Zusammenfassung
In den 1960er-Jahren wurde die Beschaulichkeit der bundesdeutschen Sozialen Arbeit durch einen US-amerikanischen Import vorübergehend erschüttert. Veröffentlichungen zur Gemeinwesenarbeit (GWA) (vgl. Müller/Nimmermann 1973; R. und H. Hauser 1971; Bahr/Gronemeyer 1974), aber auch die Praxis einiger Leuchtturmprojekte, insbesondere in Obdachlosen-Siedlungen (vgl. Aich/Bujard 1972; Kelm 1973; Seippel 1976 und Gronemeyer/Bahr 1977) stellten nicht nur sozialarbeiterische, sondern auch gesellschaftspolitische Selbstverständlichkeiten nachhaltig infrage. Da war die Rede von Widerstand, Betroffenenbeteiligung, Veränderung von Verhältnissen, Organisation von Gegenmacht, Kampf gegen das Establishment und außerparlamentarischer Organisation von kollektiver Betroffenheit: Vokabeln, die das bundesdeutsche Bürgertum, aber auch die dadurch geprägte bürgerliche Soziale Arbeit nachhaltig irritierten. Gemeinwesenarbeite-rInnen initiierten Mieterinitiativen, Demonstrationen und Stadtteilfeste, sie skandalisierten unzumutbare Wohnverhältnisse, infra-strukturelle Mängel, unsinnige Prestigeprojekte oder korrupte Funktionsträger, sie organisierten öffentliche Foren und Pressekampagnen und sorgten auf vielfältige Weise dafür, dass verschiedenste Bevölkerungsgruppen sich im Wohnquartier artikulierten, engagierten und organisierten. Irgendwo zwischen Ignorieren und Verschweigen, Verteufeln und Bekämpfen sowie Umarmen und Vereinnahmen waren die Reaktionen des damaligen Establishments angesiedelt, mit denen man versuchte, dieser aufbegehrenden, basisdemokratischen und gesellschaftskritischen Bewegung zu begegnen.
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Hinte, W. (2002). Von der Gemeinwesenarbeit über die Stadtteilarbeit zum Quartiermanagement. In: Thole, W. (eds) Grundriss Soziale Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91357-9_30
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