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Publicly Available Published by De Gruyter Saur July 8, 2021

Roadmap zur Servicestelle für Forschungsdatenmanagement am Beispiel der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen

Implementation roadmap to service points for Research Data Management using the example of the University Library of Duisburg-Essen
Feuille de route pour le centre de services pour la gestion des données de recherche. L’exemple de la bibliothèque universitaire de Duisburg-Essen
  • Stephanie Rehwald

    Dr. Stephanie Rehwald leitet an der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen den Bereich Forschungsdatenmanagement, der die Servicestelle für Forschungsdatenmanagement „Research Data Services“, einer Kooperation der Universitätsbibliothek, des Zentrums für Informations- und Mediendienste und des Science Support Centres sowie die Landesinitiative für Forschungsdatenmanagement – fdm.nrw der Digitalen Hochschule NRW umfasst. Zudem knüpft sie an ihren naturwissenschaftlichen Hintergrund in zwei Sonderforschungsbereichen mit der Umsetzung von Open-Science-Ansätzen in Verbindung mit forschungsnahem Datenmanagement an.

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    and Jessica Stegemann

    Dr. Jessica Stegemann ist Mitarbeiterin der „Research Data Services“ der Universität Duisburg-Essen und der Landesinitiative für Forschungsdatenmanagement – fdm.nrw. Nach dem Studium und der Promotion in einem editionswissenschaftlichen Projekt wechselte sie ins Bibliothekswesen und war anschließend als Fachreferentin für verschiedene geisteswissenschaftliche Disziplinen tätig. In den letzten Jahren hat sie sich zunehmend im Themengebiet Forschungsdatenmanagement als forschungsnaher Dienst spezialisiert.

Zusammenfassung

Der Aufbau einer zentrale Servicestelle für Forschungsdatenmanagement (FDM) an einer Hochschule ist ein mehrjähriger Prozess, der in die Phasen Initiation, Gründung, Aufbau und Roll-out und Verstetigung unterteilt werden kann. Die vorliegende Roadmap führt durch die einzelnen Abschnitte und beleuchtet dabei Herausforderungen und Umsetzungsschritte anhand gesammelter Erfahrungen an der Universitätsbibliothek (UB) Duisburg-Essen. Als zentrale Bausteine des Konzepts für die „Research Data Services“ werden das entwickelte Dienstleistungsportfolio vorgestellt, das die verschiedenen Handlungsfelder des FDM abdeckt, als auch die organisatorische Struktur, die alle relevanten Akteure innerhalb und außerhalb der Hochschule einschließt. Die Verschränkung von Fachwissenschaft und FDM ist wichtige Gelingensbedingung der Etablierung von Services und wird an der UDE insbesondere durch die enge Zusammenarbeit mit Forschungsverbünden erreicht.

Abstract

The establishment of a central service point for research data management (RDM) at a university is a long-time process that can be divided into five phases: initiation, foundation, development, roll-out and stabilisation. This roadmap guides the reader through the individual phases and highlights challenges and implementation steps based on experience gained at the University Library of Duisburg-Essen. The essential parts of the concept for the service point „Research Data Services“ (RDS) at the University Library of Duisburg-Essen are the developed service portfolio, which covers the various fields of action of the RDM, as well as the organisational structure, which includes all relevant actors within and outside the university. The entanglement of subject-specific science and RDM is an important condition for the success of the establishment of services. At the University of Duisburg-Essen University this is achieved in particular through close cooperation with research networks.

Résumé

La mise en place d’un point de service central pour la gestion des données de recherche (FDM) dans une université est un processus pluriannuel qui peut être divisé en plusieurs phases : initiation, fondation, développement, déploiement et stabilisation. Cette feuille de route guide le lecteur à travers les différentes étapes, en soulignant les défis et les étapes de mise en œuvre basés sur l’expérience acquise à la bibliothèque universitaire de Duisburg-Essen (UB). Les éléments centraux du concept de „services de données de recherche“ sont le portefeuille de services développé, qui couvre les différents domaines d’action du FDM, ainsi que la structure organisationnelle, qui inclut tous les acteurs pertinents au sein et en dehors de l’université. L’interconnexion de la science thématique et du FDM est une condition importante pour le succès de la mise en place de services et est réalisée à l’UDE en particulier par une coopération étroite avec les associations de recherche.

Einleitung

Im Zuge der Digitalisierung von Forschungsmethoden und Forschungsprozessen ist Datenmanagement zu einem zentralen Bestandteil von Wissensgenerierung und Qualitätssicherung in der Forschung geworden. Die Ausgestaltung von Forschungsdatenmanagement (FDM) weist dabei eine so hohe Vielfältigkeit wie die Wissenschaftsdisziplinen selbst auf und adressiert dynamisch die heterogenen Bedarfe und fachspezifischen Ausprägungen im Umgang mit Forschungsdaten [1].

Forschungsdatenmanagement ist eine wesentliche Facette der guten wissenschaftlichen Praxis und mit der zentralen Aufgabe und Verantwortung der wissenschaftlich Tätigen verbunden, Forschungsdaten zu schützen, zu bewahren und deren korrekte Verarbeitung sicherzustellen. Gutes FDM ist Bestandteil vertrauensvoller Arbeit Forschender untereinander aber auch des Vertrauens der Gesellschaft in die Integrität der Wissenschaft – ein Aspekt, der u. a. auch im Rahmen der Open Science[1] international verfolgt wird und durch weitere Öffnung und Transparenz den Wissenstransfer in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik fördern soll.

Die Wissenschaft selbst ist ebenfalls auf hochwertiges FDM angewiesen, wenn es darum geht, wertvolle Daten für die Nachnutzbarkeit in aufbauende Studien, aggregierten Metastudien oder transdisziplinäre Verknüpfungen zu nutzen. Hier sind Nachvollziehbarkeit, reichhaltige Metadaten und verlässliche Auffindbarkeit essentiell. Gleiches gilt für hoch dynamische Entwicklung der Anwendungen von machine learning und Künstlicher Intelligenz (KI). Hier kann salopp formuliert werden, dass ein Algorithmus nur so gut wie der Datensatz ist, auf dem er trainiert wird. Bei aller Verallgemeinerung macht dies auch die Relevanz von qualitätsgesicherten Datensets und deren Kontextualisierung in Form von (maschinenlesbaren) Metadaten deutlich. Zur Umsetzung des Anspruchs nach Transparenz und Nachhaltigkeit im Sinne von Open Science wird für die Aufbewahrung von Forschungsdaten daher die Einhaltung der FAIR-Prinzipien („Findable, Accessible, Interoperable and Re-usable“) [2] empfohlen.

Des Weiteren ist zunehmend auch Forschungsförderern und Drittmittelgebern die hohe Relevanz von FDM bewusst[2], weshalb sie FDM-Konzepte mittlerweile bereits bei Antragstellung einfordern. Sie erwarten darüber hinaus, dass die Hochschulen Strukturen dafür bereitstellen. Die besondere Herausforderung für Hochschulen als wissenschaftliche Forschungseinrichtungen liegt dabei darin, ihre Forscherinnen und Forscher disziplinengetreu forschungsnah und mit jeweils passgenauen Diensten zu unterstützen und gleichzeitig gezielt auch die Bereiche anzusprechen, die noch nicht durch Fach-Communities und disziplinspezifische Initiativen bedient werden. Die Hochschulen stehen hier vor dem Dilemma, einerseits zwar lokale Strukturen aufbauen zu müssen, um aktuelle Bedarfe vor Ort zu decken. Anderseits sollen lokale Insellösungen zugleich aber vermieden werden und langfristig vernetzte Strukturen auf (inter)nationaler Ebene, bspw. die der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) etabliert und angeschlossen werden [3].

Konzepte und Problematiken der Etablierung von FDM in den Hochschulen sind vielfältig beschrieben [4], [5] und decken ein weites Spektrum zwischen generischen und spezialisierten Anforderungen ab. Diese mit entsprechenden Angeboten und Services zu bedienen, ist eine herausfordernde Aufgabe für Hochschulen, die vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen und Zuständigkeitsverteilungen zwischen Fakultäten und zentralen Einrichtungen mit allen Interessensgruppen ausbalancierte Betriebsmodelle schaffen müssen. Hier gilt es, nicht nur inhaltlich zwischen fachspezifischem und generischem FDM zu differenzieren, sondern auch hinsichtlich von Finanzierungsmodellen und Verantwortlichkeiten tragfähige Lösungen zu finden.

Das Konzept der „Research Data Services“ der Universität Duisburg-Essen orientierte sich anfangs weitgehend am Vorbild anderer Universitäten[3], die bereits Serviceangebote im FDM betrieben, und leitete daraus einzusetzende Personalressourcen ab, die zum einen ein Basisangebot an Beratung und technischen Services gewährleisten sowie zum anderen perspektivisch ausdifferenzierte Dienstleistungen sicherstellen sollten. Das strategische und praktische Vorgehen bei der Gründung und Einrichtung der Servicestelle folgte dann einem filigranen Projektplan, der insbesondere durch die enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Sonderforschungsbereichen (SFB) geprägt wurde.

Roadmap zur FDM-Servicestelle

Trotz lokaler Spezifika, folgte auch der Weg zur Servicestelle an der UDE bestimmten Etappen, die sich im Abgleich mit Erfahrungen an anderen Standorten zu einer Roadmap verallgemeinern lassen und so beim Aufbau einer Servicestelle Orientierung geben könnte.

Die Roadmap umfasst vier Abschnitte (vgl. Abb. 1): In der Initialisierungsphase wird das Thema FDM strategisch aufgegriffen und eine Auseinandersetzung zum weiteren Vorgehen angestoßen. Hier muss es einen „Treiber“ geben, der aus unterschiedlichen Bereichen der Universität kommen kann; im Fall der UDE war dies die UB. Der Gründungsprozess umfasst eine konkrete Darlegung des angestrebten Dienstleistungsportfolios sowie der Einigung auf eine Governance-Struktur, die die Aufgaben und Mitbestimmung aller beteiligten Partner sicherstellt und festlegt. Der Ausbau und das Roll-Out der Services folgt neben einer sinnvollen, aufeinander aufbauenden Reihenfolge der Arbeitspakete in der Praxis auch den Rahmenbedingungen der Personalgewinnung und Einarbeitung.

Entscheidende Gelingensbedingung für die Akzeptanz und Strahlkraft der Servicestelle sind der enge Kontakt und ständige Austausch mit den Forschenden. Die Etablierung eines Netzwerks und eines festen Kontakts zu den Fakultäten wird in der Verstetigung zu dauerhaften Kooperationen und Kommunikationsstrukturen ausgebaut, die fachdisziplinäres FDM in die Servicestelle integrieren.

Abbildung 1 Roadmap zur Servicestelle für Forschungsdatenmanagement. Die Etappen Initiation, Gründungsprozess, Aufbau und Roll-Out sowie Verstetigung bilden charakteristische Abschnitte im lokalen Forschungsdatenmanagement-Prozess auch über die Universität Duisburg-Essen hinaus.
Abbildung 1

Roadmap zur Servicestelle für Forschungsdatenmanagement. Die Etappen Initiation, Gründungsprozess, Aufbau und Roll-Out sowie Verstetigung bilden charakteristische Abschnitte im lokalen Forschungsdatenmanagement-Prozess auch über die Universität Duisburg-Essen hinaus.

Initiation: Entwicklung einer Leitlinie für FDM

Die Verabschiedung einer gut sichtbaren und breit kommunizierten Leitlinie zum Umgang mit Forschungsdaten ist meist der erste Schritt zur Umsetzung und Verankerung von FDM an einer Hochschule. Sie setzt ein wichtiges Zeichen für die Hochschulangehörigen – auch wenn zuvor schon bottom-up FDM-Aktivitäten auf den Weg gebracht wurden. Die Veröffentlichung einer Leitlinie bedeutet nicht per se, dass die Initiative an sich auch zunächst allein von der Hochschulleitungsebene ausgehen muss. Nicht selten beginnen Bibliotheken, Rechenzentren und/oder Forschungsförderung das Thema initial zu treiben. Das ist logisch, weil sie als erste direkt mit den Bedarfen der Forschenden konfrontiert werden und FDM ihre strategischen Entwicklungen betrifft.

Die UDE griff Forschungsdatenmanagement als strategisches Thema erstmals im Jahr 2016 auf und initiierte zeitgleich erste Schritte zur Förderung einer nachhaltigen Datenkultur und lokale Unterstützungsstrukturen von FDM. Sie gehört damit zwar nicht zu den „early adopters“, aber doch zur Gruppe der Hochschulen, die hochschulpolitische Impulse, wie bspw. die von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) [6] und des Rats für Informationsinfrastrukturen (RFII) [3] umgehend aufnahmen. Im Rahmen eines Workshops der HRK positionierte sich die UDE klar zur Bedeutung von FDM für eine leistungsstarke Wissenschaftslandschaft und unterzeichnete die gemeinsame Erklärung zur Stärkung lokaler FDM-Strukturen: „Deshalb wollen wir Forschungsdatenmanagement auf die strategische Agenda unserer Hochschulen setzen. Entsprechend werden wir den Mitgliedern der Hochschulen Orientierungen geben, uns für die Stärkung einer „Datenkultur“ einsetzen und für die Implementierung von Servicestrukturen vor Ort Verantwortung übernehmen.“[4]

Um dieses Ziel zu erreichen, beauftragte das Rektorat die Arbeitsgruppe FDM an der UB, die das Thema Forschungsdatenmanagement an der UDE bereits seit 2014 vorantrieb und in einer NRW-weiten Expertengruppe von DV-ISA[5] bearbeitete [7], das Thema in die Universität zu tragen und anknüpfend eine gemeinsame Leitlinie zum Umgang mit Forschungsdaten vorzulegen. Zur Erarbeitung der Leitlinie wurde bewusst ein Bottom-up-Ansatz gewählt. Zum einen sollten alle Fakultäten und damit fachspezifischen Perspektiven Berücksichtigung finden. Zum anderen diente die Erarbeitung der Leitlinie als Anlass, den wichtigen Diskurs über eine nachhaltige Datenkultur in den Fakultäten anzustoßen, wo das Thema zu diesem Zeitpunkt noch unterschiedlich präsent war. Daher entschloss sich die UB eine Projektgruppe zusammenzustellen, die zu gleichen Teilen aus Vertreterinnen und Vertretern der UB, des Zentrums für Informations- und Mediendienste (ZIM) und des Science-Support-Centers (SSC), der Kommissionen für Informations-, Kommunikations- und Medientechnik (IKM) und der Forschungskommission und aus den Fakultäten der UDE bestand. Sie ermöglichte damit das für eine nachhaltige Verankerung von FDM notwendige Zusammenspiel von Hochschulleitung, Infrastruktureinrichtungen und Forschenden. Von Beginn an konnten so diverse Facetten und auch fachspezifische Aspekte des FDM in die Diskussion einbezogen werden, mit dem Ziel, einen breiten Konsens und damit die Akzeptanz und Durchsetzungskraft der Leitlinie bestmöglich zu erreichen. Intensive Diskussionen in der Projektgruppe förderten deutlich unterschiedliche Begriffsverständnisse und heterogenen Bedarfe im Umgang mit Forschungsdaten über die Fachdisziplinen hinweg zu tage. Der Diskurs kann als ausgesprochen bereichernd und konstruktiv für ein fachübergreifendes Verständnis von Datenkultur im Kontext des digitalen Wandels beschrieben werden. Entsprechend konnte am Ende in der Leitlinie ein gemeinsames Verständnis für den Umgang mit Daten formuliert und Empfehlungen an die Forschenden zum FDM zur Orientierung ausgesprochen werden. Die an der Musterleitlinie des EU-Projekts LEARN[7] und den Empfehlungen zur Sicherung der guter wissenschaftlichen Praxis orientierte, 2018 verabschiedete „Leitlinie zum Umgang mit Forschungsdaten an der Universität Duisburg-Essen“ [8] ist ein Bekenntnis zum „freien Zugang zu Forschungsdaten“. Ausdrücklich wird die Qualitätssicherung wissenschaftlicher Arbeit und die Wichtigkeit der Nachnutzung von Daten als Anschlussmöglichkeiten für die weitere Forschung betont. Empfehlungen in Bezug auf Datenschutz, Urheberrecht und Lizenzrechte zeigen aber auch Einschränkungen und Grenzen auf und folgen dem Grundsatz „so offen wie möglich, so geschlossen wie nötig“. Ein besonderer Fokus wird auf die Erarbeitung von Datenmanagementplänen und auf die Wahrung der Integrität von Forschungsdaten gelegt, die eine „korrekte, vollständige, unverfälschte und verlässliche“ Speicherung für mindestens zehn Jahre unter Nutzung der bereitgestellten IT- und Informationsinfrastrukturdienste der UDE vorgibt.

Die Empfehlungen in der Leitlinie sollen als Orientierung dienen und lassen Spielraum für die Eigenverantwortlichkeit der Forschenden. Viel konkreter dagegen wird die Verpflichtung der UDE festgeschrieben, beim FDM durch adäquate und fachspezifische IT-Lösungen und Beratungsservices zu unterstützen: „Die Universität Duisburg-Essen setzt ihre Forschenden in die Lage, Forschungsdatenmanagement zu betreiben. Dazu berät und unterstützt sie Forschende beim Forschungsdatenmanagement von der Planung, über die Durchführung bis über das Vorhabenende hinaus.“ Gemäß dieser Selbstverpflichtung, ergänzt durch die im Zuge der Ausarbeitung der Leitlinie gesammelten Bedarfe und Wünsche der Fakultäten, wurden die Weichen für die Einrichtung forschungsnaher FDM-Servicestrukturen gestellt und mit der Gründung der „Research Data Services“ als zentrale Servicestelle Mitte 2019 auch umgesetzt.

Gründungsprozess der „Research Data Services“

Aufgaben einer zentralen Servicestelle für FDM

Neben der Verantwortung der Universität, grundlegende Infrastrukturen für die Forschung bereitzustellen, liegt die Verantwortung der Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis und damit verbunden für den Umgang mit Forschungsdaten nach wie vor bei den Forschenden selbst.

Die Gewährleistung der langfristigen Verfügbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Nachnutzbarkeit im Sinn von Open Science stellt Forschende aber insbesondere bei digitalen Daten vor die Herausforderung, sie unter Berücksichtigung datenschutz-, urheber- und patentrechtlicher Rahmenbedingungen nach anerkannten Standards sowie gemäß den Ansprüchen der jeweiligen Fächerkulturen zu sichern, zu kuratieren und nachhaltig bereitzustellen. Die mit den wachsenden technologischen Möglichkeiten im Umgang mit digitalen Daten einhergehende Komplexität des Datenmanagements ist in der Umsetzung aber per se nicht selbsterklärend und bedarf vor dem Hintergrund der Entlastung Forschender organisatorischer und technologischer Unterstützungsstrukturen, die den unterschiedlichen Fächerdisziplinen forschungsnah gerecht werden.

In den letzten Jahren haben sich viele Hochschulen exakt dieser Herausforderung mit der Gründung von FDM-Servicestellen gestellt[9] [9]. Neben dem Anspruch, fachspezifische Bedarfe im FDM zu bedienen, fokussieren die meisten Servicestellen zunächst auf generische Basisdienste und befinden sich vielfach in einer projekthaft organisierten Erprobungsphase. Hintergrund dieses Vorgehens sind zum einen die als unklar empfundene Nachfrage und Einschätzung der Bedarfe der Forschenden und zum anderen eine fehlende realistische Abschätzung des dauerhaften Personalbedarfs, der mit der Etablierung insbesondere von technischen Diensten und Softwaretools verbunden ist. An der UDE wurde zunächst im Rahmen des Projekts UNEKE[10] eine Bedarfserhebung [10] mit insgesamt 295 Teilenehmenden aller Fakultäten durchgeführt und mit Workshops zu fachspezifischem FDM und Wünschen an eine Servicestelle kombiniert. Aus den Ergebnissen wurde anschließend ein Dienstleistungsportfolio abgeleitet und eine Vorstellung von Basisdiensten entwickelt.

Kooperationspartner: Bibliothek, Forschungsförderung und Rechenzentrum

Die vielfältigen Facetten des FDM eröffnen für die Umsetzung ein Handlungsfeld für und mit verschiedenen Akteuren der Hochschule, in dem Aspekte der Fachwissenschaften, der Informations- und Bibliothekswissenschaft, der Data Science und Informatik sowie Informationstechnologie ineinandergreifen und miteinander zu verschränken sind. Die Integration der Expertise all dieser Felder ist Grundlage für fundiertes und ausdifferenziertes FDM und erfordert daher auch explizit die Beteiligung aller Akteure, die idealerweise durch eine zentrale Koordinationsstelle organisiert wird.

Als Infrastrukturdienstleister der Hochschulen sind in erster Linie die Rechenzentren, Forschungsförderung und Bibliotheken mit ihrer Expertise Träger und Betreiber von FDM-Servicestrukturen.

An der UDE fand auf operativer Ebene bereits früh eine enge Zusammenarbeit zwischen der UB, dem Science Support Center (SSC) und dem Zentrum für Informations- und Mediendienste (ZIM) statt. Mit dem Ziel, die bestehenden FDM-Aktivitäten zu bündeln, sie gemeinsam aufzubauen und den Forschenden der UDE serviceorientiert als „single-point-of-contact“ zur Verfügung zu stellen, erarbeitete eine Projektgruppe unter der Schirmherrschaft des damaligen CIO und in Abstimmungen mit den Leitungen der drei tragenden Einrichtungen ein gemeinsames Dienstleistungsportfolio zur Festlegung von Services und Zuständigkeiten als Grundlage der gemeinsamen Servicestelle „Research Data Services“.

Dienstleistungsportfolio

Bewährt: Orientierung am Forschungsdatenlebenszyklus

Die Research Data Services (RDS) stellen den Forschenden der UDE umfangreiche Beratung und technische Services für ein nachhaltiges Forschungsdatenmanagement zur Verfügung und werden perspektivisch entsprechend sich dynamisch entwickelnder fachlicher Bedarfe weiterentwickelt.

Die RDS konnten bei der Ausarbeitung ihres Portfolios zudem auf Erfahrungen und den Austausch mit anderen Standorten, wie der RWTH Aachen und der Ruhr-Universität Bochum zurückgreifen, mit denen über die gemeinsam aufgebaute und betriebene, verteilte Speicherinfrastruktur (Object store) [11], die Universitäts-Allianz-Ruhr und Projekte wie UNEKE bereits ein enger Austausch bestand. Gemäß dem Sinn von Open Science wurde dem Leitspruch gefolgt „Es muss nicht jeder Standort das Rad neu erfinden“. Das Dienstleistungsportfolio der RDS wurde zunächst entlang des Vorbilds der Universität zu Köln [9] entwickelt, die zu dieser Zeit bereits erfolgreich eine Machbarkeitsstudie durchgeführt und Arbeitspakete entlang des Forschungsdatenlebenszyklus ausgearbeitet hatte, und dann an die Rahmenbedingungen in Duisburg-Essen angepasst. In Anlehnung an den Forschungsdatenlebenszyklus[11] lassen sich die zu unterstützenden Prozesse und entsprechenden Herausforderungen sechs Handlungsfeldern zuordnen:

  1. FDM-Unterstützung und Beratung

    1. Allgemeine Schulungen mit Hands-on-Modulen

    2. Intensiv-Workshops

    3. Beratung

  2. Beratung zu Forschungsvorhaben und Drittmittelanträgen

    1. Finanzierungsmöglichkeiten von FDM

    2. Datenmanagementplänen (DMP)

    3. Softwaregestützte Erstellung von DMP

    4. datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen

  3. Fachspezifische FDM-Tools

    1. Unterstützung von Datenorganisation

    2. Elektronische Laborbücher

    3. Digital Humanities

  4. Strukturierte Datenspeicherung

    1. Anreicherung mit Metadaten

    2. Forschungsdatenrepositorium

    3. Anknüpfung an Speichersysteme („Middleware“)

  5. Publikation von Forschungsdaten

    1. Beratung zu Repositorien

    2. Beratung zu Metadaten

    3. Vergabe von Persistent identifiers

    4. Datenpublikation

Darüber hinaus flankieren zwei, alle Stadien begleitende Arbeitsfelder die einzelnen Aufgaben der RDS: Das Zusammenspiel innerhalb der RDS übernimmt eine zentrale Koordination in der UB, die neben interner Kommunikation und Wissensmanagement auch die interne und externe Netzwerk- und Gremienarbeit als wichtiges Instrument der Verankerung des FDM in der Universität übernimmt. Eine leistungsfähige Speicher- und Serverinfrastruktur ist darüber hinaus essentielle Grundlage für alle technischen Services und wird in Form von Archivspeicher, neuen Object-storage-Technologien[12], Fileservern und Sync&share-Angeboten vom ZIM zur Verfügung gestellt und stetig ausgebaut. Innerhalb dieser Handlungsfelder übernimmt das ZIM die Speicherung von Forschungsdaten sowie den Betrieb von FDM-Applikationen, während die UB die Erschließung und Veröffentlichung von Forschungsdaten, Datenmanagementpläne, Schulungen sowie Awareness und Koordination übernimmt. Beratungen werden von allen Partnern erbracht und idealerweise im Tandem durchgeführt. Das SSC arbeitet an der Schnittstelle zur Forschungsförderung und berät zu Finanzierung und Forschungsanträgen.

Verzahnung der Kompetenzen zum Gesamtkonzept

Dies zeichnet ein Bild einer soliden Kooperation und inhaltlich sinnvoll zusammengeführter Services: es gibt klare Zuständigkeiten und Aufgaben der einzelnen Kooperationspartner, die definierte Dienstleistungen in einen Pool einbringen, aus dem die Forschenden nach Bedarf schöpfen können. Erst auf den zweiten Blick offenbart dieser Ansatz klare Schwächen: Einige der getrennt gedachten Services wie „Datenspeicherung“ und „Erschließung“ können zu technisch getrennten Systemen und damit unweigerlich zu Medienbrüchen zwischen den einzelnen Abschnitten des Lebenszyklus führen. Um dies zu vermeiden, ist das Konzept an der UDE, eine möglichst weitreichende Verzahnung und Zusammenführung von FDM-Funktionalitäten zu erreichen.

Das Ziel ist hochgesteckt, weil für diese Anforderungen bisher keine IT-Systeme „von der Stange“ existieren, sondern sich an den einzelnen Standorten in der Entwicklungs- oder Erprobungsphase befinden. Nichts destotrotz hat die Vision eines gemeinsamen, umfassenden Datenmanagementsystems weitreichende Auswirkung auf die Arbeits- und Denkweise des Teams. Die Strukturierung entlang der Forschungsprozesse und Datenflüsse weicht die gewohnte Aufteilung und Zuständigkeit der Kooperationspartner ein Stück weit auf und verzahnt sie ineinander. Ein gutes Beispiel dafür ist das Zusammenspiel von Prozessen wie Datenspeicherung und Datenerschließung. Plakativ gesprochen, kümmert es aus IT-Perspektive wenig, was gespeichert wird und aus bibliothekarischer Sicht ist es nebensächlich, wie es gespeichert wird, solange das Metadatenschema ausgefüllt ist. Zusätzlich kann beides mit der konkreten Situation und Anforderung im Forschungsprozess dramatisch wenig zu tun haben. Das Vorgehen hand-in-hand als Tandem im engen Kontakt mit den Forschenden führt zu einer gemeinsame Vorstellung von dem, was von den Forschenden wirklich benötigt wird, und lässt Arbeitsaufwände und Lösungsansätze wesentlich realistischer einschätzen.

Governance und Verankerung in der Universität

Auf höherer Ebene bedarf es einer klaren Entscheidungsstruktur und Berichtskette in die Hochschulleitung. Hierzu wurden drei Gremien für die RDS geschaffen: Die Arbeit der Servicestelle benötigt bei Anpassungen nicht selten die Zustimmung aller einzelnen Einrichtungsleitungen, da meist mehrere Zuständigkeitsbereiche tangiert werden. Dazu wurde für die RDS ein Lenkungskreis eingerichtet, der regelmäßig über den Stand der Arbeiten informiert wird und als oberste Entscheidungsinstanz fungiert. Des Weiteren muss sich eine Serviceeinrichtung, wie die RDS daran messen lassen, wie gut ihre Angebote von den Forschenden tatsächlich angenommen werden. Die Rückkopplung über die Entwicklung der Dienstleistungen mit den Fächern erfolgt auf oberster Ebene in einem wissenschaftlichen Beirat, dem die Aufgabe der Wahrung und Balance der fachspezifischen Interessen zukommt. Ihm obliegt zudem die Evaluierung der Dienste nach einer definierten Erprobungsphase und die Beurteilung der Rahmenbedingungen für den dauerhaften Betrieb. Der Beirat wird unterstützt durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Senatskommissionen, die offen für alle FDM-Interessierten der UDE als Informations- und Austauschplattform und als Ideenschmiede fungiert und nach Bedarf in thematischen Untergruppen konkret an Konzeptionen arbeitet. Die AG bildet den Ausgangspunkt für die weiter auszubauende Community-of-Practice und die Schnittstelle zu den Entscheidungsgremien.

Aufbau und Etablierung der Services

Sukzessiver Aufbau der Dienste

Bestehen bereits Angebote der zentralen Einrichtungen zu den Handlungsfeldern Publikationsberatung, Datenspeicherung, Datenmanagementpläne oder Schulungen, können diese iterativ fachlich noch vertieft und erweitert werden. Es bietet sich an, die Entwicklungsarbeiten an allen Kern-Services parallel zu betreiben und mit der Zeit an Detailtiefe und thematischer Breite zu gewinnen. Dies sei am Beispiel eines Schulungsprogramms verdeutlicht: in einem ersten Schritt wird eine Grundlagenschulung zu FDM ausgearbeitet, die mit der Zeit durch thematische Module, Hands-on-Sessions und weitere Formate, wie Moodle ausgebaut wird. Auf diese Weise wird schnell eine gewisse Breite der Angebote aufgebaut. Anders verhält es sich mit dem Ausbau von IT-Infrastruktur. Diese kann nur in großen Sprüngen erfolgen, wie z. B. mit dem Aufbau eines neuen Archivs oder Repositoriums. An der UDE wurde neben umfassender Beratung zu allen FDM-Themenfeldern ein umfangreiches Schulungsangebot nach dem Vorbild von Hausen und Windeck [12] aufgebaut. Die Beratung zu Datenmanagementplänen wird mit Einführung der Software „Research Data Management Organizer“[13] gestützt. Zudem wird der technische Grundstein für einen neuartigen Objektspeicher zur Datenarchivierung gelegt.

Personalressourcen

Ohne zusätzliche Personalressourcen wird es aber nicht gehen. So leicht lässt sich die große Hürde bei der Einrichtung einer neuen Servicestelle zusammenfassen. Obwohl es sich per se um dauerhafte Aufgaben handelt, die daher nur verlässlich mit unbefristet beschäftigtem Personal zu leisten sind, durchlaufen viele FDM-Servicestellen zunächst eine projekthafte Erprobungsphase, die teilweise über Drittmittel finanziert wird. Eine Überführung in die Verstetigung gelingt leider aber nicht immer, was die Gefahr von Kompetenzverlusten am Standort in sich birgt. Erschwerend kommt hier hinzu, dass die aktuelle Arbeitsmarktlage die Gewinnung insbesondere von IT-Personal nicht einfach macht. Vor dem Hintergrund, dass gerade im Zuge von großen Verbundprojekten hohe Anforderungen an das Datenmanagement gestellt werden, wurde an der UDE früh die Bedeutung einer verlässlichen, nachhaltigen zentral verorteten FDM-Struktur erkannt. Das UDE-Konzept setzt auf eine Verschränkung von zentralen, dauerhaft finanzierten Services und dem drittmittelfinanzierten Ausgestalten von fachspezifischem FDM in Verbundprojekten wie Sonderforschungsbereichen / Transregios. Auf diese Weise konnten innerhalb eines Jahres vier unbefristete Vollzeitstellen in den RDS geschaffen und noch um zurzeit drei in den Verbünden verortete befristete Vollzeitstellen ergänzt werden.

Use Cases

Die Entwicklung von generischen Angeboten startet meist mit einer konkreten Nachfrage. Dies ist nicht bloß Zufall, sondern typisches Element beim Aufbau neuer Dienste: eine allgemeine Lösungsstrategie manifestiert sich durch die Anwendung auf ein bestimmtes Problem. Im Forschungsdatenmanagement wird dies üblicherweise als „Use Cases“ bezeichnet, die wie Annette Strauch hervorhebt [13] einen wichtigen Schritt bei der Umsetzung von Services darstellen.

Die treibenden Use Cases an der UDE kamen aus dem naturwissenschaftlichen und biomedizinischen Bereich, in dem sich zur Gründungszeit der RDS mehrere Sonderforschungsbereiche / Transregios in der Antragsphase befanden. Zentraler Bedarf war in allen Verbünden eine Lösung zur Verwaltung und Dokumentation von Labordaten und Probenpräparation sowie deren Verknüpfung mit einer zentralen Informationsplattform zum Verzeichnis von Forschungsergebnissen und den zugehörigen Daten, sowie deren Speicherung. Die Bedienung dieser Anforderungen setzte den Planungsrahmen des Roll-Outs der RDS sowie einen klaren Schwerpunkt bei der Einführung von Elektronischen Laborbüchern.

Was so einfach klingt, markiert das immanente Spannungsfeld zwischen dem Anspruch einer maximal an der individuellen, fachwissenschaftlichen Praxis orientierten Lösung und eines breiten Anwendungsszenarios derselben. Sowohl im Bereich der Elektronischen Laborbücher als auch der Repositorien bzw. Datenportalen existieren eine Vielzahl von Angeboten auf dem Markt, die sich jedoch bezogen auf Features zum Großteil nur in wenigen Punkten unterscheiden. Aus Betreibersicht einer zentralen Servicestelle ist der parallele Betrieb mehrerer Varianten ein nicht zu leistender Aufwand; aus Sicht der Forschenden erschwert die Aufsplittung in Insellösungen Kooperation und Zusammenarbeit. Die RDS setzen auf Kompromiss: zugunsten einer einheitlichen Lösung, die direkte Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch ermöglicht, werden Abstriche bei der Ausdifferenzierung von Softwarefeatures in Kauf genommen. Die generelle Wahl von Open-Source-Lösungen soll darüber hinaus die Möglichkeit bieten, zwingend notwendige Anpassungen dennoch vornehmen zu können.

Hintergrund dieser strategischen Entscheidung ist auch das Voranschreiten der NFDI, deren konkrete Angebote und Entwicklungen genutzt und integriert werden sollen sowie über eine Beteiligung an Konsortien aktiv mitgestaltet werden. Dennoch kann die NFDI lokale Entwicklungen weder ersetzen noch zu diesem Zeitpunkt Planungssicherheit bieten. Die Ausgestaltung von fachspezifischen FDM-Infrastrukturen vollzieht sich lokal und national zeitlich parallel und wird erst durch die Zusammenführung zu einem dynamischen Forschungsdaten-Ökosystem mit einer synchronen Entwicklung.

Verstetigung und fachspezifischer Ausbau

Eine zentrale Servicestelle bedient notwendigerweise in erster Linie generische Bedarfe im FDM und hört in der Regel dort auf, wo die Grenze zwischen Forschungsdatenmanagement und wissenschaftlicher Methodik zu verschwimmen beginnt. Um FDM auf eine breite Basis zu stellen und eng mit den Bedarfen der Forschenden aller Fächer zu verweben, bedarf es daher einer Community-of-practice, in der Umsetzung und Herausforderungen von FDM gelebte Kultur werden. Die zentrale Servicestelle kann hierzu eine Plattform schaffen und immer wieder Bedarfe kondensieren, die eine breite Anwenderschaft betreffen und daher in den Kanon der zentral betriebenen Services aufgenommen werden könnten.

Die Verschränkung von Fachwissenschaft und FDM ist perspektivisch dauerhafte Aufgabe von FDM-Servicestellen und wurde an der UDE exemplarisch am Beispiel der Linguistik konzeptionell skizziert [14]. Im Bereich der Natur- und Lebenswissenschaften wurde die systematische Zusammenarbeit in mehreren Teilprojekten für Informationsmanagement und Informationsinfrastruktur (INF) in Sonderforschungsbereichen / Transregios umgesetzt (vgl. [15]), in denen die UB als Teilprojektleitung nicht nur die Bereitstellung von Infrastruktur leistet, sondern die Ausgestaltung und Integration von FDM in den fachwissenschaftlichen Dialog aktiv mitgestaltet.

Wie sehr eine regelmäßige und enge Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Servicestellen die Qualität und Durchsetzung des FDM nachhaltig befördern kann, zeigt das Beispiel der Kooperation der Fakultät der Geisteswissenschaften an der UDE mit den RDS. Gerade in den Geisteswissenschaften ist die Informationsvermittlung zum FDM, die Spiegelung von Bedarfen und die Vernetzung der Forschenden mit ihren Projekten sehr virulent. Gebraucht werden besondere Strategien, weil sich der Begriff und die Konzeption des FDM in diesen stark ausdifferenzierten und methodisch breit arbeitenden Fächern erst zu etablieren beginnt. Obwohl gerade in den Digital Humanities und in der Korpuslinguistik digitale Forschungsmethoden und ein standardisierter Umgang mit Daten schon lange angewendet werden, haben sich einheitliche Standards bisher kaum durchgesetzt. Auch der Austausch vorhandener Expertise, die sich in den Geisteswissenschaften vielfach in Einzelprojekten kleinerer Forschungsgruppen ausgebildet hat, und das Verständnis für die Vorteile der Nachnutzung von Daten müssen sich in der Breite erst noch ausbilden. Um die Digitalisierungsaktivitäten in der Fakultät für Geisteswissenschaften an der UDE zu kanalisieren und eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, wurde eine Koordinationsstelle für Digitalisierung an der Fakultät eingerichtet. Damit liegen strukturell wie personell gestützte, ideale Voraussetzungen vor, die einen regelmäßigen Austausch und eine enge Zusammenarbeit zwischen der Fakultät und den RDS begünstigen. So konnten schnell fachspezifische Bedarfe identifiziert und Lösungsansätze realisiert werden. Gemeinsam organisierte „Runde Tische der Geisteswissenschaften“ als Vernetzungsveranstaltungen trugen zur Awareness für das Thema FDM und die Angebote der Infrastruktureinrichtungen bei. Die von Forschenden der Fakultät bei diesen Treffen eingebrachten Projekt- und Erfahrungsberichte animierten zum Austausch über fachbezogene Strategie- und Standardisierungsansätze und zur Zusammenarbeit ähnlich gelagerter Forschungsvorhaben. Damit wurde ein wichtiger Schritt hin zu einer Kultur des Teilens und Nachnutzens angestoßen. Mittels einer Online-Befragung, die in Kooperation von RDS, Digitalisierungsbeauftragtem und der fakultätseigenen IT-Abteilung aufgesetzt wurde, konnten der Einsatz und Bedarf an forschungsunterstützender Software und der Umgang mit generierten Daten evaluiert werden. Die Auswertung bildet die an der Forschungspraxis orientierte Grundlage für eine Strategie, welche die Förderung des Einsatzes vorhandener Tools, die Beschaffung und Entwicklung noch nicht vorhandener Software und den Aufbau fachspezifischer Schulungsangebote voranbringen soll. Die Impulse aus den Vernetzungsveranstaltungen und der Bedarfsanalyse werden darüber hinaus genutzt, eine Best-Practice-Reihe zum FDM in den Geisteswissenschaften als regelmäßiges Informations- und Austauschformat ins Leben zu rufen. In den Workshops stehen jeweils konkrete Fragen aus verschiedenen Bereichen des FDM – z. B. zu Datenmanagementplänen, Repositorien und zur NFDI – im Fokus. Der Dialog mit und zwischen den Forschenden – explizit auch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit Teilprojekten bereits in den Konsortien der NFDI eingebunden sind – potenziert die vorhandene Expertise am Hochschulstandort und macht es möglich, die Diskrepanz zwischen generischen Angeboten und fachspezifischen Bedarfen zu überwinden. Die Erfahrungen aus dieser speziellen Zusammenarbeit dienen als Blaupause für den Aufbau von ähnlich gelagerten Kooperationen mit weiteren Fachdisziplinen an der UDE.

Mit dieser Strategie bieten die RDS ein Serviceportfolio, dass allen Fachdisziplinen gleichermaßen zu Gute kommen soll, dessen dauerhafte Umsetzung aber in Ausprägung und personellem Aufwand dynamisch und in der Entwicklungsphase ist. Der Ausrichtung des dauerhaften Betriebs ist daher eine Evaluation in 2023 vorgeschaltet, in der der Beirat bewertet, ob die Dienste und Services dem Bedarf der Fakultäten und wissenschaftlichen Einrichtungen der UDE gerecht werden und durch ein skaliertes Personalkonzept abgedeckt sind.

Über die Autoren

Dr. Stephanie Rehwald

Dr. Stephanie Rehwald leitet an der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen den Bereich Forschungsdatenmanagement, der die Servicestelle für Forschungsdatenmanagement „Research Data Services“, einer Kooperation der Universitätsbibliothek, des Zentrums für Informations- und Mediendienste und des Science Support Centres sowie die Landesinitiative für Forschungsdatenmanagement – fdm.nrw der Digitalen Hochschule NRW umfasst. Zudem knüpft sie an ihren naturwissenschaftlichen Hintergrund in zwei Sonderforschungsbereichen mit der Umsetzung von Open-Science-Ansätzen in Verbindung mit forschungsnahem Datenmanagement an.

Dr. Jessica Stegemann

Dr. Jessica Stegemann ist Mitarbeiterin der „Research Data Services“ der Universität Duisburg-Essen und der Landesinitiative für Forschungsdatenmanagement – fdm.nrw. Nach dem Studium und der Promotion in einem editionswissenschaftlichen Projekt wechselte sie ins Bibliothekswesen und war anschließend als Fachreferentin für verschiedene geisteswissenschaftliche Disziplinen tätig. In den letzten Jahren hat sie sich zunehmend im Themengebiet Forschungsdatenmanagement als forschungsnaher Dienst spezialisiert.

Literatur

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Online erschienen: 2021-07-08
Erschienen im Druck: 2021-07-26

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 29.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/iwp-2021-2161/html
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