Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - FV_3_4
DOI: 10.1055/s-2008-1079248

Implementierung eines gestuften psychoonkologischen Behandlungspfads in die Routineversorgung eines regionalen Brustzentrums – Effekte auf Patientinnen und Behandler

C Herrmann-Lingen 1, C Zemlin 3, K Wiegard 2, C Kleiber 1, U Wagner 3, US Albert 3
  • 1Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin Göttingen
  • 2Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universität Marburg
  • 3Klinik für Gynäkologie, Gynäkologische Endokrinologie und Onkologie, Universität Marburg/Brustzentrum Regio Mit Förderung der Deutschen Krebshilfe

Hintergrund: Krebserkrankungen gehen bei vielen Patientinnen mit klinisch relevanten Beeinträchtigungen des psychischen Gleichgewichts und der zwischenmenschlichen Beziehungen einher. Oft werden Beschwerden von Seiten der Behandler nicht erkannt, sind aber für die Lebensqualität und den Krankheitsverlauf bedeutsam. Eine Screening-gestützte, differenzierte Indikationsstellung für psychoonkologische Interventionen wird von der S3-Leitlinie zum Brustkrebs gefordert, jedoch in der Praxis erst punktuell realisiert.

Fragestellung: Wie lässt sich ein psychoonkologischer Behandlungspfad in die alltägliche Praxis überführen und welche Auswirkungen hat dies einerseits auf die Lebens- und Versorgungsqualität der Patientinnen, andererseits auf die Lebens- und Arbeitszufriedenheit der Behandler?

Methodik: Vorgestellt wird die Konzeptentwicklung und die Umsetzung in einem Projektplan. Das flankierende Evaluationskonzept erfolgt an Hand der Daten von 200 Brustkrebspatientinnen: 100 Patientinnen (Baseline) vor und 100 Patientinnen nach Implementierung des Behandlungspfades. Die Datenerhebung erfolgt in 3 Phasen: Akutbehandlungsphase, nach 6 und 12 Monaten. Zur Erfassung der Lebensqualität und des psychischen Befindens dienen international anerkannte und ausgiebig validierte psychometrische Standardverfahren (EORTC-QLQ-C30 + BR23 HADS-D, MAC, ERI und FLZ). Die somatischen Befunde werden anhand folgender Kriterien erfasst: Tumorcharakteristika, Charlson Comorbidity Index, Krankheitsverlauf. Als Haupt-Zielkriterium gilt die Lebensqualität 6 Monate nach Diagnosestellung. Die Ermittlung der Effekte der Leitlinienimplementierung auf die mittelfristige Arbeitszufriedenheit und Lebensqualität der MitarbeiterInnen erfolgt im Prä-post-Kohortenvergleich.

Schlussfolgerung: Das vorgelegte methodische Konzept soll eine frühzeitiges Erkennen psychisch belasteter Brustkrebspatientinnen erlauben, und eine leitlinien- und bedarfsgerechte Versorgung ermöglichen. Ob somit eine Verbesserung der Versorgungsqualität für die Patientinnen der Interventionsgruppe, wie auch zukünftiger Patientinnen erreicht werden kann, wird geprüft. Ein besonderer Aspekt stellt die Untersuchung zur Auswirkung der pfadgerechten Behandlung von Patientinnen auf die Behandler dar. Im Zentrum des Interesses steht, ob auch MitarbeiterInnen einen Benefit von einer solchen Maßnahme im klinischen Alltag haben, der sich z.B. in einer Zunahme der Arbeits- und Lebenszufriedenheit und einer Abnahme des Distresserlebens zeigt.