Entwicklung neuer Guanidiniocarbonylpyrrol (GCP) - Systeme für biologische und materialwissenschaftliche Anwendungen

In diesem Projekt konnte auf Grundlage einer fokussierten Bibliothek, gekoppelt mit molekularen Docking-Studien, ein wirksamer Ligand 48 identifiziert werden, der das krebsrelevante Protein Survivin adressiert und dabei die Protein-Protein-Interaktion mit Histon H3 inhibiert (Abb. 79). Dieses Verfahren ermöglichte die Vorhersage, dass Ligand 48 an dem anionischen Hot Spot der Histon H3-Bindungsstelle von Survivin bindet, was gezielte Studien der PPI zwischen Survivin und Histon 3 ermöglichte.

Die Bindungseigenschaften zu dem Protein Survivin wurden mittels ITC-Messungen und NMR-Titration untersucht und zeigten, dass 48 selektiv an die Histon H3-Bindungsstelle mit einer Dissoziationskonstanten im mikromolaren Bereich bindet. Co-Immunpräzipitationsexperimente und Proximity Ligation Assays bestätigten, dass die Survivin/Histon H3-Interaktion inhibiert wird. Da Survivin in die Proliferation von Zellen involviert ist, wiesen mit Ligand 48 behandelte Zellen mitotische Defekte auf. Ebenfalls wurde beobachtet, dass in Proliferationsstudien mit Krebszelllinien 48 in der Lage ist, die Zellmortalität der Zellen zu erhöhen. Ebenso konnte mit einem Rescue assay gezeigt werden, dass dieser Effekt spezifisch auf das Protein Survivin zurückzuführen ist.
Da der Ansatz, PPI zu modulieren, hoch spezifisch ist und nicht darauf basiert, die Expression des gesamten Proteins zu reduzieren, ist die Wahrscheinlichkeit für ungewünschte Nebenwirkungen geringer, was attraktiv für die Entwicklung neuer Wirkstoffe ist.[211] Da dieses Feld noch sehr jung, ist trägt dieses Projekt dazu bei, zu verstehen wie neue pharmazeutisch aktive Substanzen entwickelt werden können, die gezielt in PPI eingreifen, um diese wiederum zu modellieren.
Um eine Verbindung zu erhalten, die von klinischer Relevanz ist, sollte die Interaktion von Ligand 48 zu anderen Proteinen untersucht werden und gegebenenfalls die Selektivität sowie die Affinität der Verbindung durch Abwandlung der Ligandenstruktur erhöht werden.
 


Unterscheidung zwischen der NES- und Histon-H3-Bindungsstelle von Survivin durch Modifikationen eines hemmenden Guanidiniocarbonylpyrrol-Liganden


Basierend auf den Ergebnissen zu Ligand 48 wurden weitere Liganden (49 und 50) mit vier GCP-Gruppen synthetisiert (Abb. 80). Diese wurden durch Docking-Studien und weitere MD-Simulationen als vielversprechende Kandidaten für eine selektive Adressierung der Histon H3-Bindungsstelle oder des NES identifiziert.
Die Berechnungen postulierten, dass 50 bevorzugt die Histon H3-Bindungsstelle adressiert und 49 bevorzugt an das NES bindet. Die Bindung der Liganden an Survivin wurde durch ITC-Messungen bestätigt und zeigte Kd-Werte im nanomolaren bis niedrigen mikromolaren Bereich und stimmte gut mit den Werten aus den Simulationen überein. Die Fähigkeit der Liganden, zwischen der Histon H3- und der Crm1-Bindungsstelle zu unterscheiden, welche zu einer selektiven Hemmung von nur einer PPI führt, konnte mittels Proximity-Ligations-Assay (PLA) gezeigt werden. Mit einem Biosensor-Assay konnte nachgewiesen werden, dass 49 als erster bekannter Ligand in der Lage war, die nukleare Exportaktivität von Survivin zu reduzieren. Da sowohl 49 als auch 50 in der Lage sind, jeweils eine krebsrelevante PPI von Survivin zu hemmen, wurde eine reduzierte Zellproliferation in mehreren verschiedenen Krebszelllinien nachgewiesen.
Zusammengenommen scheint die gezielte Adressierung der anionischen Hot Spots von Survivin mit GCP-Liganden ein vielversprechender Ansatz für die Entwicklung neuer Krebstherapien zu sein. Im Gegensatz zu anderen Strategien greifen die supramolekularen Liganden in krebsrelevante Protein-Protein-Wechselwirkungen von Survivin ein, anstatt dessen Expression herunter zu regulieren oder eine Survivin-gerichtete Immunantwort zu induzieren.[123,212]
Zukünftige Studien sollten darauf abzielen, den Bereich der anionischen Hot Spots, den die Liganden 49 und 50 adressieren, großflächiger abzudecken und somit sowohl die Bindungsaffinität als auch das hemmende Potenzial der Liganden zu verbessern.

 


Ein auf Stimuli ansprechender supramolekularer Zweikomponenten-Hydrogelator mit AIE-Effekt


In diesem Projekt wurde erfolgreich ein neuartiger Hydrogelator 51 hergestellt, bestehend aus einem AIE-Kern und vier kationischen GCP-Gruppen (Abb. 81). Der Hydrogelator 51 ist alleine nicht in der Lage, ein stabiles Gel auszubilden, formt jedoch einzelne kationische Fasern. Da die GCP Gruppen hervorragend geeignet sind, um Carboxylate zu komplexieren, führte die Zugabe von 2 Äquivalenten Malonsäure (52) zu einer Quervernetzung der Fasern, was zu der Bildung eines hoch emissiven Hydrogels führte.
Dieses System besteht aus zwei unabhängigen Komponenten, was ein hochdynamisches Hydrogel mit einer kritischen Gelierungskonzentration von 100 µM ergab und konnte über inverted vial tests bestimmt werden. Dies bedeutet, dass lediglich 0,02 wt% benötigt werden, um ein stabiles Hydrogel zu formen, was Verbindung 51 zu einem hoch effizienten Gelator macht, der in die Klasse der Supergelatoren eingeordnet werden muss.[201] Bis heute sind nur wenige Beispiele in der Literatur beschrieben, die in diese Kategorie eingeordnet werden können und ebenfalls auf verschiedene Stimuli ansprechen. Dabei sind die meisten davon Gelatoren in organischen Lösungsmitteln.[203] Die Gelierungseigenschaften wurden weitergehend untersucht, wobei eine Orchestrierung mehrerer nicht-kovalenter Wechselwirkungen für die Gelbildung verantwortlich gemacht werden konnte. Dies wurde mittels AFM- und TEM-Messungen, sowie NMR-Titrationen und FT-IR-Messungen beobachtet. Die Quervernetzung der Fasern führte zu einer Abnahme der Mobilität der AIE-aktiven Kernverbindung, was zu einer starken Emission führte und für Aggregations-induzierte Emissionsprozesse klassisch ist. Nachgewiesen wurde dies über Fluoreszenz- und DLS-Messungen, die in guter Übereinstimmung mit den restlichen Messungen stehen. Das Fließverhalten des Gels wurde mittels rheologischer Messungen bestimmt und wies Charakteristika eines schwachen Gels auf. Ebenso wurde herausgefunden, dass das Gel auf viele verschiedene Stimuli wie mechanischen Stress und pH-Änderungen reagiert und sich so zwischen Sol und Gel schalten lässt. Dies macht es zum ersten Zwei-Komponenten-Hydrogel, das AIE-aktiv und multi responsive ist und in die Klasse der Supergelatoren eingeordnet werden kann.
Mit diesem reaktionsfähigen Hydrogel kann in Zukunft auf Anwendungen im Bereich sensing applications abgezielt werden, wo die Reizantwort durch pH-Änderungen einen direkten Einfluss auf die Stabilität des gebildeten Gels haben könnte.

 


Entwicklung eines C3-symmetrischen lumineszenten Hydrogelators


Basierend auf Verbindung 51 wurde ein dreiarmiger Hydrogelator 53 entwickelt, der auch ohne Crosslinker in der Lage ist, netzwerkartige Strukturen auszubilden, die es vermögen, Wasser einzukapseln und so ein potentes lumineszierendes Hydrogel zu formen (Abb. 82). Interessanterweise findet in Gegenwart von Fe3+-Ionen eine Transformation der Morphologie von netzwerkartigen zu helikalen Strukturen statt, wodurch die kritische Gelierungskonzentration um den Faktor 2,5 reduziert werden konnte.
Durch den modifizierten Aufbau des AIE-Hydrogelators 53 konnten zusätzliche attraktive nicht-kovalente Wechselwirkungen in das System eingeführt werden, was dazu führte, dass 53 bereits bei einer Konzentration von 2,5 mM ein lumineszentes Hydrogel bildet. Die geringe Gelierungskonzentration ist dabei auf ein stark vernetztes dreidimensionales Netzwerk aus einzelnen Fasern zurückzuführen, die durch TEM-Aufnahmen visualisiert wurden. Da Verbindung 53 eine Vielzahl an Koordinationsstellen aufweist, konnte in Gegenwart von Metallionen eine Erhöhung (Fe3+, Hg2+, Ca2+ und Al3+) der Emission oder ein Quenching (Cu2+ und Pd2+) dieser beobachtet werden. Interessanterweise wurde durch die Präsenz der Fe3+-Ionen die kritische Gelierungskonzentration von 53 (2,5 mM) auf 1 mM gesenkt werden. Dieser Effekt konnte auf strukturelle Änderungen auf makroskopischer Ebene zurückgeführt werden, da TEM Messungen zeigen konnten, dass sich gewundene Strukturen bildeten, wie sie auch bei helikalen Systemen beobachtet werden können. Gestützt wird dies dadurch, dass Verbindung 53 keine CD-Signale aufweist, wohingegen in Gegenwart von Fe3+-Ionen über das gesamte Absorptionsspektrum der Verbindung 53 Signale gemessen wurden.
Um das Projekt abzuschließen, sollten noch einige weitere Untersuchungen veranlasst werden. Zum einem sollten zusätzliche AFM Messungen durchgeführt werden, um das Höhenprofil der Strukturen zu erfassen, da diese für helikale Strukturen bestimmte Charakteristika aufweisen. Außerdem wäre zu erwarten, dass die strukturellen Änderungen auch Auswirkungen auf das Fließverhalten des resultierenden Gels haben könnten, weshalb rheologische Messungen als sinnvoll zu erachten sind.
Durch diesen neuartigen Hydrogelator soll ein besseres Verständnis gewonnen werden, wie sich makroskopische Strukturen auf die Gelierungseffizienz auswirken und wie diese beeinflusst werden können, um die funktionellen Eigenschaften des resultierenden Gels zu modifizieren.
Darüber hinaus wäre es interessant, ein System mit mehr Valenzen zu entwickeln, da hierdurch Gele synthetisiert werden könnten, die noch geringere kritische Gelierungskonzentrationen aufweisen, wodurch sich letztendlich eine neue Klasse Supergelatoren ergeben könnte.

In this project, based on a focused library coupled with molecular docking studies, a potent ligand 48 was identified that targets the cancer-related protein survivin, inhibiting the protein-protein interaction with histone H3 (Fig. 83). This approach allowed the prediction that ligand 48 binds to the anionic hot spot of the histone H3 binding site of survivin, which enabled targeted studies of the PPI between survivin and histone 3.

The binding properties to the protein survivin were investigated by ITC measurements and NMR titration and showed that 48 binds selectively to the histone H3 binding site with a dissociation constant in the micromolar range. Co-immunoprecipitation experiments and proximity ligation assays showed that the survivin/histone H3 interaction is inhibited. Since survivin is involved in cell proliferation, cells treated with ligand 48 showed mitotic defects. It was also observed that in proliferation studies with cancer cell lines, 48 is able to increase cell mortality of the cells. Furthermore, it could be shown with a rescue assay that this effect is specifically due to the protein survivin. Since the approach to modulate PPI is highly specific and not based on reducing the expression of the entire protein, the likelihood of unwanted side effects is lower, which is attractive for new drug development.[211] As this field is still very young, this project contributes to understanding how new pharmaceutically active compounds can be developed that target PPIs in order to model them in turn. In order to obtain a compound of clinical relevance, the interaction of ligand 48 with other proteins should be investigated and, if necessary, the selectivity and affinity of the compound should be increased by modifying the ligand structure.

 


Differentiation between the NES and histone H3 binding sites of survivin by modifications of an inhibitory guanidiniocarbonyl-pyrrole ligand


Based on the results on ligand 48, further ligands (49 and 50) with four GCP groups were synthesised (Fig. 84). These were identified by docking studies and further MD simulations as promising candidates for selectively addressing the histone H3 binding site or the NES.
The calculations postulated that 50 preferentially addresses the histone H3 binding site and 49 preferentially binds to the NES. The binding of the ligands to survivin was confirmed by ITC measurements and showed Kd values in the nanomolar to low micromolar range and agreed well with the values from the simulations. The ability of the ligands to discriminate between the histone H3 and Crm1 binding sites, resulting in selective inhibition of only one PPI, was demonstrated by proximity ligation assay (PLA). Using a biosensor assay, it was demonstrated that 49 was the first known ligand capable of reducing the nuclear export activity of survivin. Since both 49 and 50 are each able to inhibit a cancer-relevant PPI of survivin, reduced cell proliferation was demonstrated in several different cancer cell lines.
Taken together, targeting the anionic hot spots of survivin with GCP ligands appears to be a promising approach for the development of new cancer therapies. In contrast to other strategies, the supramolecular ligands interfere with cancer-relevant protein-protein interactions of survivin rather than down-regulating its expression or inducing a survivin-targeted immune response.[123,212]
Future studies should aim to cover more extensively the range of anionic hot spots addressed by ligands 49 and 50, thereby improving both the binding affinity and inhibitory potential of the ligands.

 


A stimuli-responsive supramolecular two-component hydrogelator with AIE effect


In this project a novel hydrogelator 51 consisting of an AIE core and four cationic GCP groups (Fig. 85) was successfully produced. The hydrogelator 51 is not capable of forming a stable gel on its own but it does form individual cationic fibres. Since the GCP groups are excellent for complexing carboxylates, the addition of 2 equivalents malonic acid (52) resulted in cross-linking of the fibres leading to the formation of a highly emissive hydrogel.
This system consists of two independent components which resulted in a highly dynamic hydrogel with a critical gelation concentration of 100 µM and could be determined via inverted vial tests. This means that only 0.02 wt% is needed to form a stable hydrogel, making compound 51 a highly efficient gelator that must be classified as a supergelator.[201] To date, only a few examples have been described in the literature that can be classified in this category and also respond to various stimuli. Most of them are gelators in organic solvents.[203] The reason for the occurrence of gelation is an orchestration of several non-covalent interactions, such as the recognition of carboxylic acids (malonic acid in this case) by the GCP units, which leads to the formation of fibre bundles that end in efficient cross-linking. This was observed by AFM and TEM measurements, as well as NMR titrations and FT-IR measurements. The cross-linking led to a decrease in the mobility of the AIE-active core compound, which resulted in strong emission and is classical for aggregation-induced emission processes. This was demonstrated by fluorescence and DLS measurements, which are in good agreement with the rest of the measurements. The flow behaviour of the gel was determined by rheological measurements and showed characteristics of a weak gel. It was also found that the gel responds to many different stimuli, such as mechanical stress and pH changes, and can thus be switched between sol and gel. This makes it the first two-component hydrogel that is AIE-active and multi-responsive and can be classified as a supergelator.
This reactive hydrogel can be used in the future to target applications in the field of sensing applications, where the stimulus response through pH changes could have a direct influence on the stability of the gel formed.

 


Development of a C3-symmetric luminescent hydrogelator


In this project, a three-armed hydrogelator 53 was prepared that is able to form network-like structures even without crosslinkers, which are able to encapsulate water and thus form a potent luminescent hydrogel (Fig. 86). Interestingly, in the presence of Fe3+ ions, a transformation of the morphology from network-like to helical structures takes place, whereby the critical gelation concentration could be reduced by a factor of 2.5.
By modifying the structure of the AIE hydrogelator 53, additional attractive non-covalent interactions could be introduced into the system, resulting in 53 forming a luminescent hydrogel already at a concentration of 5 mM. The low gelation concentration here is due to a highly interconnected three-dimensional network of individual fibres, which were visualised by TEM images. Since compound 53 has a large number of coordination sites, an increase (Fe3+, Hg2+, Ca2+ and Al3+) in emission or quenching (Cu2+ and Pd2+) of these could be observed in the presence of metal ions. Interestingly, the presence of Fe3+ ions lowered the critical gelation concentration from 53 (2.5 mM) to 1 mM. This effect could be attributed to structural changes at the macroscopic level, as TEM measurements could show that sinuous structures formed, as can also be observed in helical systems. This is supported by the fact that compound 53 does not show any CD signals, whereas in the presence of Fe3+ ions signals were measured over the entire absorption spectrum of compound 53.
In order to complete the project, some further investigations should be initiated. On the one hand, additional AFM measurements should be carried out in order to record the height profile of the structures, as these exhibit certain characteristics for helical structures. Furthermore, it would be expected that the structural changes could also have an impact on the flow behaviour of the resulting gel, which is why rheological measurements should be considered useful.
This novel hydrogelator will provide a better understanding of how macroscopic structures affect gelation efficiency and how these can be influenced to modify the functional properties of the resulting gel.
Furthermore, it would be interesting to develop a system with more valences, as this would allow the synthesis of gels with even lower critical gelation concentrations, which could eventually lead to a new class of supergelators.

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