Dtsch Med Wochenschr 2004; 129: T11-T15
DOI: 10.1055/s-2004-836077
Statistik Supplement

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Systematische Übersichten und Meta-Analysen

- Artikel Nr. 19 der Statistik-Serie in der DMW -Systematic reviews and meta-analysesA. Ziegler1 , S. Lange2 , R. Bender3
  • 1Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Universität zu Lübeck
  • 2Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie u. Epidemiologie, Ruhr-Universität Bochum
  • 3Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes-Gutenberg Universität Mainz
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Publication Date:
19 November 2004 (online)

Hintergrund

In verschiedenen medizinischen Gebieten gibt es eine große Zahl von Studien, die ein und derselben oder zumindest sehr ähnlichen Fragestellungen zu einer spezifischen Therapie nachgehen. Doch wie kann der klinisch tätige Arzt der immer schneller wachsenden Flut von Publikationen Herr werden? So sind allein im vergangenen Jahr mehr als 10 000 Einträge unter dem Schlagwort „randomized clinical trial” in Medline [16] zu finden.

Darüber hinaus sind die Ergebnisse kontrollierter klinischer Studien häufig durch inkonsistente Ergebnisse geprägt. Das bedeutet, dass einige Studien den Nutzen einer Therapie zeigen können, während in anderen deren Unwirksamkeit oder gar eine schädliche Wirkung berichtet wird. Alternativ könnte es sein, dass die Fallzahlen der einzelnen Studien zu gering sind, um einen Effekt, der vielleicht gering ist, auch nachweisen zu können.

In den oben beschriebenen Fällen kann die Entscheidungsfindung über den Einsatz bzw. Nicht-Einsatz einer Therapie nur durch die gemeinsame Betrachtung und Analyse der gesamten Evidenz zu einer Fragestellung sowie deren qualifizierte Bewertung unterstützt werden. Diese Aufgabe übernehmen dabei systematische Übersichten (engl.: systematic reviews) und Meta-Analysen. Dieses Thema hat in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen, auch wenn die Idee schon 100 Jahre alt ist [21]. Die erste Meta-Analyse zur Untersuchung einer Intervention wurde bereits 1955 durchgeführt [2]; der Begriff selbst wurde allerdings erst im Jahr 1976 von Glass erstmalig verwendet [15]. Einen sehr schönen historischen Abriss zu diesem Themenkreis findet der interessierte Leser bei Egger und Smith [12]. Besondere Aspekte bei der Bewertung von Meta-Analysen aus Beobachtungsstudien beschreiben Blettner und Sauerbrei [4]. Richtlinien für das Berichten von Meta-Analysen wurden von einer Reihe von Autoren und Zeitschriften gegeben [19] [23] [25]. Empfehlenswert für einen tieferen Einstieg ist das Buch von Egger und Kollegen [13].

In systematischen Übersichten wird versucht, die Nachteile des klassischen Reviews zu vermeiden, indem methodische Standards sowohl auf die Identifikation und Selektion der in die Übersicht einzuschließenden Originalstudien als auch auf die Synthese deren Ergebnisse angewendet werden. Der Ablauf einer solchen Studie ähnelt dabei sehr dem üblichen Vorgehen bei einer klinischen Studie. So ist auch bei systematischen Übersichten das Erstellen eines Studienprotokolls erforderlich (s. z. B. Cochrane Reviewer Handbuch auf http://www.cochrane.org/resources/handbook/). Der gesamte Ablauf der Studie von der Formulierung der Fragestellung bis hin zur Interpretation bzw. Publikation des Endergebnisses wird als systematische Übersicht bezeichnet. Die statistische Zusammenfassung der Resultate der Einzelstudien wird Meta-Analyse genannt. Allerdings verwenden manche Autoren den Begriff Meta-Analyse und systematische Übersicht synonym (so z. B. in Ref. [9]).

Literatur

  • 1 Altman D G. et al . The revised CONSORT statement for reporting randomized trials: Explanation and elaboration.  Ann Intern Med. 2001;  134 663-694
  • 2 Beecher H K. The powerful placebo.  JAMA. 1955;  159 1602-1606
  • 3 Bender R, Lange S. Die Vierfeldertafel.  Dtsch Med Wochenschr. 2001;  126 T36-T38
  • 4 Blettner M, Sauerbrei W. Metaanalysen epidemiologischer Studien.  Med Klin. 1998;  93 442-445
  • 5 Bossuyt P M. et al . Towards complete and accurate reporting of studies of diagnostic accuracy: The STARD initiative.  Radiology. 2003;  226 24-28
  • 6 Brockwell S E, Gordon I R. A comparison of statistical methods for meta-analysis.  Stat Med. 2001;  20 825-840
  • 7 Davies H TO, Crombie I K. What is meta-analysis?. London: Hayward Medical Communications 2001: 1-7
  • 8 Deeks J. Issues in the selection of a summary statistic for meta-analysis of clinical trials with binary outcomes.  Stat Med. 2002;  21 1575-1600
  • 9 Döpfmer S, Guggenmoos-Holzmann I. Meta-Analyse.  Dtsch Med Wochenschr. 1997;  122 589-593
  • 10 Egger M, Smith G D, Schneider M, Minder C. Bias in meta-analysis detected by a simple graphical test.  BMJ. 1997;  315 629-634
  • 11 Egger M, Smith G D. Bias in location and selection of studies.  BMJ. 1998;  316 61-66
  • 12 Egger M, Smith G D. Meta-Analysis: Potentials and promise.  BMJ. 1997;  315 1371-1374
  • 13 Egger M, Smith G D, Altman D G. Systematic Reviews in Health Care. Meta-Analysis in Context. London: BMJ Books 2001
  • 14 Egger M, Smith G D, Phillips A N. Meta-analysis: Principles and procedures.  BMJ. 1997;  315 1533-1537
  • 15 Glass G V. Primary, secondary, and meta-analysis of research.  Educ Res. 1976;  5 3-8
  • 16 Greenhalgh T. How to read a paper: The Medline database.  BMJ. 1997;  315 180-183
  • 17 Higgins J PT, Thompson S G. Quantifying heterogeneity in a meta-analysis.  Stat Med. 2002;  21 1539-1558
  • 18 Hine L K, Laird N, Hewitt P, Chalmers T C. Meta-analytic evidence against prophylactic use of lidocaine in acute myocardial infarction.  Arch Intern Med. 1989;  149 2694-2698
  • 19 Moher D, Cook D J, Eastwood S, Olkin I, Rennie D, Stroup D F. Improving the quality of reports of meta-analyses of randomized controlled trials: the QUORUM statement. Quality of Rporting Meta-analyses.  Lancet. 1999;  354 1896-1900
  • 20 Normand S L. Meta-analysis: formulating, evaluating, combining, and reporting.  Stat Med. 1999;  18 321-359
  • 21 Pearson K. Report on certain enteric fever inoculation statistics.  BMJ. 1904;  3 1243-1246
  • 22 Schäfer H. Anforderungen an eine patientenorientierte klinisch-therapeutische Forschung.  Dtsch Med Wochenschr. 1997;  122 1531-1536
  • 23 Stroup D F. et al . Meta-analysis of observational studies in epidemiolog.: A proposal for reporting.  JAMA. 2000;  283 2008-2012
  • 24 The Cochrane Controlled Trial Register .The Cochrane Database of Systematic Reviews. Oxford: Update Software. Updated quarterly The Cochrane Library. ed 2004
  • 25 Weed D L. Methodologic guidelines for review papers.  J Nat Cancer Inst. 1997;  89 6-7
  • 26 Woods D, Trewheellar K. Medline and Embase complement each other in literature searches.  BMJ. 1998;  316 1166

Priv.-Doz. Dr. Stefan Lange

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Dillenburger Str. 27

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Email: stefan.lange@iqwig.de

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