Auszug
Der Mangel an Kindern in vielen modernen Gesellschaften wird häufig damit begründet, dass Kinder für die Existenzsicherung der Eltern nicht mehr notwendig seien, sondern überwiegend gewünscht würden, um das Leben der Eltern zu bereichern. Wenn die Aufwendungen für Kinder in Gestalt direkter Kosten und Opportunitätskosten sehr hoch sind und auch in anderen Lebensbereichen Benachteiligungen befürchtet werden, dann werden nur wenige Kinder geboren (Bertram 2005: 4). Ökonomisch begründete Strategien der Familienpolitik zur Erhöhung der Geburtenzahl setzen auf die Senkung der Opportunitätskosten für Kinder durch eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie für Frauen, z. B. durch den Ausbau der Infrastruktur für Kinder, verlängerte Öffnungszeiten und flexiblere Arbeitszeitmodelle. Bei dieser Sicht bleiben kulturelle, emotionale und moralische Einstellungen potenzieller Eltern außer Acht (Rürup und Gruescu 2003: 51). Außerdem wird häufig angenommen, der Geburtenrückgang sei vornehmlich durch Kinderlosigkeit verursacht, und nicht etwa durch das Verschwinden der Mehrkinderfamilie. Des Weiteren wird unterstellt, Kinderwünsche seien eine anthropologische Konstante und die Gründe, die Eltern an der Realisierung ihrer Kinderwünsche hindern, würden von allen Eltern in ähnlicher Weise wahrgenommen. Sollte sich aber zeigen, dass Kinderwünsche sich aus anderen und stärker individuellen Quellen speisen, dann stieße eine Strategie, die ausschließlich auf die Senkung von Opportunitätskosten setzt, ins Leere.
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Marbach, J.H., Tölke, A. (2007). Frauen, Männer und Familie: Lebensorientierung, Kinderwunsch und Vaterrolle. In: Konietzka, D., Kreyenfeld, M. (eds) Ein Leben ohne Kinder. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90323-1_8
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