies auch für die vorangegangenen Urteile France Télécom und Deutsche Telekom (beide wie Anm. 42) sowie für EuGH v. 17.2.2011, Rs C-52/09, Konkurrensverkat/Telia Sonera Sverige, Slg 2011 I 527 = ECLI:EU:C:2011:83, Rn. 24, zu, wobei jeweils der Argumentationslinie von France Télécom, wie Anm. 42, gefolgt wird. Vgl. ferner EuGH v. 25.3.2021, Rs C-152/19 P, Deutsche Telekom/Kommission, ECLI:EU:C:2021:238, Rn. 40; v. 18.1.2023, RS C-42/31 P, Lietuvos gelezinkeliai/Kommission, wie Anm. 10, Rn. 76.

  45. 45.

    Zu ersterem EuGH v. 6.12.2012, Rs C-457/10 P, Astra Zeneca/Kommission, ECLI:EU:C:2012:770, Rn. 98; zu letzterem EuGH v. 30.1.2020, Rs C-307/18, Generics u. a./Competition and Markets Authority, ECLI:EU:C:2020:52, Rn. 150 ff.

  46. 46.

    EuGH v. 6.10.2015, Rs C-23/14, Post Danmark/Konkurrencerådet, ECLI:EU:C:2015:651, Rn. 70 f.

  47. 47.

    EuGH v. 12.1.2023, Rs C-42/21 P, Lietuvos gelezinkeliai/Kommission, ECLI:EU:C:2023:12, Rn. 75 f.; vgl. auch hinsichtlich noch bestehender regulatorischer Zugangsregeln EuGH v. 25.3.2021, Rs C-152/19 P, Deutsche Telekom/Kommission, ECLI:EU:C:2021: Rn. 57.

  48. 48.

    EuGH v. 19.1.2023, Rs. C-680/20, Unilever Italia Mkt. Operations/AGCM, wie Anm. 34, Rn. 28 ff.

  49. 49.

    EuG v. 6.10.1994, Rs T-83/91, Tetra Pak International/Kommission, Slg 1994 II 755=ECLI:EU:T:1994:246, Rn. 114 f.

  50. 50.

    Zu ersterem EuG v. 10.7.1990, Rs T-51/89, Tetra Pak Rausing/Kommission, Slg. 1991 II 309 = ECLI:EU:T:1990:41, Rn. 36 f. (kein Schutz des Vertrauens auf die Unanwendbarkeit von Art. 86 EG-V (=Art. 102 AEUV) bei gleichzeitiger Anwendbarkeit einer Gruppenfreistellungsverordnung); v. 9.9.2009, Rs T-301/94, Clearstream Banking u. a./Kommission, Slg 2009 II 3155 = ECLI:EU:T:2009:317, Rn. 131 ff. (Vertragsverschleppung). Umgekehrt entlastet die Wahrnehmung dieser Art besonderer Verantwortung auch, vgl. EuG v. 30.9.2003, verb. Rs T-191/98, T-212/98 bis T-214/98, Atlantic Container Line/Kommission, Slg. 2003 II 3275 = ECLI:EU:T:2003:245, Rn. 1460.

  51. 51.

    Das ist eine allgemeine, dem EuGH entsprechende Rechtsprechung des Gerichts, vgl. nur EuG v. 7.10.1990, Rs T-228/98 Irish Sugar/Kommission, Slg. 1999 II 2969 = ECLI:EU:T:1999:246, Rn. 111 f.; formelhaft EuG v. 9.9.2010, Rs T-155/06, Tomra Systems u. a./Kommission, Slg. 2010 II 4361 = ECLI:EU:T:2010:370, Rn. 207.

  52. 52.

    EuG v. 17.7.1998, Rs T-111/96, ITT Promedia/Kommision, Slg 1998 II 2937 = ECLI:EU:T:1998:183, Rn. 139; obiter EuG v. 30.9.2003, verb. Rs T-191/98, T-212/98 bis T-214/98, Atlantic Container Line/Kommission, wie Anm. 50, Rn. 1460; ferner EuG v. 30.1.2007, Rs T-340/03, France Télécom/Kommission, Slg. 2007 II 107=ECLI:EU:T:2007:22, Rn. 176 ff. (186) betr. Anpassung der Preise an die der Mitbewerber trotz unzureichender Kostendeckung. Vgl. auch GenA A. Rantos v. 9.12.2021, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, ECLI:EU:C:2021:298, Rn. 59 mit Verweis auf EuG v. 23.10.2003, Rs T-65/98, Van den Bergh Foods/Kommission, Slg. 2003 II 4653=ECLI:EU:T:2003:281, Rndr. 159.

    Verwandt, aber zu unterscheiden ist die Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV auf Verhaltensweisen, die auch von Art.101 AEUV erfasst, aber freigestellt sind, vgl. EuGH v. 16.3.2000, verb. Rs C-395/96 P und C-396/96 P, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, wie Anm. 41, Rn. 129 ff.

  53. 53.

    Vgl. EuG v. 17.7.1998, Rs T-111/96, ITT Promedia/Kommision, wie Anm. 52, Rn. 139 mit Verweis auf EuG v. 10.7.1990, Rs T-51/89, Tetra Pak Rausing/Kommission, wie Anm. 50, Rn. 23: „Der entscheidende Gesichtspunkt für die Feststellung, dass der Erwerb einer ausschließlichen Lizenz einen Mißbrauch darstellte, lag also in der konkreten Stellung der Klägerin auf dem relevanten Markt …“.

  54. 54.

    Im Einzelnen kann auf diese Rechtsprechung aus Raumgründen nicht eingegangen werden, vgl. nur BGH v. 21.9.2021, KZR 88/20 – Trassenentgelte II – NZ Kart 2022, 20, Rn. 36 mit Nachw.

  55. 55.

    BGH 5.5.2020, KZR 36/17 – FRAND Einwand – BGHZ 225, 269 = GRUR 2020, 961, Rn. 72 unter Verweis auf EuGH v. 16.7.2015, Rs C-170/13, Huawei Technologies/ZTE, ECLI:EU:C:2015:477, wo die besondere Verantwortung allerdings bestenfalls impliziert ist.

  56. 56.

    BGH v. 23.6.2020, KVR 69/19 – Facebook – NZ Kart 2020, 473, Rn. 74 ff.; dazu Schweitzer (2022), JZ 2022, 21 ff. Kurz gesagt, dem marktbeherrschenden Unternehmen werden wegen seiner dem Wettbewerb enthobenen Stellung die Folgen seines nicht wettbewerbsgerechten Verhaltens ohne weiteres zugerechnet.

  57. 57.

    BGH, wie vor, Rn. 123; insoweit ist allerdings unklar, ob die Pflichten im Missbrauchsbegriff enthalten sind oder diesen kraft der besonderen Verantwortung zusätzlich qualifizieren.

  58. 58.

    Unergiebig etwa O’Donoghue und Padilla (2020), S. 3, 79, 86, 88, 873; E. Lovdahl Gormsen (2010), S.10; Wurmnest (2012), S. 89 f. Obwohl ausdrücklich nach der besonderen Verantwortung gefragt, wird sie in Ehlermann/Marquis, eds. (2008, European Competition Law Annual 2007) nur in einem oberflächlichen Beitrag thematisiert (Allendesalazar Corcho (2008) S. 319–327); in einem anderen mit wenigen Worten als unergiebig abgetan, (Ahlborn und Padilla (2008), S. 55, 71 f.); zurückhaltend auch Szyszcak (2011), 33 Fordh.Int’l.L.J.1738, 1755 f. (2011). Marty, (2012), passim sieht in der besonderen Verantwortung den Ausdruck eines ordoliberalen Verständnisses des Art. 102 AEUV. Abgesehen davon, dass diese Annahme historisch fragwürdig ist (vgl. Schweitzer, wie Anm. 12; dies. Vortragspräsentation in Ehlermann, Marquis, wie oben, S. 17) ist damit für die rechtliche Begründung der besonderen Verantwortung und die Bestimmung ihrer Folgen nichts gewonnen. Ordoliberalismus stellt keine Rechtsauslegungsregel, sondern ein rechts- und wettbewerbliches Vorverständnis dar, das zudem uneinheitlich ist. Ferner jetzt Dincer (2023), S. 167 ff, der die besondere Verantwortung aus Art. 2 und 3(3) AEUV – Systementscheidung für freie und soziale Marktwirtschaft – ableitet.

  59. 59.

    Vgl. Mestmäcker und Schweitzer (2014), § 16, Rn. 48; Behrens (2017), Rn. 1097 je mit Verweis auf die EuG-Rechtsprechung wie Anm. 52. Von dieser Aussage zu unterscheiden ist der selbstverständlich auch für marktbeherrschende Unternehmen geltende Satz, dass die Rechtmäßigkeit eines Verhaltens nach anderen als kartellrechtlichen Regeln einen Verstoß gegen diese nicht zu rechtfertigen vermag, vgl. EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 67 mit Verweis auf EuGH v. 6.12.2012, Rs C-457/10 P, Astra Zeneca/Kommission, wie Anm. 45, Rn. 132; vgl. unmissverständlich EuG v. 1.7.2010, Rs T-321/05, Astra Zeneca/Kommission, Slg. 2010 II 2805 = ECLI:EU:T:2010:266, Rn. 677. Mit einer besonderen Verantwortung hat dies entgegen Brinkmann (2018) S.36 nichts zu tun.

  60. 60.

    Mestmäcker und Schweitzer (2014), § 16, Rn. 44 ff.

  61. 61.

    So GenA A. Rantos v. 9.12.2021, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 52, Rn. 56 ff.

  62. 62.

    Vgl. o. Anm. 52.

  63. 63.

    Gemeint sind vor allem Absprachen, die Art 101(1) AEUV nicht unterfallen, nicht solche, auf die Art. 101(3) AEUV zutrifft, denn diese sind marktbeherrschenden Unternehmen jedenfalls deshalb im Grundsatz verwehrt, weil sie auch bei angemessener Beteiligung der Verbraucher an ihren Vorteilen keine Möglichkeiten eröffnen dürfen, für einen wesentlichen Teil der betroffenen Waren den Wettbewerb auszuschalten. Der Spielraum, den Verwaltungspraxis und Rechtsprechung marktbeherrschenden Unternehmen dennoch für eine Beteiligung an wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen lassen (s. Ellger, Art. 101 Abs. 3 AEUV, Rn. 313 ff.), beeinflusst die hiesige Argumentationslinie nicht.

  64. 64.

    Insbesondere Kampfpreispraktiken oder Margenbeschneidung, u. U. auch Rabattsysteme.

  65. 65.

    Vgl. o. Anm. 59. Dass selbst wettbewerbserhebliche Verstöße gegen nicht wettbewerbliche Rechtsvorschriften außer Betracht bleiben sollten (so etwa Eilmannsberger/Bien, MüKo WettbR, Art 102 AEUV, Rn. 265 ff., 282) ist weder dem Kausalitätserfordernis zu entnehmen noch sonst einzusehen.

  66. 66.

    So GenA J. Kokott v. 23.2.2006, Rs C-95/04 P, British Airways/Kommission, Slg. 2007 I 2336 = ECLI:EU:C:2006:133, Rn. 23.

  67. 67.

    Vgl. EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 41.

  68. 68.

    Weil die Rechtsprechung fast ausschließlich Fälle behördlicher Wettbewerbsaufsicht und häufig ex-Monopolisten (s. o. Anm. 44) betrifft, wird leicht übersehen, dass sie auch für mittelständische Unternehmen gilt, die sachlich enge oder nur regionale Märkte beherrschen.

  69. 69.

    Vgl. o. Anm. 40, s. aber u. Text nach Anm.79.

  70. 70.

    Davon zu unterscheiden, wenn auch damit verbunden ist die Unterstellung von Kartellen unter das Missbrauchsverbot nach § 19(3) GWB, das die überschießenden Wirkungen erlaubter vertraglicher Wettbewerbsbeschränkungen erfassen will.

  71. 71.

    EuGH v. 20.1.1981, verb. Rs 55/80 und 57/80, Musik-Vertrieb membran u. a./GEMA, Slg. 1981, 147=ECLI:EU:C:1981:10, Rn. 22 ff.; v. 14.7.1981, Rs 187/80, Merck/Stephar, Slg. 1981, 2063=ECLI:EU:C:1981:180, Rn. 11; bestätigt durch EuGH v. 5.12.1996, verb. Rs C-267/95 und C-268/95, Merck u. a./Primecrown, Slg. 1996 I 6285=ECLI:EU:C:1996:468, Rn. 32 ff.

  72. 72.

    Vgl. etwa EuG v. 23.10.2003, Rs T-65/98, Van den Bergh Foods/Kommission, wie Anm. 52, Rn. 157 ff.

  73. 73.

    Vgl. BGH v. 23.6.2020, KVR 69/19 – Facebook –, NZKartR 2020, 473, Rn. 123.

  74. 74.

    St. Rspr., vgl. EuGH v. 12.5. 2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 41 ff. m. Nachw.

  75. 75.

    EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 72; vgl. auch EuGH v. 6.9.2017, Rs C-413/14 P, Intel/Kommission, wie Anm. 43, Rn. 129 ff.; dazu GenA N. Wahl v. 20.10.2016, Rs C-413/14 P, Intel/Kommission, ECLI:EU:C:2016:788, Rn. 66 ff., 73 ff.; ferner etwa EuGH v. 14.10.2010, Rs C-280/08 P, Deutsche Telekom/Kommission, wie Anm. 42, Rn. 175.

  76. 76.

    Vgl. zu betriebswirtschaftlich widersinnigen Verhaltensweisen EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 77. Dies schließt die Erfassung betriebswirtschaftlich vielleicht plausibler, sich aber überwiegend als Wettbewerbsverdrängung auswirkender Praktiken nach allgemeinen Regeln nicht aus.

  77. 77.

    Vgl. Anm. 75. Zu den Auslegungs- und Anwendungsspielräumen vgl. am Beispiel der Abnehmerbindung durch Rabattgewährung einerseits Monti (2023), 60 CMLRev.107 – 140 (2023), andererseits Zimmer und Rottmann (2022), WuW 2022, 370 377.

  78. 78.

    So stellt die Monopolkommission (1977), S. 21, Rn. 23 fest: „Der Widerspruch zwischen dem bei einer gegebenen Marktstruktur unternehmerisch möglichen und dem vom Wettbewerbsrecht zu erzwingenden Verhalten läßt sich nicht auflösen“.

  79. 79.

    EuGH v. 12.5.2022, Rs C-377/20, ENEL/AGCM, wie Anm. 7, Rn. 74; v. 19.1. 2023, Rs C-680/20, Unilever Italian Mkt. Operations/AGCM, wie Anm. 34, Rn. 38.

  80. 80.

    Wie Anm. 44.

  81. 81.

    So werden Treuerabatte, die ein Unternehmen einsetzt, um die weitere Verbreitung, Erweiterung und Verbesserung der Innovation zu fördern, mit der es sich seine marktbeherrschende Stellung erarbeitet hat, anders zu beurteilen sein als diejenigen, die im Fall Intel (wie Anm. 43) in Frage standen oder die ein ex-Monopolist Dritten zur Wahrung seiner Marktstellung einräumt.

  82. 82.

    Wie Anm. 73. So ist oft genug darauf hingewiesen und vom Gesetzgeber anerkannt worden, dass das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht unabhängig von der Natur und gesellschaftlichen Bedeutung und Wirkung der Güter und Leistungen entwickelt, angewandt und durchgesetzt werden kann, die über den wettbewerblich geordneten Markt hervorgebracht werden sollen, vgl. nur mit Hinweis auf u. a. den Medienwettbewerb Pitofsky (2006, European Competition Law Annual 2003), S. 127, 131, ders., ibid. S. 17 ff. (Vortragsaufzeichnung); 41 (Diskussionsbeitrag).

  83. 83.

    Nachw. wie Anm. 2, 3.

  84. 84.

    Solches „umbrella pricing“ im Schatten von Kartellen kann, wenn ein ausreichender Kausalzusammenhang besteht, zur Schadensersatzpflicht des Kartells für das Verhalten Dritter führen, vgl. EuGH v. 5.6.2014, Rs C-557/12, Kone u. a./ÖBB Infrastruktur, ECLI:EU:C:2014:1317. Ein vergleichbarer Kausalzusammenhang zwischen der Preisführerschaft eines marktbeherrschenden Unternehmens und dem Anpassungsverhalten der übrigen Wettbewerber wird freilich nicht ohne weiteres anzunehmen sein. Besteht er, liegt ein Fall besonderer Verantwortung vor, der, ausgehend von einer überhöhten Preissetzung, die Entwicklung einer speziellen Missbrauchsvariante erlauben könnte.

  85. 85.

    Vgl. Ragnitz (2022), ifo Dresden berichtet 2022(5) 24, aktualisiert 1.3.2923; Fuest et al. (2022), Persp. Wirtschaftspolitik 2022:23(2):74, 79. Zum Ruf nach der Wettbewerbsaufsicht nur Bernoth und Kriwoluzk (2022), DIW Wochenbericht Nr. 7/2022, 120; in der Tagespresse u. a. Rieke, Unternehmen schüren mit ihrer Preismacht die Inflation – aber die Kartellwächter sind zu langsam, Handelsblatt v. 31.1.2022. Der Verdacht des Marktmachtmissbrauchs hat sich im Einzelfall nicht bestätigt, vgl. Bundeskartellamt, Fallbericht v. 23.7.2021 – Ermittlungen zu hohen und stark ansteigenden Verkaufspreisen bei Spanplatten, Az. B1-71/21. Soweit entsprechende Auseinandersetzungen zwischen Einzelhandel und Markenartikelherstellern von Lebensmitteln gerichtlich ausgetragen wurden, sind Klagen früh gescheitert, vgl. LG Hamburg v. 29.9.2022, Az. 415 HKO 72/22, openJur 2022, 19523 – Edeka/Coca Cola.

  86. 86.

    Preisführerschaft und Marktbeherrschung fallen häufig, aber nicht notwendig zusammen, vgl. Eilmannsberger, Bien, MüKo WettbR, Art. 102 AEUV, Rn. 244 m. Nachw. In Inflationszeiten sind insoweit besondere Zweifel angebracht.

  87. 87.

    Grundlegend aus Anlass volkswirtschaftlicher Instabilitäten Anfang der 70iger Jahre schon Monopolkommission (1977), S. 17 ff.

  88. 88.

    Nach der hiesigen, rein wettbewerbsrechtlichen Begründung der besonderen Verantwortung marktbeherrschender Unternehmen bildet sie keine Erscheinungsform oder Verbesonderung der „corporate social responsibility“, die jedes Unternehmen unabhängig von seiner Teilnahme am oder Stellung im Wettbewerb als Gemeinschaftsverpflichtung trifft, abw. Munyai (2020), De Jure L.J. 2020, S. 267 – 285.

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Ullrich, H. (2024). Zur besonderen Verantwortung marktbeherrschender Unternehmen. In: Thouvenin, F., Peukert, A., Jaeger, T., Geiger, C. (eds) Kreation Innovation Märkte - Creation Innovation Markets. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-68599-0_69

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