Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_P22
DOI: 10.1055/s-2005-920710

Selbstmanagement komplexer Medikamentenregime bei chronischer Krankheit aus Patientensicht

J Haslbeck 1, D Schaeffer 1, G Müller-Mundt 1
  • 1Institut für Pflegewissenschaften, Universität Bielefeld

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Chronisch kranke Patienten müssen mitunter komplexe Medikamentenregime einhalten, um eine Krankheitsprogression zu verzögern und ihre Lebensqualität zu erhalten bzw. wieder zu erlangen. Das medikamentöse Selbstmanagement der Patienten im Alltag spielt dabei eine tragende Rolle, um eigenverantwortlich mit der Krankheit umgehen und sie besser bewältigen zu können. Im Gegensatz zur internationalen Versorgungsforschung existiert diesbezüglich hierzulande kaum empirisches Wissen, insbesondere, was das Selbstmanagementverhalten im Zeitverlauf betrifft sowie die Patientensicht zu Problemen, die die Bewältigung komplexer Medikamentenregime aufwirft. Vielmehr zeigt sich, dass die hiesige Gesundheitsversorgung – ausgerichtet auf akute, kurzfristige Therapiekonzepte – kaum den Bedürfnissen chronisch Kranker gerecht zu werden vermag. Material und Methoden: Daher ist ein umfassenderes Verständnis des Selbstmanagements von Medikamentenregimen bei chronischer Krankheit notwendig, um mit innovativen und effektiven Versorgungskonzepten auf Problemlagen und Bedürfnisse der Betroffenen eingehen zu können. Die im Mai 2004 begonnene Studie, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung*, zielt auf diese Lücke. Ziel ist, herauszufinden, a) wie chronisch kranke Patienten ihr Medikamentenregime bewältigen und b) welche Probleme bzw. Herausforderungen sich ihnen im Alltag stellen. Aufbauend auf den Studienergebnissen wird ein Interventionskonzept entwickelt und erprobt. Mit einem qualitativen Design wird die Sichtweise von 24 chronisch Kranken (16 kardiologische und 8 HIV/AIDS-Patienten) sowie von 24 Experten (je acht niedergelassene Ärzte, Apotheker und ambulant Pflegende) erhoben. Die Datenerhebung erfolgt mit leitfaden-gestützten Interviews, die in der Patientengruppe durch Folgeinterviews nach 5 bzw. 10 Monaten ergänzt werden. Ergebnisse: Erste Erhebungsergebnisse weisen darauf hin, dass Symptomwahrnehmung, individuelle Einnahmerituale und soziale Unterstützung wesentliche Aspekte des täglichen Selbstmanagements von Medikamentenregimen sind. Außerdem zeigt sich, dass – von der Pflege abgesehen – auf Seiten der professionellen Akteure wenig Kenntnis über individuelle Alltagsprobleme im Medikamentenselbstmanagement der chronisch Kranken existiert. *) Das Projekt ist eingebunden in den Pflegeforschungsverbund NRW „Patientenorientierte Pflegekonzepte zur Bewältigung chronischer Krankheit“, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.