Gesundheitswesen 2004; 66 - 242
DOI: 10.1055/s-2004-833980

Determinanten der stationären Wiederaufnahme in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

J Tybora 1, 2, E Swart 1, M Armbruster 2
  • 1Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
  • 2Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen, Hochschule Magdeburg-Stendal

Hintergrund: In der Kinder- und Jugendpsychiatrie kann von den stationär tätigen Ärzten nur der Ergebnisindikator Wiederaufnahme direkt beobachtet werden. Für die Einschätzung des Behandlungserfolgs ist es wichtig, die Bedeutung der therapeutischen Maßnahmen von familiären und sozialen Faktoren sowie dem Einfluss ambulanter Nachsorgeangebote abzugrenzen. Methoden: Zu allen Patienten der größten Kinder- und Jugendpsychiatrie Sachsen-Anhalts, die von 1987 bis Ende 2002 in einem Zeitraum von vier Jahren nicht wiederaufgenommen wurden, wurde eine nach Alter, Geschlecht und Diagnose gematchte Kontrolle mit mindestens einer Wiederaufnahme gesucht. Aus den Patientenakten wurden Informationen zum persönlichen und sozialen Hintergrund der Kinder, zur therapeutischen und medikamentösen Intervention und zur ambulanten Nachbehandlung erhoben. Insgesamt wurden 84 Fall-Kontroll-Paare untersucht. Ergebnisse: In bivariaten Analysen kristallisierten sich zahlreiche mit der Wiederaufnahme assozierte Faktoren heraus. In der Gruppe der mindestens einmal wiederaufgenommenen Kinder waren mehr belastende Lebensereignisse wie Scheidung oder Heimaufenthalt dokumentiert, ebenso leben sie häufiger mit nur einem Elternteil oder mit Stiefeltern und sie haben mehr Gewalterfahrungen gemacht. In einer multivariaten logistischen Regression stellten sich neben diagnosebezogenen Variablen Störungen in der Schwangerschaft, vorangegangene Heimaufenthalte als Risikofaktoren für eine Wiederaufnahme dar, protektiv wirken eine überdurchschnittliche Zuwendung der Eltern während der Therapie und eine nachfolgende ambulante Therapiefortführung. Schlussfolgerungen: Neben der therapeutischen und medikamentösen Therapie hat besonders das unmittelbare persönliche Umfeld der Kinder und Jugendlichen Einfluss auf den Verlauf psychiatrischer Erkrankungen. Allerdings wachsen viele der Patienten unter ungünstigen Verhältnisse auf. Umso wichtiger ist eine begleitende ambulante Therapie nach der stationären Entlassung. Hier fehlen allerdings ausreichende Kapazitäten.