Zentralbl Chir 2006; 131 - P45
DOI: 10.1055/s-2006-944378

Was ist evidenzbasiert in der Viszeralchirurgie?

L Mirow 1, U Roblick 1, CG Bürk 1, HP Bruch 1
  • 1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Lübeck

Die Beantwortung der Frage nach der Evidenz chirurgischen Handelns rückt in den Diskussionen und Publikationen neuester Zeit mehr und mehr in den Mittelpunkt des Interesses. Allein im durchaus großen Fachgebiet der Viszeralchirurgie sind dieser Thematik jedes Jahr mehrere Kongressveranstaltungen weltweit gewidmet. Diverse Journale und Verlage verlangen dem Autor sogar ein Ranking seiner zitierten Quellen nach Evidenzgraden ab. Aber: Bei der Frage nach der Eividenz ganz spezieller chirurgischer Therapiestrategien und Probleme fällt auf, dass häufig mit der Forderung nach „größeren Studienkollektiven“ oder „weiteren Untersuchungen“ geschlossen wird.

Durch systematischen Review der aktuellen Metaanalysen sowie der Cochrane-Library wird versucht, ein Bild der derzeitigen Datenlage zu zeichnen. Wie erwartet zeigt sich, dass der größte Teil des viszeralchirurgischen Handelns nicht durch entsprechen hochwertige Studien zu untermauern ist.

Viele etablierte Therapieverfahren werden aber heutzutage lediglich durch Meinung, Fallbericht oder retrospektive Auswertung gestützt. Dabei handelt es sich gerade bei der Durchführung von chirurgischer Behandlung oft um sprichwörtlich „einschneidende“ und definitive Veränderungen für den Patienten. Sie bedürfte daher besonders dringend der fundierten wissenschaftlichen Evaluation.

Im Gebiet der Viszeralchirurgie sind derzeit wegen des Mangels an entsprechenden qualitativ hochwertigen Untersuchungen nur wenige Fragestellungen auch auf evidenz-basierter Grundlage zu beantworten, zum anderen lassen vorliegende Reviews kaum unmissverständliche Schlussfolgerungen für das tägliche Handeln zu.

Wie auch die Mehrzahl der systematischen Metaanalysen muss diese Betrachtung mit der Bemerkung schließen, dass in den nächsten Jahren weitere randomisierte und kontrollierte Studien erforderlich sind, um dem Viszeralchirurgen zusätzlich zu seiner persönlichen Expertise konkrete evidenz-basierte Handlungsanleitungen zur optimalen Therapie seiner zahlreichen Patienten zu geben.