Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V98
DOI: 10.1055/s-2005-871429

Frühgeborenes mit sehr großer solitärer Emphysemblase bei interstitiellem Lungenemphysem – Regredienz unter Hochfrequenzoszillationsventilation

C Peiser 1, D Hüseman 1, M Berns 1, C Bassir 2, M Obladen 1
  • 1Klinik für Neonatologie, Charité
  • 2Abt. für Pädiatrische Radiologie, Charité, Berlin, D

Die Entwicklung einer großen solitären Bulla im Verlauf eines pulmonalen interstitiellen Emphysems ist ein ungewöhnliches Ereignis und wird gelegentlich im Rahmen von bakteriell bedingten Pneumonien beobachtet. Wir berichten über ein extrem unreifes Frühgeborenes mit Atemnotsyndrom, bei dem sich am zweiten Lebenstag unter konventioneller Beatmung eine einseitige 2×3cm große Emphysemblase gebildet hatte.

Schwangerschaft und Geburt: Gemini-Schwangerschaft nach IVF/ICSI. Mit 21+4 SSW vorzeitiger Blasensprung und Placenta praevia beim zweiten Feten. In der Folge Tokolyse, Lungenreifeinduktion. Bei akuter Blutung eilige Sectio nach 26+1 SSW. Eutrophes Frühgeborenes (GG 1030g, I. Zwilling, weiblich); Nabel-arterien-pH 7,44; Apgar 5/8/9. Bei insuffizienter Eigenatmung Intubation und Surfactantgabe im Kreißsaal. Aufnahme auf die neonatologische Intensivstation.

Therapie und Verlauf: Im Verlauf der ersten 36 Lebensstunden wurde wegen unzureichender Oxigenierung insgesamt dreimal Surfactant endotracheal appliziert und die konventionelle Beatmung intensiviert (Babylog 8000; SIMV, PIP initial 18 mbar, max. 23 mbar, PEEP 3 mbar, FiO2 max. 70%). Seit der 14. Lebensstunde zeigte sich radiologisch ein beginnendes interstitielles Lungenemphysem, nach 38 Stunden projizierte sich eine sehr große strukturlose einzelne Blase auf das linke Unterfeld. Die Beatmung wurde mit Hochfrequenzoszillationsventilation weitergeführt (SensorMedics 3100A; MAD max. 11,3 mbar, Amplitude max. 44%, FiO2 max. 100%). Bereits nach weiteren 24 Stunden hatte sich der Durchmesser der Emphysemblase mehr als halbiert und war im weiteren Verlauf nicht mehr nachweisbar. Am siebten Lebenstag wurde die Patientin erfolgreich extubiert, und am 65. Lebenstag konnte die Sauerstoffsubstitution beendet werden. Weitere pulmonale Komplikationen traten nicht mehr auf. Die ersten fünf Lebenstage wurden Antibiotika gegeben; eine Infektion konnte aber laborchemisch nicht nachgewiesen werden.

Beurteilung: Solitäre große Emphysembullae sind seltene Komplikationen der konventionellen Beatmung extrem unreifer Frühgeborener mit schwerem Atemnotsyndrom. Die HFOV hat sich als Routineverfahren gegenüber konventioneller Ventilation für die Beatmung Frühgeborener in großen randomisierten Studien nicht als überlegen erwiesen. Bei ausgeprägtem interstitiellen Lungenemphysem stellt sie jedoch eine wirksame Therapieoption dar. Auch sehr große Emphysemblasen können sich im Einzelfall sehr schnell zurückbilden, so dass sie klinisch nicht mehr nachweisbar sind.