Pneumologie 2003; 57 - Ar9
DOI: 10.1055/s-2003-815346

Berufliche Endotoxin-Exposition und mögliche Gesundheitseffekte – Literaturauswertung

V Liebers 1, M Raulf-Heimsoth 1, T Brüning 1
  • 1Berufsgenossenschafliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Institut der Ruhr-Universität Bochum

An verschiedenen Arbeitsplätzen kommt es zu besonders hohen Belastungen durch luftgetragene Endotoxine, z.B. in der Landwirtschaft (Intensivtierhaltung) oder der Textilindustrie. Es wurden ca. 80 Literaturstellen zu dieser Problematik ausgewertet. Die Auswahl der Literatur erfolgte im wesentlichen durch Medline Recherche über die letzten 6 Jahre. Es zeigt sich, dass Zeitpunkt und Dosis der Exposition im Hinblick auf die gesundheitlichen Effekte eine wichtige Rolle spielen. Endotoxinkontakt in der frühen Kindheit kann zum Schutz vor Allergien beitragen. Dagegen besteht für hohe Belastungen am Arbeitsplatz ein erhöhtes Risiko, an Atemwegsbeschwerden zu erkranken. Dosiswirkungsbeziehungen zwischen Endotoxinkontakt und Lungenfunktionsverschlechterungen konnten nachgewiesen werden. Eine international standardisierte Messung der Endotoxine bisher nicht etabliert. Das gängige Verfahren des LAL-Tests (Limulus-Amöbocyten-Lysat-Test) ist sensitiv, aber sehr störanfällig. Die Diskussion von Richt- oder Grenzwerten muss deshalb auch von einer Entwicklung neuer Testverfahren begleitet werden. Die infolge Endotoxinkontakt auftretenden zellulären Abläufe ermöglichen verschiedene Ansatzpunkte für Messverfahren. Der sog. Pyrocheck erfasst die Freisetzung von Zytokinen, wie IL-1ß oder IL-6. Obwohl die messtechnischen Voraussetzungen, um Grenz- oder Richtwerte einzuführen, noch nicht gegeben sind, sollten an Arbeitsplätzen mit hohen Expositionen Primär- und Sekundärpräventionsmaßnahmen ergriffen werden. Die Endotoxinexposition kann durch technische und organisatorische branchenspezifische Schutzmaßnahmen minimiert werden. Sekundärpräventive Maßnahmen wie Aufklärungsprogramme und arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sollten insbesondere bei hochgradig belasteten Arbeitsplätzen angewendet werden.