Rofo 2007; 179 - VO_308_2
DOI: 10.1055/s-2007-977025

Beschwerden im Verlauf nach konservativ behandelten distalen Radiusfrakturen – Prädiktoren aus der initialen Röntgenaufnahme

W Freund 1, T Einsiedel 1, S Trnavac 1, AJ Aschoff 1, M Kramer 1
  • 1Universitätsklinik Ulm, Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Ulm

Ziele: Radiusfrakturen sind die häufigsten knöchernen Verletzungen Erwachsener, doch die Langzeitergebnisse sind oft enttäuschend. Mit dieser Studie sollten aus dem initialen Röntgenbild Prädiktoren für das klinische Outcome gesucht werden. Dies soll die Identifikation von Risikokollektiven ermöglichen, denen anstelle der üblichen Gipsbehandlung eine chirurgische Therapie empfohlen werden sollte. Methode: Kohortenstudie mit standardisiertem Telefoninterview (Cooney-Score): In der Datenbank unserer Klinik wurden aus einem Fünfjahreszeitraum alle konservativ behandelten Radiusfrakturen herausgesucht. Weitere Kriterien waren Alter >15 Jahre, Vorhandensein der Röntgenaufnahmen, Erreichbarkeit für das Interview.

Aus der initialen Röntgenaufnahme wurden dann bestimmt: Radiusbasiswinkel, radiale Verkürzung, Radiopalmarwinkel und Gelenkstufe. Es wurden Korrelationen bestimmt und ein einfacher Test konstruiert, um ein negatives funktionelles Ergebnis vorherzusagen. Die Testgütekriterien werden berechnet. Ergebnis: Von anfangs 2211 Patienten mit distaler Radiusfraktur verblieben am Ende 179 Patienten mit vollständigen Datensätzen zur Auswertung.

Das durchschnittliche Alter zum Frakturzeitpunkt betrug 56,2 (±22,45) Jahre, das Geschlecht war bei 72% weiblich. Die Fraktur erfolgte zu 60% rechts. Die Zeitspanne bis zum Interview betrug 4,3 (±1,66) Jahre. Im Durchschnitt betrug der Cooney Score (maximal 100=optimal) 85 Punkte, was für 61% der Langzeitverläufe eine gute oder sehr gute Beurteilung bedeutet. Jedoch fallen 39% der Beurteilungen nach konservativer Therapie nur akzeptabel oder schlecht aus.

In der Korrelationstabelle fällt ein signifikanter Einfluss des Alters und der Radiusverkürzung, aber nicht des Geschlechts oder der Gelenkstufe auf das funktionelle Endergebnis auf.

Aus den initialen Röntgenaufnahmen kann man mit den Werten Alter ≥75 Jahre und Radiusvorschub ≥4mm einen schlechten Verlauf vorhersagen. So ergibt sich ein positiver prädiktiver Wert (PPV) von 73% bei einer Sensitivität von 16% und einer Spezifität von 96%. Schlussfolgerung: Bei Auswertung der initialen Röntgenaufnahmen korrelieren vor allem das Alter zum Unfallzeitpunkt und die Radiusverkürzung mit dem funktionellen Endergebnis der konservativen Therapie nach vier Jahren. Durch einen Cut-off des Alters ≥75 Jahre und Radiusvorschub ≥4mm lässt sich ein schlechter Verlauf mit einem positiven prädiktiven Wert (PPV) von 73% vorhersagen. Dies könnte für die Indikationstellung für eine Operation von Bedeutung sein.

Korrespondierender Autor: Freund W

Universitätsklinik Ulm, Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Steinhövelstraße 9, 89075 Ulm

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