Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 838
DOI: 10.1055/s-0042-1753909
Abstracts | DGSMP/DGMS
Workshop

Auf dem Weg zu einem diversitätssensiblen Gesundheitsmonitoring: Wege der Einbeziehung von Menschen mit Migrationsgeschichte

C Hövener
,
C Koschollek
,
K Kajikhina
,
M Bug
,
A Gößwald
,
P Schmich
,
T Lampert
 

Einleitung Deutschland ist ein Einwanderungsland, 2020 hatten 27,6% der hier lebenden Menschen einen sogenannten Migrationshintergrund, d.h. sie selbst oder mindestens eines ihrer Elternteile wurden mit einer nicht-deutschen Staatsangehörigkeit geboren. Diese Bevölkerungsgruppe ist sehr heterogen in Bezug auf ihre Teilhabechancen, sozioökonomische Lage, sprachlichen Kompetenzen sowie auf die Motive und Umstände ihrer eigenen oder familiären Migrationsgeschichte. Diese Diversität geht auch mit unterschiedlichen gesundheitlichen Chancen und Risiken und Versorgungsbedarfen einher und sollte sich in Analysen zu Migration und Gesundheit wiederspiegeln.

Methoden Um valide Aussagen zur gesundheitlichen Lage von Menschen mit Migrationsgeschichte zu ermöglichen, bedarf es einer verbesserten Repräsentation dieser Gruppe in das Gesundheitsmonitoring und die Gesundheitsberichterstattung des RKI. Im Rahmen des IMIRA-Projekts wurden hierzu verschiedene Strategien und Maßnahmen zur Einbindung von Menschen mit Migrationsgeschichte in Gesundheitssurveys durch z.B. Machbarkeitsstudien und Fokusgruppen entwickelt sowie inhaltliche Konzepte zu migrationsbezogenen Indikatoren mit (systematischen) Recherchen überarbeitet.

Ergebnisse Unter Verwendung einer Einwohnermeldeamtsstichprobe wurden verschiedene mehrsprachige Administrationsmodi (online, schriftlich, persönlich) unter fünf Migrant*innengruppen eingesetzt. Persönlicher Kontakt durch Hausbesuche und Face-to-face-Interviews waren hilfreich, um die Teilnahmebereitschaft vor allem in als schwer erreichbar geltenden Gruppen, wie Älteren, Menschen mit Einschränkungen oder niedrigerer Bildung zu erhöhen. Zudem wurden neue Konzepte, wie Zugehörigkeit, Diskriminierung und subjektiv eingeschätzte Deutschkenntnisse aufgenommen; das kognitive Testen neuer Instrumente in verschiedenen Sprachen ermöglichte die Überprüfung der Konzepte im Hinblick auf vergleichbares Verständnis.

Schlussfolgerung Ein multimodales und -linguales Vorgehen in der Teilnehmendengewinnung erwies sich als äußerst effektiv. Vertrauensbildende Maßnahmen, wie z.B. persönlicher Kontakt, ermöglichen die Einbeziehung als besonders schwer erreichbar geltender Gruppen. Die Einbindung von Menschen mit Migrationsgeschichte in die Studienplanung erhöhte die Diversitysensibilität des wissenschaftlichen Personals aber auch der Materialien und Konzepte, was zu besserer Erreichbarkeit, höherer Teilnahmebereitschaft und besserer Verständlichkeit führte.



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Article published online:
22 August 2022

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