Diabetologie und Stoffwechsel 2006; 1 - A419
DOI: 10.1055/s-2006-944144

Diabetes-Prävention und -Früherkennung psychologische betrachtet – Wer kennt sein Diabetesrisiko und wird spezifisch durch Blutzuckermessungen motiviert?

S Lippke 1
  • 1Freie Universität Berlin, Gesundheitspsychologie, Berlin, Germany

Bisher ist kaum bekannt, wie Menschen ihr Testergebnis bei Diabetes-Screenings wahrnehmen, und ob es sie motiviert, Vorsätze für einen gesünderen Lebensstil zu fassen. Menschen tendieren dazu, ihr Risiko zu unterschätzen („Optimistischer Fehlschluss“) und das Ergebnis anzuzweifeln, wenn es auf einen Risikostatus hinweist. Fragestellungen der vorgestellten Studie:

  • Wie viele Personen kennen die Normwerte und wissen, welcher Blutzuckerwert ein Diabetesrisiko darstellt?

  • Zweifeln Menschen mit einem Risikowert, die vor der Messung einen optimistischen Fehlschluss zeigen, das Testergebnis an?

  • Werden Menschen, die vor dem Screening ihren Lebensstil nicht ändern wollen, durch eine entsprechende Rückmeldung motiviert, etwas für ihre Gesundheit zu tun?

Zur Überprüfung der Fragestellungen wurden öffentliche Blutzuckermessungen durchgeführt und alle Teilnehmer nach ihren Erwartungen, Einstellungen und Zielen befragt. Prä-Post-Messungen wurden mittels mehrfaktoriellem Messwiederholungsdesign (MANOVA) und Post-Hoc-Paarvergleichen ausgewertet.

Nur ca. jeder 10te kannte die Norm- bzw. Risikowerte für den Blutzuckerspiegel. Wie bei vergleichbaren Screenings lag die Zahl der Teilnehmer mit einem erhöhten Wert bei rund 8%. Über 50% zeigte einen optimistischen Fehlschluss und stellte bei erhöhten Blutzuckerwerten das Ergebnis in Frage. Teilnehmer, die nicht bereit waren, etwas für ihre Gesundheit zu tun, wurden durch die Blutzuckermessung stärker beeinflusst.

Bei Screenings zur Diabetes-Prävention und -Früherkennung reicht die Mitteilung des Blutzuckerwertes allein nicht. Erst die Vermittlung, was der Wert für jeden persönlich bedeutet, hilft den Lebensstil zu ändern. Insbesondere Menschen, die sich selbst als nicht gefährdet einschätzen und nicht für ihre Gesundheit aktiv werden wollen, können von Blutzuckermessungen im Rahmen von Screenings profitieren. Bei der Rückmeldung sollten spezifisch die Notwendigkeit von Lebensstiländerungen betont sowie die motivationalen Charakteristika (Erwartungen, Einstellungen, Ziele) der getesteten Personen berücksichtigt werden.