Klinische Neurophysiologie 1986; 17(2): 47-54
DOI: 10.1055/s-2008-1060931
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Analyse der Ausbreitung epileptischer Entladungen im Tiermodell

Analysis of spread of epileptic discharges in the animal modelP. Rappelsberger, I. Szirmai, R. Vollmer
  • Hirnforschungsinstitut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Neurologische Abteilung der Universität Pecs und Neurologische Abteilung des Krankenhauses Lainz, Wien
Diese Studie wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung unterstützt.
Further Information

Publication History

Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

The study was aimed at the enlightenment of intracortical spreading mechanisms in focal epileptic seizures produced by local application of Acetylcholin. Experiments were made in rabbits. Epi- and intracortical seizure potentials were recorded simultaneously with special electrodes. The recorded signals were analysed using computer aided methods. The results show, that the spreading.of the pathological events does not take place continuously but by successive generation of „active zones” independent of the original focus produced by Acetylcholin. In the epicortical recordings, the development of a new focus is indicated by a functional uncoupling between the superficial layers of the cortical area to be involved and the momentary active focus. This functional uncoupling is due to an activation of the middle cortical layers of this area by the focus. As a first sign, high frequent potentials can be observed in the middle cortical layers accompanied by an amplitude decrease in the superficial layers. In the further development high negative discharges appear in the middle cortical layers which lead to characteristic surface positive potentials. This phase indicates that a new focus has developed, i.e. the discharges are no longer triggered by the previous focus. These processes continue as long as inactive cortical areas are available. From the obtained results it can be assumed with high probability that in contrast to previous assumptions the generation of a new epileptic focus is not initiated via superficial axon collaterals but that other cortical connections must be responsible. Additionally, it has to be taken into account that extra- and/or intracellular changes of ion concentrations as a consequence of the massive synaptic bombardement may be responsible for the independent discharges in the focus.

Zusammenfassung

Ziel der Untersuchung war es, Aufklärung über die intrakortikalen Ausbreitungsmechanismen bei fokal ausgelösten epileptischen Anfällen zu erhalten. Als Anfallsmodell wurde der mit Azetylcholin ausgelöst Anfall gewählt. Als Versuchstier diente das Kaninchen. Mit speziell dafür gefertigten Elektroden wurden simultan die epi- und intrakortikalen Anfsllspotentiale registriert und aufgezeichnet. Die Auswertung erfolgte mit Hilfe computerunterstützter Verfahren. Die Resultate zeigen, daß die Ausbreitung des pathologischen Geschehens nicht kontinuierlich, sondern durch sukzessive Neugenerierung „aktiver Zonen” unabhängig vom primär gesetzten Azetylcholinfokus vor sich geht. Die Neugenerierung einer aktiven Zone, die mit der Ausbreitung des Anfalls identisch ist, kündigt sich in den epikortikalen Ableitungen durch eine funktionelle Entkopplung zwischen dem neu zu involvierenden Rindengebiet und dem augenblicklich aktiven Fokus an. Diese funktionelle Entkopplung der oberflächlichen Rindenschichten dürfte die Folge der Aktivierung der mittleren Rindenschichten im neu zu involvierenden Rindengebiet sein, wobei der Anstoß über den jeweils aktiven Fokus erfolgt. Als erste Anzeichen dafür treten in den mittleren Rindenschichten des neuen Fokus hochfrequente Potentiale auf, wobei es an der Rindenoberfläche zu einer gleichzeitigen Amplitudenabfalchung kommt. In weiterer Folge entwickeln sich in den mittleren Rindenschichten hohe negative Entladungen, die wieder zu den für den Fokus charakteristischen oberflächenpositiven Potentialen führen. Mit dieser Entwicklung eines neuen Fokus endet auch die Triggerung durch den ursprünglichen Fokus, d.h. die Entladungen in den mittleren Schichten des neu involvierten Rindengebietes werden nun nicht mehr durch den ursprünglichen Fokus angestoßen, sondern erfolgen selbständig. Diese Vorgänge wiederholen sich so lange, als noch inaktive Rindengebiete vorhanden sind. Die gewonnenen Befunde lassen mit hoher Wahrscheinlichkeit den Schluß zu, daß entgegen früheren Annahmen, die Ausbildung eines neuen epileptischen Fokus nicht über oberflächlich verlaufenden Axonkol laterale erfolgt, sondern daß dafür andere kortikale Verbindungen verantwortlich sind. Zusätzlich muß noch angenommen werden, daß den selbständigen Entladungen im Fokus auch extra- und/oder intrazelluläre lonenmilieuänderungen infolge des massiven synaptischen Bombardements zugrundeliegen.

    >