Zentralbl Chir 2006; 131 - P07
DOI: 10.1055/s-2006-944340

Mesenteriale Ischämien: Wunsch und Wirklichkeit

S Gregor 1, MM Heiss 1
  • 1Klinik für Viszeral, Gefäß- und Transplantationschirurgie Köln

Ziel: Ca. jeder 1000. Patient in Notaufnahmen leidet an einer mesenterialen Ischämie. Die Inzidenz beträgt 9/100000 und steigt stetig. Meist sind Patienten über 65 betroffen. Die Letalität der das Krankenhaus erreichenden Patienten beträgt 65–95%. Die Zeit zwischen Symptombeginn, Krankenhausaufnahme und Therapie bestimmt entscheidend das Outcome. Die Diskrepanzen zwischen publizieren Empfehlungen und alltäglicher Praxis sollen dargestellt werden

Methode: Der international publizierte, differenzierte „Terapiestandard“ wird dargestellt. Die Datenbasis dazu wird anhand der Kriterien der „Evidence Based Medicine“ vorgestellt. Im Vergleich dazu erfolgt eine retrolektive Analyse eigener Patienten aus den Jahren 2002–2005. Die Analysel erfolgte mithilfe einer Datenbank nach den ICD-Diagnosen K55.0–9 und K56.0–7.

Ergebnisse: Die differenzierten Empfehlungen der internationalen Literatur enthalten reproduzierbare Algorithmen interdisziplinärer diagnostischer und therapeutischer Wege. Die Literaturanalyse (PubMed) ergibt eine primären Trefferanzahl von 3527 Artikeln. Mit den sich ergänzenden Ausschlusskriterien a) Älter als 1994, b) Fallberichte und Tierstudien, c) Reviews verbleiben a) 969, b) 357, c) 258 Artikel. Es liegen 3 kontrollierte klinische Studien niedriger Aussage-kraft vor. In den Jahren 2002–2005 wurden 34 Patienten (13Männer, 19 Frauen) mit einem Durchschnittsalter von 74 Jahren mit einer histologisch gesicherten mesenterialen Ischämie (14 kardiale, 5 paraneoplastische, 13 unklare Genese) in unserer Klinik operiert. Bei 18 Patienten erfolgte eine Darmresektion, 9 Patienten erhielten eine explorative Laparotomie, 2 Patienten verstarben präoperativ. Es wurde kein rein gefäßchirurgisch-rekonstruktiver Eingriff durchgeführt, es erfolgte keine isolierte oder simultane interventionell- medikamentöse Therapie. 15 Patienten verstarben. Aufgrund der absehbaren Bevölkerungsentwicklung, bei der jeder 3 Einwohner älter als 60 Jahre sein wird, ist ein optimiertes Management der mesenterialen Ischämie eine Herausforderung für Chirurgische Zentren. Obwohl die publizierte Datenlage keine verlässlichen Schlüsse zulässt, liegen differenzierte interdisziplinäre Empfehlungen als weitestgehend akzeptierter Expertenkonsens vor. Im eigenen Patientengut zeigt sich jedoch, dass zwischen Wunsch des diagnos-tischen/therapeutischen Vorgehens und täglicher Wirklichkeit eine große Differenz besteht. Eine Umsetzung der internationalen Empfehlungen findet zur Zeit statt. Ob bei einer konsequenten Umsetzung der empfohlenen Konzeptionen eine Verbesserung der Letalität resultiert bedarf zukünftiger Untersuchungen.