Pneumologie 2001; 55(9): 406-408
DOI: 10.1055/s-2001-16957
EDITORIAL
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nicht-invasives Entzündungsmonitoring

Non-Invasive Inflammation MonitoringR. A. Jörres, O. Holz
  • Krankenhaus Großhansdorf, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie, Großhansdorf
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Publication Date:
05 September 2001 (online)

Unter den Innovationen, die in den letzten Jahren in der Pneumologie Aufmerksamkeit auf sich zogen, stellen die sog. nichtinvasiven Verfahren zum Monitoring der Atemwegsentzündung einen herausragenden Part dar. Im wesentlichen beinhalten diese Verfahren die Gewinnung zellulären Materials mittels der Methode des induzierten Sputums und die Messung von Komponenten der Ausatemluft mittels direkter online-Messung oder nach Sammlung des Exhalates [1]. Die Methode des induzierten Sputums kann nicht in vollem Umfange als nichtinvasiv gelten, da sie die Inhalation von i. a. hypertoner Kochsalzlösung voraussetzt, die wiederum eine bronchiale Obstruktion hervorrufen und sogar als bronchiale Provokationsmethode eingesetzt werden kann. Demgegenüber können die Messungen der Ausatemluft als im eigentlichen Sinne nichtinvasiv gelten, und Auswirkungen der Messung auf das Bronchialsystem sind nicht zu erwarten, solange keine gravierenden Änderungen des Ventilationsmusters gefordert werden.

Zu denjenigen Komponenten, die mittels schneller Analysatoren on-line gemessen werden können, gehören vor allem Stickstoffmonoxid (NO) und Kohlenmonoxid (CO). Reichhaltige und konsistente Daten liegen primär für NO, weniger für CO vor. Die Ergebnisse vieler Studien belegen eine enge Kopplung zwischen der Konzentration von NO in der Ausatemluft und dem Vorhandensein oder der Ausprägung einer entzündlichen, allergischen Erkrankung, insbesondere einem Asthma bronchiale. Auch können die Auswirkungen einer antientzündlichen Therapie, z. B. mittels Corticosteroiden, mit hoher Sensitivität erfasst werden. Trotz einer kaum noch überschaubaren Menge an Literatur ist die pathophysiologische oder -genetische Rolle des NO beim Asthma nicht eigentlich geklärt; sicher ist jedenfalls die relativ enge Kopplung an das Vorhandensein von eosinophilen Granulozyten als Hauptmarkerzellen eines Asthma bronchiale.

Die Messung des ausgeatmeten NO ist inzwischen gut standardisiert [2], und mit der Methode der Ausatmung gegen einen Widerstand wurde eine einfache Maßnahme gefunden, um die Beimengung von nasalem NO zu vermeiden, welche in vorangegangenen Messungen zu einer z. T. erheblichen Verzerrung der Werte führte. Die gängige Methode besteht darin, Plateaukonzentrationen bei einer Ausatemrate von 100, vorzugsweise jedoch 50 ml/s anzugeben. Über diese phänomenologische Behandlungsweise hinaus bietet sich das ausgeatmete NO aufgrund der Möglichkeit, mit hoher Empfindlichkeit und zeitlicher Auflösung on-line zu messen, zu weitergehenden Analysen an.

In diesen wurde beispielsweise die Frage angegangen, welche Faktoren die eigentümliche Flussabhängigkeit der Ausatemkonzentration bedingen; diese äußert sich darin, dass einerseits mit zunehmender Ausatemrate die Konzentration fällt, andererseits jedoch immer relativ rasch echte Plateaus erreicht werden, im Unterschied zu alveolär produzierten Gasen. Die Erklärung liegt darin, dass das ausgeatmete NO offenbar primär den Bronchien entstammt und evtl. alveolär produziertes NO aufgrund der enormen Affinität von NO zu Hämoglobin rasch eliminiert wird; daher trägt es nicht wesentlich zur Ausatemkonzentration bei. Eine derartige Erklärung würde, neben der Kopplung an die Eosinophilie, auch den besonderen Wert von NO beim Asthma bronchiale erklären als einer Erkrankung, die zumindest im konventionellen Verständnis primär mit Änderungen in den Bronchien einhergeht. Detaillierte Modellanalysen der Flussabhängigkeit des ausgeatmeten NO haben es ermöglicht, Parameter abzuleiten, mit denen die bronchiale Produktion von NO beschrieben werden kann. Dazu gehören sowohl die Angabe einer effektiven Konzentration von NO in der Schleimhaut als auch die Abschätzung einer bronchialen Diffusionskapazität für NO oder des Volumens der Bronchien, innerhalb dessen NO produziert wird. Ob allerdings derartige Parameter und entsprechend aufwendigere Messungen nennenswerte zusätzliche Information gegenüber der konventionellen Messung tragen, ist z. Z. unklar und Gegenstand klinisch-experimenteller Studien.

Über die Messung von gasförmigen Komponenten wie NO hinaus wurden in den letzten Jahren von verschiedenen Arbeitsgruppen weitere Komponenten der Ausatemluft analysiert. Das Exhalat im allgemeinsten Sinne umfasst u. a. das sogenannte Atemkondensat, wie es sich durch Abkühlen oder Ausfrieren der Ausatemluft in geeigneten Aggregaten gewinnen lässt. Eine Vielzahl chemischer und biochemischer Komponenten wurde inzwischen im Atemkondensat nachgewiesen, allerdings bewegt sich die Messung nicht selten entlang der Nachweisgrenze oder erfordert spezielle Analyseverfahren. In jedem Fall muss die (nach unserer Erfahrung überraschend leicht eintretende) Kontamination mit Speichel ausgeschlossen werden; dies kann über den Ausschluß der α-Amylase ohne Schwierigkeit erfolgen.

Ferner ist anzunehmen, dass methodologische Faktoren ähnlich wie beim NO die Ergebnisse beeinflussen. Ihre systematische Analyse ist jedoch durch den Umstand, dass die Messung der Kondensatkomponenten nachträglich durch oft zeitraubende Verfahren erfolgen muss, verglichen mit NO deutlich erschwert. Auch liegt auf der Hand, dass das Atemkondensat durch komplexere physikalische Vorgänge im Bronchialsystem erzeugt wird als NO, dessen Übertritt in den Luftraum sich durch vergleichsweise einfache Gasdiffusionsprozesse erklären lässt. Das Kondensat umfasst in vermutlich wechselndem Umfang sowohl gasförmige als auch partikuläre Komponenten, und die Entstehung letzterer in Lunge und Atemwegen ist nicht so gut verstanden, dass man quantitative Analysen oder Modelle darauf aufbauen könnte. Auch kann die Art der apparativen Gewinnung des Kondensates das Verhältnis zwischen beiden Bestandteilen verschieben.

Ein vorrangiges Problem stellt die Forderung dar, eine für Analysen hinreichend große Kondensatmenge in akzeptabler Zeit zu gewinnen. In dieser Hinsicht ist die Arbeit von Gessner u. Mitarb. in der vorliegenden Ausgabe [3] ein Fortschritt. Sie zeigt, dass die Menge des Kondensats primär mit dem ausgeatmeten Volumen und somit, sofern die Ventilationsrate konstant bleibt, mit der Sammelzeit parallel geht. Die Autoren konnten durch Vergleich des Wassergehaltes der Ein- und Ausatemluft ihr Ergebnis von anderer Seite unterstützen und zeigen, dass der Verlust an Wasserdampfgehalt im wesentlichen die Kondensatmenge erklärt. Darüber hinaus waren die gesammelten Volumina unabhängig von den Charakteristika der Lungenfunktion der Probanden.

Diese Arbeit ist ein Baustein im Prozess der Standardisierung der Kondensatmessung, zumal sie belegt, dass Harnstoff und Protein in messbarer Menge im Kondensat vorliegen und somit möglicherweise als Bezugsgrößen für die Konzentrationen anderer Komponenten dienen können. Einige Faktoren erscheinen uns hervorzuheben oder zusätzlich beachtenswert, soweit sie in der vorliegenden Arbeit nicht analysiert wurden, jedoch die Ergebnisse der Kondensatanalyse beeinflussen können. Als erstes ist zu betonen, dass die Ventilationsrate, d. h. zumindest die mittlere Ausatemrate im wesentlichen konstant bleiben sollte. Diese nämlich hat Auswirkungen nicht allein auf die gewonnene Kondensatmenge, sondern - viel bedeutsamer - auf die Konzentration einer Komponente innerhalb der gesammelten Menge. Aufgrund der ungeklärten und vermutlich je nach analysierten Komponenten wechselnden Beziehung zwischen dampfförmigen und partikulären Bestandteilen ist auch keineswegs a priori gesichert, dass die Normierung durch Bezug auf bestimmte Verbindungen gültig bleibt. Nimmt man an, dass die partikulären Bestandteile vorzugsweise in den kleinen Atemwegen entstehen, werden darüber hinaus auch Atemtiefe und Atemmuster - jenseits der Gesamtventilation - Einfluss auf die Konzentration der gemessenen Komponenten haben. Derartige Einflussfaktoren lassen sich in Anbetracht der Unterschiede der Anatomie des Bronchialtrakts zwischen verschiedenen Individuen schwerlich durch Korrelationsanalysen über verschiedene Probanden, sondern vermutlich nur durch Analysen innerhalb des gleichen Probanden erfassen.

In einer vorangegangenen Arbeit konnten wir beispielsweise zeigen, dass die Konzentration von Wasserstoffperoxid in der Ausatemluft von der Ausatemrate abhängt, ganz analog der Konzentration von NO [4]. Dieser Befund verwies auf einen primär bronchialen Ursprung von Wasserstoffperoxid und war nicht von vornherein zu erwarten, zumal im alveolären Raum reichlich Zellen zu finden sind, die als Produzenten von Wasserstoffperoxid in Frage kommen. Allerdings trat die Flussabhängigkeit stärker zutage nur bei relativ niedrigen Ausatemraten, wie sie - außer unter experimentellen Gegebenheiten - hauptsächlich am Anfang und Ende der Ausatmung erreicht werden. Zum Zweiten fiel die große Variabilität wiederholt gemessener Werte trotz strikter Standardisierung und sogar konstant gehaltener Ausatemraten auf. Die Messung der Reproduzierbarkeit stellt ein allgemeines Desiderat der Exhalatanalyse dar, als Grundvoraussetzung jeder klinischen Anwendung. Ihr Fehlen bzw. ihre Substitution durch Nachweis immer neuer Messgrößen im Atemkondensat ist bedauerlich und vermutlich nicht die geringste Quelle irreführender Schlussfolgerungen. Beispielsweise lässt trotz vorangegangener Arbeiten, welche im Mittel Unterschiede zwischen verschiedenen Patientengruppen nachweisen, die hohe Variabilität den Nutzen der Wasserstoffperoxidmessung im Einzelfall oder zu diagnostischen Zwecken zweifelhaft erscheinen. Andere Faktoren wie Schwankungen im Tagesverlauf können, falls unbeachtet, zusätzliche Variation in die Messung einführen [5].

Nach unserer Meinung wäre es zum heutigen Zeitpunkt zu früh, den Nachweis der klinischen Wertigkeit, d. h. eines echten Zusatznutzens der Kondensatanalyse gegenüber konventionellen Parametern zu fordern, zumal ein derartiger, umfassender, prospektiver Nachweis nicht einmal für ein so ausgiebig genutztes Verfahren wie die Messung des ausgeatmeten NO erbracht wurde [6]. Die bereits vielfach auf Kongressen vorgestellten und weiterhin zu erwartenden Vergleiche zwischen Patientengruppen oder Korrelationsanalysen müssen auch in diesem Lichte gesehen werden. Die Geschichte der NO-Messung zeigt überdies, dass methodologische Probleme zu erheblichen Artefakten und irreführenden Schlussfolgerungen führen können, solange ein hinreichendes Verständnis und eine rundum begründete Standardisierung nicht erreicht sind. In Anbetracht der Aussichten, welche ein nichtinvasives Monitoring von Markern der Atemwegsentzündung bietet, sind daher systematische Arbeiten wie die vorliegende als wichtiger Schritt zu begrüßen. Auch ist anerkennenswert, dass die Publikation in Englisch erfolgt und damit einem internationalen, an der Methode interessierten Leserkreis leicht zugänglich ist.

Literatur

  • 1 Kharitonov S A, Barnes P J. Exhaled markers of pulmonary disease.  Am J Respir Crit Care Med. 2001;  163 1693-1722
  • 2 American Thoracic Society . Recommendations for standardized procedures for the on-line and off-line measurement of exhaled lower respiratory nitric oxide and nasal nitric oxide in adults and children.  Am J Respir Crit Care Med. 1999;  160 2104-2117
  • 3 Gessner C, Kuhn H, Seyfarth H.-J, Pankau H, Winkler J, Schauer J, Wirtz H. Factors influencing breath condensate volume.  Pneumologie. 2001;  9 414-419
  • 4 Schleiss M B, Holz O, Behnke M, Richter H, Winkler K, Magnussen H, Jörres R A. The concentration of hydrogen peroxide in exhaled air depends on expiratory flow rate.  Eur Respir J. 2000;  16 1115-1118
  • 5 Nowak D, Kalucka S, Bialasiewicz P, Król M. Exhalation of H2O2 and thiobarbituric acid reactive substances (TBARS) by healthy subjects.  Free Radical Biology & Medicine. 2001;  30 178-186
  • 6 Magnussen H, Holz O, Sterk P J, Hargreave F E. Noninvasive methods to measure airway inflammation: future considerations.  Eur Respir J. 2000;  16 1175-1179

Rudolf A. Jörres

Krankenhaus Großhansdorf, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie, Forschungslabor

Wöhrendamm 80

22927 Großhansdorf

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