Zentralbl Chir 2006; 131 - P24
DOI: 10.1055/s-2006-944357

Operative Ergebnisse und Langzeitverlauf beim kolorektalen Karzinom – Spielt das Alter eine entscheidende Rolle?

A Leins 1, C Schafmayer 1, S Schulz 1, M Ott 1, J Hedderich 2, J Tepel 1, F Fändrich 1
  • 1Universtiätsklinikum Schleswig Holstein Kiel
  • 2Universitätsklinik Schleswig Holstein Kiel

Einleitung: Das kolorektale Karzinom ist bei Männern und Frauen nach dem Bronchialkarzinom die zweithäufigste Krebserkrankung in den westlichen Industrieländern. Dabei ist gerade wegen der verbesserten Diagnostik und Therapieoption die Entscheidung zur radikalen chirurgisch-onkologischen Therapie des alten Menschen ein steter Diskussionspunkt innerhalb eines onkologischen Zentrums. Ziel unserer Untersuchung war es zu prüfen, wie sich speziell das Patientenkollektiv der Altersgruppe 70 und älter in Hinblick auf das operative Risiko, die Morbidität und die Mortalität verhält.

Material und Methode: Retrospektive Analyse von 1344 Patienten mit Primäreingriff bei Kolonkarzinom (n 771) oder Rektumkarzinom (n 573), die von 1993 bis 2004 am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, operativ behandelt wurden. Für die Auswertung wurden drei Gruppen gebildet: A=<70 Jahre, B=70–80 Jahre und C=>80 Jahre und anschließend mittels logistischer Regression analysiert.

Ergebnisse: Bei 1344 Primäreingriffen konnte in 1101 Fällen eine R0-Situation (82%) erreicht werden. Das mediane Alter am Operationstag betrug 69 Jahre bei Kolonkarzinom und 66 Jahre bei Rektumkarzinom. Die logistische Regression zeigte beim Kolonkarzinom für die Gruppe C ein um den Faktor 2 erhöhtes Risiko für das Auftreten allgemeiner Komplikationen. Beim Rektumkarzinom ergab sich hierfür in der Gruppe B ein Risikokoeffizient von 1,9 und für C von 2,4. Das Risiko für das Auftreten verfahrensspezifischer Komplikationen in der Kolonchirurgie war für die Gruppe B um den Faktor 1,6 und für C um den Faktor 2,1 erhöht. Keine altersspezifische Erhöhung des Risikokoeffizienten zeigte sich in der onkologischen Rektumchirurgie. Das Auftreten verfahrensspezifischer Komplikationen wird in erster Linie durch das Ausmaß der operativen Therapie – abgebildet im operativen Teil des POSSUM-Scores – beeinflusst. Das tumorspezifische Überleben mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 104 Monaten (Kolon) und 102 Monaten (Rektum) zeigt bei Rektumkarzinompatienten der Gruppe A gegenüber B einen Überlebensvorteil von 10 Monaten, gegenüber C sogar um 30 Monate (p 0,018).

Schlussfolgerung: In der kolorektalen Chirurgie spielt das Patientenalter eine entscheidende Rolle für die Morbidität und Mortaltität des Patienten. Die verfahrensspezifischen Komplikationen werden aber weniger durch das Alter als durch das Ausmaß der Operation beeinflusst. Nach wie vor ist der Operateur selbst der Garant für die Ergebnisqualität auch im hohen Alter des Patienten.