Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P31
DOI: 10.1055/s-2008-1078934

Transient-myeloproliferatives Syndrom ohne phänotypischen Morbus Down – eine seltene Differentialdiagnose der Neugeborenensepsis

A Arning 1, K Papakostas 2, T Lieber 3, A Pekrun 3, D Reinhardt 4, P Lasch 3
  • 1Klinikum Bremen-Mitte gGmbH Kinderklinik Prof. Hess, Bremen
  • 2Zentralkrankenhaus links der Weser Klinik für Kinder und Jugendlicher, Bremen
  • 3Klinikum Bremen-Mitte gGmbH Kinderklinik Prof. Hess, Bremen
  • 4Kinderklinik der Med. Hochschule, Hannover

Hintergrund: Das transient-myeloproliferative Syndrom mit dem Risiko der Entwicklung einer akuten megakaryozytären Leukämie ist beim reifen Neugeborenen mit Morbus Down bekannt. In seltenen Fällen tritt das transient-myeloproliferative Syndrom auch bei phänotypisch unauffälligen Neugeborenen bei Vorliegen eines Trisomie 21-Mosaik auf. Bei Diagnosestellung befinden sich die meisten Neugeborenen in einem stabilen Allgemeinzustand. Ca. 20% der Neugeborenen werden aber bei deutlich reduziertem Allgemeinzustand mit den Diagnosen Sepsis, respiratorische Insuffizienz, disseminierte intravasale Gerinnungsstörung oder Hydrops fetalis direkt postpartal auf eine Intensivstation aufgenommen. Gerade bei Neugeborenen ohne Stigmata eines Morbus Down liegt die Differentialdiagnose transient-myeloproliferatives Syndrom in diesen Fällen nicht auf der Hand.

Fallbeispiel: Wir möchten ein reifes Neugeborenes ohne Dysmorphiezeichen vorstellen, das unter der Verdachtsdiagnose Sepsis/DD konnatale Leukämie in unsere Klinik verlegt wurde. Führende, klinische Befunde waren ein blass-graues Hautkolorit, eine verlängerte Rekapillarisierungszeit und eine akute respiratorische Insuffizienz bei ausladendem Abdomen. Laborchemisch zeigten sich eine Leukozytose, erhöhte Transaminasen, eine disseminierte intravasale Gerinnungsstörung und eine metabolische Azidose. Die Diagnose eines transient-myeloproliferativen Syndroms konnte zytogenetisch bei Nachweis eines Trisomie 21-Mosaiks in den Blutzellen bei gleichzeitiger Disomie 21 in den Mundschleimhautzellen gestellt werden. Im weiteren Verlauf kam es unter symptomatischer Therapie zu einer Restitutio ad integrum. Im Rahmen routinemäßiger Ambulanzbesuche fiel im Alter von 3 Monaten laborchemisch eine lebensbedrohliche Anämie mit einem Hb von 1,9g/dl auf, die als Folge des transient-myeloproliferativen Syndroms gewertet werden muss. Seitdem befindet sich unser Patient klinisch und laborchemisch in Remission. Im Alter von 1 ½ Jahren gibt es keine Hinweise auf die Entwicklung einer akuten myeloischen Leukämie. Ausblick: Bei einer deutlichen Blutbildveränderung mit oder ohne klinisches Bild einer Sepsis sollte differentialdiagnostisch auch bei Fehlen von Morbus Down-Stigmata an ein transient-myeloproliferatives Syndrom mit genetischem Trisomie 21-Mosaik gedacht werden. Eine langfristige Nachsorge dieser Kinder ist bei einem erhöhten Risiko für weitere hämatoonkologische Probleme wie sekundäre Anämie- und Leukämieentwicklung regelmäßig notwendig.