Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P12
DOI: 10.1055/s-2008-1078915

Neonatale Alveolarproteinose durch homozygote 121ins2-Mutation des Surfactant-Protein-B-Gens – ein Fallbericht

A Hansmann 1, A Hadrys 1, U Steder 1, L Lange 2, P Lohse 3, M Griese 4, W Garbe 1
  • 1Perinatalzentrum, Neonatologie, St.-Marien-Hospital Bonn, Bonn
  • 2Kinderklinik, St. Marien-Hospital, Bonn
  • 3Institut für Klinische Chemie – Großhadern, Klinikum der Universität München, München
  • 4Kinderklinik u. Kinderpoliklinik im Dr. v. Haunerschen Kinderspital, Klinikum der Universität München, München

Hintergrund: Alveolarproteinosen sind genetische Erkrankungen, die durch Veränderungen der Surfactant-Proteine A-D verursacht werden. Während ein Surfactant-Mangel beim unreifen Neugeborenen zu einem neonatalen Atemnotsyndrom führt, wird beim kongenitalen Surfactant-Protein-B-Mangel der Gasaustausch beim reifen Neugeborenen durch eine Ansammlung proteinreichen Materials in den Alveolen behindert. Wir berichten von einem reifen Neugeborenen, welches postnatal mit Tachydyspnoe und Zyanose auffiel.

Fallbeschreibung: Erstes Kind nicht verwandter deutscher Eltern. Nach unauffälligem Schwangerschaftsverlauf Spontanpartus mit 40+6 Schwangerschaftswochen aus mekoniumhaltigem Fruchtwasser. APGAR: 9/10/10; NapH: 7.28. Im Verlauf rasch tachydyspnoisch und zyanotisch. Daher Übernahme in unsere neonatologische Abteilung. Bei Aufnahme reifes Neugeborenes von 4170g Gewicht, ohne äußere Fehlbildungen. Auskultatorisch beidseits abgeschwächtes Atemgeräusch. Bei klinischem Verdacht auf Neugeboreneninfektion antibiotische Therapie mit i.v. Amoxicillin/Clavulansäure, Tobramycin und Cefotaxim, Erythromycin per os. Bei ausbleibender klinischer Besserung Umstellung der Antibiose am 14. Lebenstag (LT) auf Meropenem und Vancomycin, antimykotische Therapie mit Fluconazol. Nach viertägiger CPAP-Beatmung Intubation und konventionelle Beatmung aufgrund inadäquater Oxygenierung. Bei ansteigenden FiO2-Werten bis 1.0 Umstellung auf Hochfrequenzoszillation am 20. LT. Hierunter suffiziente Oxygenierung (FiO2: 0,3–0,5). Intermittierende Surfactant-Gaben zeigten kurzfristige Verbesserungen der Oxygenierung; eine probatorische Prednisolon Therapie und NO-Beimischung blieben ohne therapeutischen Erfolg. Infektchemische Laborwerte mit max. CRP von 1.08mg/dl am 3. LT, sowie Linksverschiebung und I/T-Quotient von 0.28. Normalwerte bei Kontrolle. Die durchgeführten Röntgen-Thorax-Bilder zeigten eine feingranuläre Zeichungsvermehrung ohne Progredienz in den Verlaufskontrollen, eine Computertomographie des Thorax ergab beidseits alveoläre Verschattungsmuster mit ausgeprägtem Pneumobronchogramm. Unauffällige Befunde für Echokardiographie und Sonographie des Schädels. Bei anhaltender respiratorischer Insuffizienz mit ausschließlichem Oxygenierungsproblem wurde, bei Verdacht auf einen angeborenen Surfactant-Mangel, die entsprechende molekulargenetische Diagnostik veranlasst. Diese ergab eine homozygote 121ins2-Mutation des Surfactant-Protein-B-Gens. Diskussion: Die neonatale Alveolarproteinose, ausgelöst durch eine Mutation des Surfacant-Protein-B kodierenden Gens, ist eine extrem seltene, autosomal rezessiv vererbte Erkrankung des Neugeborenen. Sie kommt als Differentialdiagnose bei ungeklärter, postnataler respiratorischer Insuffizienz in Betracht. Die Prognose ist aufgrund fehlender therapeutischer Optionen infaust. Eine in regelmäßigen Abständen durchgeführte Lungenlavage oder eine Lungentransplantation verbessert bei Neugeborenen, anders als bei älteren Patienten, die Prognose bislang nicht.