Zusammenfassung
Das zurzeit dominierende Geschäftsmodell im Bereich von Open-Access-Zeitschriften basiert auf dem Erheben von Artikelbearbeitungsgebühren. Dieses wird im Zuge der Open-Access-Transformation weiter an Bedeutung gewinnen. In diesem Beitrag wird mittels einer linearen, multivariaten Regression analysiert, was die Höhe von tatsächlich gezahlten Artikelbearbeitungsgebühren beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass der Impact einer Zeitschrift und ihre Erscheinungsform (Open Access oder hybrid) die wichtigsten Faktoren sind.
Abstract
With the ongoing open access transformation, article processing charges (APCs) are gaining importance as the dominant business model for scientific open access journals. This paper analyzes what determines the level of an APC by means of multivariate linear regression. The results show that the journal’s impact and its publication mode are the most important factors.
1 Einleitung
Der Nationale Open-Access-Kontaktpunkt OA2020-DE hat die Studie APCs – Spiegel des Impact-Factors oder Erbe des Subskriptionsmodells? erstellt.[1] Sie ist ein erster Baustein zur Beantwortung der Frage, ob die wissenschaftspolitisch angestrebte großflächige Transformation von Fachzeitschriften in den Open Access (Journal-Flipping) für deutsche Hochschul- und Forschungseinrichtung finanziell tragbar ist. Das zurzeit dominierende Geschäftsmodell im Bereich von Open-Access-Zeitschriften basiert auf dem Erheben von Artikelbearbeitungsgebühren (article processing charges – APCs), die in der Regel den einreichenden Autoren in Rechnung gestellt werden. In Deutschland übernehmen u. a. DFG-geförderte Publikationsfonds diese APCs bis zu 2 000 EUR. Es ist davon auszugehen, dass das Geschäftsmodell im Zuge der Open-Access-Transformation weiter an Bedeutung gewinnen wird. Daher ist es für eine finanzielle Abschätzung unerlässlich zu wissen, wie hoch die APCs nach einem umfassenden Journal-Flipping sein werden – sowohl im Durchschnitt, als auch in ihrer Verteilung. Für eine solche Prognose muss man die Faktoren kennen, die heute schon die Höhe von APCs beeinflussen. Anhand des OpenAPC-Datensatzes, der im INTACT-Projekt an der Universitätsbibliothek Bielefeld entsteht,[2] wird analysiert, was die Höhe von tatsächlich gezahlten Artikelbearbeitungsgebühren (in Gegensatz zu Listenpreisen) beeinflusst. Infrage kommen:
die Relevanz bzw. Renommee der Zeitschrift gemessen an dem Zitations-Impact
die Erscheinungsform der Zeitschrift (Open Access oder hybrid)
der Fachbereich der Zeitschrift sowie
der zugehörige Verlag[2]
In diesem Beitrag werden die Ergebnisse der Studie vorgestellt und diskutiert.[3] Für einen Literaturüberblick sowie die statistisch-technischen Details sei auf Schönfelder (2019a) verwiesen.
2 Datenbasis und beschreibende Statistiken
In der Version des OpenAPC-Datensatzes[4] vom Anfang des Jahres 2018 standen 47.748 Beobachtungen, d. h. tatsächlich gezahlte APCs, zur Analyse bereit. Die meisten APC-Zahlungen wurden aus dem Vereinigten Königreich berichtet. Auch aus Deutschland wurden viele APC-Zahlungen registriert. Das letzte vollständige Berichtsjahr, das bis dahin zur Verfügung stand, ist 2016, für das allein 16.210 APC-Zahlungen verzeichnet sind. Der OpenAPC-Datensatz wurde mit den „CWTS Journal Indicators“[5] der Universität von Leiden (Niederlande) verbunden. Diese enthalten den sogenannten „source normalized impact per paper“ (SNIP), d. h. ein Maß, das angibt, wie oft ein Artikel aus dem betreffenden Fachblatt in den letzten drei Jahren durchschnittlich zitiert worden ist, sowie welchem Fachbereich die Zeitschrift zuzuordnen ist. Der SNIP hat Ähnlichkeiten mit dem besser bekannten Journal Impact Factor (JIF) von Clarivate Analytics, korrigiert jedoch weitgehend die Schwäche des JIF bzgl. der Vergleichbarkeit zwischen den Fachbereichen und ist darüber hinaus frei verfügbar. In Tab. 1 sind die Übersichtsstatistiken zum dem Gesamtdatensatz aufgeführt.
Variable | Ausprägung | Häufigkeit |
Land (aus dem die APC gezahlt wurde) | GBR | 24.572 |
DEU | 14.054 | |
AUT | 4.244 | |
SWE | 1.532 | |
NOR | 1.171 | |
CAN | 929 | |
(Andere) | 1.240 | |
Institution (die die APC getragen hat) | UCL | 4.526 |
FWF – Austrian Science Fund | 4.205 | |
Wellcome Trust | 3.782 | |
MPG | 3.465 | |
University of Cambridge | 2.044 | |
University of Oxford | 1.506 | |
(Andere) | 28.214 | |
Jahr (in dem die APC gezahlt wurde) | 2016 | 16.210 |
2015 | 12.892 | |
2014 | 11.178 | |
2013 | 3.253 | |
2012 | 1.472 | |
2017 | 905 | |
(Andere) | 1.832 | |
Verlag (an den die APC gezahlt wurde) | Elsevier BV | 6.838 |
Springer Nature | 6.484 | |
Public Library of Science (PLoS) | 5.690 | |
Wiley-Blackwell | 4.265 | |
Springer Science + Business Media | 3.627 | |
Frontiers Media SA | 2.718 | |
(Andere) | 18.120 | |
Zeitschrift (in der der Artikel erschienen ist) | PLOS ONE | 4.789 |
Scientific Reports | 1.388 | |
New Journal of Physics | 983 | |
Frontiers in Psychology | 680 | |
Nature Communications | 630 | |
BMJ Open | 437 | |
(Andere) | 38.835 | |
Fachbereich (dem die Zeitschrift zuzuordnen ist) | Gesundheitswissenschaften | 10.616 |
Lebenswissenschaften | 20.312 | |
Physikalische Wissenschaften | 9.462 | |
Sozial- und Geisteswissenschaften | 2.339 | |
(k. A.) | 5.013 | |
Erscheinungsform (der Zeitschrift insgesamt) | Open Access | 26.755 |
Hybrid | 20.987 |
Quelle der Daten: OpenAPC Version 3.21.5 sowie CWTS Journal Indicators Version vom Mai 2017
Die meisten Artikel, die durch APCs finanziert und an OpenAPC gemeldet worden sind, wurden von Elsevier, Springer Nature und PLoS veröffentlicht – zwei davon sind große, traditionell subskriptions-basierte Verlage. Summiert man die Artikel, die bei Springer Science + Business Media und Springer Nature in den letzten Jahren erschienen sind, so zeigt sich Springer – zu mindestens im OpenAPC-Datensatz – als der größte Verlag für Open-Access-Fachartikel. Allerdings sind die meisten Open-Access-Artikel in dem Open-Access-Mega-Journal PLOS ONE erschienen, gefolgt von der Open-Access-Zeitschrift Scientific Reports. Etwa die Hälfte der APCs wurde für das Publizieren in hybriden Zeitschriften gezahlt, die andere Hälfte an Open-Access-Zeitschriften. Die relativ geringen APC-Zahlungen an Zeitschriften aus den Geistes- und Sozialwissenschaften bestätigen den allgemeinen Eindruck, dass in diesem Fachbereich kostenpflichtiges Open-Access-Publizieren eine geringe Rolle spielt. Ob diese, für OpenAPC gezeigten Feststellungen auch grundsätzlich gelten (d. h. für den gesamten Publikationsmarkt), können jedoch nur genaue, bibliometrische Untersuchungen zeigen.
Es werden nun die tatsächlich gezahlten APCs näher betrachtet (Tab. 2). Die Durchschnitts-APC beträgt knapp 2 000 EUR, der Median liegt etwas geringer bei 1 740 EUR. Die Verteilung der APCs ist rechtsschief (siehe Abb. 1), d. h. es wurden recht oft geringe und moderat hohe APCs gezahlt, während hohe APC eher selten gezahlt wurden. Etwa 50 % der gezahlten APC betragen 1 255 EUR bis 2 450 EUR. 25 % der APC-Zahlungen liegen unter 1 255 EUR; 25 % liegen über 2 450 EUR.
APC in EUR | SNIP | |
Kleinster Wert | 40 | 0,00 |
1. Quartil | 1 255 | 1,05 |
Median | 1 738 | 1,23 |
Durchschnitt | 1 924 | 1,43 |
3. Quartil | 2 450 | 1,62 |
Höchster Wert | 9 079 | 15,87 |
Anzahl fehlender Werte | 0 | 5013 |
Quelle der Daten: OpenAPC Version 3.21.5 sowie CWTS Journal Indicators Version vom Mai 2017
Anmerkungen: APC ist die tatsächlich gezahlte Artikelbearbeitungsgebühr inkl. Steuern und Preisnachlässen, jedoch ohne darüber hinaus gehende Gebühren etwa für die Einreichung, Farbdrucke oder Überlänge. SNIP ist der „source normalized impact per paper“ der Zeitschrift, in der der Artikel veröffentlicht wurde.
Im Folgenden wird die Beziehung der Variablen untereinander mit einfachen statistischen Maßen untersucht. Zeigt sich eine Korrelation zweier Variablen, bedeutet es jedoch nicht zwingend, dass auch ein kausaler Zusammenhang (ggf. in dieser Stärke) besteht. Dies kann erst die Regressionsanalyse bestätigen.
Als erstes wird der Zusammenhang zwischen den tatsächlich gezahlten APCs zur Veröffentlichung von Artikeln in Fachzeitschriften und dem jeweiligen „source normalized impact per paper“ (SNIP) – einem Maß, das angibt wie oft ein Artikel aus dem betreffenden Fachblatt in den letzten drei Jahren durchschnittlich zitiert worden ist – auf Artikelebene anhand eines Streudiagramms (Abb. 2) dargestellt. Auf den beiden Achsen des Koordinatensystems ist die Höhe des SNIP bzw. der Artikelbearbeitungsgebühr abzulesen. Jeder einzelne Punkt stellt einen Artikel dar, für dessen Veröffentlichung eine APC gezahlt wurde und das in einer Fachzeitschrift mit einem spezifischen SNIP-Wert erschienen ist. Links unten liegen so viele Punkte (Kombinationen aus APC und SNIP), dass nur noch eine „schwarze Wolke“ zu sehen ist. Die Gerade stellt den einfachen linearen Zusammenhang (Korrelation) zwischen SNIP und APC dar. Die positive Steigung der Geraden bedeutet, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen Artikelbearbeitungsgebühren und dem Zitations-Impact gibt. Ein höherer Impact einer Zeitschrift geht tendenziell mit höheren APCs einher. Insgesamt sieht der Zusammenhang zwischen APCs und SNIP für das menschliche Auge eher lose aus, dennoch ist er statistisch hoch signifikant.
Ein weiterer, möglicher Erklärungsfaktor für die Unterschiede in den tatsächlich gezahlten APCs ist, ob eine Fachzeitschrift als gänzlich im Open Access erscheint oder aber hybride ist. Hybride beschreibt den Umstand, dass in einer Fachzeitschrift manche Artikel Open Access sind, während andere (meist der überwiegende Teil) nicht frei zugänglich sind.
Abb. 3 teilt die Artikel der Stichprobe danach auf, ob sie in einer hybriden oder einer Open-Access-Zeitschrift publiziert worden sind und stellt dann die Verteilung der APCs in den beiden Gruppen in zwei Box-Plot-Diagrammen dar. Die Abbildung bietet eine gute Übersicht darüber, in welchem Bereich die APCs liegen, wie sie sich über diesen Bereich verteilen und wie sich der Bereich bzw. die Verteilung zwischen den beiden Gruppen unterscheidet. Ein Box-Plot besteht aus einem Rechteck (der Box), dessen oberes Ende das obere Quartil, der dicke Strich den Median und das untere Ende das untere Quartil darstellt. In der Box liegen 50 % der APCs, während sich jeweils die Hälfte der übrigen 50 % oberhalb bzw. unterhalb dieses Bereichs verteilen (Striche). Die Punkte stellen einzelne außergewöhnlich hohe bzw. niedrige APCs dar.
Der Vergleich zwischen den beiden Gruppen zeigt, dass APCs in hybriden Zeitschriften deutlich teurer sind als in Open-Access-Zeitschriften. Das trifft zwar nicht auf jeden Einzelfall zu, bestimmt aber das grundsätzliche Bild. Die mittlere APC (Median) liegt bei hybriden Zeitschriften um etwa 1 000 EUR über der mittleren APC von Open-Access-Zeitschriften. Darüber hinaus liegt das untere Quartil für APCs in hybriden Zeitschriften sogar über dem oberen Quartil der APCs für Open-Access-Zeitschriften, was bedeutet, dass in der Open-APC-Stichprobe 75 % der Publikationen in hybriden Zeitschriften teurer waren als 75 % der Publikationen in Open-Access-Zeitschriften.
Der deutliche Zusammenhang zwischen APC-Höhe und der Tatsache, ob eine Zeitschrift hybride oder Open Access ist, lässt sich zum Teil dadurch erklären, dass hybride Zeitschriften tendenziell einen höheren Zitations-Impact haben (siehe Abb. 4). Zusammenfassend zeigen sich folgende drei Zusammenhänge:
Es gibt eine positive Korrelation zwischen APCs und dem Zitations-Impact.
Die Höhe von APCs unterscheidet sich hinsichtlich der Erscheinungsform einer Fachzeitschrift (hybrid oder Open Access).
Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Impact und der Erscheinungsform einer Fachzeitschrift.
Um den Einfluss des Impacts auf die Höhe der APCs zu isolieren, werden die übrigen beiden Einflüsse herausgerechnen. Dies ist der Kern der Regressionsanalyse.
Der SNIP und die Erscheinungsform einer Fachzeitschrift sind vermutlich nicht die einzigen Faktoren, die die Höhe der APCs bestimmen. Darüber hinaus ist denkbar, dass die Verlage unterschiedliche hauseigene Preissetzungsstrategien verfolgen, oder dass mit dem Verlagsnamen ein gewisses Renommee verknüpft ist, welches sich nicht im SNIP widerspiegelt. Beides lässt sich analysieren, in dem man die Höhe der APCs für jeden Verlag einzeln betrachtet. Praktikabel ist dies jedoch nur für die größten Verlage (gemessen an der Anzahl der Publikationen in der OpenAPC-Stichprobe). Die APCs bzw. Publikationen der übrigen Verlage werden in einer Gruppe zusammengefasst.
Abb. 5 stellt Box-Plot-Diagramme für die sechs größten Verlage sowie die Gruppe der übrigen Verlage dar. Es sind große Unterschiede in den Verteilungen der APCs zwischen den Verlagen zu erkennen. Am teuersten sind die APCs bei Elsevier gefolgt von Wiley-Blackwell. Relativ günstige APCs stellt PLoS den Autoren in Rechnung. Auf Grund des Mega-Journals PLOS ONE streuen diese auch nicht so stark wie bei den übrigen Verlagen. Die Verlage erheben nicht nur deutlich unterschiedliche APCs, ihre Zeitschriftenportfolios unterscheiden sich ebenso hinsichtlich anderer Charakteristika. Deshalb bedarf es einer multivariaten Regressionsanalyse, um die isolierten Einflüsse auf die Höhe der APCs zu identifizieren.
3 Regressionsanalyse
Für die Durchführung der Regressionsanalyse eignet sich nur ein Teil der Daten von OpenAPC. Um Fehlschlüsse zu vermeiden, muss die Stichprobe für die Grundgesamtheit repräsentativ sein. Dies ist für APC-Zahlungen aus Deutschland ganz offensichtlich nicht der Fall. In OpenAPC sind kaum APC-Zahlungen über 2 000 EUR aus Deutschland verzeichnet, was den Richtlinien der DFG-geförderten Publikationsfond geschuldet ist. Zahlungen, die nicht aus den Publikationsfond bestritten werden, sondern aus Drittmittel der Forschungsförderung oder Institutsmitteln stammen und sich damit nicht an diese APC-Obergrenzen halten müssen, werden so gut wie nie an OpenAPC gemeldet. Dies spiegelt sich auch darin wieder, dass laut OpenAPC gerade mal 1 % der deutschen Zahlungen an hybride Zeitschiften gehen. Diese systematische Verzerrung in dem Berichtsverhalten deutscher, wissenschaftlicher Einrichtungen an OpenAPC führt dazu, dass die deutsche Teil-Stichprobe bei weitem nicht repräsentativ ist. Soweit der Autorin bekannt, gibt es im Vereinigten Königreich keine vergleichbaren Einschränkungen hinsichtlich der Förderfähigkeit bzw. Kostenübernahme von APCs. Daher werden im Folgenden ausschließlich die britischen APC-Zahlungen von 2014–2016 untersucht.
Die Höhe der tatsächlich gezahlten APCs wird erklärt durch den Impact der jeweiligen Zeitschrift (SNIP), ob die Zeitschrift hybrid ist oder Open Access, zu welchem Verlag die Zeitschrift gehört, in welchem Fachbereich die Zeitschrift herausgegeben wird sowie durch das Jahr der Zahlung. Darüber hinaus wird geprüft, ob der Einfluss des SNIP auf die Höhe der APCs für hybride Zeitschriften anders ist als für Open-Access-Zeitschriften. Folgende Gleichung wurde mittels der Kleinsten-Quadrate-Methode geschätzt:
Dies ergibt folgende geschätzte APC-Gleichung, deren Koeffizienten (bis auf den des Verlags Wiley-Blackwell) statistisch hoch-signifikant sind.
Der isolierte (d. h. um die anderen Faktoren bereinigte) Einfluss des Zitations-Impact auf die Höhe der APCs beträgt 728 EUR bei Open-Access-Zeitschriften und gerade mal 188 EUR (= 728–540) bei hybriden Zeitschriften je SNIP-Punkt. Beträgt also der SNIP-Wert einer Open-Access-Zeitschrift 2 und bei einer anderen Open-Access-Zeitschrift mit sonst gleichen Charakteristika 1, so verlangt die Erste im Erwartungswert eine um 728 EUR höhere APC; bei zwei hybriden Zeitschriften wären im Erwartungswert nur 188 EUR mehr fällig. Die geringere Sensitivität von hybriden Zeitschriften in Bezug auf ihren Zitations-Impact bedeutet jedoch nicht, dass diese automatisch günstiger sind. Der Fixbetrag (d. h. der Teil der APC, der nicht durch den Zitations-Impact erklärt werden kann und der immer anfällt) beträgt in der Basisgruppe (Gesundheitswissenschaften, übrige Verlage, 2016) für Open-Access-Zeitschriften 519 EUR und für hybride Zeitschriften 1 915 EUR. In Anbetracht dessen, dass Forschende für dieses Geld Artikel in zwei gleichen Zeitschriften (gemessen an den hier diskutieren Charakteristika) publizieren können, die sich nur durch den Publikations-Modus unterscheiden, stellt sich die Frage, welchen Mehrwert hybride Zeitschriften für die zusätzlichen 1 396 EUR bieten. Für die große Masse der Artikel, die in Fachzeitschriften mit keinem bis durchschnittlichem Zitations-Impact erscheinen, sind die APCs in hybriden Zeitschriften in Summe deutlich teurer als in Open-Access-Zeitschriften. Wo genau Zeitschriften mit den beiden Publikations-Modi „APC-Gleichstand“ erreichen, ist in Abb. 6 zu sehen (Schnittpunkt der Geraden ungefähr bei einem SNIP-Wert von 2,5). Die Abbildung visualisiert die geschätzte, lineare Beziehung zwischen SNIP und APC. Die durchgezogene Gerade stellt das Preissetzungsverhalten von hybriden Zeitschriften der Gesundheitswissenschaften bei übrigen Verlagen in 2016 dar; die gestrichelte Linie das für ihre Open-Access-Konterparts. Erscheint die Zeitschrift in einem anderen Fachbereich, bei einem anderen Verlag oder in einem anderen Jahr so verschiebt das beide Geraden gleichermaßen nach oben bzw. unten. So ist die Publikation eines Artikel bei Elsevier am teuersten und bei PLoS am günstigsten, in den Lebenswissenschaften wesentlich teuer als in den Geistes- und Sozialwissenschaften, jeweils unter sonst gleichen Umständen.
Die geschätzte APC für eine einzelne Zeitschrift errechnet sich, indem die jeweiligen Zeitschriften-Charakteristika in die obige Gleichung eingetragen werden, wie die beiden Beispiele zeigen:
PLOS ONE (PLoS, SNIP=1, Lebenswissenschaften, Open Access, 2016)
Journal of Neuroscience Methods (Elsevier, SNIP=1, Lebenswissenschaften, hybrid, 2016)
Die multivariate Regressionsanalyse bestätigt größtenteils den Eindruck, der durch die Untersuchung der Variablen mittels beschreibender Statistiken entsteht und auf die sich die Literatur bis dato beschränkt hat. Sofern die Schätzgleichung richtig spezifiziert ist, kann jedoch nun
bestätigt werden, dass die Zusammenhänge zwischen APCs und den anderen Variablen nicht zufällig sind,
gezeigt werden, wie groß (in EUR) der isolierte Effekt jeder Variable auf die APC-Höhe ist,
identifiziert werden, dass es zwei Preissetzungs-Muster gibt (Open Access vs. hybrid),
die geschätzte Gleichung für die Projektion von APCs (in EUR) für Closed-Access-Zeitschriften oder für die Zeitschriften, zu denen keine APC-Informationen vorliegen, genutzt werden,
projiziert werden, wie viel hybride Zeitschriften verlangen würden, wenn sie gänzlich in den Open Access flippten bzw. nach Open-Access-Schema bepreisen würden,
projiziert werden, wie viel Open-Access-Zeitschriften verlangen würden, wenn auch sie das Hybrid-Preissetzungs-Muster übernehmen würden.
Die geschätzte APC-Gleichung wird für Projektionen erstmals in Schönfelder (2019b) eingesetzt. Welche Schlussfolgerungen aus den Regressionsergebnissen gezogen werden können, und welche finanzielle Bedeutung sie für die Budgets der wissenschaftlichen Einrichtungen und Forschungsförderer haben, wird im nächsten Abschnitt diskutiert.
4 Schlussfolgerungen
Der Beitrag zeigt, dass der Zitations-Impact wie auch die Erscheinungsform der Zeitschrift (hybrid vs. Open Access) die wesentlichen Faktoren für die Höhe der Artikelbearbeitungsgebühren sind. Es besteht u. a. ein positiver und statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Artikelbearbeitungsgebühren und dem Zitations-Impact einer Zeitschrift. Der Zusammenhang ist besonders bei Open-Access-Zeitschriften ausgeprägt. Die geringere Sensitivität von hybriden Zeitschriften in Bezug auf ihren Zitations-Impact bedeutet jedoch nicht, dass diese automatisch günstiger sind. Vielmehr ist für das Groß der Zeitschriften mit keinem bis mittleren Zitations-Impact das Gegenteil der Fall: Hybride Zeitschriften sind deutlich teurer als Open-Access-Zeitschriften. So kann man durchaus sagen, dass Artikelbearbeitungsgebühren Spiegel des Impact-Faktors von Open-Access-Zeitschriften, jedoch in hybriden Zeitschriften das Erbe des Subskriptionsmodels sind.
Um einen Eindruck zu erhalten, wie sich die beiden Preissetzungschemata (hybrid vs. Open Access) auf die Finanzierbarkeit der Open-Access-Transformation von wissenschaftlichen Zeitschriften auswirken, werden zwei hypothetische Szenarien betrachtet. Was wäre die Gesamtsumme aller in OpenAPC verzeichneten APC-Zahlungen gewesen, wenn alle Zeitschriften nach dem Open-Access-Schema bepreist hätten? Und wie hoch wäre die Gesamtsumme gewesen, wenn alle Zeitschriften nach dem Hybrid-Schema bepreist hätten – unter sonst gleichen Umständen? Tab. 3 zeigt die hypothetischen APC-Summen in EUR für die britische Teilstichprobe wie auch für alle Einträge in OpenAPC und vergleicht diese mit den Summen der tatsächlich gezahlten APCs. Die Berechnungen zeigen, dass das britische Hochschul- und Forschungssystem fast 8 Mio. EUR gespart hätte, wenn das Open-Access-Preisschema für alle Artikel Anwendung gefunden hätte. Im Gegensatz dazu hätten alle Länder ca. 17 Mio. EUR mehr für ihre in OpenAPC verzeichneten Artikel gezahlt, wenn durchgehen nach dem Hybrid-Preisschema bepreist worden wäre.[5]
Stichprobe | Szenario | APC-Gesamtsumme |
Vereinigtes Königreich | Tatsächlich gezahlt | 52.658.541 EUR |
Alles Open Access | 44.662.308 EUR | |
Alles hybrid | 56.863.847 EUR | |
Beobachtungen aus allen Ländern | Tatsächlich gezahlt | 83.969.558 EUR |
Alles Open Access | 72.229.822 EUR | |
Alles hybrid | 101.031.495 EUR |
Welches Preissetzungsschema sich zukünftig nach einem weitgehenden Zeitschriften-Flipping in den Open Access durchsetzen wird, ist essentiell. Wird die Preissetzung der traditionellen, subskriptionsbasierten Verlage (d. h. hybrid) dominieren, so wird die Open-Access-Transformation zu ungleich höheren Kosten kommen als derzeit von Bibliotheken, Forschungseinrichtungen und -förderern erwartet. Daher ist es von größter Bedeutung, Voraussetzung für Wettbewerb zwischen Verlagen und Zeitschriften zu schaffen.
Über den Autor / die Autorin
Universität Bielefeld, Universitätsbibliothek, Nationaler Open-Access-Kontaktpunkt OA2020-DE, Universitätsstr. 25, D-33615 Bielefeld
Literaturverzeichnis
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© 2020 Nina Schönfelder, published by Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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