Die Stellung katatoner Syndrome zwischen den affektiven und schizophrenen Psychosen

Zusammenfassung

Seit der 1874 erschienenen Monographie über „Die Katatonie oder das Span nungsirresein“ besteht der Reiz des Katatonieproblems in der Verbindung mit grundlegenden Fragestellungen des psychopathologischen Denkens. Am Beispiel der Katatonie entwickelte Kahlbaum seine „klinische Methode“, die eine umfassende Analyse des gesamten klinischen Bildes, vor allem aber die Berücksichtigung des vollständigen Verlaufes als wichtigste Grundlage für die Aufstellung von Krankheitseinheiten fordert. In Fortsetzung der nosographischen Intentionen Kahlbaums hat Kraepelin (1899) die klinische Methode breit entfaltet, von Jaspers (1913) wurde sie mit der Begründung einer phänomenologisch-deskriptiven Psychopathologie methodologisch vertieft. Eine bleibende Form gewann jener vor allem in Heidelberg vertretene Ansatz, dessen Wesen in der Zusammenschau aller klinisch verfügbaren Aspekte liegt, schließlich in der klinischen Psychopathologie Kurt Schneiders (1967). Die Begründung dieser Tradition macht die eigentliche Bedeutung der Katatonie Kahlbaums aus, nicht ihre Konzipierung als spezielle Krankheitseinheit, die von Anfang an ein wechselvolles Schicksal genommen hat und schon früh, erstmals wohl bei Schüle (1867, 1898) einer syndromalen Auffassung weichen mußte.