Lösungs-, Kompetenz- und Ressourcen-Orientierung aus der Perspektive der Systemtheorie nach Niklas Luhmann: Ein Fachgespräch an der Schnittstelle von systemischer Praxis, Wissenschaft und Weiterbildung
Description
Systemische Ansätze, die in Therapie, Beratung, Coaching, Begleitung, Gesundheitsförderung und andern professionellen Handlungsfeldern genutzt werden, beziehen sich regelmässig auf methodische Konzepte wie Lösungs-, Kompetenz- oder Ressourcen-Orientierung. Gemeinsam ist diesen Konzepten, dass sie einen Gegenpol zu Konzepten bilden, die auf Probleme und Defizite ausgerichtet sind und die Zielpersonen unnötig stark pathologisieren und als hilflos konstruieren. In der Praxis der Psychotherapie, der Sozialen Arbeit und der Erziehung wird die Arbeit mit Methoden der Lösungs-, Kompetenz- und Ressourcen-Orientierung als enorm hilfreich erlebt. Der Nutzen dieser Orientierung wird dabei nicht nur im Hinblick auf den Erfolg der eigenen Tätigkeit erkannt, sondern auch unter dem Aspekt der psychischen Befindlichkeit von Professionellen und Zielpersonen im Kontext dieser Aktivitäten.
Der theoretische Hintergrund der Lösungs-, Kompetenz- und Ressourcen-Orientierung ist vielfältig, wobei auf einzelne Autorinnen und Autoren wie Steve de Shazer (1992, 2009) oder Insoo Kim Berg (de Jong & Berg 2008; Steiner & Berg 2016) überdurchschnittlich oft Bezug genommen wird. Das Ziel dieses Textes ist, den theoretischen Hintergrund von Ansätzen der Lösungs-, Kompetenz- und Ressourcen-Orientierung durch den Bezug zur soziologischen Systemtheorie nach Niklas Luhmann zu erweitern. Die Luhmann‘sche Systemtheorie (auch «soziologische Systemtheorie» genannt) wird in vielen systemischen Ansätzen mit unterschiedlichem Vertiefungsgrad als Referenztheorie neben andern Theorien genutzt. In Publikationen rund um die Lösungs-, Kompetenz- und Ressourcen-Orientierung ist dieser Bezug eher marginal.
Neben dem Ziel der Erweiterung des theoretischen Hintergrundes von Ansätzen der Lösungs-, Kompetenz- und Ressourcen-Orientierung kann dieser Text auch als kurze Einführung in einige der zentralen Aspekte der soziologischen Systemtheorie gelesen werden, die am Beispiel der Lösungs-, Kompetenz- und Ressourcen-Orientierung ausgeführt werden. Um die Lesbarkeit des Textes für die Praxis zu erhöhen, wird die Form eines Fachgesprächs gewählt, das unter anderem mit Blick auf ein einleitend vorgestelltes Fallbeispiel geführt wird.
Das Fachgespräch ist so gestaltet, dass ein «Praktiker» (P) seine Fragen zur Systemtheorie an den «Theoretiker» Martin Hafen (MH) richtet. Mit dieser Unterscheidung von «Praktiker» und «Theoretiker» werden zwei Perspektiven akzentuiert, um diskutierte Inhalte möglichst gut verständlich darzustellen. Angesichts dieser Akzentuierung ist zu betonen, dass der «Praktiker» mit Blick auf sein grosses Erfahrungswissen und seine sonstigen Theoriebezüge immer auch «Theoretiker» ist, genauso wie der «Theoretiker» die Prinzipien der Lösungs-, Kompetenz- und Ressourcen-Orientierung in seinen beruflichen und privaten Alltag integriert.
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