Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 857
DOI: 10.1055/s-0042-1753970
Abstracts | DGSMP/DGMS
Workshop

Telemedizinische Überwachung der plantaren Fußtemperatur bei Patienten mit Diabetes und hohem Risiko für Extremitätenerkrankungen: Smart Prevent Diabetic Feet Studie (SPDF)

A Ming
,
A AIhajjar
,
J Hötzsch
,
C Piehler
,
A Petrow
,
IM Siddiquee
,
F Scurt
,
PR Mertens
 

Einleitung Die Prävention von Fußgeschwüren (DFU) bei Personen mit einem hohen Risikoprofil (z. B. Diabetes) stellt eine klinische Herausforderung dar, da die Krankheit schleichend beginnt und die Patienten sich nur bedingt an präventive Überwachungsmaßnahmen halten. Schwerwiegende Folgen wie Infektionen, Amputationen und chronische Krankheiten können die Konsequenz sein. Die tägliche Überwachung der plantaren Fußtemperatur haben sich als wirksames Verfahren erwiesen, um bei Hochrisikopatienten das Selbstmanagement zu fördern und bei Auffälligkeiten eine Fußentlastung anzuordnen.

Methoden Ein telemedizinisches System mit sensorbestückten Einlegesohlen zur Überwachung der plantaren Fußtemperatur wurde entwickelt. Kombiniert mit einer Fotodokumentation sollten Auffälligkeiten am Fuß frühzeitig erkannt werden (Abb. 1). In einer randomisiert kontrollierten, offenen, prospektiven Studie haben wir die Umsetzbarkeit dieses Ansatzes getestet und uns mit verschiedenen Hindernissen telemedizinischer Anwendungen befasst. Insgesamt wurden 286 Patienten mit mittlerem bis hohem Risiko für ein DFU in der Kontroll- oder der Interventionsgruppe randomisiert. Alle Teilnehmer erhielten eine standardisierte Schulung zur Prophylaxe von Fußgeschwüren und wurden in 6-monatigen Abständen untersucht. Die Intervention bestand aus zweimal täglichen Messungen mit den Einlegesohlen, der Datenübertragung an eine Smartphone-Anwendung/einen zentralen Server und Alarmierung nach vordefinierten Algorithmen. Die Überwachung über ein Dashboard erleichterte den Ärzten die Beobachtung und Interpretation der Daten. Wenn der Arzt die Befunde als lokal-regional mit Kalor (Temperaturunterschied zwischen den Füßen >1,5 °C über 32 Stunden) interpretierte, wurde eine Fußentlastung für fünf Tage empfohlen.

Ergebnisse An über 83.312 Beobachtungstagen wurden 80.176 Messungen in der Interventionsgruppe durchgeführt. Der primäre Endpunkt der Fußgeschwüre wurde bei 5 Patienten in der Kontrollgruppe und bei keinem in der Interventionsgruppe erreicht (Abb. 2). 240 Alarme wurden vom Arzt überprüft und als Episoden von Ischämie (n=189), Gichtattacken (n=25), Entzündung (n=18), Trauma (n=4), Hautinfektion/Arthrose (n=4) interpretiert. Die Einhaltung der Temperaturmessung lag insgesamt bei etwa 70%. In beiden Gruppen verbesserte sich die Lebensqualität im Verlauf der Studie und erreichte die höchsten Werte am Studienende.

Schlussfolgerung Ein telemedizinisches System, das autonome Temperaturmessungen und Fotodokumentation ermöglicht, ist umsetzbar. Adhärenz und hohe Lebensqualitätswerte deuten auf eine Steigerung des Selbstvertrauens der Patienten hin. Dashboards mit Fotodokumentation und Interpretation von Temperaturasymmetrien mit Alarmalgorithmen erleichterten die Interpretation durch die Ärzte. Die Interventionen mit Schulungen und regelmäßigen Visiten vor Ort senkten die DFU-Rate auf 3,6 % in der Kontrollgruppe und 0 % in der Interventionsgruppe. Eine breite Anwendung in der häuslichen Umgebung könnte eine umfassende Prävention des DFU erreichen.



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Article published online:
22 August 2022

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