Evidenzbasierte Medizin als Methode der klinischen Entscheidungsfindung: Implementierung in Lehre und Praxis

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Granting Institution
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Medizinische Fakultät
Issue Date
2024
Authors
Zeschick, Nikoletta
Editor
Abstract

Hintergrund und Ziele: Evidenzbasierte Medizin (EbM) integriert aktuelle Evidenz, Patientinnenwünsche und klinische Expertise bei Entscheidungen für individuelle Patientinnen. Systeme zur Förderung evidenzbasierter Entscheidungen sind wichtig. Ein Beispiel ist die „Wirkstoffvereinbarung“ (WSV) in Bayern. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Schulung zukünftiger Ärztinnen. EbM wird am Allgemeinmedizinischen Institut der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg seit dem Wintersemester 2018/19 unterrichtet. Das Seminar kombinierte zunächst Präsenzveranstaltungen mit digitalen Lerneinheiten im sog. Blended-Learning-Konzept. Diese Promotionsarbeit untersucht EbM als Methode in verschiedenen Kontexten: Wie nutzen Hausärztinnen (HÄ) in Bayern die WSV und indirekt EbM bei Medikamentenverschreibungen (Publikation 1)? Wie beeinflussen Persönlichkeitseigenschaften und Kompetenzen von Medizinstudierenden die EbM-Lernprozesse (Publikation 2)? Was sind die Chancen und Herausforderungen der online-basierten Lehre in der Allgemeinmedizin (Publikationen 3 und 4)? Methoden: Publikation 1: Im Zeitraum von November 2019 bis März 2020 wurden 18 halbstrukturierte Einzelinterviews und zwei Fokusgruppen (n = 10) mit bayerischen HÄ durchgeführt. Die Auswertung erfolgte mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring. Publikation 2: Es wurde eine längsschnittliche Fragebogenstudie mit Studierenden des EbM-Wahlfachs angelegt. Die ersten zehn Studierenden des Wahlfachs wurden im Sommersemester 2019 als Pilotstudie vor (t0) und nach Kursteilnahme (t1) befragt. Publikationen 3 und 4: Die online-basierte Vorlesung „Allgemeinmedizin“ wurde mittels einer Fragebogenstudie evaluiert. Im Sommersemester 2020 nahmen n = 115 Studierende an der Lehrevaluation teil und n = 199 im Wintersemester 2020/2021 und Sommersemester 2021. Ergebnisse: Publikation 1: HÄ betonen fachliche Richtigkeit und patient*innenorientierte Versorgung über Wirtschaftlichkeit im Rahmen der WSV bei Therapieentscheidungen. Verständnisprobleme bezüglich der WSV existieren, da häufig angenommen wird, dass die Medikamentenempfehlungen primär aus ökonomischen Überlegungen resultieren. Publikation 2: Die ersten Testergebnisse des Schnelltests Risikokompetenz (t0) lagen zwischen 50% und 90% und zu t1 zwischen 60% und 100%. Die Studierenden zeigten zu beiden Messzeitpunkten ein hohes Kognitionsbedürfnis (X̅ = 4,6, SD = 0,52, X̅t0−t1 = 0,1). Publikation 3: Die online-basierte Vorlesung Allgemeinmedizin wurde von den Studierenden als „sehr gut“ bewertet, wobei kommentierte Videos als besonders hilfreich erachtet wurden („sehr gut“). Publikation 4: Nach drei Semestern Online-Lehre wurden die digitalen Methoden als geeignet für das Selbststudium angesehen (X̅ = 1.18, SD = .50). Gewünschte künftige Lehrformate waren Blended-Learning-Konzepte (79.4%). Kritisiert wurde der hohe Zeitaufwand der Online-Lehre. Schlussfolgerungen und Diskussion: Publikation 1 zeigt, dass HÄ ein besseres EbM-Verständnis benötigen, um Regelungen wie die WSV besser zu akzeptieren. Publikation 2 zeigt, dass insbesondere Studierende mit einem hohen Kognitionsbedürfnis Interesse am Wahlfach EbM hatten. Es bedarf weiterer Studien, um die Studierendengruppe mit den anderen Medizinstudierenden zu vergleichen. Inhaltlich sollte der Schwerpunkt auf der Vermittlung notwendiger Kompetenzen liegen, um Evidenz kritisch bewerten zu können. Die Publikationen 3 und 4 zeigen, dass die Vermittlung von medizinischen Inhalten im Online-Format möglich und effektiv ist. Die Publikationen unterstreichen die Sinnhaftigkeit zukünftiger Blended-Learning-Konzepte. Ein geringerer Zeitaufwand und mehr praxisorientierte Themen sind dabei wünschenswert.

DOI
URN
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