Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 135
DOI: 10.1055/s-2004-829340

Insulin-like-growth-Faktoren (IGF) und Bindungsproteine (IGFBP) in Muttermilch von Früh- und Reifgeborenen

A Loui 1, MW Elmlinger 1, F Hochhaus 1, R Grund 1, M Obladen 1, MB Ranke 1
  • 1Klinik für Neonatologie, Charité Virchow-Klinikum, Pädiatr. Endokrinologie, Universitätskinderklinik, Augenklinik, Maximilian-Universität (Berlin, Tübingen, München, Deutschland)

Fragestellung: Mit Muttermilch (MM) ernährte Frühgeborene zeigen eine bessere neurologische Entwicklung als mit Formula ernährte. Das wird unter anderem dem Gehalt der MM an Wachstumsfaktoren zugeschrieben. IGFs fördern u.a. auch die Reifung der Darmfunktion. Ziel war es, zu untersuchen, ob IGFs und IGFBPs in der MM Frühgeborener höher konzentriert sind und biologisch wirksam werden können.

Methodik: Prospektive Studie, Untersuchung von IGF-I, IGF-II und deren Bindungsproteine IGFBP-2 und IGFBP-3 in der MM an Tag 7 und 21 nach der Geburt mittels eines RIA. Eingeschlossen wurden Müttern von 30 Frühgeborenen (<31 SSW) und von 19 Reifgeborenen (>37 SSW). Analyse der Proteolyse von IGFBP-2 in der MM (Immunoblot-Analyse) und der Stabilität von 125I-IGF-II und 125I-IGFBP-2 in Anwesenheit

von Magensaft Neugeborener.

Ergebnisse: Die mittleren Konzentrationen (±SD) von IGF-I (2,8±0,2 vs. 2,3±0,1 ng/ml), IGF-II (12,0±0,4 vs. 12,2±0,5 ng/ml) und IGFBP-3 (100,0±5,1 vs. 80,0±5,8 ng/ml) unterschieden sich am Tag 7 nicht in MM von Frühgeborenen vs. Reifgeborenen. Der Gehalt an IGFBP-2 (3144±172 vs. 2428±188 ng/ml) war bei Frühgeborenen-MM höher (p<0,05). IGF-I, IGF-II und IGFBP-2 veränderten sich in beiden Gruppen bis zum 21. Tag nur gering. IGFBP-3 fiel vom 7. bis 21. Tag um 41%/27% in Frühgeborenen-/ Reifgeborenen-MM ab (p<0,05). Der Proteingehalt der MM war für Frühgeborene am 7. Tag (2,5±0,1g/dl) höher als am 21. Tag (p<0,05) und glich sich am 21. Tag dem der MM Reifgeborener an (1,9±0,1g/dl). Frühgeborenen-MM enthielt 42% mehr IGFBP-2-Fragmente von 14 und 25 kDa (p<0,05). Die Inkubation mit Magensaft führte zu einer vollständigen Digestion von 125IGFBP-2 und einer partiellen Digestion von 125I-IGF-II, während eine Komplexbildung miteinander IGF-II und IGFBP-2 vor der Digestion schützte.

Schlussfolgerungen: Wir vermuten eine besondere Rolle von IGF-II und IGFBP-2 in der Ernährung Frühgeborener, da beide über Wochen in gleichbleibender Menge und IGF-II in höherer Konzentration als bei Reifgeborenen in der MM enthalten sind. IGFBP-2/ IGF-II-

Komplexe können den Magen z.T. passieren und ihre Wirkung im Darm entfalten. Somit würden insbesondere Frühgeborene von der Ernährung mit Muttermilch profitieren.