Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_O_02_38
DOI: 10.1055/s-2006-952536

Familiäres Mamma- und Ovarialkarzinom – genetische Beratung in Wiesbaden

A Breuer 1, M Kandel 2, U Schindelin 1, S Kesting 1, E Schwaab 3, HJ Lück 1, A du Bois 1
  • 1HSK, Dr. Horst Schmidt Klinik GmbH, Wiesbaden
  • 2Dana Farber Cancer Institute, Boston, USA
  • 3PRIVAT, Hannover

Hintergrund: Etwa 5–10% der Mamma- und Ovarialkarzinome sind erblich bedingt. Im Oktober 2001 wurde in der HSK Wiesbaden eine Beratungsstelle für familiären Brust- und Eierstockkrebs eingerichtet, die diese Familien interdisziplinär durch Gynäkologen, Genetiker und Psychoonkologen berät und eine individuelle Risikoeinschätzung, Gendiagnostik und ggf. Prävention anbietet. Methoden: Retrospektive Analyse der Daten der beratenen Familien

Ergebnisse: Bisher wurden 219 Ratsuchende aus 173 Familien beraten. Bei 120 (69,4%) der Familien waren die Kriterien zur Durchführung einer BRCA1- und BRCA2-Diagnostik erfüllt; dafür entschieden sich bisher 36,7%. Bei 18,2% fand sich eine BRCA1-, bei 15,2% eine BRCA2-Mutation; bei 36,4% zeigte sich kein auffälliger BRCA-Befund, bei 15,9% wurde eine unklassifizierte Variante (UV) im BRCA1- und/oder BRCA2-Gen gefunden. 5 Gesunde aus positiv getesteten Familien konnten entlastet werden. 140 Ratsuchenden wurden primär prophylaktische OPs angeboten. Davon entschieden sich bisher 5% zur Durchführung einer bilateralen Mastektomie bzw. Salpingoovarektomie. Zudem wurden bei 13 Patientinnen insgesamt 17 tertiär prophylaktische OPs durchgeführt: 8 kontralaterale Mastektomien und 9 bilaterale Salpingoovarektomien. Dabei fand sich histologisch bei 2 der 13 Patientinnen ein maligner Befund: bei einer Patientin wurde ein Tubenkarzinom Stadium FIGO IC diagnostiziert, bei einer anderen wurde im Rahmen einer prophylaktischen kontralateralen Mastektomie bei Diagnose eines Zweitkarzinoms der anderen Seite ein klinisch okkultes Lokalrezidiv der Gegenseite festgestellt.

Schlussfolgerung: In der Region besteht Bedarf für eine interdisziplinäre Beratungsstelle für das familiäre Mamma- und Ovarialkarzinom. Beratung allein reicht einem Großteil des Risikokollektivs aus. Nur etwa ein Drittel wünscht tatsächlich die Durchführung eines Gentests. Die Akzeptanz prophylaktischer OPs ist noch geringer. Allerdings bestätigen unsere Erfahrungen deren Wert.