Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P202
DOI: 10.1055/s-2007-976330

Effekt von Theta Burst Stimulation über dem somatosensorischen Kortex bei gesunden Normalprobanden

P Ragert 1, S Franzkowiak 1, P Schwenkreis 1, M Tegenthoff 1, HR Dinse 1
  • 1Bochum

Fragestellung: Aus tierexperimentellen Befunden ist bekannt, dass Langzeitpotenzierung (LTP) und Langzeitdepression (LTD) grundlegende Elemente für die Induktion plastischer Reorganisationsmechanismen im zentralen Nervensystem darstellen. Neuere Studien beim Menschen belegen, dass es mithilfe der repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) möglich ist, LTP- und LTD-artige Veränderungen in der Erregbarkeit des Gehirns zu induzieren. Unter der Verwendung eines kurzen hochfrequenten (50Hz) TMS Stimulationsmuster konnte kürzlich gezeigt werden, dass es nach Applikation einer sog. Theta Burst Stimulation (TBS) zu langanhaltenden Veränderungen der Erregbarkeit im stimulierten Kortexareal kommen kann. Allerdings fehlen bislang Studien darüber, ob die TBS Applikation bei Menschen auch eine Verhaltensrelevanz besitzt.

Ziel dieser Studie war es, die Effektivität der TBS Applikation über den Bereich des linken primären somatosensorischen Kortex (SI) im Hinblick auf mögliche TBS-induzierte Veränderungen in der taktile Perzeption bei Menschen zu untersuchen.

Methodik und Ergebnisse: Die taktile Diskriminationsfähigkeit des rechten Zeigefingers wurde mithilfe der taktile Zwei-Punkt Diskrimination vor und unmittelbar nach TBS Applikation über SI getestet. Dabei zeigte sich, dass durch TBS die Diskriminationsleistung des rechten Zeigefingers relativ zur sham-TBS signifikant verbessert werden konnte. Darüber hinaus konnte mithilfe von paired-pulse SEP Ableitungen eine Verringerung der intrakortikalen Inhibition innerhalb des stimulierten Kortexareals beobachtet werden. Zur Überprüfung der lokalen Spezifität von TBS-induzierten Veränderungen wurde die TBS in einer zusätzlichen Gruppe von Probanden über dem Bereich der linken tibialis anterior Muskelrepresentation des motorischen Kortex appliziert und die Diskriminationsfähigkeit des rechten Zeigefingers vor und nach TBS getestet. Die Ergebnisse belegen, dass eine TBS Applikation außerhalb von SI zu keinen signifikanten Veränderungen der taktilen Diskriminationsleistung führt.

Schlussfolgerung: Zusammenfassend konnte in dieser Studie erstmals die Effektivität der TBS zur Induktion von perzeptuellen Verhaltensveränderungen bei Menschen gezeigt werden. Basierend auf diesen Befunden könnte die TBS Applikation eine vielversprechende unterstützende Technik in der Neurorehabilitation sein, um die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Rehabilitation bei unterschiedlichen Patientenpopulationen zu steigern.