Klin Monbl Augenheilkd 1999; 214(1): 50-52
DOI: 10.1055/s-2008-1034748
© 1999 F. Enke Verlag Stuttgart

Augenbewegungsstörungen als Kennzeichen für die Diagnose des Morbus Niemann-Pick Typ C bei zwei Schwestern

Eye movement abnormalities as a sign for the diagnosis in Niemann-Pick disease type CDora Lengyel1 , Markus Weissert2 , Luzius Schmid3 , Irene Gottlob1
  • 1Abteilung für Strabismus und Neuroophthalmologie, Kantonsspital St. Gallen, CH 9007 St. Gallen
  • 2Abteilung für Neuropädiatrie, Ostschweizer Kinderspital St. Gallen, CH 9007 St. Gallen
  • 3Institut für Klinische Chemie und Hämatologie, Kantonsspital St. Gallen, CH 9007 St. Gallen
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Publication History

Manuskript erstmalig eingereicht am 18.01.1998

in der vorliegenden Form angenommen am 08.09.1998

Publication Date:
08 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Bei familiär auftretenden Augenbewegungsstörungen mit geistiger Retardierung kommen differentialdiagnostisch folgende Speicherkrankheiten in Frage: der Morbus Niemann-Pick Typ C (NPC), Morbus Gaucher, Abetalipoproteinämie und der Morbus Wilson. Die besonderen Augenbewegungsstörungen bei unseren Patientinnen, mit anfänglichem Verlust der willkürlichen vertikalen und später horizontalen Augenbewegungen, unter Erhalt des vestibulo-okulären Reflexes, ließen einen Morbus Niemann-Pick Typ C vermuten. Die charakteristischen Augenbewegungsstörungen bei Speicherkrankheiten sind unterschiedlich. Beim Morbus Gaucher zum Beispiel kommt es zu einer progressiven horizontalen Blicklähmung. Bei der Abetalipoproteinämie wurde eine besondere Form der internukleären Ophthalmoplegie mit Nystagmus des adduzierenden Auges und beim Morbus Wilson eine Verlangsamung der Sakkaden beschrieben.

Patienten Wir untersuchten zwei geistig retardierte Schwestern mit unklarer Diagnose im Alter von 34 und 27 Jahren. Bei beiden Schwestern wurde eine vertikale Augenmoti-litätseinschränkung beobachtet und daher zunächst ein Parinaud-Syndrom diagnostiziert.

Ergebnisse Bei unseren Untersuchungen konnten beide Schwestern weder willkürliche Sakkaden, noch willkürliche Folgebewegungen horizontal und vertikal durchführen. Über das Puppenkopfphänomen waren allerdings alle Augenbewegungen vollständig auslösbar. Der optokinetische Nystagmus war weder vertikal noch horizontal vorhanden. Es war auch keine Konvergenz möglich. Bei diesem spezifischen klinischen Bild mit den Augenbewegungsstörungen stellten wir die Verdachtsdiagnose eines Morbus Niemann Pick Typ C, welche durch ein Knochenmarkspunktat mit Nachweis der Sea Blue Histiozyten bestätigt wurde.

Schlußfolgerung Diese Patienten zeigen, dass Augenbewegungsstörungen, die im Rahmen eines Syndroms mit geistiger Retardierung auftreten, entscheidende Hinweise bei der Stellung der Diagnose geben können.

Summary

Background Eye movement abnormalities in familial mental retardation syndrome should lead to the suspicion of a storage disorder, including Niemann Pick disease type C, Gaucher's disease, abetalipoproteinemia and Wilson's disease. The eye movement abnormalities in our two patients were suggestive of Niemann Pick disease type C, characterized by initial loss of voluntary vertical eye movements and subsequent loss of horizontal eye movements, with preservation of the vestibulo-ocular response. The characteristics of eye movements in storage disorders are different. In Gaucher's disease a progressive horizontal gaze palsy, in abetalipoproteinemia a particular type of internuclear ophthalmoplegia with nystagmus of the adducting eye and in Wilson's disease slowing of saccades may be observed.

Patients We evaluated two mentally retarded sisters with unclear diagnosis at the age of 34 and 27 years. At the age of 24 and 21a vertical gaze palsy led to the diagnosis of Parinaud syndrome.

Results At the time of our examination both sisters were unable to perform voluntary horizontal or vertical saccades or pursuit eye movements. The vestibulo-ocular reflex was present in all directions. Optokinetic nystagmus and convergence were absent. This clinical picture led us to a suspicion of Niemann-Pick disease type C, confirmed by the presence of sea-blue histiocytes in the bone marrow biopsy.

Conclusion These cases demonstrate that the pattern of eye movement disorders in some syndromes associated with mental retardation can give important clues in the determination of the diagnosis.

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