Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2004; 39 - 6
DOI: 10.1055/s-2004-828688

Die Beatmung mit reinem Sauerstoff reduziert die Mortalität des schweren hämorrhagischen Schocks

J Meier 1, A Pape 1, G Kemming 2, H Kisch-Wedel 2, J Blum 2, O Habler 1
  • 1Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt
  • 2Klinikum der Universität München

Fragestellung: Die Beatmung mit reinem Sauerstoff (FiO2 1,0; Hyperoxische Ventilation, HV) verbessert die Gewebeoxygenierung, und die 6-h-Überlebensrate bei extremer normovolämischer Anämie (Hb 2.9g/dl) (1). Die Effektivität der HV als Supplement zur Volumentherapie des schweren hämorrhagischen Schocks (hypovolämische Anämie) ist hingegen unbewiesen (2). Wir untersuchten daher, ob die Beatmung mit reinem Sauerstoff in Kombination mit partieller Volumensubstitution zu einer reduzierten Mortalität des schweren hämorrhagischen Schocks führt.

Material, Methoden: Nach Genehmigung durch die zuständige Tierschutzkommission wurde vierzehn narkotisierten Hausschweinen (32.4±6.0kg) unter Raumluftbeatmung (FiO2 0,21) so lange Blut entzogen (3ml/kg/h), bis ein mittlerer arterieller Blutdruck von 35–40mmHg erreicht wurde. Dieser wurde für eine Stunde konstant gehalten. Anschließend wurde bei allen Tieren das entommene Plasmavolumen mit Hydroxyethylstärke (HAES 6%, MW 200000) substituiert, und je sieben Tiere nach Randomisierung entweder weiter mit Raumluft, oder alternativ mit reinem Sauerstoff beatmet, und für einen Zeitraum von 6 Stunden ohne weitere Intervention beobachtet. Während des Beobachtungszeitraumes wurden Messungen der Makrohämodynamik und des Gewebesauerstoffpartialdruckes (tpO2) mit MDO-Elektroden viertelstündlich durchgeführt. Hauptzielgröße der Untersuchung war die Überlebensrate der Versuchstiere in den beiden Gruppen.

Ergebnisse: Trotz vergleichbarer Volumentherapie verstarben 5 der 7 mit Raumluft beatmeten Tiere innerhalb des 6-Stunden-Beobachtungszeitraumes. Im Gegensatz dazu überlebten alle Tiere, die mit reinem Sauerstoff beatmet wurden, 6 Stunden (p<0.05). Der tpO2 der mit reinem Sauerstoff beatmeten Tiere war signifikant höher als der tpO2 der mit Raumluft beatmeten Tiere (FiO2 0.21: 20±9mmHg vs. FiO2 0.21: 42±19mmHg; p<0.05).

Schlussfolgerung: HV als additive Maßnahme zur Volumensubstitution kann die Überlebensrate des schweren hämorrhagischen Schocks signifikant verbessern. Daher empfehlen wir zur Therapie des Volumenmangelschocks die Kombination von Volumensubstitution und HV.

Literatur: (1) Meier J. Anesthesiology 2004; 100:70–76; (2) Takasu A. Crit Care Med 1999; 27:1557–1564.